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Thema: Seeds, MFH oder doch klassisch Operation

Seeds, MFH oder doch klassisch Operation
ahnungslos
07.07.2019 15:19:41
Hallo,
nachdem es letztes Jahr ein weiteres (das 3.) Rezidiv bei mir gab bin ich am überlegen, wie ich dem nächsten Rezidiv entgegen trete. Meine Überlegung bisher, Seeds. Allerdings scheint das längerfristig genauso "erfolgreich" zu sein wie eine Op. Zumindest meinem jetzigem Verständnis nach.

Aber mal kurz zu meiner Wunschvorstellung. Ich wurde 2009 das erste mal operiert und hatte im Anschluß, bis auf eine Ausnahme, den Wachstumsschnitt von 3 Jahren. Mit eingesetzten Seeds, so dachte ich bisher, bestünde vielleicht die Möglichkeit, dass das nächste Wachstum erst nach mehr als 3 - 4 - 5 Jahren auftreten könnte. Wie gesagt, Wunschdenken.

Leider habe ich mich darüber noch nicht mit einem Facharzt unterhalten können und die Informationen hier im Forum sind auch eher spärlich. Aber so wie ich es aus einem Beitrag heraus gelesen habe, scheinen Seeds eine ähnliche Wirkung zu haben wie eine Op. Also umliegendes Gewebe schädigen, töten aber vom Wirkungsbereich her ähnlich, wie als wenn der Tumor per Op entfernt werden würde.

Um auf die Magnetfeldhyperthermie zu kommen... In der Klinik, wo ich behandelt werde, wird ein entsprechendes Zentrum dafür eingerichtet und es wäre denkbar das ich an dieser Studie teilnehmen könnte. Allerdings scheint mir der Wirkungsbereich ebenfalls ähnlich der Seedtherapie / Op zu sein.

Gibt es, außer der Vorgehensweise, eigentlich Unterschiede zwischen den Therapiearten?

Viele Grüße
Alexander
ahnungslos
KaSy
07.07.2019 17:43:29
Hallo, Alexander,
ich bin von den Eigenerfahrungen her "ahnungslos", aber ich habe ein wenig gelesen, also nur mal so zum "weiterdenken":

Die MFH sollte nicht als alleinige Therapie angewandt werden.

Sie kann die Tumorzellen (1.) schädigen und (2.) für eine möglichst gleichzeitig oder bald beginnende Chemo- oder Strahlentherapie "öffnen", also empfänglicher machen.

Da für die MFH ein oder mehrere kleine Zugänge in den Tumor gelegt werden müssen, bietet sich als Kombination die (nahezu) gleichzeitige Seed-Therapie an, evtl. als "Afterloading-Verfahren".

Die Studie sollte (1.) Rezidivpatienten aufnehmen, (2.) Du solltest möglichst nicht in den Placebo-Arm kommen (Ich weiß nicht, ob man das beeinflussen kann.), (3.) sollte es eine Kombinationstherapie sein und (4.) wäre bei einer Studienteilnahme die Finanzierung klar (Ansonsten müsste das bei der Krankenkasse beantragt werden, aber eine Zusage wäre sicher in Deinem Fall möglich.)

Bei MFH und Seeds ist die Reichweite begrenzt, in Kombination sollte die Wirkung besser sein, also länger anhalten. Das Problem bei diesen beiden Verfahren ist die Ungewissheit, wie sehr die gesunde Umgebung geschädigt wird.

Bei einer OP könntest Du mit dem Neurochirurgen besprechen, ob er mehr um den Tumor herum entfernen kann.
Das klingt jetzt seltsam. Aber ich habe auf einem der Hirntumorinformationstage gehört, dass in Frankreich bei Glioblastomen solche Versuche unternommen wurden, die den Zustand der Patienten erstaunlicherweise nicht verschlechterten.
Da dürfen natürlich keine Risikobereiche in der Nähe sein.
Und Du musst genau (naja, genau geht sicherlich nicht ...) wissen, auf was Du Dich einlässt.

Die Kombination mit einer Chemotherapie stände natürlich auch zusätzlich zur Verfügung. Aber da bin ich "ahnungsloser" als Du.

Vielleicht bringen Dich diese Anregungen ein wenig weiter, auch zu neuen Fragen.

Ich wünsche Dir sehr, dass es mittlerweile Therapien gibt, die Dir besser helfen können als die bisherigen.
Alles Gute
KaSy
KaSy
ahnungslos
08.07.2019 03:14:01
Hallo KaSy,
erst einmal vielen Dank für deine Antwort. Der Punkt mit der Kombitherapie, da werde ich mal versuchen mehr Infos zu bekommen. In Sachen Placebo muss ich meinen Arzt noch mal Fragen in wie weit dieser Teil der Studie schon vorab abgeschlossen wurde. Wäre für mich ja sonst Blödsinn.

