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Thema: Presse: Patient klagt gegen Arzt - Tumor nicht erkannt

Presse: Patient klagt gegen Arzt - Tumor nicht erkannt
Anne[a]
16.02.2004 18:05:59
LANDGERICHT
Patient klagt gegen Arzt - Tumor nicht erkannt

Nein sagte das Landgericht jetzt zu einer Klage eines Patienten auf Schmerzensgeld. Er hatte das Verfahren in Gang gebracht, weil ein Arzt bei ihm einen gutartigen Hirntumor nicht erkannte.

RICHTER: RöSE HäUSSERMANN, IRENE SCHILLING, JOACHIM BRENNENSTUHL; KLäGER: RECHTSANWäLTIN SUSANNE LOCHER-WEIß, BEKLAGTER: RECHTSANWäLTIN: MARTINA WINKHART.


TüBINGEN Übelkeit, Gleichgewichts- und Konzentrationsstörungen und vor allem "Kopfschmerzen, bei denen ich dachte, mir sprengt es die Schädeldecke" hatte nach eigenen Worten ein Mann ab etwa November 2000 gehabt. Geweigert hätte sich jedoch sein Hausarzt, ihn zu einem Spezialisten zur Computertomographie zu überweisen. Im März 2001 sei der Patient dann aus eigenem Antrieb zu einem Facharzt in Reutlingen gegangen und habe eine CT-Aufnahme seines Gehirns machen lassen. Der Befund: "Organisch ist alles in Ordnung", habe der Arzt gesagt.

Gutartiges Geschwür

Im Juni 2001 sei der Patient wegen der anhaltenden Beschwerden zu einem anderen Arzt gegangen, der wiederholte die Untersuchung und entdeckte einen Hirntumor. Weil das Geschwür aber gutartig war, habe der Doktor nicht zu einer Operation geraten, sondern zur ständigen Kontrolle der Wucherung. Auf den eigenen Wunsch des Patienten wurde das Geschwür aber am 5. Juli 2001 entfernt. Ergebnis: Nach wenigen Wochen waren die Beschwerden verschwunden.

Der Hirntumor sei jedoch auf keinen Fall der Grund für die Beschwerden des Mannes gewesen, betonte Andreas Hetzel, Sachverständiger der Uniklinik Freiburg. Allerhöchstens die Kopfschmerzen hätten durch das Geschwür verursacht werden können. Dies aber auch nur, wenn der Schmerz genau lokalisierbar gewesen wäre, weil der Tumor auf die Hirnhaut gedrückt hätte. Die Schmerzen des Patienten seien jedoch diffus gewesen und hätten nicht auf die Lage des Tumors in der rechten Hirnhälfte hingedeutet.

Geklagt hatte der Mann, weil er bereits im Jahr 1999 eine Computertomographie hatte machen lassen und bereits auf diesen Bildern der Tumor zu erkennen war. Spätestens nach der zweiten Untersuchung hätte das Geschwür entfernt werden können und der Mann somit drei Monate weniger an Schmerzen erleiden müssen, so das Argument des Patienten. Zugestimmt hatte der Sachverständige Hetzel, dass der Arzt einen Fehler in der Bildinterpretation begangen habe.

Aber: Solche CT-Bilder seien schwer zu interpretieren. "Stellen Sie sich vor, Sie schauen durch einen dichten Fenstervorhang und erkennen dahinter mit Glück gerade mal die Umrisse von den gegenüberstehenden Gebäuden", so Hetzel. Wenn der Arzt keinen Hinweis habe, in welche Hirnregion er genau schauen müsse, dann sei der Fehler "nachvollziehbar". Dies bekräftigte auch die Rechtsanwältin des beklagten Arztes: Drei Spezialisten hätten die Bilder angeschaut, keiner habe den Tumor erkannt.

Resümee des Gerichts: Das Nichterkennen des Tumors sei "kein Behandlungsfehler im technischen Sinn", wohl aber eine "nicht schuldhafte Fehldiagnose" . Was dem Reutlinger Spezialisten angelastet werden könne, sei, laut Hetzel, dass er den Beschwerden nicht auf den Grund ging. Jedoch habe der Arzt auch nur den Auftrag erhalten, eine CT-Aufnahme anzufertigen.

Warum die Schmerzen dann nach der Operation verschwanden? Dieser Fall komme laut Hetzel immer wieder vor. Die Ursache hierfür sei meist im psychovegetativen oder -somatischen Bereich zu suchen. Nicht möglich sei somit laut Richterin Häussermann, dass der Arzt für die drei Monate längeren Schmerzen haftbar gemacht werden könne. Weshalb der Patient seine Klage zurückzog.




Erscheinungsdatum: Samstag 14.02.2004
Anne[a]
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