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Thema: Presse: Plötzlich bildet sich der Krebs zurück

Presse: Plötzlich bildet sich der Krebs zurück
Marion[a]
04.06.2002 20:54:01
Plötzlich bildet sich der Krebs zurück

Spontanremissionen sind medizinisch extrem selten / Die Heilung kann bislang nicht erklärt werden

Von Thomas Saum-Aldehoff

Die Diagnose kam "wie ein Schlag", sagt Carsten Blum. Plattenepithelkarzinom in der linken Lunge. Beinahe zwanzig Jahre ist es nun her, dass die Ärzte dem damals 62-Jährigen mitteilten, er habe Krebs.

Die Geschwulst wird wegoperiert, vier Jahre lang herrscht Ruhe, dann folgt der nächste Schlag. Bei einer Ultraschalluntersuchung zeigt sich ein Schatten auf dem rechten Lungenflügel. Ein "Rezidiv". Der Tumor ist zurückgekommen. Schlimmer noch: Der Arzt stuft ihn als nicht mehr operabel ein und teilt seinem Patienten mit: "Meine Kunst ist zu Ende." Dass es auch mit ihm bald ein Ende haben würde, an diesen Gedanken beginnt sich Carsten Blum zu gewöhnen. Doch dann kommt die Wende.

Obwohl jeglicher Therapieversuch unterblieben war, zeigt sich bei der nächsten Untersuchung kein Wachstum, sondern ein leichtes Schrumpfen des Tumors. Auch die folgenden vierteljährlichen Checks dokumentieren eine langsame Rückbildung des Tumors. Im Mai 1987 sind auf der Röntgenaufnahme nur noch narbige Reste zu erkennen. Die Ärzte sind sprachlos. Noch zehn Jahre später ist der Befund unverändert: Der Krebs war besiegt.

"Spontanremissionen" nennt die Medizin solche wundersamen Krankheitsverläufe, in denen sich ein Krebsgeschwür und manchmal auch die Metastasen ohne sichtbaren Grund zurückbilden. Derlei Wunder sind selten; die geschätzte Häufigkeit liegt bei einem von 100 000 Fällen. Eine andere Schätzung besagt, dass auf der ganzen Welt jährlich nur 20 bis 30 Spontanremissionen auftreten. Über die biologischen Mechanismen wird spekuliert, doch ein schlüssiges Erklärungsmodell fand sich bislang nicht.

Der japanische Gesundheitsanthropologe Hiroshi Oda hat das Phänomen nun aus der Binnensicht des Krebskranken untersucht: Wie erleben die Betroffenen selbst ihre unglaubliche Gesundung, und wie erklären sie sich persönlich, was da mit ihnen vor sich ging? Oda, seit kurzem an der Hokkaido-Universität in Sapporo, war von 1994 bis 2001 Gastwissenschaftler an der Universität Heidelberg. Dort initiierte er sein außergewöhnliches Forschungsprojekt, dessen Ergebnisse er nun in einem Buch vorstellt (Spontanremissionen bei Krebserkrankungen aus der Sicht des Erlebenden, Beltz-Verlag).

In Aufrufen, die er an Ärzte, Kliniken, Hospize und Selbsthilfegruppen schickte, in Zeitungsanzeigen und bei einschlägigen Kongressen fahndete der Forscher in ganz Deutschland nach Patienten, die eine Krebserkrankung auf traditionell nicht erklärbare Weise überwunden hatten. 101 Hinweise trug er dabei zusammen. Doch nur in zwölf Fällen hielten die Krankenakten einer kritischen Überprüfung durch drei internistische Onkologen stand: Sechs Frauen und sechs Männer erfüllten eindeutig die medizinischen Kriterien für eine vollständige Spontanremission. Sie waren zwischen 29 und 77 Jahre alt, bis auf eine Ausnahme verheiratet, stammten aus unterschiedlichen Bildungsschichten und Berufen. Sie hatten einen Hautkrebs (malignes Melanom), einen Magen-, Brust-, Eierstock-, Leber-, Magen-, Blasenkrebs oder einen Hirntumor hinter sich gelassen. Bei allen zwölf Ausgewählten war der Tumor zunächst vollständig verschwunden, bei einer Patientin indes hatte sich später eine neue Geschwulst gebildet, bei einer zweiten war ein "verdächtiger Prozess" beobachtet worden. Die anderen zehn Patienten blieben symptomfrei, sechs von ihnen waren sogar seit mindestens fünf Jahren ohne Befund, so dass laut Oda "manche Ärzte bei ihnen nicht nur von Remission, sondern von Heilung im medizinischen Sinne sprechen würden".

