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Thema: Schmerz/Trauer/Abschied

Schmerz/Trauer/Abschied
Herzschmerz.
15.07.2018 20:29:46
Liebe Nutzer,
ich wende mich hilflos mit diesem Schreiben an Euch. Mein Vater hat im Okt’16 die Diagnose: Glioblastom erhalten. Der Tumor wurde durch einen epileptischen Anfall erkennbar. Nach erfolgreicher Chemotherapie und Bestrahlung, atmeten wir auf. Wir waren überglücklich. Gewannen wieder Hoffnung.
Im April’18 nun die Schocknachricht. Ein Glio-Rezidiv, zentral im Haupthirn – inoperabel. Im Mai zeigten sich Symptome wie Sprachstörungen, Ausfallerscheinungen des Bewegungszentrums und des Sehzentrums.
Wir hatten eine Therapie mit Methadon begonnen, jedoch erfolglos. Auch eine zweite Chemotherapie wäre in ärztlicher Hinsicht nur palliativ erfolgt und hätte nur Zeit geschöpft, mein Vater lehnte dies ab.
Einmal in der Woche, werden wir vom SAPV-Team begleitet.
Der Schmerz ist kaum auszuhalten, mein Vater ist 51 Jahre alt und zum Sterben zu jung. Täglich kommen die Erinnerungen aus der Kindheit hoch, die Ängste und Vorstellungen, wie das Leben ohne ihn weitergehen soll. Die Angst vor dem Tag, vor einen nervlichen Zusammenbruch. Die Angst davor, nie mehr „auf die Beine“ zu kommen, weil der Schmerz einen das Herz zerreißt.
Meine Mutti und ich versuchen uns gegenseitig viel Kraft und Halt zu geben. Bis zum Ende wollen wir ihn häuslich, in unserer Obhut haben und pflegen.
Meine Frage an Euch:
 Wie sieht das Finale aus?
 Wie lange Zeit hat man nach einen Rezidiv?
 Bringen psychologisch-therapeutische Gespräche was?
 Welche Tipps habt Ihr, hinsichtlich der Trauerbewältigung?
Freue mich auf Eure Antworten.
Herzschmerz.
Herzschmerz.
mona
15.07.2018 20:52:27
Hallo,
jeder verlauf ist unterschiedlich und jeder geht seinen weg den er für sich ausgesucht hat.
es gibt Hozpidzdienste vielleicht kommen sie auch nach hause,es gibt auch was für die Seele wo man sich sorgen,Ängste und alles was dazu gehört los werden kann.
es gibt trauercafes