Viele Grüße
Alexander
ahnungslos
nicky18
09.07.2019 09:17:07
Hallo Alexander,
habe gerade dei Profil gelesen, hattest Du noch nie eine Bestrahlung?
Liebe Grüße,
Nicky
nicky18
ahnungslos
09.07.2019 15:10:02
Hallo Nicky,
mein Tumor lag bis jetzt immer günstig und so lange er nicht streut, oder in sensible Bereiche wächst, wird wohl auch die Erreichbarkeit gut bleiben. Von daher war bisher auch noch keine Bestrahlung notwendig.

Viele Grüße
Alexander
ahnungslos
KaSy
09.07.2019 22:33:30
Hallo, Alexander,
ich habe jetzt auch mal in Dein Profil geschaut und gesehen, dass Dein Oligodendrogliom den WHO-Grad II hat.

Auf dem letzten Hirntumorinformationstag im Mai 2019 wurde darüber informiert, dass sich die Therapiestandards bei dieser Tumorart geändert haben.
Um Rezidive sicherer vermeiden zu können, soll nach der OP immer auch eine Bestrahlung und/oder Chemotherapie folgen.

Offensichtlich gibt es mittlerweile Studien, bei denen die Rezidivhäufigkeit deutlich geringer war, wenn nach der OP eine Folgtetherapie stattfand.

Dein Verlauf zeigt das ja leider auch.

Auf jeden Fall sind Deine Vorstellungen für eine Folgetherapie prinzipiell völlig richtig. Lass Dir von Deinem Arzt alle, auch neue Möglichkeiten erklären. Frage evtl. auch weitere Fachärzte!
KaSy
KaSy
ahnungslos
10.07.2019 04:40:42
Hallo KaSy,
ehrlich gesagt bin ich mir bei der Wirksamkeit einer Folgetherapie gar nicht so sicher. Ich hatte 2014, nach nur zwei Jahren, ein Rezidiv, was im Anschluss auch mit einer CCNu / Procarbazin Chemo behandelt wurde. Gut, bei der Op wurde nicht der gesammte sichtbare Tumor entfernt und nach der Chemo war auch noch ein Rest übrig der dann letztes Jahr wieder gewachsen ist. Es ist für mich jetzt halt etwas blöd, das ich 2014 nicht den gesammten Tumor vor der Chemo habe entfernen lassen. Mein Arzt würde, wie er sagte, bei der Op bleiben, da mein Tumor gut erreichbar ist. Ich muss mal sehen, das ich mal einen Termin in Magdeburg bekomme. Einerseits wegen Infos über die Brachytherapie, vielleicht haben die aber auch noch andere Vorschläge. Und was die MFH angeht, kann ich nur im September meinen Arzt nochmal darauf ansprechen. In wie weit eine Chemo noch mal Sinn macht weiß ich nicht. Ich bin da nicht wirklich auf dem aktuellen Stand. Ich kann mich erinnern, das Chemo eigentlich mal "aufgehoben" werden sollte.

Viele Grüße
Alexander
ahnungslos
KaSy
10.07.2019 13:59:45
Hallo, Akexander,
es gibt ja auch noch die "normale" Bestrahlung als Folgetherapie.

Ich hatte mehrere Meningeome (1. OP 1995) und Rezidive (1999, 2007, 2011, 2016 - alle WHO III). Sie wurden operiert, das letzte im Jahr 2016 konnte nur teilentfernt werden. Aber in den Jahren 2000, 2011 und 2017 war der OP eine Strahlentherapie (je 30 x 1,8-2,0 Gy) gefolgt. Die Meningeome waren an den bestrahlten Stellen nicht wiedergekommen. Nach der Bestrahlung des Resttumors wird ein sehr langsamer Rückgang beobachtet.
Für (auch die seltenen höhergradigen) Meningeome wurde dieser Erfolg auf dem HT-Info-Tag 2019 von einer Strahlen-Chefärztin bestätigt: "Dort, wo Meningeome bestrahlt werden, entstehen keine Rezidive."

Ob das auch für Oligodendrgliome gilt, weiß ich nicht.
Aber sie wird auch für diese Tumorart als Folgtetherapie empfohlen.


Die Chemotherapie wirkt ja auf den ganzen Körper.

Eine Strahlentherapie, also auch eine konventionelle mit Photonen, wirkt lokal.
Nach der OP wird der Bereich, in dem der Tumor war und der Bereich darum herum in einem Abstand von 2cm bestrahlt. Der 2cm-Bereich ist das Gebiet, in dem sich noch Tumorzellen befinden, die der Operateur (auch mit dem besten OP-Mikroskop) nicht sehen, also auch nicht entfernen kann.

Vielleicht sind aus den dort liegengelassenen Zellen bei Dir die Rezidive entstanden?

Schau auch mal (außer im etwas weiter entfernten Magdeburg) auch in Dresden, Jena, ... oder in "Deiner" Kkinik nach, wo es Strahlentherapie-Zentren gibt. Auch "kleinere" bzw. weniger bekannte Kliniken, die Hirnumoren behandeln, haben diese Möglichkeiten!
Beste Grüße
KaSy
KaSy
ahnungslos
10.07.2019 16:55:25
Hallo KaSy,
also vor Ort, zumindest nicht in der Klinik wo ich behandelt werde, gibt es keine Bestrahlung. Im anderen KH hier eventuell, allerdings bin ich mir nicht über die Erfahrung dort sicher. Magdeburg ist meine Wahl, da sie 1 von 5 Kliniken in Deutschland ist in der Seeds implantiert werden dürfen. Eine normale Bestrahlung, darüber bin ich mir unsicher, da die Strahlung ja quer durch den Kopf muss / geht.