Mit allen zwölf Personen führte der Anthropologe ausführliche Gespräche. Er bat sie, ganz frei und von Anfang an zu schildern, wie sie ihre Erkrankung und die überraschende Erholung erlebt hatten und "was sie für die Genesung wichtig fanden". Oda hörte die Aufzeichnungen ab, durchkämmte sie nach Stellen, in denen die Befragten auf "Ressourcen" zu sprechen kamen, auf Einflüsse, die ihnen Kraft und Zuversicht gaben und die ihnen nach ihrer eigenen Einschätzung dabei halfen, den Krebs zu bezwingen.

Manche der Genesenen empfanden es als förderlich, die Krankheit zu akzeptieren, Selbstverantwortung zu übernehmen, Gelassenheit zu bewahren. Einige bauten auf "Kenntnisse von der Genesung", andere vertrauten auf die "Macht der Gedanken". Viele nannten Optimismus und Lebenswille als innere Hilfskräfte. Sechs Interviewte erlebten die Unterstützung durch Partner und Familie als heilsam, während zwei Frauen es gerade umgekehrt förderlich fanden, dass sie sich von anderen unabhängig gemacht hatten.

Im Verhalten hatten Genesene vor allem auf eine Umstellung ihrer Ernährung und auf mehr körperliche Bewegung gesetzt. Damit lagen sie sogar im Trend der jüngsten Forschung, denn wie sich neuerdings herausstellt, haben Bewegung und Sport zumindest bei Darm- und Brustkrebs eine gewisse vorbeugende Wirkung. Was indes die therapeutischen Bemühungen anging, hatte sich die Mehrzahl der von Oda Befragten naturheilkundlichen Verfahren anvertraut, die von der Medizin zum Teil argwöhnisch beäugt werden. Sie versuchten es mit Fieberstoß, Misteln, Thymusextrakten, Homöopathie, Vitaminen, Musik- und Kunsttherapie, Visualisierungsübungen oder gar mit Handauflegen. Merkwürdigerweise empfanden es nur zwei der zwölf als hilfreich, sich mit dem Tod auseinander zu setzen. Höher im Kurs standen "spirituelle" Quellen der Zuversicht, etwa "an das Göttliche glauben", "das Licht in sich aufnehmen" - oder aber schlicht "Natur erleben".

Hiroshi Oda betrachtete die Genesungsgeschichten als eine Art sinngebende Erzählungen. Es schien ihm, als ob eine solche Erzählung vom Gesundwerden wie ein Roman oder ein Filmdrehbuch einem bestimmten Plot folgt: Im Prolog wird geschildert, wie die ersten beunruhigenden Hinweise bemerkt und schließlich die Krebserkrankung diagnostiziert wird. Im Teil eins der Geschichte nimmt dann das Unglück seinen Lauf. Teil zwei bringt die überraschende Wende. Im Epilog wird die innerlich bereits erspürte Genesung medizinisch bestätigt.

Oda machte drei Typen solcher Erzählungen aus. Manche Patienten schilderten ihre Geschichte als die eines Abwehrkampfes gegen einen bedrohlichen fremden Eindringling. Die Losung heißt hier tapfer bleiben, nicht aufgeben. Nach dem standhaft und mit Hilfe der "Abwehrtruppen" des Immunsystems errungenen Sieg geht der Kämpfer gestärkt, aber im Grunde seines Wesens unverändert aus dieser Schlacht um das Leben hervor.

Der zweite Typ von Erzählung ist die "Geschichte der Gottesgnade". Die anfängliche Phase der Panik und Verzagtheit wird hier als eine Zeit der Prüfung dargestellt. Sie wird aber nicht durch Kampf, sondern im Gegenteil durch Loslassen, durch festen Glauben und "Urvertrauen" überstanden. Die Genesenden lassen sich von einer höheren Macht führen, vertrauen sich ihr an.

Nicht bei einer äußeren, sondern bei einer inneren Macht finden die Protagonisten des dritten Erzählungstyps Halt, den "Geschichten der Selbsttransformation". Die Krankheit spielt hier nicht den Part des fremden Eindringlings, sondern den des inneren Signals zur überfälligen Generalüberholung des eigenen Lebens. Die Betroffenen erleben die Genesung vom Krebs als eine Art Begleiterscheinung einer viel umfassenderen Persönlichkeitsveränderung hin zum bislang verschütteten und verleugneten "inneren Selbst".

