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Flora12

Hallo Zusammen,
hier schreibt eine verzweifelte Tochter, die mittlerweile nicht mehr weiß mit wem sie noch sprechen soll, was sie tun soll und seit 2 Tagen am Ende aller ihrer Energien ist... Ich hoffe hier ein paar Ratschläge und Tipps zu erhalten, wie wir weiter machen können..

Alles ging vor 6 Wochen los, in der Notaufnahme im Krankenhaus mit der Diagnose Glioblastom. Sie war sehr aufbrausend und lies nur meine Schwester ins Zimmer und niemand anderen. Ich fuhr trotzdem täglich mit meiner Schwester ins Krankenhaus und saß nur vor der Türe, weil sie mich bei jedem Versuch laut aus dem Zimmer schmiess, sie wollte niemanden sehen nur meine Schwester. Man erklärte mir die Persönlichkeitsveränderung auf Grund der Krankheit und dass dies normal sei. Zunächst war das schwierig zu begreifen...Nach 2 Wochen schaffte es ein Psychologe einen Zugang zu finden und ab dann durfte auch ich (und andere Verwandte/Freunde) ohne Probleme ins Zimmer. Aktuell ist sie in einer Pflegeeinrichtung.

Seit der Diagnose sind meine Schwester und ich täglich für unsere Mutter unterwegs, kümmern uns um alle Dinge die notwendig sind und haben bisher schon so einiges bewältigt. Nur jetzt stehen wir vor einem Problem, das wir so gar nicht greifen können und nun auch nicht wissen, wie oder was wir nun tun sollen:

Seit einer Woche verlaufen die Besuche (von mir und meiner Schwester) wie folgt:
Sie fängt sofort laut an zu brüllen "haut ab, geht weg, lasst mich in Ruhe" und beruhigt sich auch nicht mehr. Manchmal können wir ihr Zimmer gar nicht betreten, denn sie schreit uns schon oft im Gang an, wird handgreiflich und haut die Türe wieder zu.

Natürlich haben wir die Ärztin um Rat gefragt, sie meinte nur "Wenn sie das ertragen können, besuchen sie sie weiter. Wenn nicht, kommen Sie einfach nicht mehr" Ganz tolle Lösung... Mehr Erklärungen bekamen wir nicht.

Wir möchten unsere Mutter nicht im Stich lassen. Wir können doch auch nicht sagen, das ertragen wir nicht darum kommen wir nicht mehr. Wir ertragen das tatsächlich nicht, das stimmt. Aber wir möchten sie nicht alleine lassen.

Man sagt, sie sei nicht Herr ihrer Sinne, der Tumor drückt auf das Persönlichkeits- und Gefühlszentrum. Sie meint das nicht so und kann nichts dafür. Soweit verständlich, nur was sollen wir als Kinder nun tun?

Hinfahren um sich anschreien zu lassen? Nicht mehr hinfahren und sie sich selbst überlassen (was wir ja nicht möchten oder möchte sie das tatsächlich)?

Ist das wirklich ihr Wille und Wunsch ganz allein zu sein oder "sagt" das der Tumor (das können wir nicht begreifen)?

Gibt es in solchen Fällen keine Medikamente? Die ganze Aufregung kann für sie (und für uns) auch nicht gut sein. Soll so tatsächlich ihre restliche Zeit vergehen? Muss man das tatsächlich akzeptieren oder gibt es andere Möglichkeiten?

Was würdet ihr machen?

Vielen lieben Dank

Schatz Bea

Hallo Flora12,
ich kann es sehr gut nachempfinden wie Ihr Euch fühlt. Ganz ehrlich bin ich ratlos, ich kann Euch / Dir nur gedanklich beistehen und viel viel Kraft wünschen.

Ich bin derzeit in einer ebenso ,, präkären ,, Situation, mein Mann eröffnete mir am Wochenende, dass er keine Liebe mehr für mich und unseren Sohn empfindet - sie sei weg - aber wir sollen nicht aufhören Ihn lieb zu haben, vielleicht kommt sie ja wieder oder wenn er ,, gesund ,, ist ist sie doppelt so groß.... ich frage was kann es schlimmeres geben ??? Und dann kommt er heute von der Neuropsychologin und meint Sie will das nächste Mal allein mit mir sprechen... Ihn stört etwas, was er nur mit Ihrer Hilfe mir sagen kann...ich frage mich gibt es noch etwas schlimmeres, als das vom Wochenende???

