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plasmatimama

Es wird immer schwieriger, mit der Diagnose zu leben. In wieweit hat Euch psychoonkologische Unterstützung geholfen? Ich weigere mich noch im Inneren, denn je mehr ich darüber erzähle und mich öffne, desto schlimmer ist es für mich, desto tiefer rutsche ich. Ich kann mir schwer vorstellen, das mir Gespräche helfen können. Drei Psychologen haben sich mit mir während der Klinikaufenthalte meines Sohnes befaßt, die erste sagte den Satz:"Sie wissen was ihr Sohn hat, es kann gut gehen oder auch nicht!" , die zweite,der ich mein Herz ausschüttete, ging am folgenden Tag grußlos an mir vorbei, die Dritte hat während des Gesprächs den Blick auf die Uhr interessanter gefunden als das, was ich sage...und nach jedem Gespräch ging es mir schlechter...welche Erfahrungen habt ihr? Welchen Rat hättet ihr?

Lana3

Uns hat im Krankenhaus keiner gefragt, ob wir mit jemanden reden möchten. Alle Ärzte machen nur Ihre Arbeit und sagen nur, dass wir los lassen müssen. Jedes mal ein anderer Arzt vor Ort. Wir kommen uns vor wie eine Nummer. Deshalb können wir die Ärzte auch nicht mehr ernst nehmen.
Wir reden mit unserer Familie; Verwandtschaft und Kollegen. Da wird man wenigstens in den Arm genommen und getröstet.

Mit der Pflegestufe haben wir auch schlechte Erfahrungen gemacht. Erst die 1 bekommen, die Mitarbeiterin war sehr unhöflich, danach 5 Seiten Widerspruch geschrieben, nach langem Warten und nochmaliger Kontrolle die Pflegestufe 3 bekommen.

Wir sind echt nur am Kämpfen.

plasmatimama

Liebe Lana3, ich kann dich sehr gut verstehen. Alles ist ein Kampf. Vom Tag der Diagnose an. Man kommt in eine "fremde Welt" und muss sich zurechtfinden, erfragen, kümmern, telefonieren...es ist anstrengend und belastend hinzu. Keiner kommt und nimmt Dir etwas ab, du stehst mit allem allein da. Dazu kommen dann die ganzen Sorgen, der Kummer....als man uns am Anfang Sätze sagte wie:"Ich wünsche Euch viel Kraft!" hatte ich nicht geahnt, für was man diese alles braucht...

Schwan01

Liebe Plasmatimama,
habe dir gerade eine private Mail geschrieben mit denke ich guten Anlaufstellen.

lg Schwan01

fasulia

ich erinnere mich dass du ziemlich am Anfang in einer Beratungsstelle warst, wo du eigentlich rechtliches klären wolltest, der Beraterin konntest du dein Herz ausschütten- so klang es "damals" für mich. Ist das nicht ein Kontakt auf den du zurückgreifen kannst? auch wenn sie kein "Diplom" hat.

plasmatimama

Es ist eher so, das ich nicht einmal weiß, ob es mir überhaupt helfen könnte. Deshalb würde ich so gern von Euch wissen, welche Erfahrungen ihr gemacht habt und ob es denn eine Hilfe überhaupt war. Ich empfand das Gefühl nach Gesprächen nicht als befreiend oder helfend, sondern es ging mir danach noch schlechter, weil man sich so öffnet, seine Gefühle loslässt. Ich verdränge im Moment eher, um nicht in ein Loch zu fallen. Mein Junge mag mich nicht weinen sehen und deshalb "reiße ich mich zusammen". Heulen und ausquatschen macht mein Kind nicht gesund, also frage ich mich und auch Euch, was es denn helfen soll. Klingt vielleicht blöd, aber jeder sieht es ja auch anders. Habt ihr Euch nach Gesprächen auch schlechter gefühlt, wird es besser nach der Zeit? Ich tue mich schwer damit, überhaupt jemanden aufzusuchen, bin ich zu negativ eingestellt? Mein Junge denkt genauso und möchte auch keine Gespräche, ihm geht es genauso wie mir. Eine leise Sorge ist da: ich habe Angst, das meine Seele irgendwann überfordert ist...