Viel Kraft für euren weg

Lg mona

ALLES ist positiv und negativ....
mona
GabrielaV
16.07.2018 00:24:32
Oh je, ich stehe genau an dieser Stelle mit meinem Mann. Er ist ebenfalls 51 Jahre alt und lebt seit Jahren mit dem Tumor. Im September des vorigen Jahres dann auch das Rezidiv. Im Februar / März die Re-Op und jetzt das sprunghafte Wachstum. Ich habe auch keine Ahnung wie das weitergeht. Seine Eltern leben beide noch, sind bereits weit über 80 und leiden wie die .....naja. Wir werden noch mal alternativ was versuchen, es gibt immer noch das Wunder der Remission. Hauptsache der Mensch ist glücklich und hat was er braucht. Wir Angehörigen können nur fest hinter dem Betroffenen stehen und ihm das Leben so angenehm wie möglich machen.
Aber wir dürfen uns selber nicht aus den Augen verlieren, denn dann sind wir nutzlos. Mir bricht es auch das Herz, er hat es wirklich nicht verdient.
Hoffentlich müssen sie nicht zu sehr leiden am Ende des Weges. Ich wüsste auch gern, was dann getan werden kann um Schmerzen zu vermeiden und ob das wirklich hilft.
Wir experimentieren gerade mit medizinischem CBD ( Cannabis ohne THC) also ohne Opiate, Hanföl also. Das ist seit Anfang des Jahre in Europa zugelassenes Nahrungsergänzungsmittel. Das Produkt ist ganz interessant, es ersetzt fehlende körpereigenen Cannabinoide, die dafür zuständig sind die Befehlskette des Gehirns an die Zelle zu signalisieren.
Mal schauen was es bringt. Wunder kann man nur erhoffen, nicht erwarten.
Aber an irgendetwas muss man ja glauben und irgendwas muss man versuchen. Nichts tun bringt uns nicht weiter.
LG Gabriela
GabrielaV
GabrielaV
16.07.2018 13:39:29
Ja und überhaupt, Psychologische Gespräche sind ganz wichtig. Ein guter Psychologe erkennt möglicherweise die Wurzel des Problems. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass ein bestimmtes Problem im Leben eines Krebskranken der Auslöser für unterschwelligen Stress ist, der sich allmählich zu körperlichen Problemen aufbaut und am Ende Krebs erzeugt.
Ich bin überzeugt, auch durch eigene Beobachtungen in der Familie, dass ein spezielles Problem auch speziellen Krebs erzeugt. Bei meiner Stiefmutter ist es Brustkrebs, ausgelöst durch ein sexuelles Trauma in der frühen Jugend. Es kann aber auch in der Mutter-Kind- Beziehung verankert sein, bei ihr ist beides verknüpft. Mein Mann hat Probleme mit seiner früheren Beziehung gehabt, der Verlust seiner 3 Kinder, das hat er immer versucht zu rationalisieren deshalb vll im Kopf manifestiert. Verlustangst....
Außerdem ist er ein Perfektionist und hat höllische Angst davor Fehler zu machen, auch das wäre denkbar oder beides.
Mein Onkel hat seinen Vater verloren in frühester Kindheit und kann das nicht verdauen, vor 8 Jahren verlor er seine einzige Tochter, Darmkrebs, Verlust von Mutter , Kind oder Vater ist fast immer mit dem Verdauungstrakt verknüpft. Merkwürdigerweise sind alle Familienmitglieder mit diesem Problem, ob verwandt oder nicht , mit Sorgen im Verdauungstrakt behaftet.
Ich auch, aber ich konnte zumindest mein Problem aufarbeiten, hoffentlich bevor alles eskalliert .
Ich denke also, wenn man den Schlüssel findet, kann man sein Schicksal abwenden.
Deshalb ja zu psychologischen Gesprächen.
Ich will hier keine Behauptungen aufstellen, es ist eben meine eigenen Überzeugung auf Grund meiner Beobachtungen.
GabrielaV
Hoffnung69
16.07.2018 15:50:58
Liebe Herzschmerz,
das alles zu lesen, was Du schreibst, tut sehr weh.
Ich habe meinen Papa dieses Jahr im März an diesen furchtbaren Tumor verloren. Mein Papa wurde 72 Jahre alt. Das ist auch viel zu früh.
Er war bis Mitte Juli 2017 ganz normal. Im nachhinein ist uns bewusst geworden, dass es schon im Juni einige komische Situationen gab. Mitte Juli fing er an zu brechen. Er hatte starke Kopfschmerzen und es war ihm furchtbar übel. Nach ein paar Tagen ging es ihm wieder gut. Meine Eltern sind dann nach Italien geflogen und dort fing dann alles an. Sie sind dann wieder Heim geflogen und wir sind sofort in die Klink gefahren. Nach einer Stunde hieß es, dass er einen Gehirntumor hat und nach einer Woche wussten wir dann, dass es ein Glioblastom ist. Für mich ist eine Welt zusammen gebrochen. Ich wohne leider 200 km von meinen Eltern entfernt. Mein Glück war, dass mein Mann gleichzeitig mein Chef ist und ich dadurch die meiste Zeit bei meinen Eltern sein konnte. Nach einer OP, Bestrahlung, Chemo und Reha haben wir meinen Papa Anfang November endlich nach Hause holen können. Er war im Krankenhaus und auch in der Reha nie alleine. Meine Mama war im Krankenhaus von morgens 8:00 Uhr bis abends 19:00 Uhr bei ihm. Ich war 4 Tage in der Woche den ganzen Tag dort. In der Reha war meine Mama Tag und Nacht bei ihm. Mein Papa war schon eine Woche vor der Diagnose ein Pflegefall. Er war linksseitig gelähmt und meistens verwirrt. Als er dann im November Zuhause war, haben wir uns die Pflege geteilt und meistens aber zusammen gemacht. Er konnte nichts mehr alleine. Es war eine ganz schlimme Zeit. Zu sehen, wie sehr er gelitten hat, hat mir das Herz zerrissen. Ich habe noch nie in meinem Leben soviel geweint, wie in diesen sieben Monaten. Wir hatten zum Schluss ein Palliativteam mit im Boot. Das war sehr gut. Die helfen einem sehr. Ich finde es sehr schön von euch, dass Ihr euren Papa, Mann nicht alleine lassen wollt und ihn Zuhause pflegt. Das ist für euch alle sehr wichtig. Ich habe in dieser Zeit schon unbewusst Abschied genommen. Das hat mein Arzt mir gesagt, als ich ihn gefragt habe, warum es mir jetzt besser geht, nachdem mein Papa verstorben ist. Aber es ist wirklich so. Die schlimme Zeit ist die, in der man den geliebten Papa leiden sieht. Es gibt Tage, da geht es mir auch heute noch sehr schlecht. Mein Mama ist jetzt sehr viel bei uns und fährt auch mit uns in den Urlaub. Sie versteht sich sehr gut mit meinem Mann. Auch meine drei Kinder , die in der Nähe von meiner Mama wohnen kümmern sich um Sie. Auch wenn das alles ganz furchtbar ist muss das Leben weiter gehen. Das haben wir noch am gleichen Tag zu spüren bekommen. Als mein Papa gestorben ist haben wir unsere Nachbarn durch die Wand lachen hören. Sie wussten in diesem Moment natürlich nicht, was bei uns gerade passiert ist. Du wolltest wissen ,wie es zum Schluss aussieht.
Bei meinem Papa haben Donnerstags die Nieren versagt und er wollte weder essen noch trinken. Am Sonntag war er auf einmal ganz klar und wir haben alle nochmal angerufen. Die ganze Familie war da . Er hat mit uns allen ganz normal geredet und wir wussten überhaupt nicht, was das war. Als alle wieder weg waren , hat er die Augen zu gemacht und bis zum nächsten Tag um 16:00 Uhr geschlafen. Als er wach wurde hat er uns angesehen uns wollte uns etwas sagen. Das war leider nicht mehr möglich und er musste weinen. Dann schlief er wieder ein. Die ganze Nacht hat er sehr schnell geatmet. Das wurde am nächsten Morgen immer ruhiger. Um viertel vor acht hat er seine Augen aufgemacht und uns sehr intensiv angesehen. Meine Mama hat seine Hand gehalten und ich habe seinen Kopf gestreichelt als er dann um viertel nach acht für immer eingeschlafen ist. Wir sind sehr froh, dass wir die Möglichkeit hatten ihn in diesen sieben Monaten immer zu begleiten. Das war für uns alle sehr wichtig und hilft uns heute besser mit allem zurecht zu kommen.