Flora12 du hast mit deinem Post den Nagel auf den Kopf getroffen, wie sollen wir mit den Veränderungen umgehen???
Ich fühle mich immer, als ob ich alles falsch mache.

Bin in Gedanken bei Dir auch wenn ich nicht groß helfen konnte.

2more

Hallo Flora12,

ich weiß aus den Schilderungen meiner Tante, wie schwierig oft der Umgang mit einem Glioblastom-Patienten ist. Mein Onkel hatte ein Glioblastom multiforme. Im fortgeschrittenen Verlauf kam es zu ähnlichen Wut- und Tobsuchtanfällen. Er wollte weder seine Frau noch seine beiden seinerzeit minderjährigen Kinder sehen, schickte sie weg, um kurz danach wieder nach ihnen zu schreien, wo sie denn blieben, um sie dann wieder zu beschimpfen. Er wurde zuhause gepflegt und sie hatten seinerzeit einen befreundeten Arzt an ihrer Seite.
Vielleicht sprecht ihr mal mit der Ärztin, ob es ein Medikament gibt, das diese Ausbrüche dämpft? Wenn Eure Mutter eine Patientenverfügung hat, wird ihr Wunsch für solche oder ähnliche Fälle wahrscheinlich formuliert sein, Umso besser ist es, wenn ihr eine Betreuungsvollmacht habt, falls sie ihren eigenen Willen nicht mehr äußern kann. Dann liegt es an Euch, mit den behandelnden Ärzten die weiteren Maßnahmen abzustimmen.

Ich wünsche Euch Geduld und Kraft,

LG
2more

Aurora1

Ich kenne -leider- das Frontalhirnsyndrom.
Ernst genommen wurde es anscheinend erst, als auch die Ärzte und Schwestern im Krankenhaus betroffen waren.
Ja, mein Mann hat daraufhin ein Medikament bekommen. Wir sind ALLE glücklich. ... das ist jetzt kein Euphorismus sondern wahr.

Ich schreibe dir eine PN mit dem Medikamentennamen.

Alles Gute für euch!

Andrea 1

Hallo liebe Flora und herzlich Willkommen hier...
Heftig, dass Ihr so gar keinen Zugang mehr zu eurer Mam bekommt.
Eine Patentlösung gibt es dafür nicht, ihr müsst euren Weg finden mit dem ihr leben könnt und ich finde es bemerkenswert, dass ihr euch dazu Ratschläge von hier einholt.

Scheinbar hat sie für sich entschieden, dass ihr sie in diesem Zustand nicht mehr sehen sollt?
Zumindest würde ich es so deuten, denn in meinem Familienkreis war es bei einigen ebenfalls so, dass sie zu ihrem Ende hin, keinerlei Besuche mehr wünschten!
Diese Wutausbrüche sind schwer zu begreifen, aber ich persönlich würde diese nicht versuchen abzudämpfen, wenn sie es schon vorher so äußerte, also bevor es so akut wurde.
Ein Tumor kann sicher nicht aus einem Menschen sprechen, wohl aber kann die damit verbundene Schädigung bestimmter Hirnbereiche, bestimmte vorhandene Wesenmerkmal verstärken und andere widerum abschwächen, weshalb es vermutlich zu einer Art Ungleichgewicht im Seelenleben, in der Psyche kommt?!?
Jedenfalls würde ich es so aus meinen Erfahrungen heraus "deuten".
Weil ich einen ähnlichen Gemütszustand bei mir bemerkte, als ich noch ziemlich schräg drauf war. Das war allerdings kurz vor und nach meiner OP mit vorangegangenen heftigen Anfällen und sehr sehr lieblosen Erlebnissen mit einer Krankenschwester, welche ein traumatisches Erlebnis bei mir wieder aktivierte.

Wie hier schon von 2more geschrieben, wie sieht es mit der Betreuungsvollmacht/Patientenverfügung aus? Normal sollte dort solche spezielen Wünsche mit drin stehen - nur wer kann schon in die Zukunft schauen, weswegen man sich nch Möglichkeit vorher damit ausgiebig beschäftigt, was zugegeben sehr schwer ist, wenn es einem gut geht.