Enzianblau

Liebe Plasmatimama,
die Psychoonkolgen, die ich kennengelernt habe, waren alle freundlich u verständnisvoll, geholfen hat es uns nicht. Ich bin Tochter von krebskranken Eltern, anders als Deine Situation, ebenfalls sehr anstrengend. Im letzten Jahr hatte ich zwei Fehlgeburten - die Anstrengung u Sorgen gehen an keinem spurlos vorbei.
Ich kann Dir nur berichten, wie ich mich über Wasser halte, vielleicht findest Du da irgendwas, das Du brauchen kannst.
Mir hilft alles, auf das ich mich ein paar Stunden konzentrieren kann u mich ablenkt. Garten, Laufen, mit dem Hund spielen, malen - daraus ziehe ich sehr viel u meine Seele erholt sich.
Ich habe eine Therapeutin gefunden, die mir wie eine Krücke Stütze ist. Da gehe ich ein Mal pro Woche hin, erzähle, was passiert, was mit mir passiert und sie sagt mir ihre Meinung, erzählt mir von ihren Erfahrungen u hilft mir so, nach vorne zu schauen. Ich finde diese professionelle Hilfe sehr wichtig. Natürlich habe ich enge Freunde, mit denen ich immer sprechen kann. Im Bekanntenkreis spreche ich nicht mehr über Krebs - kommt nicht gut an.
Und dann habe ich noch eine Internistin und Homöopathin an meiner Seite, die mich mit Tropfen, Aufbauspritzen u Akupunktur unterstützt. Ich nehme mir professionelle Hilfe, wo ich sie kriegen kann, passe gut auf mich auf, damit genau das nicht passiert, was Du fürchtest.
Durchhalten - leben heißt kämpfen, aber es kommen auch wieder bessere Zeiten.
Lieben Gruß!!!

PS Noch kurz zum Therapieziel bzw Sinnhaftigkeit von Gesprächen. Ich könnte mir vorstellen, aus den Zeilen, die Du schreibst ergibt sich dieses Bild bei mir, dass Du ein sehr empathischer Mensch bist, der mitleidet u sich komplett aufopfert. Da brennt man irgendwann aus u davor gilt es, sich zu schützen.
Durch die Therapie kann ich mich abgrenzen, Abstand gewinnen. Auch wenn es hart klingt: Der wichtigste Mensch bist immer Du selbst - Du solltest Dich um Dich genauso intensiv kümmern, wie um den Kranken. Das zu lernen, zu erarbeiten, die Kraft aufzubringen für ein paar Stunden loslassen zu können, abzuschalten, schlafen zu können - darum geht es.
Du brauchst eine kontinuierliche Stütze - eine Liste von Therapeutinnen bekommt man bei der Krankenkasse.

Schwan01

Es ist immer relativ was man sich unter HILFE vorstellt, persönlich halte ich nicht all zu viel davon sich vielen Menschen zu öffnen, es kann nicht jeder mit der Situation um gehen.

Zu Ärzten, Psychologen sollte Vertrauen da sein, mir bringt es sehr viel
meine Termine bei der Therapeutin wahr zu nehmen, es geht schon lang nicht mehr um die Krankheit, nein es sind die eigenen Gefühle, das weiter Leben in der Partnerschaft, Familie, die alltäglichen Probleme bewältigen.

Du weißt ja selber da kommen Behördengänge, Telefonate mit Kliniken usw. hin zu, bei all diesem braucht man Kraft, jeder Tag ist nicht gleich.

Auch du hast Gefühle, wenn dein Sohn nicht weinen möchte/kann - als Mutter du darfst es , so manches mal war es für mich befreiend.

Du musst für dich alleine heraus finden was dir gut tut, so wie du schreibst du hast Angst das deine Seele irgendwann überfordert ist.

Diese Herausforderung ist eine psychische und körperliche Belastung, wobei die Psychische enorm ist.

lg Schwan01

PS: Was mich auch über Wasser hält ist mein Yoga was ich regelmäßig besuche, mein Mann, die Natur, selber auf den Körper hören und sich immer wieder Auszeiten können.
Mein Hausarzt der auch auf dem Naturheilverfahren praktiziert baut mich immer wieder auf.

sue77

Hallo ,

wir sind im AKH (Wien) mit unserer Tochter von Anfang an mit Psychologischer Hilfe , für uns persönlich war es teilweise sogar zuviel.
Bei jedem Arzt Gespräch ist eine Psychologin dabei und sitzt wie ein Drohung dabei , jedes Gespräch wird zum Angst Gespräch und wenn es nur um neue Medikamente geht sie sind immer dabei.
Sehr stressig , überall renn sie herum , wollen ständig mit einem sprechen für uns und unsere Tochter war es zuviel.
Meine Tochter hat eine mal rausgeschmissen aus dem Zimmer weil sie mit einer Trauermine neben dem Bett meiner Tochter Platz nahm und nicht gehen wollte.
Sie sind darauf auf der Ebene sehr stolz und jeder sagt immer wie gut wir das machen und wie stark wir nicht sind , ich kann es nicht mehr hören.

Bin oft froh wenn sie an mir vorbei gehen.

Du siehst alles ist eine Ansichtssache und wenn ich eine Psychologin brauche suche ich sie mir selber , das muss einfach passen.

