Katja[a]
ZULASSUNG UND MARKTÜBERWACHUNG WO BLEIBT DIE QUALITÄT?
Anfang des Jahres 1999 hat die europäische Arzneimittelbehörde EMEA das alkylieren-
de Zytostatikum Temozolomid (TEMODAL) zur Behandlung maligner Glioblastome zugelassen.
Praktisch gleichzeitig lehnen in den USA elf Berater der Arzneimittelbehörde FDA bei einer Enthaltung die Zulassung von Temozolomid ab. (!!!!!)
Beide Entscheidungen beruhen auf denselben offenen Studien. Die erste eignet sich
nicht zur Nutzenbeurteilung. Eine Vergleichsgruppe fehlt. In der größeren Untersu-
chung wird als primärer Endpunkt der Einfluss von Temozolomid und Procarbazin
(NATULAN) auf progressionsfreies Überleben verglichen.
Für Temozolomid ergibt sich eine Ansprechdauer von 85 Tagen, für Procarbazin von 99 Tagen. Die FDA errechnet für auswertbare Patienten eine Ansprechrate von 4,7% für Temozolomid und 3% für Procarbazin.
Ein Biometriker aus dem nationalen Krebsinstitut interpretiert den geringen Erfolg als Zeichen dafür, dass auch Procarbazin für diese Indikation möglicherweise nutzlos sei.
Auch die europäische Zulassungsbehörde räumt ein, dass das Studiendesign ungeeignet sei, eine Überlegenheit gegen Procarbazin zu belegen.
Etablierte chemotherapeutische Regime für Patienten mit malignen Glioblastomen, die bislang lediglich eine Lebenserwartung von 12 (bis 24) Monaten nach Diagnosestellung haben, fehlen. Die europäische Zulassung von Temozolomid erfolgte voreilig und ohne den gesetzlich geforderten Nachweis einer Wirksamkeit.
Statt um die Qualität der Zulassung wetteifern die Zulassungsbehörden im Interesse der Warenanbieter um Schnelligkeit. Tempo geht jedoch zu Lasten der Qualität
(vgl. a-t 4 [1998], 37). Die FDA musste in den Fünfjahreszeiträumen 1989 bis 1993
127 Arzneimittel und von 1994 bis 1998 bereits 172 neue Produkte aus Sicherheits-
gründen vom Markt nehmen.