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Thema: Soll meine Mutter die Wahrheit erfahren?

Soll meine Mutter die Wahrheit erfahren?
locke
15.03.2014 20:31:03
hallo,und guten abend,es geht um meine mutter, bei ihr wurde letzte Woche glioblastom IV diagnostieziert. Die schwere op hat sie relativ gut hinter sich gebracht,nun stehen Bestrahlung und chemo an. der Arzt meint wir sollen ihr nicht die Wahrheit sagen wie es tatsächlich um sie steht, währe nicht gut für den weiteren behandlungsverlauf. Ich hingegen fühle mich aber echt besch.... ,wenn sie mir gegenüber sitzt und glaubt sie ist komplett geheilt. irgentwie hat sie doch auch ein recht zu wissen, wie es tatsächlich um sie steht!! wie soll ich mich verhalten? Laut Arzt hat sie noch knapp ein jahr zu leben!!
locke
alma
15.03.2014 21:04:23
Hallo,

schwierige Situation. Rechtlich ist es so: der behandelnde Arzt ist verpflichtet, den Patienten über die Schwere seiner Erkrankung und die Risiken und Nutzen der Behandlung aufzuklären. Der Patient soll in die Lage versetzt werden, über die weiteren Maßnahmen selbst zu entscheiden, und das geht natürlich nur, wenn er Bescheid weiß.
Mir macht aber die genaue Zeitangabe skeptisch. Es gibt auch beim Glioblastom recht unterschiedliche Überlebenszeiten. Und ich fände es auch nicht gerade feinfühlig, deine Mutter so damit zu konfrontieren.
Gib ihr etwas Zeit. Unter dem Schock einer Kopf-OP schaltet die Psyche erstmal auf Abwehr. Du musst ja nicht auf ihren Optimismus einsteigen, sondern kannst sie vorsichtig darauf hinweisen, dass es nicht überstanden ist.
Ich sehe das so: sie hat das Recht, es zu erfahren, aber auch das Recht, die Schwere der Krankheit zu verleugnen. Nur das ist dann ihr eigener Umgang.
Frag doch mal den Arzt, wie er es sich vorstellt, wenn das Glio Symptome macht oder fortschreitet.

LG, Alma.
alma
herzundhirn
15.03.2014 21:47:43
Guten Abend Locke,

du hast in gewisser Hinsicht recht, wenn du sagst, deine Mutti hätte ein Recht auf die Wahrheit. Doch glaube ich, dass man ihr noch ein wenig Zeit lassen sollte für "diese Wahrheit", um sie besser verarbeiten zu können.
Aus anderer Sicht könnte sie die Weiterbehandlung, Bestrahlung und vor allem Chemo, die ja nicht gerade angenehm ist, ablehnen.

Ich weiß nicht, wie ich an deiner Stelle handeln würde. Du kennst sie und wirst es am besten einschätzen können. Frage den Arzt, warum ihr es verschweigen sollt, inwiefern die Behandlung beeinträchtigt wäre und wann der richtige Zeitpunkt für eine Aufklärung aus seiner Sicht gegeben ist.

Ich wünsche Euch noch recht viele schöne Stunden, Tage, Monate und evtl. Jahre.

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Humor, so habe ich gedacht,
ist immer, wenn man trotzdem lacht.
Doch gibt es Zeiten dann und wann,
wo man partout nicht lachen kann.
Da hilft nur eins, so will mir scheinen:
Weinen.
herzundhirn
locke
15.03.2014 22:28:50
vielen dank für die schnellen und gutgemeinten ratschläge! es ist wirklich eine beschi..... Situation! dienstag haben wir den ersten Termin beim strahlenazt, meine mutter ist ja nicht dumm,und sicher wird sie einige fragen zur Therapie haben. ich hätte es jedenfalls nur fär gefunden, wenn der Arzt ihr die Wahrheit gesagt hätte,so müssen wir als Familie sie anlügen!!! Hoffentlich kann sie uns das einmal verzeihen,ich weiss jedenfalls nicht was richtig ist
locke
Heide
15.03.2014 22:52:54
Hallo Locke,
meinem Mann wurde direkt auf den Kopf zugesagt, er habe noch ca. ein Jahr zu leben. Daraus sind nun fast 2,5 Jahre geworden. Auch wenn er mittlerweile viele Einschränkungen hat, er ist immer noch da. Die Prognose der Ärzte muss also nicht zwangsläufig eintreten. Jeder Verlauf ist anders.
Mich würde interessieren, wie die Ärzte deiner Mutter erklärt haben oder erklären werden, weshalb Chemo und Strahlentherapie sein müssen. Das muss sie doch eigentlich stutzig machen, wie du schon vermutest.
Deine Verwirrung und deine Unsicherheit, wie mit deiner Mutter auch von Familienseite umgegangen werden sollte kann ich verstehen und wünsche dir/euch dabei viel Einfühlungsvermögen. Vielleicht habt ihr die Möglichkeit dabei psychologischen Rat einzuholen?
LG Heide
Heide
gramyo
15.03.2014 23:10:37
Liebe Locke und Mama,