Ich wünsche euch die nötige Kraft in dieser schweren Zeit.
Der Zusammenhalt ist das wichtigste für deinen Papa.

Ich denke an euch. Alles Liebe Angie
Hoffnung69
Herzschmerz.
17.07.2018 08:56:16
Liebe Mona, danke für Deine Nachricht, aber Hospizdienste kommen für uns nicht in Frage. Danke trotzdem, für die Tipps. Wünsche Dir ebenfalls alles Gute!

Liebe Gabriela, es tut mir sehr leid, dass Dich/ Euch genau den gleichen Schicksalsschlag treffen musste. Derzeit bin ich noch etwas skeptisch, ob psychologische Gespräche wirklich ihre Wirkung zeigen. Dennoch nimmt auch kein Psychologe den Schmerz/ die Trauer von der Seele, vielleicht helfen einen die Gespräche besser mit der Situation umzugehen. Werde mir noch überlegen, ob ich diesen Schritt gehe. Vielen Dank für Deine Worte. Ich wünsche Dir und Deinem Mann ebenfalls nur das Beste!

Liebe Hoffnung69/ liebe Angie,
Deine Nachricht hat mich sehr bewegt. Danke, dass Du auf meine Frage eingegangen bist, ich hoffe dass mein Papa zum Ende kaum Schmerzen verspürt und ebenso seinen schnellen Frieden findet. Dennoch erschüttert es mich - auch nur eine Sekunde daran zu denken. Mutti und ich geben uns viel Halt - doch was danach bleibt, sind wir zwei alleine. Wir müssen versuchen weiterzuleben, mit diesem Schmerz irgendwie durchs Leben zu kommen. Mein Vater war immer ein guter Mensch und hat diesen langen Leidensweg - allgemein, dass er so früh Abschied nehmen muss nicht verdient.
Ich freue mich für Euch, dass Ihr es geschafft habt, das Bestmögliche aus dem Leben (auch danach) zu machen, auch wenn es sicherlich lange gedauert hat und es immer noch verdammt weh tut. Ich bin Mitte 20 Jh., hätte gerne noch erlebt, wie mein Papa erlebt, dass ich meine eigene Familie gründe, wie er selbst sein eigenes Enkelkind auf den Armen hält.. und so viele andere Dinge. Wir sind so unendlich traurig, es ist grausam, jeden Tag auf's Neue aufzustehen und mit dieser Trauer durch den Alltag zu kommen. Einfach herzzerreißend.

