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Kathleen[a]

Und irgendwann fahre ich ans Meer...

"Dürfen wir uns dazu setzen?", fragt die junge Frau im Rollstuhl. Zusammen mit ihrer Freundin Brigitte kommt sie öfter ins "Goggolori", einem Café in Bad Kötzting. Offen geht sie auf andere Menschen zu. "Ich hab doch nichts dagegen, wenn mich jemand fragt, was ich habe und warum ich im Rollstuhl sitze", sagt Conny Maier. Sie steckt voller Lebensmut und Tatendrang. Dabei hat die 36-Jährige in den vergangenen eineinhalb Jahren eine Reihe von Schicksalsschlägen einstecken müssen. Zuerst stirbt ihr Vater und kurz darauf im Juli 2004 wird sie wegen eines epileptischen Anfalls ins Bad Kötztinger Kreiskrankenhaus eingeliefert. Die Untersuchungen ergeben einen Gehirntumor. Nach einem zweiten lebensbedrohlichen Anfall wird Conny Maier mit dem Rettungshubschrauber ins Uniklinikum in Regensburg verlegt. "Da konnte ich noch laufen", erinnert sich die Mutter von zwei Kindern. Die Ärzte drängen auf eine rasche OP. Als Conny Maier aus der Narkose aufwacht, ist sie linksseitig gelähmt, weil ein Nerv beschädigt wurde. "Bei jeder 1000. Tumoroperation kann dies passieren. Darauf hatten mich die Ärzte hingewiesen", meint Conny Maier, "und ich bin wohl so eine tausendste." Davon ließ sie sich jedoch nicht unterkriegen. Nach drei Monaten Krankenhausaufenthalt in Regensburg und Bestrahlungstherapie sowie drei Monaten Reha in einer Bad Kötztinger Klinik widerlegte sie mit Fleiß und Ausdauer im Training die Meinung der Regensburger Ärzte, sie könne nie wieder stehen. "In Kötzting haben sie mich zum ersten Mal wieder auf die Beine gebracht", schmunzelt die Frau mit dem frechen, roten kurzen Haar und den braunen Augen. Mit Stock und Gehtrainer schaffte Conny Maier, was zunächst niemand für möglich gehalten hätte. "Ich brauche kein Mitleid", sagt sie, "sondern nur ab und zu einen Tritt." Und den gibt Freundin Brigitte gerne, wie sie schmunzelnd zugibt. Seit über 30 Jahren sind die beiden Frauen befreundet. Durch die Krankheit von Conny ist ihre Beziehung noch enger geworden. Auch ihre Familie ist enger zusammengewachsen. "Mein Bruder Franz zum Beispiel ist immer für mich da", erzählt Conny Maier. "Er holt mich wie Brigitte raus aus den vier Wänden, geht mit mir Essen oder macht einen kleinen Kneipenbummel mit mir. Das tut mir gut." Besonders stolz ist sie aber auf ihre Mutter Elisabeth, die sie am 23. Dezember 2004 entgegen jeder Expertenmeinung nach Hause geholt hat und die Tochter seither alleine pflegt. "Die Leute glauben immer, Behinderten wird das Geld nachgeworfen", sagt Conny Maier aus Erfahrung. Dabei musste die Familie für den behindertengerechten Umbau der Wohnung einen großen Teil der Kosten selbst tragen. Conny lebt heute im Wohnzimmer der Mutter. Dort steht ihr Pflegebett. Für den Rollstuhl musste der Boden gefliest werden, eine Fußbodenheizung wurde eingebaut. Und auch das Bad musste an Connys Bedürfnisse angepasst werden. Für das Jahr 2006 hat sich die mutige, junge Frau einiges vorgenommen. Sie möchte gemeinsam mit ihren Söhnen Markus (10) und Thomas (15) ihre frühere Wohnung im ersten Stock des Hauses der Mutter beziehen. "Zum einen würde ich dadurch meine Mutter entlasten und ich hätte wieder mein eigenes kleines Reich", sagt Conny Maier. Stehen und ihr linkes Bein im Sitzen bewegen, das kann sie bereits wieder. Eines Tages möchte sie wieder gehen können. Dafür trainiert sie jeden Tag. Conny Maier steckt sich kleine Ziele und freut sich, wenn sie eines erreicht hat. Allerdings fühlt sie sich als Rollstuhlfahrerin in ihrem Heimatort oft zusätzlich behindert. Es gibt vor allem in der Innenstadt kaum flache Zugänge für die Gehsteige, die meisten Geschäfte sind nur über mehrere Stufen erreichbar. "Und überall gibt es Pflastersteine, da werde ich als Rollstuhlfahrerin ganz schön durchgebeutelt", bemängelt Conny Maier. Sie hofft, dass sich mit der Ernennung zum Kneipp-Heilbad in der Beziehung einiges verändert. Die mutige Frau gibt nicht auf. "Und irgendwann fahre ich ans Meer und stecke die Füße in den Sand", davon ist sie überzeugt, "vielleicht nicht heute oder morgen, aber irgendwann bin ich soweit."

Mittelbayerische Zeitung
04.01.06

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