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pipes84

Hallo liebe Angehörige!
Mein Lebensgefährte hatte 2014 und 2016 eine Op, Chemo und Bestrahlung.
Körperlich hat er es augenscheinlich gut überstanden. Für Außenstehende scheint er augenscheinlich der Alte zu sein. Für mich wird das Zusammenleben jedoch immer anstrengender und belastender. Konzentration so gut wie nicht mehr vorhanden, Antriebslosigkeit, fehlende Belastbarkeit, fehlende Einsicht. Das all das auf die Erkrankung und Therapie und Medikamente (Epilepsie) zurückgeht, weiß ich. Aber nichts desto trotz ist es ein großes Los, das man da ungefragt und ungewollt gezogen hat. Bisher arbeitet er noch Volltags. Leider verliert nun auch sein Arbeitgeber aufgrund der fehlenden Konzentration die Geduld mit ihm. Wir sind "gezwungen" worden Kontakt mit dem Integrationsamt aufzunehmen. Das läuft meiner Meinung nach nun darauf hinaus, EU-Rente zu beantragen, da der Arbeitgeber nicht mehr gewillt ist, ihn noch weiter Volltags zu beschäftigen. Ich denke, dass das wirklich nicht die schlechteste Idee ist. Mal sehen, wie das so mit dem Rentenantrag läuft und ob und wie er weiter beschäftigt werden kann und wie sich die persönliche und finanzielle Lage verändert.....

Ich unterstütze ihn seit sechs Jahren wirklilch bei allem, aber mittlerweile merke ich, dass ich mit der ganzen Situation überfordert bin und echt an meine Grenzen stoße. Es gibt mittlerweile keine Aufgaben, die selbständig von ihm übernommen werden. Alles läuft nur nach Auftrag und mehrmaliger Erinnerung. Leider ist das Ergebnis dann auch mehr schlecht als recht.

Schwiegermutter will mich immer wieder dazu animieren in eine Selbsthilfegruppe zu gehen. Mal davon abgesehen, dass ich dazu neben der Volltagsbeschäftigung und all den anderen Aufgaben, die zu unserem gemeinsamen Alltag gehören, gar keine Zeit habe, weiß ich auch nicht, was es am Problem ändern soll. Wenn ich nach Hause komme, ist es doch weiterhin das gleiche..... :(

Wie sind da so eure Erfahrungen? Wie geht ihr damit um?

Liebe Grüße und einen guten Start in die neue Woche!

Kopf hoch

Hallo Pipess,

als Erkrankter bin ich zwar nicht Hauptadressat Deiner Frage, möchte aber gleichwohl etwas dazu schreiben. Ich hoffe, das ist okay.

Für beide - Erkrankte und Angehörige (!) - stellt diese Krankheut eine große Herausforderung dar. Meine Kontakte hier im Forum zeigen mir, dass auch viele andere Erkrankte sich dessen bewusst sind. Für mich kann ich sagen, dass ich meine Familie möglichst wenig belasten will. Gleichwohl gelingt mir dies nicht immer! Das ist keine Absicht, aber auch Du schreibst, es sind leider häufig Nebenwirkungen und/oder Folgen der Therapie. OP, Bestrahlung und Chemo hinterlassen häufig Hirnschädigungen, die auch den Menschen als solches unter Umständen "verändern".

Gut kann ich nachvollziehen, wie schwer es für Deinen Mann ist, den Umfang etc. seiner beruflichen Tätigkeit einzuschränken. Als Erkrankter sehnt man sich nach einem Stück Normalität (der guten alten Zeit vor dem Tumor). Die Erkrankung hat mich demütig gemacht: mit dem zufrieden zu sein, was ich alles noch kann! Trotzdem gibt es Momente, die mich frustrieren, weil ich an meine "neuen" Grenzen stoße. Dann ist es für mein Umfeld sicherlich nicht ganz so einfach, mit mir klarzukommen. bzw. meine miese Launen auszuhalten. Zu dieser Normalität gehörte für mich ganz klar auch der Beruf.! Die Beteiligung des Integrationsamts kann auch eine Chance sein, sich ein Stück Normalität zu bewahren .Aufgabe des Integrationsamtes ist es, Behinderte nach ihren (verbliebenen) Fähigkeiten im Berufslalltag zu integrieren. Das kann zwar mit einer Reduktion des Stundenumfangs oder einer Zuordnung einer weniger "belastenden" Tätigkeit einhergehen. Für viele ist das aber mehr als die Erwerbsminderung (BU). Klar, der Ausgang ist offen. Von meiner Neuro- Psychologin weiß ich, dass sie in solchen Fällen begleitet. Vielleicht findet ihr aber auch anderswo eine entsprechende Beratung bzw. Begleitung. Fragt doch einfach einmal bei eurem Neurologen nach.

Das Forum hier verstehe ich als virtuelle Selbsthilfegruppe. Ich bin überzeugt, der gemeinsame Austausch schafft auch Verständnis im Umgang mit dieser Erkrankung aber auch miteinander (Erkrankter/Angehöriger) .

Mir ist bewusst , dass es gerade für die nahen Angehörigen zumindest eine genauso große Veränderung ihrs Lebens bedeutet wie für den Erkrankten selbst. Deshalb sage ich auch hier immer wieder gerne: Danke an alle Angehörigen fürs Durchhalten, Mut machen und Motivieren!