Ich lass mir das ganze erst mal weiter durch den Kopf gehen.

Ich danke euch erst einmal.

Viele Grüße
Alexander
ahnungslos
KaSy
10.07.2019 18:08:34
Hallo, Alexander,
nimm bitte die "fraktionierte Strahlentherapie" in Deine Überlegungen auf. Hier gab es seit 2009 gute Entwicklungen.
Natürlich kann es Spätfolgen geben, aber bei einer ersten Bestrahlung sind sie geringer als bei wiederholten Bestrahlungen desselben Bereichs.

Die technische Entwicklung bezieht sich auf:
- die präzise Berechnung, in welchem Tumorteil wieviel Dosis ankommt, der Begriff dafür ist "Intensitäts-modulierte Radio-Therapie" (IMRT)
- die computergestützte Bestrahlung (Es wird vorher alles exakt berechnet und wenn nicht alles passt, dann beginnt die Bestrahlung nicht.)
- die Bestrahlung aus verschiedenen Richtungen, um möglichst wenig gesundes Gewebe zu treffen, die gesunden Zellen sind in der Lage sich zu reparieren (falls sie in ihrer Teilungsphase (!) getroffen werden), die Tumorzellen können das nicht. *
- die Aufteilung der Gesamtdosis von (meist) 60 Gy in Einzeldosen von (bis zu) 2 Gy, (Es wird an den 5 Wochentagen bestrahlt, am Wochenende ist Pause zur bestmöglichen Schonung der gesunden Zellen.) Fachbegriff: "fraktionierte Bestrahlung"
- Der 2cm- Bereich in der Umgebung wird mitbestrahlt, aber die gesunden Zellen dort haben (durch die Pausen von Tag zu Tag) die Möglichkeit der Selbstreparatur.

* Der Unterschied zu den Seeds besteht darin, dass mit einer sehr hohen Dosis von etwa 200 Gy vom Inneren des Tumors bestrahlt wird. In der nahen Umgebung fällt die Dosis steil ab.
Aber diese hohe Dosis vernichtet wirklich auch jede sich dort befindliche gesunde Zelle. (Prof. Voges aus Magdeburg sagte das.) Sie hat keine Chance, sich zu reparieren.
Insofern hast Du völlig Recht, dass die Seeds das gleiche bewirken wie eine Total-OP mit Entfernung der Zellen in der Umgebung. Allerdings weiß ich die Reichweite in die Umgebung nicht.
Bei Tumoren bis etwa 3cm Durchmesser sollen die Seeds möglich sein.
Es gibt weiterhin die Empfehlung, bei Rezidiven nicht zu warten.


Du schreibst ja von der "guten Erreichbarkeit" des Tumors. Dann dürfte er nicht sehr weit innerhalb des Gehirns liegen. Er wäre auch für eine Bestrahlung von außen ohne oder mit geringen Schäden erreichbar.


Bei Deinen Verlauf sollte sich der Neurochirurg auch von sich aus mit anderen Fachkollegen beraten. (Gibt es eine Tumorkonferenz in der Klinik?)


Also - alle Möglichkeiten prüfen und die optimale Variante bzw. Kombination wählen.
KaSy
KaSy
ahnungslos
11.07.2019 16:59:09
Hallo KaSy,
es gibt ein Tumorboard in der Klinik wo besprochen wird, aber ob da von extern mitbesprochen wird weiß ich nicht. Die Empfehlung mit dem nicht warten beim Rezidiv ist bei mir gerade nicht aktuell. Mir geht es im Augenblick um das Entgegentreten beim nächsten Rezidiv. Vorarbeiten halt, um dann nicht alles kurz und schnell machen, oder entscheiden zu müssen. Deshalb hatte ich auch "Ich lass mir das ganze erst mal weiter durch den Kopf gehen." geschrieben. Deine Infos sind aber gut. Ich denke, ich werde schon ein Infogespräch in Magdeburg machen und aber auch die "Strahlentherapie" mit ansprechen. Ich muss mir nur die Art irgenwie merken, was zur Zeit aber eher schlecht geht, da mein Kopf ziemlich voll ist.

Viele Grüße
Alexander
ahnungslos
KaSy
11.07.2019 19:48:34
Wieso merken ...
Du hast doch alles hier im Forum.
Hat Dein Handy Internet?
Ansonsten druck Dir das doch aus.
Das mit dem "vorarbeiten" finde ich clever.
KaSy
KaSy
ahnungslos
12.07.2019 06:06:18
Ich muss mich jetzt erst einmal um andere Dinge kümmern und mein Gedächtnis ist deswegen gerade nicht besonders. Aber das ich das hier wieder nachlesen kann dürfte ich mir merken können.

Danke.
Alexander
ahnungslos
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