Sind nun all diese inneren Quellen und äußeren Kräfte, welche die ehemals Krebskranken subjektiv mit ihrer Heilung in Verbindung bringen, identisch mit den objektiven Ursachen der Spontanremission? Hiroshi Oda ist keineswegs so naiv, dies zu glauben: "Wir wissen nicht, ob subjektive Theorien der Patienten irgendeinen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung haben." Womöglich seien sie nur "Begleiterscheinungen körperlicher Verläufe". Auf keinen Fall will Oda gar "einer ablehnenden Haltung gegenüber wissenschaftlich fundierten Behandlungsmethoden" das Wort reden. Wohl aber sieht er in den Erzählungen Dokumente von "Bewältigungsprozessen", die den Betreffenden zu mehr Lebensqualität und Sinn verhalfen. Insofern also kann die Wissenschaft doch von diesen ganz und gar persönlichen Geschichten vom Sieg über eine lebensbedrohliche Krankheit lernen.



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Copyright © Frankfurter Rundschau 2002
Dokument erstellt am 03.06.2002 um 21:12:52 Uhr
Erscheinungsdatum 04.06.2002
Marion[a]
Brigitte[a]
05.06.2002 17:39:08
Liebe Marion !

Danke, das ist eine gute Antwort auf die vorangegangenen Diskussionen. Sie entsprechen unserer Erfahrungen. Auch wir haben wegen der Therapierisiken, die dieser Erkrankung in aller Regel ein neues, seperates Krankheitsbild hinzufügen, auf die gängigen schulmedizinischen Therapien verzichtet, wobei uns in der Klinik Bremen bereits vor der OP gesagt wurde, daß eine Chemotherapie bei einem Glioblastom keine befriedigenden Erfolge brächte. Gleichwohl wird in den meisten Kliniken dennoch eine Chemotherapie gemachtso daß die Patienten verunsichert sind, was nun richtig oder falsch ist. Wir haben uns sehr gut informiert und sind bei der Therapie von Glioblastomen auf der ganzen Linie auf Grenzen gestoßen. Da kann jeder überall selber nachlesen. Also, es gibt demnach nichts zu verlieren oder zu gewinnen.
Es wäre allerdings u begrüßen, wenn angesichts der Schwere dieser Erkrankung es endlich ein einheitliches Konzept gäbe, um den Patienten nicht unnötigerweise mit Therapien zu belasten, deren Nutzen offenbar auch in ärtzlichen Fachkreisen mittlerweise als fragwürdig bis nutzlos eingeschätzt wird.

Es ist nicht so, daß wir diese Erkrankung ohne ärztliche Begleitung angehen, aber wir haben einen Arzt gefunden, der sich sehr gut auskennt in alternativen Therapien und in zwanzig jähriger Erfahrung keineswegs mit mit Sprachlosigkeit reagiert, wenn schulmedizinisch austherapierte oder therapieverweigernde Krebspatienten ihre Krankheit ohne(oder gerade ?) schulärztliche Therapien oftmals überleben.

Wenn sich die Forschung diesen überlebenden Tumorpatienten, wovon es weltweit hunderttausende gibt, in ihren Studien erfassen und erforschen würde, wäre sicherlich schon längst der Punkt erreicht, die eigenen Therapieansätze zu hinterfragen und sich der ganzheitlichen , menschlichen Krebsthrapie zu öffnen.

Mit Sicherheit hat der Genesungsprozeß der sogenannten Spontanheilungen auch sehr wesentlich damit zu tun, in wieweit der Patient sich selber aktiv an seinem Genesungsprozeß beteiligt durch Information, eigene Investionen, die außerhalb der kassenärztlichen Leistungen, in Veränderung seiner Lebensumstände, im Nachsinnen darüber, was ihn krank gemacht haben könnte und in einer radikalen Umkehr von krankmachenden Lebensumständen, Ernährung, Stress, etc.
Auch wir erleben, daß unsere Freunde und die Ärzte sprachlos sind über den bisher so komplikationslosen Verlauf, der Lebensfreude, Hoffnung und Lebensqualität, die es meinem Mann ermöglicht, trotz dieser Diagnose bisher ohne größere Beeinträchtigung zu leben. Wir sind sicherlich noch nicht über den Berg, aber jeder Tag der Freude und der Hoffnung ist geschenktes Leben.

Die schulmedizinischen Erkenntnisse sind leider bisher ausschließlich auf den Tumor ausgerichtet, nicht aber auf die Ursachen. Eine Malaria allein mit Sulfonamiden zu bekämpfen wäre ein aussichtsloser Kampf, wenn nicht die Sümpfe trocken gelegt werden, aus denen die Mücken hervorschlüpfen.


Vielen Dank für diesen hilfreichen Beitrag !

Brigitte
Brigitte[a]
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