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frausvonh

Hallo zusammen,

ich lese seit Ende September nahezu täglich in diesem Forum und es hilft mir sehr zu erkennen, dass wir nicht alleine sind mit unserem Schicksal.

Meine Mutter (51) bekam die Diagnose Hirntumor am 16.09.2019 und am 27.09.2019 hatten wir die Gewissheit, dass es sich um ein Glioblastom (links parietal / IDH1-Wildtyp, ATRX positiv, MGMT nicht methyliert) handelt. Leider konnte aufgrund der ungünstigen Lage des Tumors nur eine Biopsie gemacht werden. Wir holten uns zum Thema Operation noch eine Zweit- und Drittmeinung ein, die sich im Grunde jedoch alle einig waren.
So erfolgte dann die Bestrahlung parallel zu Temozolomid ab Ende Oktober und endete Anfang Dezember.

Unter der Therapie ging es meiner Mutter sehr gut. Leider kann ich seit Weihnachten eine tägliche Verschlechterung beobachten. Sie kann kaum noch laufen, vergisst sehr viel und hat Wortfindungsstörungen. Zudem weint sie sehr viel, ist generell erschöpft und schläft oft einfach ein.
Während der ersten Sitzungen der Strahlentherapie Ende Oktober konnte ich schon einmal ein ähnliches Verhalten beobachten, allerdings nicht in dem Ausmaß wie jetzt.

Vergangene Woche hatten wir einen Termin in der Onkologie, bei dem eigentlich der nächste Chemozyklus besprochen werden sollte. Nun ist es aber so, dass der Onkologe das erneute MRT (am Donnerstag) abwarten möchte, weil er sagt, dass wir schauen müssen, ob die Verschlechterung aufgrund der Nachwirkungen der Strahlentherapie entstanden ist, oder ob der Tumor weiter gewachsen ist.
Am Freitag sollen wir zum Gespräch wiederkommen um die weiteren Behandlungsmöglichkeiten zu besprechen. Er sprach davon, dass eine "zielgenaue Re-Bestrahlung" vorgenommen werden könnte.
Ich habe extra nochmal nachgefragt, ob ich das richtig verstanden habe, denn auf dem Hirntumorinformationstag in Würzburg hatte ich es so verstanden, dass zwischen zwei Strahlentherapie Zyklen mindestens 6 Monate Abstand liegen müssen.

Ich bin nun sehr verunsichert. Meine Mutter hat Hoffnung aus der Aussage des Onkologen geschöpft. Ich stehe dem Ganzen eher skeptisch gegenüber, da ich denke, dass eine zweite Bestrahlung nach so kurzer Zeit doch große Nebenwirkungen mit sich bringen wird. Aber selbstverständlich bin ich kein Arzt und kann das letztlich nicht beurteilen.

Die Frage ist für mich aber auch, wie viel Lebensqualität meiner Mutter bleibt. Aufgrund des aktuellen rasanten Verfalls vermute ich, dass es nicht mehr besser wird. Ich versuche ihr dennoch stets Hoffnung zu machen und sie aufzubauen wenn sie ein Tief hat, da ich denke, dass ihre Grundeinstellung eine große Rolle spielt.
Sie hat sich aber mit den "Details" zu ihrer Diagnose nicht auseinandergesetzt und alles an mich abgegeben. Sie weiß nur (aufgrund der Aussage eines behandelnden Neurochirurgen) über die Prognose Bescheid.

Evtl. hat ja hier jemand ähnliche Erfahrungen gemacht, oder kann mir etwas zur Re-Bestrahlung sagen. Ich habe zwar schon die Suchfunktion benutzt, aber nur einen Beitrag aus dem Jahr 2016 gefunden.

Herzlichen Dank fürs Lesen der Zeilen und alles Gute.

KaSy

Liebe frausvonh,
diese plötzliche und schnelle Verschlechterung könnte auch mit einem erhöhten Hirndruck zusammenhängen, wurde darüber auch nachgedacht?

Dafür spricht, dass die gleichen Symptome zu Beginn der Strahlentherapie auftraten.

In dem Fall würde Cortison eine rasche Verbesserung bringen, man sollte es aber nur so viel und so lange nehmen wie es unbedingt nötig ist, da die Nebenwirkungen gravierend werden können.

Während der Strahlentherapie werden die Tumorzellen an ihrer Teilung gehindert, also "getötet". Diese nun viel mehr "toten" Zellen sieht der Körper als Fremdkörper an und umgibt das tote Tumorgewebe mit einer Flüssigkeit, dem Ödem. Das führt dazu, dass es im MRT so aussieht, als wäre der Tumor größer geworden. Man bezeichnet das als Pseudoprogress.

Da das Glioblastom nicht entfernt werden konnte, ist es selbst noch recht groß, also wäre auch der im MRT sichtbare Pseudoprogress noch größer. Und dieser kann zu dem erhöhten Hirndruck führen, der die von Dir genannten unspezifischen Symptome erzeugt.


Wegen Deiner Frage zur Re-Bestrahlung kann ich nur sagen, dass meine WHO-III-Meningeome selbst dreimal (je 30x) bestrahlt wurden, aber im Abstand von 11 und 6 Jahren. Das ist also nicht vergleichbar. Es wurde auch darauf geachtet, dass sich die Bestrahlungsfelder keinesfalls überschneiden.