Vielleicht kann eurer Mama jemand schonend beibringen, dass ihr euch gerne von ihr verabschieden möchtet solange sie noch lebt, dass ihr mit ihr sprechen könnt und sie danach, wie sie es wünscht in Ruhe lasst.
Bitte keine Scheu vor dem direkten Ansprechen, Ehrlichkeit ist in solchen Situationen das Beste, was man tun kann, denke ich...

Sollte es tatsächlich "in die letzte Stunde(-n)" gehen, könntest Du/Ihr vorab vereinbaren, dass man euch schnellstens darüber informiert und ihr sie doch noch begleiten könnt, wenn....
Wenn nicht, dann habt ihr das Wissen, dass ihr euch bereits verabschieden konntet.

Es ist eine sehr schwere Entscheidung, die euch niemand abnehmen kann. Doch manchmal ist es besser, wenn man jemanden freigibt/loslässt, dass dieser sich lösen kann.

Schwer zu beschreiben, aber auch das ist Liebe.

Ich hoffe, dass Du/ihr mich nicht falsch versteht, denn aus meiner Sicht lasst ihr sie nicht im Stich, sie wird ja betreut und umsorgt und ihr kommt lediglich ihrem Wunsch nach.

Ich wünsche euch von Herzen ganz viel Kraft für das Bevorstehende/Unvermeidliche...
Herzlichst Andrea

alma

Hallo Flora,

... und wenn sie wirklich allein sein will? Dann lasst ihr sie aus ihrer Sicht doch nicht allein, sondern nehmt sie ernst.
Wie wäre es, einfach mal mit den Besuchen eine Pause zu machen, um zu sehen, wie sie sich verhält. Und wie es für euch ist, nicht hinzugehen.Es wäre ja nicht gleich eine Entscheidung für den Rest ihres Lebens.

asteri1

Ich würde erst mal nicht mehr hingehen und statt dessen Briefe oder Päckchen schicken- ohne Vorwurf- ohne Krankheit - keine Sorgen,
ganz nette Briefe. Ich glaube sie würde sich darüber freuen und vielleicht entspannt sich die Lage.

hopeflower

Erstmal rausfinden ob das Verhalten organischer Natur ist (sprich, Hirngewebeveränderung, entweder rechts fronto-temporal, handelt es sich um das Frontalhirnsyndrom) oder ob eine andere Partie des Hirns betroffen ist und diese Entscheidung/dieses Verhalten psychologischer Natur ist. Weil es eben dann je nachdem anders behandelt werden muss/hoffentlich kann.

Wie alt seid ihr 2 denn, du und deine Schwester. Redet ihr mit eurem Papa darüber?

Alles Liebe,
h.

asteri1

@ hopeflower...,,jeweils anders behandelt,,,,, das habe ich nicht verstanden?? Meiner Erfahrung nach wird überhaupt kein Unterschied gemacht. Ansprechpartner ist immer der Psychiater und heutzutage können die jungen Psychiater oftmals nicht mal mehr eine Hirnschädigung von einer Depression etc unterscheiden, weil denen die neurologische Praxis in der Ausbildung fehlt.Da können die gar nichts dafür.

Nach meiner Op hatte ich die Neigung unter Reizüberflutung zu leiden- ich wurde dann auch aggressiv. Ich konnte nur eine Person ertragen, mochte keine lauten Stimmen und keine Hektik- ich war ganz schnell überfordert und mochte am Liebsten meine Ruhe. Der Tagesablauf musste immer gleich ablaufen und durfte nicht durcheinander gebracht werden.

Gibt der Mutter etwas Zeit für sich und nimmt das Tempo raus.Bleibt nur ganz kurz.

Als Nichtbetroffene Person ist das schwer vorzustellen- ich kann es auch nicht gut erklären- die kleinste Hektik, verursachte bei mir schreckliche Schmerzen und durch die Schmerzen wurde ich aggressiv.

Deshalb die Idee mit den Briefen.

