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Thema: Psychische Veränderungen nach OP- Erfahrungen?

Psychische Veränderungen nach OP- Erfahrungen?
Glücksfee
30.05.2017 10:30:28
Hallo,
meine Mutter (72) hatte im August 2015 die Diagnose Lungenkrebs und wurde erfolgreich operiert. Im Oktober 2016 wurden nach plötzlich auftretenden Wesensveränderungen 2 Hirnmetastasen entdeckt. Auch diese wurden operativ entfernt. Man fand auch 2 Lymphknotenmetastasen im Bauchraum und einen neuen 3 mm großen Herd in der Lunge. Die momentane Chemo hat angeschlagen, der Herd auf der Lunge ist weg, die Metastasen sind kleiner geworden. Sie verträgt die Chemo super, hat 5 Kilo zugenommen, keine Nebenwirkungen, außer Müdigkeit. Aber der Kopf…nach der 2. tieferliegenden Kopfmetastasen-OP ist Sie nicht mehr die gleiche. Ähnlich dement, verwirrt. Sie spricht, findet aber nicht die richtigen Worte, redet also meist nur Unsinn. Sie kann z.B. auch nicht sagen, das ein Tisch ein Tisch ist, kann aber z.B. einen Reim zu Ende führen; ich sage: „Morgenstund hat Gold im…“ Sie sagt dann: „Mund“. Sie macht auch komische Dinge, wie mit Kajalstift Ihre Lippen schwarz anmalen, Das Nachthemd über den Pulli ziehen, die Zahncreme ins Gesicht schmieren anstatt Creme. Sie ist in allem Selbständig, man muss aber aufpassen bzw. Sie anweisen, dass sie das richtige tut. Sie ist bei Tiersendungen begeistert wie ein kleines Kind, auch wenn Sie kleine Kinder sieht. Und sie hat einen Putzfimmel, will immer alles sauber wischen. Sie hat auch „lichte“ Momente, dann ist Sie beleidigt, weil Sie sich bevormundet vorkommt oder versucht auch mal über sich zu sprechen, was sehr schwer gelingt, da sie nicht die Worte findet. Die Chirurgen sagen, alles sei gut, laut OP ist nichts verletzt am Hirn. Der neurologische Befund scheint nicht gut, es heißt, es kann auch mal bis ein Jahr dauern, bis Besserung eintritt, wenn überhaupt. Wir sollen hoffen. Hat jemand Erfahrung? Wer kann da helfen? Gibt es Einrichtungen, die einen Unterstützen? Mein Vater leidet am meisten, er kommt sehr an seine Grenzen in dieser Situation. Nicht nur, sich nicht mehr mit seiner Partnerin unterhalten zu können, sondern immer auf der Hut zu sein, da Sie Sachen weg räumt, umräumt oder eben komische Dinge macht. Gibt es Dienste, die auch mal 2 Stunden kommen und „aufpassen“? So dass mein Vater sich mal erholen kann? Raus kann? Oder überhaupt….wir fühlen uns in allem sehr alleine gelassen. Wir haben erst im Juli einen Termin bekommen in einer Neuro-psychologischen Praxis, ob die helfen kann ist laut Onkologe fraglich. Vielleicht hat jemand ähnliches zu berichten?
Glücksfee
Josh
30.05.2017 10:53:50
Hallo Glücksfee,
willkommen hier im Forum.

Wortfindungsschwierigkeiten nach einer Hirn-OP sind leider keine Seltenheit. Meine Freundin leidet auch darunter. Es ist bei ihr nicht so extrem wie bei Deiner Mutter, aber Unterhaltungen mit ihr sind meist anstrengen. Da braucht man halt ein bisschen Geduld.

Auch kindliches Verhalten ist mir nicht fremd. Meine Freundin staunt über jedes Flugzeug am Himmel und freut sich kindlich über jede Blume, die sie sieht. Eigentlich ist das sogar herzerfrischend, mit anzusehen, wie sie sich freut.

Das Hirn kann sich regenerieren. Aber das dauert seine Zeit. Eine gute Rehaeinrichtung bietet dabei große Unterstützung. So stelle ich zu meiner Freude fest, dass meine Freundin wieder besser und fehlerfreier schreiben kann. Früher musste ich bei ihren Textnachrichten ab und zu rätseln, was sie meint, heute kann sie sich deutlich und relativ fehlerfrei ausdrücken.

Es sind die kleinen, positiven Schritte, welche wieder Mut machen.

Viele Grüße
Josh
Josh
Muschelsucherin
30.05.2017 12:18:51
Liebe Glücksfee,
alles das, was Du beschreibst habe ich bei meinem Mann zum Teil auch so erlebt, es hat sich aber nach und nach verbessert.
Ein Psychiater sagte mal zu uns, das Gehirn ist nicht darauf ausgerichtet, dass solche massiven Eingriffe stattfinden und es braucht lange und viel Geduld, bis es sich wieder einigermaßen erholt.
Zu Deiner Frage, Hilfe zum Aufpassen.
Die bekommt Ihr im Rahmen der Verhinderungspflege. Dazu muß Deine Mutter einen Pflegegrad ( früher Pflegestufe ) haben, wie Du sie beschreibst, müßte der eigentlich vorliegen, falls nicht, schnellstens beantragen
Dann stehen ihr im Jahr etwas über 1200 € auf die Monate verteilt zu, die man dazu nutzen kann, Bekannte oder aber auch professionelle Betreuer zu bezahlen, damit sie sich mit Eurer Mutter beschäftigen, rausgehen oder einfach nur beaufsichtigen, damit Dein Vater mal raus kann.
Genauere Auskünfte bekommst Du bei der Pflegekasse der Krankenkasse aber auch bei Pflegediensten.
Es müssen keine ausgebildeten Kräfte sein, die das machen.
LG
Muschelsucherin
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