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Zielgenau zum Hirntumor
Neues Navigationsgerät mit Ultraschall-Unterstützung an der Neurochirurgie
Von Martina Heise-Thonicke
Man muss kein Fachmann sein, um sich vorzustellen, welch große Vorsicht bei Operationen am Gehirn geboten ist. Schon kleinste Schäden können verheerende Folgen haben. Eine sehr genaue Navigation ist deshalb besonders wichtig. Und hier macht die medizinische Technik enorme Fortschritte. Die Klinik für Neurochirurgie des Klinikums Kassel verfügt seit kurzem über ein hochmodernes Navigationsgerät, das während der Operation durch Ultraschallaufnahmen unterstützt wird und "genial funktioniert", wie sich Chefarzt Prof. Dr. Wolfgang Deinsberger begeistert.
Gerade bei Hirntumoren erlaubten die neuen Geräte ein präziseres und sicheres Arbeiten. Ziel der Operation bei einem Hirntumor ist es, diesen ganz oder zumindest so weit wie möglich zu entfernen. Bei dem Fall einer jungen Patienten, den Deinsberger anhand von Computerbildern schildert, war dies ein schwieriges Unterfangen. Zwar war der Tumor gutartig, aber er saß ganz in der Nähe des Sprachzentrums. Umso wichtiger war auch hier eine punktgenaue Navigation. So werden die vorhandenen Daten und Bilder aus Voruntersuchungen, die zum Beispiel mit Hilfe von Computertomografie und Kernspintomografie gewonnen wurden, in das Neuro-Navigationsgerät eingegeben und sind auch während der Operation jederzeit abrufbar.
Allein auf diese Bilder kann sich der Chirurg jedoch nicht verlassen. Denn nach dem Öffnen der harten Hirnhaut kommt es immer zu einer Verschiebung der Hirnmasse, weil Gehirnflüssigkeit entweicht und der Hirndruck nachlässt, erläutert Deinsberger. Hier kommt jetzt das hochmoderne Ultraschallgerät zum Einsatz. Ein Gerät, das ohne Zeitverzögerung so genaue Bilder liefert, dass sogar graue und weiße Hirnstrukturen und niedergradige Tumore zu erkennen sind. "Dadurch erreichen wir eine noch höhere Präzision und können so viel wie nötig vom Tumor entfernen und gleichzeitig das umgebende Gewebe schonen."
Zudem eröffnet das ultraschallgestützte Navigationsgerät die Möglichkeit der punktgenauen Entnahme von verdächtigem Gewebe und aus Hirntumoren. Durch ein kleines Loch im Kopf werden dabei mit einer sehr dünnen Nadel Gewebeproben entnommen. Bei sehr kleinen Tumoren und tiefliegenden Bereichen wird zur Stabilisierung und zur millimetergenauen Ansteuerung des Ziels ein Rahmen um den Kopf gespannt. Deinsberger freut sich, dass das Klinikum nun auch diese Untersuchung anbieten kann. Bisher mussten Patienten, bei denen zur Absicherung der Diagnose eine Probe aus dem Hirntumor gebraucht wurde, nach Freiburg fahren. Solche Gewebeentnahmen, die unter Narkose oder örtlicher Betäubung gemacht werden, sind zum Beispiel nötig, wenn ein Tumor wegen seiner Lage nicht zu operieren ist und man herausfinden möchte, welche Chemotherapie für diesen Tumor die geeignete ist.
HNA-online
21.06.2006