Montegna

Hallo an alle Bestrahlten (und deren Angehörige),

da uns das Thema "Pseudoprogress" bzw. "radiogene Schrankenstörung" lange beschäftigt hat und auch hier viel Unklarheit herrscht, wollte ich dieses Topic mal gesondern aufmachen.

KaSy schreibt immer wunderbare, erklärende Texte, die sie hier vielleicht direkt anschließend reinkopieren könnte...?

Ich möchte unsere Erfahrung beitragen:
Mein Mann, Glioblastom, ED 8/21, Bestrahlung von 9-11/21, 6 TMZ Erhaltungszyklen mit Unterbrechung von 12/21-2/22 und 5-7/22, Avastin-Gaben 3-8/22 .
Seine zwei Tumorherde waren zwar nicht sehr groß, aber lagen etwas auseinander und es hatte sich ein großes verbindendes Ödem gebildet. Daraufhin wurde entscheiden, dass man fast seine komplette linke Gehirnhälfte bestrahlt. Er hatte von Anfang an schwere Nebenwirkungen und stark erhöhten Hirndruck. Er muss immernoch viel Cortison nehmen.

Der erste MRT sah dementsprechend wüst aus und es konnte Pseudo- von Progress nicht unterschieden werden. Die Erhaltungschemo wurde gestartet.
Der darauf folgende MRT hatte immernoch keine Klärung gebracht, aber man beantragte Avastin, um dem Ödem (und dem mittlerweile vermuteten Pseudoprogress) Herr zu werden, was nach langen hin und her mit der TK auch genehmigt wurde. Schon ab der ersten Gabe merkte man einen deutlichen Aufschwung im Zustand meines Mannes. Das 3. MRT bewies es dann auch: es war ein Pseudoprgress!
Tumor war stabil und das Ödem deutlich zurückgegangen.

Nach dem 2. MRT als man noch immer nicht feststellen konnte ob Pseudo oder echter Progress wurde die Chemo ausgesetzt, weil sich ja eventuell unter der Chemo ein Progress gebildet hat, was bedeuten würde, die Chemo hätte nichts gebracht.
Erst nach dem 3. MRT - der so gut aussah - wurde die Chemo parallel zu Avastin wieder aufgenommen. Es standen noch 3 Zyklen aus. Der erste davon war ok, aber die letzten beiden haben den Zustand meines Mannes deutlich verschlechtert. Seine Hemiparese wurde wieder stärker, all die Erfolge in der Beweglichkeit der rechten Hand waren wie ausradiert.
Wir machten uns eigentlich keine Sorge wegen eines Progresses, da es deutlich zeitlich mit der Einnahme der Chemo zusammen hing und sich zischen den Zyklen auch leicht besserte. Aber jetzt erst haben wir eine Erklärung dafür.

Jetzt zum MRT im August gab es wieder eine Veränderung, Zunahme des Ödems bzw.evtl auch eine Narbenbildung und eine kleine Läsion nahe des Balkens.
Sein Zustand verbessert sich in größer werdendem Abstand zu Chemo aber quasi täglich - trotz neuer Läsion.

Was in unserem Fall immer wichtig gewesen ist, war, dass die Radiologen sehr sauber gearbeitet haben. Im Tumorboard haben sie immer wieder auf den Bestrahlungsplan verwiesen. Der Bestrahlungsplan zeigt, wo bestrahlt wurde .. klar. Wenn sich also innerhalb dieses Bereiches relativ zeitnahe nach der Bestrahlung ein leuchtendens Bild zeigt, ist die Chance für Pseudoprogress hoch! Nur auf das stetige Insistieren der Radiologen wurde Avastin hin bestellt, sonst wären wir womöglich mit einem attestierten "Progress" dort heraus gekommen und hätten neue Therapien beginnen müssen.

Es ist also ganz wichtig, dass auch ein Pseudoprogress ernst genommen wird und nicht "auf Verdacht" lieber mal eine Chemo draufgepfeffert wird.
Denn es gibt mittlerweile Erkenntnisse, dass eine Chemo bei einem reinen Pseudoprogress den gesamten Zustand verschlechtern und die Toxizität für den Patienten erhöhen kann!
Ich denke genau das ist bei meinem Mann in seinen letzten beiden Chemo Zyklen passiert.

Die Chemo zielt auf schnell teilenden Zellen. Innerhalb eines Pseuodprogresses sind die Zellen auch "gestört/beschädigt" und wollen sich gerne regenerieren, sie sind also auch "heiß" (sagte unsere Radiologin) und noch nicht "konsolidiert". Eine Chemo ist in der Lage all das wieder zu zerstören.
Natürlich zerstört ein übersehener Progress noch viel mehr, aber es ist trotzdem wichtig hier vorsichtig zu sein.

Ein Pseudoprogress kann auch noch 17 Monate nach der Bestrahlung auftreten.

Hier ein Artikel von zwei (sehr netten) Radiologinnenzu diesem Thema: https://www.degro.org/schrankenstoerungen-sind-von-einem-gliom-progress-abzugrenzen/

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