Hallo zusammen,
dies ist mein erster Beitrag. Ich habe seit letztem Herbst viele Beiträge gelesen, oft auf der Suche nach Hinweisen auf das, was meiner Mutter und uns als ihrer Familie bevorsteht. Vieles hat mir geholfen. Vieles schien aber auch so anders zu sein. Sehr kurze Krankheitsverläfe sind hier, so mein Eindruck, oft in der Unterzahl. Bei meiner Mutter haben die Ärzte sehr deutlich gesagt, dass es "dramatisch wenig Zeit" sein könnte, die bleibt.
Deshalb schreibe ich diese Zeilen, in dem Wissen, dass wirklich jeder Verlauf ganz individuell ist. Ich blicke - ganz frisch - auf diese dramatisch kurze Zeit zurück und möchte einige Dinge schildern. Vielleicht helfen sie jemand anderem ja, in welcher Hinsicht auch immer...
Gestern Nachmittag ist meine Mutter im Alter von 57 Jahren an dem Monster Glioblastom gestorben. Sieben Tage lag sie zu Hause im Kreis der engsten Familie im Sterben. Ihr Herz war bis zuletzt so stark, denn sie war ja eigentlich kerngesund und fit. Das Palliativteam (Arzt und Pflegedienst) haben eine großartige Arbeit geleistet und uns sehr gut geholfen und meine Mutter bis zum Ende mitbetreut. Ich rate jedem Betroffenen und Angehörigen, die Signale - insb. bei plötzlicher Verschlechterung (in unserem Fall z.B. ausgelöst durch eine bedrohliche Nierenbeckeninfektion Anfang Januar) - richtig zu deuten und sich professionelle Unterstützung durch einen spezialisierten Pflegedienst und Palliativarzt zu holen. Meine Mutter hatte bis zum Schluss keine Schmerzen dank dieser Hilfe und hat sich nach eigener Aussage sehr gut aufgehoben gefühlt, auch wenn das Wort "palliativ" zu Hause kaum in den Mund genommen wurde, weil es so unheimlich schwer war.
Meine Mutter ist nun fast auf den Tag genau 4 Monate nach der Diagnose (MRT Befund) gestorben. 4 Monate. Einfach unfassbar. Ihr Glioblastom war inoperabel. Und auch für eine StrahlenChemotherapie war er eigentlich viel zu groß und ungünstig gelegen. Für meine Mutter stand jedoch sofort fest, dass sie natürlich etwas tun möchte, eine Therapie macht. Und auch wenn wir am Anfang Angst hatten: Sie hat für sich und uns alles richtig so gemacht. Sie hat gekämpft und sich nicht aufgegeben, wollte so lange wie möglich selbstbetsimmt weiter leben. Das hat sie geschafft. Seit dem 11. Oktober 2017, der Diagnose, habe ich sie noch einmal ganz anders kennengelernt. Als eine so unglaublich starke Frau, die auch in den bedrückendsten Situationen, und auch als sie schon nicht mehr sprechen konnte, zumindest noch hin und wieder herzlich lachen konnte.
Unsere Einstellung (wir Töchter und unser Paps) war immer: Wir machen das so, wie Mum es möchte. Mit ihr passiert diese Scheiße, wir tragen alles mit, was sie sich wünscht. So auch die 6-wöchige ambulante Bestrahlung + kleine Chemodosis. Wir haben es organisatorisch möglich gemacht und sie hat dies - zu ihrem Glück - auch gut verkraftet. Wir hatten (vllt. dadurch und aufgrund ihres starken Willens) noch ein tolles Weihnachtsfest mit ihr. Die geplante Vergleichsuntersuchung hat sie nicht mehr erlebt, aber sie hat erlebt, wie sich alle um sie kümmern und dass ihr Wille ernst genommen wird.
Im Januar war ihre Sprache kaum noch da und sie konnte alles nur sehr, sehr langsam machen. Dann kam die große Infektion, 40°C Fieber und Apathie -- mit 112 ins Krankenhaus. Dies hat ihr die physische Stärke, die sie bis dato auf den Beinen gehalten hat, unter dem Boden weggerissen. Wir sind dankbar, dass sie es dennoch überhaupt aus dem Krankenhaus wieder "raus geschafft" hat. Zu Hause war dann klar, nun muss Palliativpflege her. 14 Tage wurde sie wirksam. Es gab kein Zurück aus dem Tief, denn nicht die Infektion, sondern der Tumor war letztendlich schuld an allem.
Der Sterbeprozess war furchtbar mit anzusehen. Aber es war wunderbar, dass wir alle bei ihr sein konnten, sie nie allein war, und das Pflege/Arztteam für eine bestmögliche medikamentöse Versorgung da war; einschließlich Schmerzpumpe in den letzten 5 Stunden bis zum Tod. Ich habe das alles noch nie gemacht, bis zum letzten Atemzug die Hand halten. Ich würde es aber immer wieder tun für einen geliebten Menschen.
Nun mache ich Schluss.
Viele Grüße aus dem Norden von Berlin