www.hirntumorhilfe.de
Herzlich willkommen im Forum der Deutschen Hirntumorhilfe!

Thema: Schilddrüsenunterfunktion durch Chemo

Schilddrüsenunterfunktion durch Chemo
examinola
28.04.2021 07:59:23
Guten Morgen ihr Lieben,
Ich habe nun 4 von 6 Zyklen PC abgeschlossen. Nächste Woche soll der 5. beginnen. Nun spielt meine Schilddrüse verrückt, das letzte mal wurde sie im Januar getestet. Da war noch alles top. Nun geht der TSH durch die Decke und auch die aufgeschlüsselten Werte sprechen für eine Unterfunktion. Nun frage ich mich natürlich ob dies mit der Therapie zusammenhängen kann?? Kann sich die Schilddrüse wieder "einpendeln"?
Ich wäre dankbar über eure Erfahrung. Montag habe ich bei meinem Hausarzt einen Termin zur Besprechung der Werte, wollte aber hier dennoch Erfahrungen hören. Der Neuroonkologe meint, das hängt nicht zusammen. Aber das meint der immer.
Viele Grüße
Exa
examinola
Mego13
28.04.2021 09:13:41
Liebe Examinola,

Du kannst Dir vorstellen, dass ich dabei ganz laut ja schreien kann. Es scheint typisch für PC zu sein, ist aber noch wenig erforscht.
Bei mir wird mittlerweile eine Hypophyseninsuffizienz (entstanden durch PC oder weiter begünstigt) vermutet, die sich negativ auf Nebenniere und Schilddrüse auswirkt. Denn beide Organe sind bei mir eigentlich gesund. Aber zuerst knicken die Schilddrüsenwerte ein und dann die Nebenniere.

Um die Nebenniere im Provokationstest zu überprüfen, brauchen wir in unserem Fall einen "CRH-Test", der misst die Funktionsachse: Hypophyse - Herstellung ACTH (Botenstoff für die Nebenniere) - Funktion Nebenniere.
Es reicht kein ACTH-Test: Da wird nur gemessen, ob das Nebennierengewebe auf den Botenstoff reagiert.

CRH ist der Goldstandard. Bevor Du L-Thyroxin für die Schilddrüse bekommst, ist während / nach einer Chemo unbedingt zu überprüfen, ob die Nebennieren funktionstüchtig sind. Steht auch immer in dem Beipackzettel des Schilddrüsrnhormons (L-Thyroxin). In den Nebennieren wird Cortisol hergestellt, das ist überlebenswichtig. Cortisol wird auch für den Hormonumbau T4 (L-Thyroxin, welches man schluckt) zu dem essentiellen T3 benötigt.
Man muss dann zuerst die Nebenniere mit einer kleinen Menge Hydrocortison einstellen, das ist auch nebenwirkungsarm, weil der Körper nur das bekommt, was er selber gerade nicht herstellen kann. Danach fängt man mit L-Thyroxin an. Mit Hirntumorpatienten kennen sich die meisten Hausärzte in diesem Bereich nicht gut aus. Normalerweise erhöht man L-Thyroxin in 25 ųg-Schritten, in unserem Fall besser in 6,25 ųg oder 12,5 ųg. Die Halbwertszeit von L-Thyroxin ist sehr lang, 8 Tage. Daher kann man auch nur alle 4 - 6 Wochen, nach einer Erhöhung, aussagekräftige Blutbilder machen.

Bei der PC-Chemo ist beim Hormonstatus übrigens nicht nur günstig auf den Cortisolspiegel und die Schilddrüsenwerte (TSH, T3, T4) zu schauen, sondern auch Prolaktin und auch Wachstumshormone wie HGH und IGF1.
Daneben kann man auch Vitamin-D, Selen, Ferritin, B12 messen lassen, die alle eine Rolle beim Hormonumbau spielen. Selen sollte man nicht ohne Empfehlung eines Arztes substituieren. Das kann in großen Dosen schädlich sein. Du kannst aber 2 Paranüsse täglich essen.

Bei mir war übrigens der ACTH - Test wie aus dem medizinischen Bilderbuch, dafür war der CRH-Test schlecht.

Bei mir ist es so, dass nicht klar ist, ob sich die ganze Problematik nicht doch irgendwann verbessert. Das kann mir aber keiner versprechen.

Gut ist, wenn Du auch nun auf genug Salz im Essen achtest. Denn durch die Chemo und auch durch die Hormone verliert der Körper entweder Salz oder er "bastelt" sich durch Ödeme quasi "seine eigene Verdünnungshyponatriämie" im Körper. Also bitte kein Salz sparen, wenn Du Ödeme bemerkst, außer Du hast zu hohe Natriumwerte.

