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Thema: Rezidiv mit 86 Jahren

Rezidiv mit 86 Jahren
Joy2
22.04.2021 23:28:30
Im Jahr 2017 erkrankte meine Mutter mit 82 Jahren an einem Glioblastom.Dieser wurde festgestellt nach einem kurzen epileptischen Krampfanfall.Es folgte eine operative Resektion im Oktober 2017. Die Diagnose lautete:
Glioblastom WHO Grad IV rechts frontal molekulargenetische Status:IDH 1 R132H negativ,nukleäre ATRX Expression erhalten, MGMT Promotor methyliert.
Danach folgte die postoperative Radio - Chemotherapie nach Stupp 11-12/ 2017 und 2 Zyklen adjuvanter Temozolomid Chemotherapie mit Abbruch bei Hämatotoxizität.

Körperlich hat meine Mutter seitdem sehr abgebaut. Seit einem Oberschenkelhalsbruch Ende 2018 sitzt sie nur noch im Rollstuhl und kann weder gehen noch stehen. Außerdem hat sie eine linksseitige Hemiparese.Es zeigen sich Defizite beim Kurzzeitgedächtnis, bei der Konzentration und sie kann nicht mehr lesen.Sie wird immer müder und kraftloser und teilnahmsloser. Dadurch das ich sie pflege und sie in den Rollstuhl setze ist sie nicht bettlägrig und ich kann auch gut mit ihr kommunizieren. Zu ihr kommen Therapeuten und auch nette Betreuer. Einmal in der Woche bringe ich sie auch zur Tagespflege und so kosten wir die Zeit aus und machen das Beste daraus und ich versuche ihr soviel Abwechslung wie möglich zu verschaffen.

Alle 3 bis 4 Monate geht es zum MRT ins Klinikum. Seit fast dreieinhalb Jahren hieß es immer: alles unverändert ..Befund stabil ohne Hinweis auf Rezidiv oder Resttumor. Wir haben uns immer sehr gefreut. Weitere Behandlungsmöglichkeiten wurden uns nie angeboten , weil das MRT Bild immer so gut war. Meine Mutter war auch froh, dass die Chemo nicht weiter fortgesetzt wurde. Ausserdem muss man ihr hohes Alter beachten! Ich finde es ist ein Wunder, dass sie noch lebt, denn die Ärzte haben anfangs von 1 bis 2 Jahren gesprochen....

Bis zum 22. März 2021 ! Wir waren wieder im Klinikum zur Verlaufskontrolle...MRT vom Kopf.
Danach wurde uns leider mitgeteilt, das sich im Bereich des rechten Temporalhorns ein Fernrezidiv des bekannten Glioblastoms zeigt ( ca. 11mm groß). Die bekannte OP Stelle von 2017 zeigt keine neuen Auffälligkeiten. Die Tumorboardempfehlung lautete eine supportive Therapie ohne weitere operative Therapie, Bestrahlung oder Chemotherapie. Es wurde eine Anbindung an ein Palliativnetzwerk empfohlen. Der Arzt meinte in ca. zwei Monaten wird es ihrer Mutter deutlich schlechter gehen....
Inzwischen ist ein Monat vergangen. Das SAPV Team unterstützt mich.Im Notfall kann ich sie rufen, sie kommen auch in der Nacht...Und meine Mutter muss nicht gleich ins Krankenhaus. Es wird darauf gesetzt die Lebensqualität möglichst hochzuhalten. Das haben wir aber sowieso schon über 3 Jahre versucht so umzusetzen.
Trotzdem frage ich mich jetzt was wird passieren/ geschehen ?Wieviel Zeit bleibt meiner Mutter noch?Wie werden die letzten Wochen / Monate verlaufen? Wie schnell wird der Tumor wachsen? Welche Funktionen im Gehirn werden durch die Lage des Tumors ( temporal rechts) beeinträchtigt? Meine Mutter weint und jammert sehr viel am Tag ... oft unbegründet...hängt dies mit der Lage des Tumors zusammen? Ausserdem klagt sie nun öfter über Kopfschmerzen und auch Bauchschmerzen ...noch verschwinden die Beschwerden sehr schnell, wenn ich ihr ein Schmerzmittel gebe...werden diese Beschwerden weiter zunehmen?
Leider hatte ich noch keine Gelegenheit diese Fragen Fachärzten zu stellen, deshalb melde ich mich hier im Forum und würde mich über Antworten freuen.
Joy2
GMT
23.04.2021 07:24:18
Hallo @ Joy2,

