Joachim[a]
Dienstag 11. Dezember 2001, 09:50 Uhr
Meyenburg-Preis 2001 geht an den Zellbiologen Shoichiro Tsukita
Am 12. Dezember wird Dr. Marion Meyenburg den Meyenburg-Preis 2001 an Professor Dr. Shoichiro Tsukita übergeben. Tsukita, der seit 1996 die Abteilung für Zellbiologie der Universität Kyoto leitet, erhält die Auszeichnung für die Aufklärung einer lebenswichtigen Proteinstruktur der Zelle.
die Grundlage zum Verständnis der Ursachen vieler Krankheiten und für völlig neue Therapieansätze.
In Geweben, die innere oder äußere Körperflächen auskleiden (Epithelien), bilden benachbarte Zellen eine Art molekularer Dichtungen aus, um die Zell-Zell-Kontaktstellen wasserdicht zu versiegeln. Diese Dichtungen, in der Wissenschaftssprache "tight junctions" genannt, regulieren den Durchlass bestimmter Substanzen und erfüllen so eine entscheidende Funktion bei der geordneten Verteilung der Körperflüssigkeiten.
Tsukita gelang es erstmals, Proteine dieser Dichtung zu identifizieren, die Claudine und das Occludin. Der molekulare Bauplan der Claudine erwies sich für den Wissenschaftler sogleich als Schlüssel zur Klärung der Ursache schwerer Duchfallerkrankungen: Bakterielle Giftstoffe lagern sich so an die Claudine der Darmzellen an, dass die abdichtende Funktion nicht mehr gewährleistet ist, der Körper also durch die Zellzwischenräume hindurch große Mengen an Flüssigkeit verliert. Das selbe Wirkprinzip erklärt auch die Entstehung verschiedener Schwellungen, wie z. B. des lebensbedrohlichen Hirnödems.
Für die Krebstherapie haben Tsukitas Forschungsergebnisse besondere Bedeutung: Er wies nach, dass verschiedene Gewebetypen unterschiedliche Claudine bilden. So sorgt z.B. ein bestimmter Claudintyp für die besonders dichte Auskleidung der feinen Blutgefäße im Gehirn ("Blut-Hirn-Schranke"), die die meisten Medikamente daran hindert, auf dem Blutweg in dieses Organ zu gelangen. Durch die Entwicklung von Substanzen, die spezifisch an diesen Claudinmolekülen angreifen, können Hirntumoren nun einer gezielten Chemotherapie zugänglich gemacht werden.
Maria Meyenburg verfügte 1975 testamentarisch die Einrichtung der Wilhelm und Maria Meyenburg-Stiftung im Deutschen Krebsforschungszentrum, die den derzeit mit 35 000 Euro dotierten Preis jährlich für herausragende Leistungen in der Krebsforschung vergibt.