Übrigens negierte mein Onkologe auch den Zusammenhang zwischen PC und Unterfunktion. Meine Neurochirurgin, meine Endokrinologin und mein Hausarzt haben sich mittlerweile intensiv eingearbeitet. Es besteht ein Zusammenhang. Wobei meine Endokrinologin diesen auch nicht unüblich findet, weil sie früher als Onkologin gearbeitet hat.

LG
Mego
Mego13
examinola
28.04.2021 09:47:50
Liebe Mego,

danke für deine schnelle, ausführliche Antwort.
Vom meisten, was du sagst verstehe ich nur BHF :(
Frage mich gerade, woher ich noch die Energie nehmen soll mich auch noch ins Thema Schilddrüse einzuarbeiten..finde es echt mies das die meisten Ärztinnen so ignorant sind.
Ich weiß gar nicht wie ich nun vorgehen soll.
Habe mir in MUC bei dem Arzt den du empfohlen hattest einen Termin gemacht, allerdings erst im August :/
Wo kann ich den Nebennierenfunktionstest machen? Beim Hausarzt?
Fettes Danke an dich!
examinola
GMT
28.04.2021 10:00:11
@ examinola

Eine Chemotherapie hat IMMER erhebliche Nebenwirkungen. Es sind hochgiftige Stoffe, die auf das 'ganze System Körper' wirken & Schäden verursachen. Die Problematik ist ja, dass es abzuwägen gilt, ob die Schäden größer sind als der Nutzen für den Menschen.

Bei dir ist es jetzt die Schilddrüse, die eine Reaktion zeigt, bei anderen sind es andere Organe, die auch Schaden nehmen.

Natürlich kann man als Betroffener sich nicht mit allen Möglichkeiten intensiv beschäftigen - das schafft man gar nicht mehr, die "Baustellen" werden zu viele.

Betrachte es als gut, dass es erkannt wurde & nun geholfen werden kann. Da waren deine Ärzte sehr aufmerksam. Bei den meisten Betroffenen werden lediglich 4-5 Blutwerte kontrolliert.
GMT
examinola
28.04.2021 10:16:25
Liebe(r)? GMT,

das ist mir schon klar. Ich finde nur die Negierung seitens der Ärzte vor allem der Onkologen (kann nur für meinen sprechen) mehr als dreist. Meiner meinte ich solle mich halt während der Chemo bewerben (ich bin arbeitslos aktuell).

Man wird ja in die Situation reingeworfen, mich hat keiner gefragt, ob ich die Chemo machen möchte oder nicht sondern lediglich das es keine andere Option gäbe.

Das ich so fleißig so viele Werte kontrollieren lasse, verdanke ich auf jeden Fall auch @Mego13!
examinola
GMT
28.04.2021 12:33:58
Liebe @examinola

Ich kann dich sehr gut verstehen, wollte nur sagen, dass es für jeden Betroffenen im Alltag so unendlich schwierig wird, wenn er sich statt der Ärzte mit den möglichen Schäden auch noch beschäftigen muss.

Bin da absolut bei dir & kann auch nur aus der Erfahrung heraus sagen, dass die wenigsten Ärzte da überhaupt das Wissen haben & leider oft nur die Linie des KH vertreten.
Leider werden zu wenig Werte überhaupt beachtet oder gar für wichtig angesehen......

Ich hoffe für Dich, dass du nicht all zu sehr noch diesen psychischen Stress an dich ran lässt, deshalb nur der Hinweis, dass zumindest etwas positives rauskam & man nun die Schilddrüse - die genau so wichtig ist wie jedes andere Organ des menschlichen Körpers- behandelt wird & es dir nun hoffentlich auch da wieder besser geht.
GMT
Efeu
28.04.2021 18:16:37
Liebe @examinola,

kurze Antwort.
Niebennierenfunktionstest macht der Endokrinologe, Schilddrüse gehört sowieso zum diesem Arzt, alles was mit Hormonen zu tun hat.

Du müsstest engmaschig kontrolliert und ggf mit Medikamenten versorgt werden.

Warte nicht bis August....

Lg
Efeu

ps: Ich habe eine Nebenniereninsuffzienz und die Hypophose arbeitet durch die Bestrahlung auch nicht mehr so richtig. Deswegen bin ich gute "Kundin" beim Endokrinologen ;-)))
Efeu
examinola
28.04.2021 20:52:23
Liebe/r Efeu,

das ich bis August warte, liegt daran, dass ich früher keinen Termin bekommen habe.
Habe mich aber auf die Warteliste für Terminabsagen setzen lassen.

Ich bin einmal gespannt was der Hausarzt vorschlägt...

Viele Grüße
Exa
examinola
NACH OBEN