Ich habe ca 7 Jahre gebraucht um mich wieder gesünder zu fühlen.

hopeflower

@asteri,
ich meinte dass Depression und Frontalhirnsyndrom sicher anders behandelt werden... Hatte mal ein Buch gelesen da litt einer am Frontalhirnsyndrom...das war schon heftig was die Person im Buch gemacht hat (es hieß "Du verschwindest", glaub ich).

Das mit der Reizüberflutung hatte mein Mann auch. Meetings im Büro mit vielen Leuten war eine Überforderung.

Das hat lange gedauert bei dir, aber ich freu mich dass du dich wieder gesünder fühlst...

Lg,
h.

asteri1

Ja ich nehme aber Opipramol 50 mg niedrigdosiert, das sind spannungslösende Medikamente. Die helfen auch gegen die Schmerzen und haben keine Nebenwirkung bei mir.

Nach den Lehrbüchern dürfte ich die Symptome alle nicht haben, denn mein Tumor saß im KHB.

Ich glaube vieles ist nicht erforscht und ich hatte ein ganz langen Weg zu bestreiten, bevor mein Leiden erkannt wurde.

Lg asteri

tinchen

Dieses von hopeflower erwähnte Buch könnte durchaus für Forianer, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen müssen von Interesse sein:


Jungersen, Christian: "Du verschwindest", btb Verlag, 2014

Inhaltstext:

" Lässt sich Liebe bewahren, wenn sich der andere von heute auf morgen vollkommen verändert Mallorca. Ferienzeit. Alles könnte wunderbar sein, würde nicht Frederik, Rektor einer dänischen Privatschule und bisher ein vorsichtiger und besonnener Fahrer, mit seiner Familie - Ehefrau Mia und dem 16jährigen Sohn Niklas - bergab rasen wie ein Wahnsinniger, obwohl seine Frau ihn mehrfach eindringlich und schließlich panisch auffordert, langsamer zu fahren. Als er endlich knapp vor der Katastrophe zum Stehen kommt, bricht er zusammen und Mia steht schon bald vor den Trümmern ihres Lebens. Hat sie ihren Mann je richtig gekannt Ist der diagnostizierte Gehirntumor Grund für seine Persönlichkeitsveränderungen Oder ist die ganze Sache und mithin ihre Ehe doch um einiges komplizierter, als sie sich das zunächst eingestehen möchte. "


Es ist ein Roman, man sollte nicht jedes Wort, jede Begebenheit auf die Goldwaage legen.

Dennoch: Nach dem Lesen dieses Romanes kann man sich ein wenig besser vorstellen, welche Symptome bei einem Frontalhirnsyndrom auftreten KÖNNEN ...

Erst kürzlich habe ich dieses Buch durch Zufall entdeckt - vieles erinnerte mich beim Lesen an die Wesensveränderungen meines Mannes:(:(

Die "Rahmenhandlung" des Romans ist sicher Geschmackssache .... vieles ist sehr frei erfunden.

tinchen

alma

"When the air hits your brain you ain't never the same."

Flora12

Herzlichen Dank an alle für Eure lieben Beiträge!!!

Die vielen verschiedenen Ideen und Erfahrungen haben wirklich sehr geholfen. Man denkt, man steckt in einer Sackgasse, die Gedanken drehen sich im Kreis und das wars. In der Situation ist es gut, Meinungen, Gedanken und Ratschläge von anderen Menschen zu hören! Das schafft Möglichkeiten und neuen Mut. Ich bin sehr froh darüber! Aber das kennt ihr sicherlich.

Es tut mir auch sehr leid, welche Erfahrungen ihr machen musstet. Ich fühle mit Euch...

Eine Patientenverfügung gibt es leider nicht. Wir wissen also nicht, was sie möchte oder gewollt hätte. Das macht es uns so schwer. Wenn wir wüssten, dass sie wirklich komplett alleine sein möchte, ok. Damit käme man (schon irgendwie) zurecht. Aber wenn man so ganz und gar nicht weiß, will sie das tatsächlich was sie sagt... Wo wir dann wieder bei der Frage sind, ob die Reaktionen organisch oder psychisch sind...

