Katja[a]
Experte: Hirntumor-Operation unter örtlicher Betäubung vorteilhaft
Hamm (dpa) Sonntag 25. August 2002
Operationen an Hirntumoren bei nur örtlicher Betäubung könnten nach Expertenmeinung in Deutschland eine Renaissance erleben. Der Neurochirurg und Privatdozent Heinrich Ebel von der St. Barbara-Klinik Hamm erläuterte in einem dpa-Gespräch den Vorteil dieser Art des Operierens:
Der Patient könne während des Eingriffs angesprochen werden und antworten.
«Wenn ein Tumor im Hirngewebe beispielsweise die Sprachfunktionen des Patienten beeinträchtigt, können die Mediziner durch den Kontakt mit dem Patienten noch während des Eingriffs ausloten, wie weit sie operieren müssen», sagte Ebel. Diese Kontrollmöglichkeit gebe es bei einer Vollnarkose nicht. Nur während relativ kurzer Perioden der Operation werde der Patient in eine Vollnarkose versetzt, etwa beim aufbohren oder -sägen des Schädels. «Es wäre für die Patienten ein zu großer Stressfaktor, das mitzuerleben», sagte der Neurochirurg.
Vergleichbare Eingriffe seien bereits in den 30er Jahren in Kanada bei Epilepsie-Patienten durchgeführt worden. Die Methode sei aber «eingeschlafen», weil die Mediziner Tumore in sensiblen Bereichen wie dem Sprachzentrum als nicht zu operieren angesehen hätten. Erst seit den 80er Jahren sei das Verfahren in den USA wieder angewendet worden, als neue Diagnosemethoden zur Verfügung gestanden hätten. In Deutschland gebe es die Eingriffe unter örtlicher Betäubung erst seit Anfang der 90er Jahre wieder. Zur Zeit sei die Zahl der Kliniken, die sie durchführten, überschaubar.
«Wir können heute eine vom Tumor verursachte Sprachstörung besser orten», sagte Ebel. Beim Sprechen würden bestimmte Bereiche im Sprachzentrum des Gehirns stärker durchblutet als sonst. So ließen sich mögliche Beeinträchtigungen genauer feststellen. Man brauche während der Operation aber einen Neuropsychologen, der darauf ausgebildet sei, die Sprachfunktionen zu überwachen.