Katja[a]
Mein Überleben ist mehr als Glückssache
"Unheilbarer Hirntumor", hieß die Diagnose der Ärzte für Wolfgang Heinemann, damals 33 Jahre alt. Sie gaben ihm noch ein Jahr. Das war vor 16 Jahren. Über seinen Kampf gegen den Krebs hat er ein Buch geschrieben. Und sagt heute: "Ich bin wieder gesund . . .
Ich lebe. Der Neurochirurg hat mir gesagt: ,Habe alles entfernt.´" Er hat Wolfgang Heinemann in einer fünfstündigen Operation im Wachzustand einen Hirntumor entfernt. Das war am 13. Januar dieses Jahres. "Seit Montag bin ich zu Hause, mir geht es gut. Ich habe realisiert, daß mein Leben neu beginnt . . ."
Das sagt Wolfgang Heinemann, der vor 16 Jahren von Neurologen die Diagnose erhielt: "Sie haben einen Hirntumor, inoperabel. Machen Sie Ihr Testament, regeln Sie, was noch zu regeln ist."
Der Vater zweier Jungen erinnert sich genau an diesen Sommertag im Juli 1989, als von einer Sekunde zur anderen alle seine Hoffnungen, Träume und Wünsche zerstört schienen. Vor der Haustür war der 33jährige mit einem Krampfanfall zusammengebrochen.
"Mir wurde plötzlich bewußt, welch tiefen Absturz dieser Sonnabend in meinem Leben bedeuten könnte. Entsetzlich die Vorstellung, schwer krank zu sein. Epilepsie? Krebs? Vom kerngesunden Menschen in einem Moment zum Kranken, Behinderten oder gar Todgeweihten?"
Erst zwei Jahre zuvor, im Juli 1987, hatte Wolfgang Heinemann sein Zweites Juristisches Staatsexamen bestanden: "Ein herrliches Gefühl, Last und Ballast der vergangenen fünf Jahre von sich abfallen lassen zu können."
Es lief alles so gut. Er bekam eine Stelle als Richter, seine Frau Gaby und er fanden ein kleines Reihenhaus, ihr zweiter Sohn wurde geboren. Sie waren glücklich. Sollte das alles zu Ende sein?
Nein! Wolfgang Heinemann will sich nicht in sein Schicksal fügen. Nach dem ersten Schock beginnt er zu kämpfen. Selbstverantwortlich sucht er Mediziner, die ihn als Menschen sehen mit dem Willen zu überleben. Er unterzieht sich zwei Operationen, macht unzählige Behandlungen und Therapien, profitiert von alternativen Heilmethoden.
Trotz der Krankheit führt er ein erfülltes Leben mit seiner Familie, reist, beschäftigt sich intensiv mit neuen Krebstherapien, aber auch mit Sterben und Tod. Immer wieder setzt er sich neue Ziele. Vor allem aber lernt er, wie entscheidend in seinem Kampf eine lebensbejahende Einstellung ist.
15 Jahre nach der Diagnose beginnt er seine ungewöhnliche Überlebens- und Leidensgeschichte aufzuschreiben, "als Ratgeber und Mutmacher für (Krebs-) Kranke sowie deren Angehörige, aber auch als Anklage gegen unser Medizinsystem und die meisten Mediziner, die die Schulmedizin als das allein zur Heilung Geeignete ansehen, andere Heilmethoden und damit die ganzheitliche Medizin aber negieren, dem Patienten Mut nehmen und Lebensqualität vorenthalten. Opfer ist und bleibt der leidende oder sterbende Patient."
"Überleben Glückssache?" hat er sein kleines, empfehlenswertes Buch überschrieben. Er hat es seiner Frau Gaby und seinen beiden Söhnen gewidmet: "Wir leben und leiden gemeinsam."
Hamburger Abendblatt
erschienen am 29. Januar 2005 in Wochenende