Für den Rest kann sie sich auch kaum mehr ausdrücken, ganze Sätze sind sehr schwer und das Meiste ist recht wirr ohne Logik, z.B.: Einmal sagte sie "ich brauche Geld", dann gebe ich ihr 10€ und sie schimpft "nein, warum verstehst du mich nicht? das Telefon fällt um" Ich kann mir vorstellen, dass es sie auch sauer und verzweifelt macht, dass sie nicht mehr richtig sprechen kann (und so vieles mehr funktioniert auch nicht mehr).

Von den Ärzten und Pflegern fühlt man sich gerade auch sehr allein gelassen, da erklärt einem niemand was. So Dinge wie "Das ist halt so und gehört dazu" oder "sie sind nicht die einzigen"- hilft uns natürlich bei der Frage "Was tun" sehr weiter... Da hätte ich vom medizinischen Personal in so einer Situation etwas mehr erhofft... Für die ist dass Alltag, für uns der blanke Wahnsinn...

Für meinen Teil werde ich nun tatsächlich erst mal "langsamer" weitermachen. Eine Pause mit den Besuchen machen, darüber nachdenken was ich hier alles gelesen habe und versuchen mich zu orientieren.

Wir sind 30 und 35 Jahre alt, unsere Mutter ist 55.

Ich wünsche Euch allen ganz viel Kraft und Mut in Eurer Situation!
Gebt niemals auf!!!!

hitachiman

Hallo Flora12, ich kenn diese Situation aus der Sicht als ich die Diagnose bekam.Alles war plötzlich anders und ich wusste nicht weiter, ich hatte schon daran gedacht Schluss zu machen. Meine Familie war sehr hartnäckig und bauten mich immer wieder auf, die Tage an dem es mir schlecht ging liesen Sie mich in Ruhe. Heute über zwei Jahre danach bin ich Ihnen sehr dankbar für die Hilfe und das Verständnis.
Steht weiter zu Eurer Mam und zeigt das Ihr sie liebt.Es ist sehr schwer damit umzugehen, für Euch und Sie.
Ich wünsche Euch viel Kraft und Ausdauer, Gebt nicht auf und seid hartnäckig, Sie wird später dankbar sein.
Viele Grüße Heiko

Wasa

Hallo Flora,

Es ist so schwer es zu ertragen, zuzusehen wie ein geliebter Mensch nicht mehr der Mensch ist, den man kannte. Man fühlt sich allein gelassen, weil kein Mensch es nachempfinden kann und Ärzte können auch nichts sagen, weil es bei jedem anders ist.
Die Gefühle fahren Achterbahn, Angst reiht sich ein und Wut darüber hilflos zu sein. Jeder Angehörige kann es euch nachfühlen, aber keiner kann aktiv helfen. Ihr müsst es selbst herausfinden, wie ihr damit umgeht.

Wir kämpfen seit einem Jahr und ich habe alle Gefühlslagen durch, kämpferisch, resignierend, wütend, aufbrausend, depressiv, abwartend, manchmal wollte ich auch wegrennen, weil es nicht mehr zu ertragen war.

So wechselt das,,ach dankbar war/bin ich auch, dass es meinem Mann z.Z. so gut geht.

Ganz viel,Geduld, Nerven und Kraft wünsche ich euch von Herzen
LG Sabine

hopeflower

Flora,

du sprichst zwei Dinge an, die Persönlichkeitsveränderung (organisch oder psychisch?) und die Sprache. Bei der Sprache kann ich etwas beisteuern.

Mein Mann leidet an einer Broca Aphasie. Schau mal bei Wikipedia unter Aphasie. Mein Mann versteht also fast alles, aber drückt sich immer falsch aus. Das war sehr hart für mich, vieles hab ich nicht verstanden. Mittlerweile ist es viel einfacher geworden. Seine Sprache ist einfacher und er redet nicht mehr über "alles". Fragt nicht mehr nach dem Haus, der Tochter usw. sondern redet über "seine Welt". Was ich sagen möchte, ich glaube deine Mama versteht dich, sie ist frustriert, aber ne Broca Aphasie ist noch viel besser als eine globale Aphasie. Und im späteren Krankheitsverlauf wird es nochmal einfacher werden. Du wirst sie besser verstehen. Und evtl. würde deiner Mama eine Magnetzeichentafel helfen oder einfach ein whiteboard, oder wie auch immer, wenn sie das noch koordiniert hinbekommt. Evtl. weiß ein Neurologe (vielleicht auch ein Neurologe in einer Reha Klinik!), was es noch an Hilfsmitteln gibt.

