Eine sehr interessante Publikation eines italienischen Forscherteams wurde vor wenigen Tagen in Science veröffentlicht. ( https://stm.sciencemag.org/content/12/532/eaay8707 ).
Bei dem Titel „High-dose vitamin C enhances cancer immunotherapy“ wird man vielleicht eher an die üblichen Heilsversprechen diverser Wundermittel denken, zu denen gelegentlich auch Vitamin C gezählt wird. Vitamin C, also Ascorbinsäure ist durch Linus Pauling als Medikament gegen Krebs (u.v.m.) irgendwie „berühmt“ geworden. Gemeinhin wird die Wirkungen als antioxidativ (Radikalfänger etc.) bezeichnet.
Seit einigen Jahren weiß man allerdings, dass sehr hohe Ascorbat-Konzentrationen im Serum (die man peroral nicht erreichen kann) das Gegenteil bewirken.
Ascorbinsäure erweist sich dann als effektive Radikal-Quelle (ROS) und hat dadurch möglicherweise unmittelbaren Einfluss auf immuno-onkologische Prozesse. Hier ein paar Quellen dazu: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2213231716302634?via%3Dihub
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fphys.2018.01182/full
Die anti-tumorösen (sagt man das?) Effekte sind zwar schon häufiger beschrieben worden, aber Erklärungen über den Wirkmechanismus gab es bislang nicht.
Die Forscher haben im Gegensatz zu den bisherigen Experimenten, bei denen immer Mäuse mit defektem Immunsystem eingesetzt wurden, normale Tiere, bei denen diverse Tumore experimentell erzeugt wurden, benutzt und die Wirkung des Ascorbats unter Verwendung verschiedener Antikörper studiert.
Kurz zusammengefasst:
Vitamin C zeigte nur dann Wirkungen in Maustumoren, wenn die Tiere ein vollwertiges Immunsystem hatten.
Seine positiven Wirkungen scheinen von bestimmten T-Zellen abzuhängen: Antikörper gegen CD4 (T-Helfer) oder CD8 (zytotoxische) T-Zellen konnten in diesen Modellen den positiven Effekt des Ascorbats zunichte machen.
Die Kombination von Vitamin C mit Anti-PD1- oder Anti-CTLA-4-Antikörpern (den Checkpoint-Inhibitoren, wie Opdivio und wie sie nicht alle heißen) war allerdings deutlich wirksamer. Dies scheint unabhängig von dem oben erwähnten pro-oxidativen Schädigungsmechanismus zu sein, ebenso wie von den häufig berichteten Auswirkungen von hochdosiertem Ascorbat auf den Eisenstoffwechsel.
Wie gesagt, es handelt sich hier um Tiermodelle. Die Autoren schlagen klinische Studien mit eskalierenden Dosen von Ascorbat in Kombination mit der Immuncheckpoint-Therapie vor, die sich auf mehrere verschiedene Tumorarten beziehen und die dann mit dem immuno-onkologischen Behandlungsstandard verglichen werden können.
Offenbar scheint eine solche hochdosierte i.v. Ascorbatbehandlung gut verträglich zu sein.
Von Hirntumoren ist in dem Artikel zwar nicht die Rede, aber sollte sich eines Tages die Hochdosis-Vitamin C – Immuno-Kombi bei diversen Krebsarten, die schlecht auf Immuno-Checkpoint-Antikörper reagieren, tatsächlich bewähren, warum dann nicht auch bei Hirntumoren.
Stellt sich natürlich direkt die Frage, ob Vitamin C überhaupt die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann. Tja, kann es eigentlich nicht... aber man misst offensichtlich auch im Liquor recht hohe Ascorbatspiegel. Anscheinend wird Ascorbat zum Hydroascorbat metabolisiert und dieses kann dann ungehindert passieren.
Ganz nebenbei: https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT04264533