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Ultraschalltechnik eröffnet neue Wege zur Behandlung von Glioblastomen

In einer aktuellen Phase-I-Studie mit 17 Patienten (9 Männer und 8 Frauen) haben Wissenschaftler herausgefunden, dass ein innovatives Ultraschallverfahren in Kombination mit der Applikation von Mikrobläschen die Blut-Hirn-Schranke (BHS) im Gehirn öffnen kann.

Durch die „Öffnung“ der Blut-Hirnschranke (Erhöhung der Durchlässigkeit) bietet sich die Möglichkeit, andere und wirksamere, d.h. stärkere Chemomedikamente, die normalerweise die BHS nicht überwinden können, an den Ort des Glioblastoms und anderer Hirntumoren zu bringen. Dies ist vor allem für Glioblastompatienten mit negativem MGMT-Methylierungsstatus oder wenn sich eine Resistenz des Tumors gegen Temozolomid gebildet hat, ein Hoffnungsschimmer.

Bei dem ambulanten Verfahren kann für mehrere Minuten die Durchlässigkeit der BHS erhöht werden. Wenn in dieser Zeit ein Chemotherapeutikum gegeben wird, können im Gehirn sehr hohe Konzentrationen erreicht werden, die entsprechend wirksam sind. Dies gilt sowohl für bisher nicht anwendbare Chemotherapeutika , als auch für Temozolomid. Es ist vorstellbar, dass Nebenwirkungen im übrigen Körper durch die zeitlich befristete Gabe entsprechend milder verlaufen. Nach Beendigung der Ultraschallanwendung schließt sich die BHS innerhalb einer Stunde wieder.

„Wissenschaftler der Northwestern Medicine in Chicago haben im Rahmen einer klinischen Studie erstmals am Menschen gezeigt, dass ein neuartiges Ultraschallverfahren durch Mikrobläschen (LIPU-MB) die Blut-Hirn-Schranke öffnet und so die Chemotherapie bei aggressiven Hirntumoren wie dem Glioblastom an den Ort der erwünschten Wirkung bringen kann. Diese Krebserkrankungen gelten als schwer behandelbar, da die Blut-Hirn-Schranke normalerweise verhindert, dass die Chemotherapeutika wie Paclitaxel und Carboplatin ins Gehirn gelangen.

Behandlung im wachen Zustand und schnelle Erholung
Die Prozedur dauert nur vier Minuten und wird durchgeführt während die Patienten wach sind. Nach einigen Stunden können sie das Krankenhaus bereits wieder verlassen. Die Studie zeigt, dass die Behandlung sicher und gut verträglich ist. Einige Patienten erhielten sogar bis zu sechs Zyklen der Therapie. Häufige Nebenwirkungen waren vorübergehende Kopfschmerzen (Grad 1-2) bei 12 von 17 Patienten (71%). Schwerwiegendere behandlungsbedingte Nebenwirkungen wie Neutropenie, Leukopenie und Bluthochdruck traten bei weniger als der Hälfte der Patienten auf.
Vier- bis sechsfache Erhöhung der Medikamentenkonzentration im Gehirn
Durch das Öffnen der Blut-Hirn-Schranke konnte eine vier- bis sechsfache Erhöhung der Medikamentenkonzentration im Gehirn beobachtet werden. Die Studie zeigt zudem, dass sich die Blut-Hirn-Schranke innerhalb der ersten 30 bis 60 Minuten nach der Ultraschallbehandlung wieder schließt. Diese Erkenntnisse können dazu beitragen, die Abfolge von Medikamentengabe und Ultraschallaktivierung zu optimieren, um die Penetration der Medikamente ins Gehirn zu maximieren.
Großer Fortschritt
Studienleiter Dr. Adam Sonabend bezeichnet die Ergebnisse als "potenziell großen Fortschritt für Glioblastom-Patienten". So könne das gängige Glioblastom-Chemotherapeutikum Temozolomid zwar die Blut-Hirn-Schranke überwinden, sei jedoch ein schwaches Medikament. Eine verbesserte Penetration von wirksameren Chemotherapeutika wie Paclitaxel und Carboplatin ins Gehirn könne deshalb einen großen Fortschritt bedeuten.
Weiterführende klinische Studien und Anwendungspotenzial
Die Ergebnisse bilden die Grundlage für eine laufende Phase-II-Studie bei Patienten mit rezidivierendem Glioblastom. Ziel der Studie ist es herauszufinden, ob die Kombination aus Paclitaxel und Carboplatin in Verbindung mit der Ultraschalltechnik das Überleben der Patienten verlängert. Die neuartige Methode könnte auch für Millionen von Patienten mit anderen Hirnerkrankungen vielversprechende, neue medikamentenbasierte Therapieansätze eröffnen.
Die Ergebnisse wurden am 2. Mai im Fachjournal The Lancet Oncology veröffentlicht.“

(Northwestern Medicine, ehemals Northwestern Memorial Healthcare, ist ein gemeinnütziges Gesundheitssystem, das der Feinberg School of Medicine der Northwestern University in Chicago, Illinois, angegliedert ist.)

Quelle: https://www.gelbe-liste.de/onkologie/ultraschalltechnik-glioblastom

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