Da mein Mann nicht mehr schreiben konnte und vieles andere auch nicht, haben wir auf Hilfsmittel verzichtet. Ich bin aber auch super gut im raten geworden :)

Alles Gute euch.

h.

Andrea 1

[Z]Für den Rest kann sie sich auch kaum mehr ausdrücken, ganze Sätze sind sehr schwer und das Meiste ist recht wirr ohne Logik, z.B.: Einmal sagte sie "ich brauche Geld", dann gebe ich ihr 10€ und sie schimpft "nein, warum verstehst du mich nicht? das Telefon fällt um" Ich kann mir vorstellen, dass es sie auch sauer und verzweifelt macht, dass sie nicht mehr richtig sprechen kann (und so vieles mehr funktioniert auch nicht mehr).[Z]

Liebe Flora,
vermutlich ist die Schädigung ihrer Hirnregionen bereits so weit fortgeschritten, dass sie Wortfindungsstörung hat, das erschwert ihre Situatuion extrem stark und wird sie sicherlich auch extrem belasten. Sie bekommt also scheinbar mehr mit, als ihr denkt.
Versucht Bildertafeln zu erstellen, wo alle denkbaren alltäglichen Situationen des Lebens draufstehen. So KÖNNTE sie sich vielleicht noch sinnvoll euch ggü. äußern, wenn sie es schon für EUCH nicht mehr verständlich sprechen kann.
Es muss grausam für sie sein, wenn sie eine Gefangene in ihrem Körper ist, was ich VERMUTE, weil andere Angehörige ähnliche Situationen hier schon beschrieben haben.
Wenn sich die Pflegekräfte mit euch nicht ausführlich unterhalten wollen, bleibt hartnäckig und lasst euch einen Termin geben, wo sie vernünftig mit euch sprechen und gemeinsam mit euch nach Lösungen suchen.

Hoffentlich hilft es ihr und euch sehr, wenn sie wenigstens anhand der Bilder mit euch noch kommunizieren kann.
Sie ist deshalb nicht blöd, ihr Gehirn reagiert leider zur Zeit nicht so, wie sie es empfindet. Das sagt ihre Frage schon aus; Warum versteht ihr mich nicht...".
Sehr traurig, aber ihre Hilflosigkeit kann ich leider ETWAS nachvollziehen, da man mich kurz nach der OP auch nicht immer "für voll" nahm. Mich machte das extrem wütend. In meinem Kopf war damals alles schlüssig und ich selber merkte meine verspäteten Reaktionen leider auch nicht.
Außer der Pflegestufe 1 brachte mir das nichts ein, denn ich musste mich da alleine wieder rauskämpfen und dazu war ich Gott sei Dank nach und nach in der Lage.
Ich hoffe inständig für euch, dass ihr zusammen mit dem Pflegepersonal und den behandelnden Ärzten einen Weg der Kommunikation findet. Vielleicht könnte der Psychologe dabei zur Seite stehen, euch tatkräftig unterstützen.
Alles Glück der Welt!
...Andrea

Andrea 1

Eins noch, versucht, wenn Ihr das mit den Bildertafeln probieren wollt, einfache Bilder zu nehmen und einfache Worte drunter zu schreiben. Wenn sie es nicht sagen kann, dann kann sie es vielleicht zeigen (hoffe ich!). Da sollte euch ihr Psychologe Hilfe geben können, da er bereits schon einmal zu ihr vorgedrungen war.
Ich hoffe und wünsche es euch so sehr - vor allem sollten die Worte "Ja" und "Nein" dabei sein - eventuell einfach nur ein grünes Häkchen dahinter oder ein Sperrschildzeichen.
Ich bin kein Psychologe, aber ich habe einige Jahre mit geistig behinderten Menschen zusammen gearbeitet, was mir sehr viel Freude bereitete.
Es gab keinen dieser Menschen, die "komplett dumm" waren, lediglich fanden sie nur schwer einen Weg, sich für andere verständlich mitzuteilen oder hatten sich geistig auf ein oder nur sehr wenige Bereiche spezialisiert.
Doch letzteres nur nebenbei.
Viel Kraft für euch!
LG Andrea

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