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Erhöhte Krebsrate sorgt für Ängste (Stuttgarter Nachrichten)
Überdurchschnittlich viele Gehirntumore
Baltmannsweiler, Kreis Esslingen - Eine unerklärlich hohe Zahl von unheilbaren Gehirntumoren gibt der Gemeinde Rätsel auf. Aufklärung erwartet man sich im Rathaus von eigenen Messungen und von der Hilfe des Esslinger Gesundheitsamtes.
VON GERHARD SCHERTLER
Der Protest gegen den geplanten Bau eines Sendemastens für den Mobilfunk brachte die erschreckende Erkenntnis: In Baltmannsweiler sterben vier- bis fünfmal mehr Menschen an Gehirntumor als im Bundesdurchschnitt. Diese von der örtlichen Selbsthilfegruppe ermittelten Zahlen werden auch vom Landesgesundheitsamt bestätigt. Die Begründung für die Häufigkeit halten aber sowohl die Sprecherin der Selbsthilfegruppe, Karin Pelke, als auch Bürgermeister Martin König "für nicht besonders nützlich". Es könne sich um eine tatsächliche Erhöhung handeln, aber auch nur um eine Zufallserscheinung, verlautet es wenig tröstlich aus der obersten Gesundheitsbehörde des Landes. Der Ort sei mit 3100 Einwohnern viel zu klein, um statistisch verwertbare Zahlen zu bekommen, begründet das Landesgesundheitsamt seine zurückhaltende Aussage. Die Behörde geht davon aus, dass es solche Auffälligkeiten wie in Baltmannsweiler auch in anderen Orten gibt, wenn regelmäßig untersucht werden würde.
In dem Schurwaldort selbst findet ebenfalls niemand eine Erklärung für die überdurchschnittliche Krebsrate. "Hier gibt es doch keine außergewöhnlichen Belastungen", wundert sich auch Karin Pelke. Bürgermeister König fällt in diesem Zusammenhang allerdings die Einflugschneise des Flughafens und die Abluft des Kraftwerks in Altbach ein.
An eine Zufallserscheinung allein glaubt allerdings niemand in Baltmannsweiler. "Dafür ist die Gefahr zu groß", meint König. Um der Bevölkerung Sorgen und Ängste zu nehmen, wird der Gemeinderat noch im Dezember Messungen in Auftrag geben, die insbesondere Aufschluss über die Belastung mit elektromagnetischen Strahlungen geben. Ob diese Strahlen, die auch beim Telefonieren mit dem Handy auftreten, tatsächlich die Bildung von Gehirntumoren fördern, darüber streitet sich die Wissenschaft.
Über diese Messungen hinaus wird sich die Verwaltung nach Angaben des Bürgermeisters bemühen, weitere Daten zu sammeln, die über die Belastung des Schurwaldorts Auskunft geben können. Seine Mitarbeit bietet auch das Staatliche Gesundheitsamt in Esslingen an. Dort kann man sich vorstellen, den Gründen für die Erkrankungen im persönlichen Umfeld der Betroffenen nachzugehen. Allerdings setzt diese Hilfe die Bereitschaft der Betroffenen und die Mitarbeit der Familien von Verstorbenen voraus. König will sie zusammen mit der Selbsthilfegruppe ausloten.
Aktualisiert: 28.11.2001, 05:34 Uhr