mein Partner, der nicht mehr auf dieser Erde ist und ich sind sehr einfühlsam von dem Neurochirurgen, der die Biopsie gemacht hat, über die Diagnose "2 inoperable Glioblastome" aufgeklärt worden. Ich war zum damaligen Zeitpunkt verzweifelter wie mein Mann.Nach dem erste Schock und Einholung einer Zweitmeinung in Bezug auf Operabilität, gingen wir sehr zuversichtlich in die kombinierte Strahlen- und Chemotherapie.

Meine Beobachtung war, dass mein Partner sich selber dadurch schützte, das er nur bestimmte Dinge wirklich "an sich ran lies". Er lebte sehr schnell im "Hier und Jetzt" und wir hatten 7 Monate eine erstaunlich gute Lebenszeit.

Deine Mutter ist operiert !!! Diese Ausrufezeichen habe ich wirklich bewußt gemacht. Denn eine gute Operation bringt schon sehr viel an Lebensqualität und auch häufig eine längere Lebensdauer mit sich. Es stimmt, das es nicht die Mehrheit ist, die länger hier auf dieser Erde weilt, aber KEINER weiss, ob es nicht deine Mutter ist, die zu den Langzeitüberlebenden gehört.

Du weisst am besten die Worte, die deine Mutter erreichen können ohne dass sie total verzweifelt, sondern das sie eine realistische Chance sieht, ein zwar verkürzteres Leben, aber mit einer weitaus größeren Intensität und Bewußtheit zu führen, vor euch liegt.

Diese Erfahrung haben wir und ganz viele hier gemacht. Ich möchte dir Mut machen und dir dazu raten, deine Mutter liebevoll über ihre Diagnose aufzuklären, bevor sie es von dem Radiologen oder einem Arzt gesagt bekommt. Da finde ich es weitaus besser, sie erfährt es von dir.

Dir möchte ich sagen, dass du ja gerade erst mit dieser Diagnose konfrontiert bist und dich dadurch in dieser begreiflichen Schocksituation befindest. Glaube mir und andere werden es ebenfalls bestätigen, mit der zeit kehrt mehr Ruhe und auch ein bisschen Entspannung ein.

Es ist gut, das du dieses Forum gefunden hast und ich kann dir sagen, das du immer ein "offenes Ohr " und sehr gute medizinische Ratschläge hier bekommst. Ausserdem haben hier alle Verständniss wenn es dir seelisch nicht gut geht und helfen und trösten dich "gedanklich, virtuell".

Liebevolle und verständnisvolle Grüße
von Gramyo/Claudia mit Burkard im Herzen und Leben
gramyo
dirlis
16.03.2014 00:49:11
Liebe Locke,
ich persönlich finde, dass der Patient das Recht hat von seinem Arzt zu erfahren, womit er es zu tun hat.
Wenn Ärzte es vorziehen, das Angehörige die Bitschaft übermitteln, finde ich das sehr bedenklich
Das die Familie Bescheid weiß, der Patient jedoch nicht, dann kann es aus meiner Sicht doch gar keinen guten Umgang miteinander geben. Sollst Du Dich jetzt mit dem Wissen belastet, mit gespielter guter Laune, Deiner kranken Mutter gegenüberstellen und heile Welt vorgaukeln?
Alle Zahlen und Prognosen, die es gibt, sind statistische Werte, welchen Verlauf Deine Mutter erleben wird, weiß dennoch niemand auf dieser Welt.
Wenn Deine Mutter nicht informiert wird, dann wäre sie doch quasi entmündigt. könnte nicht mit all ihrer Kraft gegen die Erkrankung angehen, könnte genauso wenig Dinge regeln oder erleben, die ihr vielleicht noch wichtig sind... Dann könntet Ihr nicht gemeinsam weinen und das leid, das Ihr als Familie zu ertragen habt, teilen.
Ist das für Euch der richtige Weg?
Ich glaube auch, dass jeder soviel an sich heran lässt, wie individuell zu ertragen ist. Wenn sie informiert ist und die Reaktion in einer Verweigerung mündet, dann muss und kann man damit umgehen.