Ich wünsche Euch weiterhin alles Gute sowie viel Kraft für den weiteren Lebensweg.

Liebe Grüße
Herzschmerz.
Herzschmerz.
GabrielaV
24.07.2018 22:35:30
Nein, ein Psychologe ist dafür zuständig, einen Weg zu erabeiten, den Schmerz und die Trauer zu bewältigen. Psychologen haben das 100-fach schon gemacht, auch wenn jeder Fall anders liegt, aber die haben Erfahrung damit, einen durch ein Tief zu lotsen.
Habe auch schon mal einen beanspruchen müssen. Zuerst kam es mir nicht so vor, dass es geholfen hätte, in der Endphase wäre ich sogar bei jedem Gespräch am liebste abgehaun und das letzte habe ich gar nicht mehr wahrgenommen.
Im Nachhinein konnte ich aber doch meinen Weg finden und jetzt bin ich sogar phasenweise ziemlich stabil. Na mal sehen, wie weit ich damit komme.
Ich will damit sagen, dass der Effekt sogar manchmal erst im Nachhinein kommt.
LG Gabriela
GabrielaV
spanien35
25.07.2018 08:29:16
Hallo,
ich verstehe nicht, weshalb du an der Sinnhaftigkeit von Psychologie in Form von Begleitung zweifelst.
Lässt du dein Auto, wenn es nicht fährt, einfach stehen oder gehest du zum Fachmann? Und der Vergleich hinkt, denn deine Gesundheit sollte dir viel wichtiger sein.
Bedenke, du kannst dem Betroffenen viel besser zur Seite stehen, wenn du „ intakt“ bist, also auch jetzt wäre ein Psychologe die richtige Wahl.

Dein Beitrag spricht ja ausserdem Bände,wie man so sagt. Also such dir Hilfe und nicht erst, wenn dein Vater gestorben ist.
Du wirst weiterleben, also versuch dein Bestes, das würde deinem Vater gefallen.
Good luck!
spanien35
Holunder
27.07.2018 00:09:49
Hallo Herzschmerz,
ich habe meinen 57 jährigen Mann vor kurzem verloren, meine beiden Söhne ihren Papa. Zwischen Diagnose und Tod lagen knapp 7 Monate, das Ende war grausam, kannst ja mal meine Berichte lesen. Auch wir hofften auf ein friedliches Einschlafen, war aber nicht so.
Ich wurde vorher von einer Psychologin begleitet, während des Aufenthaltes im Hospiz, was ich nur wärmstens empfehlen kann, und jetzt auch, von einer Hospizpsychologin. Nie hat mir eine von diesen die enorme Traurigkeit, Verzweiflung, Angst genommen und ich weiss ehrlich gesagt nicht, ob es ohne sie viel anders gewesen wäre. Wenn du davor stehst, einen sehr geliebten Menschen zu verlieren , gibt es keinen Trost. Das ist ganz einfach eine sehr einschneidende und schmerzhafte Erfahrung, die kann nicht wegtherapiert werden. Da muss jeder alleine durch, denn jeder hat eine andere Reaktion, benötigt eine andere Länge der Trauerzeit und erlebt dieses Trauma auf andere Weise. Auf keinen Fall die Trauer wegschieben oder sich auf Teufel komm raus mit anderen Dingen ablenken, damit hast du nur einen Aufschub der Trauer. Kein Aussenstehender kann einem das Gefühl der Leere und des Verlustes nehmen, das ist viel zu individuell und persönlich.
Wünsche dir Stärke und Kraft und Akzeptanz.
Mein Vater ist übrigens mit 50 an Leberkrebs gestorben, der auf die Knochen metastiert war.
Holunder
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