LG und
Kopf hoch

Rosa 61

Liebe pipes84,
„wir“ haben erst seit drei Monaten einen Hirntumor, wie man sich nach 6 Jahren fühlt, kann ich mir kaum vorstellen. Mein Mann ist seit fünfeinhalb Jahren an immer neuen Baustellen schwer erkrankt, aber zwischendrin hatten wir immer wieder Ruhe, bis etwas Neues auftrat, in diesem Fall der Hirntumor. Und trotzdem bin ich total von den ganzen Krankheiten geschlaucht, wenn ich mir vorstelle, seit 6 Jahren hätten „wir“ einen Hirntumor... Kein Wunder, dass Du langsam nicht mehr kannst.

Ich habe „wir“ geschrieben, weil ja immer die Angehörigen von dem Hirntumor mitbetroffen sind, da nach und nach die ganze Verantwortung auf ihre Schultern übergeht und sie im Laufe der Krankheit je nach Tumorart irgendwann kaum noch einen Partner, sondern nur noch einen zu Betreuenden an ihrer Seite haben. Klingt hart, ist aber leider die auch von Fachleuten beschriebene Realität. Und Du hast natürlich Recht, daran ändert auch eine Selbsthilfegruppe nichts.

So wie Du es schilderst brauchst Du wohl auch praktische Unterstützung, damit Du mal durchschnaufen kannst. Habt Ihr denn schon einen Pflegegrad beantragt? So wie Du den Fall schilderst, bekämt Ihr sicher einen Grad. Davon könntest Du eine Putzhilfe und ab Grad II weitere Hilfe erhalten.
Liebe Grüße
Rosa

fasulia

off topic- aber zum Thema passend:
Der Entlastungsbetrag von 125€ monatlich ab Pflegegrad 1 kann nicht nur für "Hauswirtschaftliche Unterstützung"/ Putzen genutzt werden, sondern je nach Bundesland auch für "Betreuung, Entlastung von Pflegenden oder Individuelle Hilfen".

Das können sowohl Pflegedienste, Betreuungsdienste und sogenannte EinzelanbieterInnen sein, die nach jeweiligem Landesrecht anerkannt sind.

Betreuung kann Hilfe für die Angehörigen oder für den/die Erkrankte(n) sein; beim Behördenkram aber auch Spazierengehen oder Beschäftigung- alles was der Unterstützung im Alltag dient.


Der Betrag kann angespart werden, momentan verfällt der Betrag von 2019 ( Coronabedingt) voraussichtlich ( Gesetzesentwurf) erst am 31.12.2020 - normal schon am 30.06. des Folgejahres.

der Meister

Hallo Pipess,
ich kann des gut verstehen.

Ich hatte vor über 2,5 Jahren auch eine OP und seither ist nichts mehr wie es mal war.
Seit 08.2019 bin ich in voller EU Rente und versuche zu Hause alles am Laufen zu halten, was leider nicht immer zur vollen Zufriedenheit meiner Frau gelingt.
Ich habe viele Einschränkungen und meine Frau musste auch sehr viel Wegstecken (die Arme).

Ich hoffe das sind tröstende Worte ...
Dir alles Gute.

Gruß Klaus

Dazlious

Hallo pipes84,

Dein Eintrag liegt schon etwas zurück- ich habe ihn heute allerdings erst gelesen und weiss daher nicht, wie Deine/Eure derzeitige Situation ist.

In Deinen Worten finde ich mich wieder. Mein Mann hat seit Ende 2005 ein Oligodendrogliom und ein anaplastisches Astrocytom- konnte 2006 nur inkomplett operiert werden. Seit 2007 berufsunfähig; Nach vielen Jahren Tumorrezidiv (inoperabel), daher Chemo und Bestrahlung.
Ich selbst bin berufstätig (Pflege)- eine Tochter- mittlerweile ausgezogen.

Ja, Krankheit verändert...nicht nur den Betroffenen, sondern auch die Angehörigen.
Bei meinem Mann fehlt auch der Antrieb, keine erkennbaren Tagesstrukturen, mangelndes Zeitempfinden; Wesensveränderungen in Form von Ideenlosigkeit, regressives Verhalten etc. Das verändert viel in einer Partnerschaft.

Ich habe die letzten Jahre recht gut funktioniert , da unser Kind noch bei uns lebte ; auch Sport hat mir immer gut geholfen.
Selbsthilfegruppen bei mir in der Nähe gibt es leider nicht- ich halte aber einen Austausch zwischen Angehörigen für essentiell wichtig.

Eine Kur (die 1. in meinem Leben) liegt jetzt mehrere Wochen zurück- hat mich nicht wirklich voran gebracht- hatte allerdings mal nur Zeit und Raum für mich- das war prima.

Derzeit empfinde ich das Leben auch als eher anstrengend und ich suche nach neuen Kraftquellen.
Eine Trennung kommt nicht in Frage- das hatten wir schon mal vor ca. 9 Jahren-ich habe mich auch während der Zeit stets verantwortlich gefüllt und nach ihm gesehen.
Als wir wieder zusammenzogen, wusste ich, dass ich keinen neuen Mann zurück bekomme.
Ich weiss, dass es gute und weniger gute Tage gibt - auf beiden Seiten. Und es ist eine Herausforderung für wahr.

Letztendlich sind Entscheidungen immer sehr individuell- ich habe mich entschieden zu bleiben und bemühe mich manchmal etwas egoistischer zu sein;.aber, ja, manchmal könnte ich auch SCHREIEN oder manchmal kommen mir auch die Tränen, weil ich meinen Mann nicht mehr wieder erkenne. So ist das.
Ich schreibe so offen, weil ich glaube, dass es Vielen oft so geht...und hierbei meine ich ausnahmsweise mal alle Angehörigen.

Ich wünsche ALLEN weiterhin viel Kraft auf den jeweiligen Wegen.
Herzlichst

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