Ich hatte mich aber deswegen auf Hirntumorinformationstagen mehrfach dafür interessiert, wie verschiedene Kliniken mit einer erneuten Bestrahlung umgehen und erinnere mich, dass ein Arzt aus der Charité Berlin bereits im Jahr 2012 von einer möglichen Re-Bestrahlung desselben Gebiets im Abstand von 6 Monaten sprach.

Ich glaube, dass die Verbesserung der Möglichkeiten der Strahlentherapie seitdem tatsächlich eine frühere zweite Bestrahlung ermöglichen.

Gemeint sein könnte von dem Onkologen die Protonen- oder Schwerionen-Bestrahlung, die als zielgenauer gilt und das umliegende gesunde Gewebe weniger betrifft. Demzufolge würden die Nebenwirkungen sehr gering bleiben, während der Tumor noch einmal eine gezielte Strahlendosis erhält.


Mit der Hoffnung und dem Optimismus, den Deine Mutter dringend braucht, hast Du völlig Recht.
Immer wieder wird von Ärzten und insbesondere bei so schweren Erkrankungen gesagt, dass "der informierte Patient" besser dran ist, weil er seine Erkrankung und die Therapien selbst in die Hand nimmt.

Mir selbst ging es während der Therapien (viele OPs und die Strahlentherapien) auch so, dass es mir recht gut ging, vermutlich, weil ich wusste, dass etwas passiert und weil ich Kontakt zu Ärzten und dem medizinischen Personal hatte.

Danach, zu Hause, musste ich mich selbst um mich bemühen. Ich habe zwar viele Verwandte und Freunde, die mir bei Bedarf Wege abnehmen, aber um meine Erkrankungen kümmere ich mich selbst.

Das sollte Deine Mutter mit ihren 51 Jahren auch (noch) können.
Ermuntere sie doch dazu, dass sie alles selbst macht, was sie noch kann, das könnte einen Ausgleich zu der schrecklichen Diagnose bringen.
Hinzu kommen die heller werdenden Tage, die zum Optimismus und zur Lebensfreude beitragen könnten.


Es wäre gut, wenn man gleich heute etwas bewirken kann, damit die "schlechte Zeit" nicht noch mehrere Tage anhält.

Alles Gute!
KaSy

frausvonh

Liebe KaSy,

herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort.

Ich habe mich etwas ungünstig ausgedrückt, als ich schrieb, dass die Verschlechterungen während der ersten Sitzungen der Strahlentherapie auftraten. Gemeint war, dass Mamas Beschwerden vom Zeitpunkt der Diagnose bis hin zu den ersten Sitzungen der Strahlentherapie täglich schlechter wurden. Ich hatte den Eindruck, dass es kurze Zeit nach Strahlentherapiestart stagnierte und anschließend wieder rückläufig, sprich viel besser wurde.
So war es beispielsweise so, dass sie sich im Oktober nicht mehr alleine an- und ausziehen konnte und der Pflegedienst einmal täglich kommen musste. Mitte November konnte sie dann alles wieder alleine und hat den Pflegedienst abbestellt.
Oder sie stand vor ihrem Staubsauger und wusste nicht, was sie damit machen musste. Das gleiche passierte, als sie einen Teller fallen ließ und dann ratlos mit Besen und Kehrschaufel auf dem Fußboden saß, weil sie nicht wusste, wie sie die einzelnen Teile benutzen sollte.

Ein Ödem hat sie bereits seit Beginn des Krankheitsverlaufs und nahm daher anfänglich 12mg Dexamethason, was sie mit Hilfe von insgesamt 4200mg Weihrauch auf 6mg täglich ausschleichen konnte. Eine weitere Reduzierung war nicht möglich, da dann die Sprache deutlich schlechter wurde und das Laufen ebenfalls.

Die ersten fünf Bestrahlungen hat sie übrigens in Marburg gemacht. Das war ein sogenannter Protonen-Boost. Aber auch dort sagte man, dass für eine erneute Bestrahlung ein halbes Jahr Zeit vergangen sein müsste. Ich bin nun sehr gespannt, was am Donnerstag beim MRT herauskommt und welche Therapie der Onkologe am Freitag vorschlagen wird.

Vielen Dank für deine Ratschläge. Meine Mutter würde sich wünschen, dass sie alles selbst machen könnte, aber das ist schlichtweg nicht mehr möglich. Wir haben bei uns zu Hause umgebaut, sodass sie seit Anfang Dezember bei uns barrierefrei wohnt. Das ist ein Segen, denn ohne dass ich mehrfach täglich nach ihr schauen würde, würde sie nicht mal die Tabletten nehmen. Alles, was ich ihr sage, hat sie innerhalb weniger Minuten wieder vergessen. Seit ein paar Tagen hat sich zudem angebahnt, dass es mit dem Toilettengang nicht mehr klappt. Seit heute trägt sie entsprechende Inkontinenzeinlagen.

Alles in allem ist es so, als würde ihr Körper innerhalb weniger Wochen um Jahre altern. Schrecklich.

KaSy

Ja, das Glioblastom ist eine furchtbare Erkrankung und wenn es nicht operiert werden kann, dann muss die Hoffnung sehr groß sein.
Ihr habt gut und rasch im Sinne der Mutti gehandelt und ich wünsche Euch von Herzen eine gute Zeit!
KaSy

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