Lg Sue

plasmatimama

Ich muß schauen, was ich aus all dem mache, mitnehme, umsetze. Trotzdem bedanke ich mich für jede einzelne Antwort.
Ich denke, geholfen werden kann niemandem, nur du selbst und dazu muß man bereit sein und die Kraft und den Ansporn haben, so schließt sich dann der Teufelskreis.

hopeflower

Mir hilft das sehr mit der Psychoonkologin, 1h alle 2 Wochen.

Wir reden wie es mir geht, was für mich hart ist. Sie hilft mir, meinen eigenen Weg zu finden, dass ich mich besser fühle. Oft sind es konkrete Dinge. "Was würde Ihnen jetzt helfen".

plasmatimama

"Was würde Ihnen jetzt helfen" wäre schon so eine Frage, die ich gar nicht beantworten könnte...hab mal nachgeschaut, selbst wenn ich wollte, es gibt keine psychoonkologischen Therapeuten in unsere Nähe...

hopeflower

Plasmatimama, das ist aber vielleicht eine Frage die du zulassen könntest. Ganz konkret - was würde dir helfen dass du dich besser fühlst.

Bei mir waren das banale Dinge. Klar fänd ich es schön wenn die Krankheit heilbar warden würde. Aber das ist gerade im Moment nicht realistisch. Was kann ich aber tun?

Ich bin aber auch Mama von einem Kleinkind, arbeite Vollzeit, unterstütze meinen Mann in Chemo und Bestrahlung, habe einen neuen Job seit April und wir sind im April umgezogen. Das bösartige Rezidiv kam am gleichen Tag wie mein neuer Job und der Schlüssel zum Haus das wir noch renovieren mussten. Ich hatte ein schlechtes Gewissen weil wir in letzter Zeit öfter essen waren im Restaurant. Schlechtes Gewissen weil ich dachte "ich muss meinem Kind aber doch frisches selbstgekochtes Essen bieten und zwar täglich". Aber es ist halt auch viel zu tun!
Was mir hilft? Das ganze mit dem Essengehen lockerer zu sehen. Das klingt banal, aber man kann wirklich versuchen zu sehen wo kann man etwas ändern, wo kann man sich ein bisschen besser fühlen. In dem Fall einfach meine Einstellung und meine wahnsinnig hohen Ansprüche an mich selbst.

In deinem Fall kannst du dich fragen ob du wirklich darüber reden willst oder ob du dich besser fühlst, es ein bisschen wegzuschieben. Was hilft dir gerade eher?

Mir selbst hilft es, im Moment diese Dinge wegzuschieben im Alltag (lieber nicht daran denken) und zu versuchen "trotzdem ein normales und gutes Leben zu haben" - wieder ganz banal: vielleicht ein Ausflug am WE, zusammen Abendessen kochen, im Bett lesen. Mal rauskommen, 20 Min. Spaziergang, alleine. Und einmal alle 2 Wochen zu trauern, zu weinen, zu reden, dem ganzen Mist einen Raum zu geben (und das bei meiner Psychoonkologin).

Alles Liebe.

PS: Schau mal hier, ein Beitrag über Psychoonkologie.
http://www.wdr5.de/sendungen/neugiergenuegt/redezeit/petermannmeyer100.html

Wüstenrose

Hallo plasmatimama,

ich habe als Angehörige vor einiger Zeit meinen Mann zum Psychologen begleitet und selber auch einige Gesprächen mit ihm geführt. Am Anfang habe ich gedacht, dass es mir gut tut so direkt über unsere Situation zu reden, besonders weil der Therapeut Dinge direkt gefragt hat, die sich sonst keiner in unserem Umfeld getraut hat anzusprechen.
Aber... mich haben diese Gespräche im Nachhinein so mitgenommen, dass ich damit nicht umgehen konnte. Ich war danach immer fix und fertig und meistens bin ich dann irgendwann mit meinem Mann in Streit geraten, weil ich so gereizt war. Ich habe diese Termine also irgendwann nicht mehr wahrgenommen.
Ich habe auch vor einiger Zeit aufgehört hier im Forum zu lesen oder zu schreiben, weil ich auch hier das gleiche Gefühl hatte: ich wollte gerne reden, aber danach fühle ich mich nur schlechter.

Ich finde es ganz toll, dass es vielen Patienten und Angehörigen hilft mit Psychoonkologen zu reden. Aber für mich ist es - zumindest zum jetztigen Zeitpunkt - auch keine Option. Leider.
Zumindest lese ich wieder ab und zu hier... aber meinem Mann geht es auch recht gut zur Zeit. Es ist eben sehr schwer seinen eigenen Weg im Umgang mit der Krankheit zu finden.

Viel Kraft und alles Gute,
Wüstenrose

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