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Kölnische Rundschau 01/02
Eltern klagen über die Betreuung in der Kinderkrebsstation
Von Harald Knoop
kn. Aus dem Kreis. Mit großer Sorge betrachten die Eltern krebskranker Kinder im Oberbergischen die Versuche des Kreiskrankenhauses Gummersbach, für die Kinderkrebsstation wieder einen verantwortlichen Arzt zu finden.
Nach der Vorsitzenden der oberbergischen Krebshilfe, Gerlinde Ruf, machen jetzt auch die betroffenen Eltern Druck: Einen Kinderarzt mit Schwerpunkt Onkologie (Krebsheilkunde) wollen sie nicht akzeptieren, weil der sich um zu viele andere Dinge auf der Kinderstation kümmern müsse.
Die Eltern fordern einen reinen Onkologen, also einen Krebsspezialisten, der sich um die krebskranken Kinder und die Eltern kümmern soll. Damit sehen sie sich in Übereinstimmung mit allen 300 Mitgliedern der Krebshilfe.
Deren Vorsitzende Gerlinde Ruf hatte im Gespräch mit der OVZ kürzlich angekündigt, den Baukostenzuschuss von etwa 500.000 Euro für die ans Kreiskrankenhaus angebaute Tagesklinik zurückzufordern, falls sich bis Ende des Jahres die Versorgung der kleinen Krebspatienten nicht entscheidend verbessere.
Erfahrungen der Eltern sind übereinstimmend
In Bergneustadt kamen jetzt betroffene Eltern zusammen, um über ihre Erfahrungen an der Gummersbacher Klinik zu berichten. Und die sind übereinstimmend: gut bis 1999, seitdem immer schlechter. "Das ganze Team damals war klasse", erinnert sich Michaela Sareyko.
"In schweren Stunden wurde man auch mal in den Arm genommen. Später bekam man auf seine Fragen nicht mal mehr `ne Antwort." "Man ist nur noch eine Nummer", ergänzt Manuela Vettosi.
"Später" das ist für die Eltern die Zeit, nachdem der Kinderkrebsspezialist Dr. Valentin Gerein das Krankenhaus verlassen hatte. Von ihm sind die Eltern bis heute ebenso begeistert wie die kleinen Patienten.
"Rund um die Uhr war er immer da für uns. Er hatte nicht nur als Arzt, sondern auch als Mensch einen Draht zu den Kindern", erzählen Manfred und Tina Skroblin. Ihre heute 20-jährige Tochter wurde vor vier Jahren erfolgreich wegen Knochenkrebs behandelt.
Warum Gerein plötzlich ging, ist bis heute nicht publik geworden. Der Mediziner galt als exzellenter Experte in der Krebsbehandlung von Kindern. Klinik und Arzt trennten sich im so oft beschworenen "gegenseitigen Einvernehmen". Gerein wolle eine früher begonnene Forschungsarbeit fortsetzen, hieß es damals.
Hinter vorgehaltener Hand wurde von Problemen mit der Abteilungs- und Klinikleitung berichtet, auch Gereins Umgang mit Spenden für die Kinderkrebsstation gab offenbar Anlass zur Kritik. Der Onkologe soll auch an seiner früheren Wirkungsstätte in Frankfurt einen Förderverein für krebskranke Kinder unterstützt haben.
Den Eltern ist das alles egal. Sie wollen Gerein am liebsten wiederhaben. Und der Arzt signalisierte ihnen, dass er unter bestimmten Voraussetzungen auch wieder bereit sei, nach Gummersbach zurückzukehren (siehe Bericht auf dieser Seite).
Einige Eltern konsultieren Gerein bis heute: "Wir können ihn jederzeit anrufen und um Rat fragen." Und wenn er Zeit hat, kommt er auch nach Gummersbach, um nach seinen ehemaligen kleinen Patienten zu sehen. Die untersucht er, wenns sein muss, auch mal in einem Eiscafé in der Innenstadt. Auch in der Tagesklinik schaut er vorbei. "Aber wenn das Personal das merkt, sind sie hinterher noch kühler zu uns", erzählt eine Mutter.
Nadine Lemm aus Rösrath, 1996 mit einem Gehirntumor bei Gerein in Behandlung, hat trotz ihrer schweren Krankheit und der anstrengenden Therapien nach der Operation gute Erinnerungen an ihren Aufenthalt in der Kinderkrebsstation: "Das war super", sagt die 15-Jährige, sogar ihre Poster von der Kelly Family habe sie damals im Krankenzimmer aufhängen dürfen. Vater Karl-Heinz Lemm wusste seine Tochter "in den besten Händen".
Eltern reagieren sehr sensibel
Die Eltern reagieren entsprechend sensibel, sobald der Eindruck entsteht, es werde nicht alles Menschenmögliche getan: "Krebskranke Kinder sind todgeweiht, die haben ja nicht bloß Bauchschmerzen", sagt Manfred Skroblin ernst.
Seit die Oberarztstelle nicht mehr besetzt ist, wacht die Kölner Uniklinik diagnostisch über die Gummersbacher Krebskinder. Die Ärzte hier hätten keine Zeit mehr, klagen die Eltern, alles gehe hopplahopp, Dienst nach Vorschrift. Einfach nur mal reden, gehe nicht mehr: "Mit wem sollen wir reden, es ist ja niemand mehr da."