Wenn Du Dir anschaust, was z. B. die Hirntumorhilfe empfiehlt, dann ist das eindeutig, dass man sich möglichst mit der eigenen Erkrankung auseinandersetzten sollte....

Mein Eindruck von Dir ist, dass Du Dich mit der aktuellen Situation nicht wohl fühlst.

Ich wünsche Dir, dass Du/Ihr Euren Weg im Umgang mit dieser grauenvollen und absolut tragischen Situation findet.

Sei herzlich gegrüßt von Dirlis
dirlis
locke
16.03.2014 06:57:59
Ich bin wirklich froh, dass mir hier so viele nette Menschen schreiben!! Ich finde auch dass meine Mutter das Recht darrauf hat zu wissen wie es um sie steht. Nur so kann sie ja auch dem Krebs den " Kampf " ansagen,und Entscheidungen treffen ob sie bestimmte Behandlungen möchte oder nicht. Sie ist ja zum jetztigen Zeitpunkt total fit. Ich habe ein sehr enges Verhältnis zu meiner Mutter,und es tut mir so leid,ihr nicht die Wahrheit sagen zu können, Ich habe noch einen Bruder,der von anfangan dafür war offen mit meiner Mutter zu reden, vielleicht werden wir heute gemeinsam dieses Gesräch führen, habe aber Angst,dass sie sich danach aufgibt! Ich fühle mich echt miess ihr gegenüber,weil wir immer offen über alles reden konnten.
nochmals vielen lieben Dank an ALLE ! und liebe Grüsse von Locke
locke
Ria1645
16.03.2014 08:53:50
Hallo Locke,

Wir standen vor einem Jahr genau vor dem gleichen Problem. wir haben uns dann dazu entschieden ihr zu sagen das sie unheibar krank ist aber die Prognose von einem Jahr haben wir nicht erwähnt.
Man hat im laufe des Prozesses auch mit anderen Ärzten zu tun und unserer onkologe war für absolute offfenheit- durch ihn hätte sie dann die Wahrheit erfahren.
So hat man auch die Möglichkeit alles wichtige zu regeln und dann nach vorne zuschauen und die Zeit zu genießen. was uns gelungen ist. bei uns ging es trotz Chemotherapie und Bestrahlung letztes Jahr nur aufwärts.

LG Ria
Ria1645
Lara
16.03.2014 09:26:45
Hallo Locke,
Ich denke ich würde ihr die Wahrheit sagen. Wenn der Arzt bei der Strahlentherapie dann über die Nebenwirkungen redet und sagt, ach die Langzeitfolgen ...das ist für sie sowieso nicht relevant...
Spätestens dann fällt alles auf.
Ich würde ihr die Wahrheit sagen. Die Lebenserwartung jedoch nur wenn sie danach fragt beantworten.
Mein Mann jetzt 42Jahre bekam die Diagnose 01/09.
LG
Lara
Lara
Iwana
16.03.2014 12:25:22
Hallo Locke
Ich als Betroffene habe das Ganze ja auch durchlaufen und als "Salami-Taktik"erlebt. Man spricht es nicht direkt alles aus sondern erst nach und nach, doch wenn man als Patient etwas feinfühlig ist, bemerkt man am Verhalten der Ärzte und des Pflegepersonales, dass es gar nicht gut aussieht. Von dem her bin ich für offen aussprechen. Deine Mutter wird dich durchschauen! Und anlügen finde ich nicht fair. Ich würde einfach nicht überdramatisieren und von den positiven Verläufen berichten... Zudem konnte sie operiert werden, da hat sie schon ein Pluspunkt!

Du kannst sie ja mal fragen, ev. weiss sie schon mehr als du ahnst!
Gruss Iwana (zusammen weinen verbindet übrigens sehr, zu Beginn sind an meinem Bett viele Tränen geflossen und ich möchte sie nicht missen, waren intensive, aber gute Momente! 6.5 Jahre her!)
Gruss Iwana
Iwana
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