deine Mutter ist inzwischen 86 Jahre alt & hat lt. deinem Beitrag relativ lange Zeit mit der Erkrankung verbracht - bei allen dazugekommenen Verschlechterungen, ist das beachtenswert.
Wie viel Zeit deiner Mutter bleibt, wird dir wohl Niemand beantworten können, auch nicht welche weiteren Beeinträchtigungen noch kommen werden.
Es ist eine Erkrankung des ZENTRALEN Nervensystems - man spricht dabei auch von der "Schaltzentrale des Körpers".

Offensichtlich seid ihr gut aufgestellt, besonders auch mit dem Palliativteam, welches Euch zur Seite steht. Nutzt es weiter so gut es geht. Damit helft ihr der Mutter mehr als euch jetzt auf die Suche nach Facharztgesprächen zu machen, die eventuell mehr Fragen & Verzweiflung aufwerfen als klare Antworten zu bekommen.

Linderung der Leiden ist jetzt angebrachter als je zuvor damit ihr die verbleibende Zeit miteinander verbringen könnt. Der Tag des Abschieds ist Teil des Lebens & der Natur des Menschen - WIE wir ihn gehen ist wichtiger als in Angst vor dem zu "leben".
GMT
Joy2
23.04.2021 23:20:17
Hallo GMT,
ja ich finde auch das ist doch schon sehr bemerkenswert, was für eine lange Zeit meine Mutter nun schon mit der Erkrankung geschafft hat zu leben! Ich habe bisher auch keine anderen Berichte gelesen, wo Menschen über 80 Jahre an einem Glioblastom erkrankt sind und dann auch noch über 3 Jahre überlebt haben. Es ist eigentlich genau umgekehrt, dass man im hohen Alter eher kaum eine Chance hat den bösartigen Hirntumor über Jahre zu überleben, dann wird eher von Monaten/ Wochen gesprochen...

Das Rezidiv kam jetzt doch für uns etwas überraschend....wir waren in den letzten Jahren sehr verwöhnt ...immer wieder bekamen wir ein super Ergebnis nach der MRT Kontrolle...Die schlechte Nachricht muss man erst verdauen und dann im nachhinein kommen doch so einige Fragen auf..Und dann ist nicht gleich ein Arzt zur Stelle...Ich habe zwar den Tipp bekommen eine Zweitmeinung bei einem Onkologen einzuholen.
Andererseits ist das doch sehr zeitaufwändig und meine Mutter braucht jetzt all meine Aufmerksamkeit und ihre Pflege fordert mich schon sehr.

Unser Glaube an Jesus Christus und das ewige Leben beantwortet für uns auch einige Fragen über das Sterben und den Tod und nimmt uns die Angst vor dem Tod. Ich bin froh, dass ich dies auch immer wieder in den letzten Jahren mit meiner Mutter besprechen konnte. Kurz vor ihrer Erkrankung starb mein Vater ,ihr geliebter Ehepartner. Wir haben uns von ihm am Krankenbett verabschieden können, haben zusammen gebetet, haben also zusammen schon die Erfahrung gemacht , einen Sterbenden in seinen letzten Tagen zu begleiten...trotzdem ist da auch Schmerz, Trauer und es nimmt einen emotional sehr mit ...und ich weß, dass dies nun bald wieder auf mich zu kommen wird...und dann kommt es auf das WIE wir ihn gehen an( der Tag des Abschieds)
Joy2
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