
Ralf[a]
LiebeForumleser,
ich komme mir einerseits etwas plump und aufdringlich vor, wenn ich Euch mit meiner Geschichte behellige, andererseits weiß ich nicht mehr weiter und bin mehr als erschüttert über unsere zuständigen Ämter.
Ich habe 2004 eine Gehirntumor-OP gehabt und denke, dass ich ganz viel Ruhe brauche. Statt dessen überschlägt ein böser Brief den anderen. Ich habe kein Geld, werde von den zuständigen Ämtern nicht verstanden und mir geht es jeden Tag schlechter. Hier mein Anliegen:
Es ist so, dass ich, 56 J., einen Verlag betrieben habe, dessen Inhalte mein Leben bestimmt haben und ich auch immer, mit Blick auf meine Mitmenschen, dessen Inhalte gelebt habe. Nun ereignete es sich, dass im vorletzten Jahr bei mir ein großer Gehirntumor entdeckt und in einer 10-stündigen Operation entfernt wurde. Dieser Tumor hat mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt:
Ich musste meinen Verlag verkaufen, ich lag über ein halbes Jahr lang in
Krankenhäusern, zeitweise im Koma, habe eine halbseitige Lähmung, sehr starke Kopfschmerzen, kann nur schlecht Gehen und unter Schmerzen Sprechen - kann praktisch nicht mehr viel machen, bin im Grunde behindert.
Von der Aktivität in die Passivität!
Dadurch, dass ich geschieden bin, habe ich auch niemanden, der sich um mich kümmert. Die so genannten guten Freunde von Früher, als es mir körperlich und finanziell gut ging, sind nicht mehr da bzw. haben andere Interessen!! Doch das schlimmste sind neben des eigentlichen Schicksalsschlages und der persönlichen Tragödie meine finanziellen Sorgen.
Nachdem man mir mein Pflegegeld von 205,- ? gestrichen hat, bekomme ich nur noch eine Rente von 89,- ? im Monat - nicht in der Minute. Da ich vorher das Glück hatte, mit meiner Arbeit das jeden Tag tun zu dürfen, was
andere nur im Urlaub machen, nämlich ihrem Hobby nachzugehen, habe ich zunächst auch keine Notwendigkeit darin gesehen, mich um meine Altersversorgung zu kümmern. Ich war glücklich und wie besessen von meiner Arbeit und habe mir gewünscht, solange zu arbeiten bis ich eines Tages umfallen würde.
Die einzigen Risiken habe ich "auf der Straße" gesehen und dem in Form von
Unfallversicherungen entgegengewirkt. Da ich nie krank war und auch sonnabends und sonntags gern gearbeitet habe, musste ich nicht damit rechnen, solch eine Krankheit zu erleiden.
Nun habe ich seinerzeit ein voll finanziertes (100%) 2-Familien-Haus in Friesland bewohnt und meine Wohnung sowie den Verlag darin untergebracht. Wegen der guten und notwendigen Ärzte und Therapeuten bin ich dann in eine kleine Wohnung in einer größeren Stadt gezogen. Da es mir bisher nicht gelungen ist mein Haus zu verkaufen, habe ich dieses teilweise vermieten können - aber es bleibt trotzdem noch eine Restbelastung von etwa 600,- ? pro Monat.
Aufgrund meiner (noch) guten Bonität und meiner persönlichen Zuverlässigkeit (ein Wort ist ein Wort!) kann ich von meiner Bank, also der Möglichkeit, jeden Monat tiefer in die roten Zahlen zu versinken, weiterleben. Auf die Dauer ist dies jedoch nur eine schlechte Alternative - aber, wie mir scheint die momentan einzige.
Da man von 89,- ? im Monat nur schwer leben kann, musste ich nach monatelangen Ringen mit mir selbst doch zum Sozialamt gehen. Was ich hier, für mich unter
großen körperlichen Anstrengungen - in den Ämtern - erlebt habe, spottet jeder Beschreibung. Ich hatte "vorher" immer geglaubt, unser Staat würde jeden Bedürftigen auffangen - aber Pustekuchen!
Diesem Trugschluss sitzt man nur als "Nichtbedürftiger" auf!
Als ich kurz vor Weihnachten beim Sozialamt vorsprach und meine
Situation zu schildern versuchte, hat man mich weggeschickt mit der Bemerkung, ich sei nicht bedürftig, ich solle doch mein Haus verkaufen - dann hätte ich Geld! Ich habe dann erklärt, dass es einerseits voll finanziert sei und ich andererseits, trotz emsigen Bemühens auch keinen Käufer dafür hätte. "Ich würde es Ihnen auch schenken", habe ich dem Leiter des Sozialamtes erklärt, wenn nur jemand die Belastung für mich übernehmen würde. "Wenn Sie so blöd' sind und die Miete übers Konto laufen lassen, dann ist Ihnen nicht zu helfen. So etwas muss unterm Tisch und zwar in "bar Kralle" gezahlt werden", wie sich der Herr des Sozialamtes ausdrückte. "Die Miete steht doch der Bank zu", entgegnete ich fassungslos über soviel Frechheit und auch noch Anstiftung zum Betrug. "Na und?" entgegnete er mir und schickte uns fort.
Ich bemerkte noch, Fakt ist, dass ich jetzt kein Geld habe und man mir doch helfen solle.´"Nein, die Gesetze geben das nicht her und nun stehlen Sie nicht länger unsere Zeit. Es interessiert uns auch nicht, ob Sie kein Geld haben oder verhungern müssen".
Nach diesem Erlebnis, welches gottlob bezeugt werden kann, musste ich mich erst einmal erholen, denn ich hätte niemals geglaubt, dass dies so bei uns überhaupt möglich ist.
Ein paar Monate vorher war ich zunächst erfolgreicher beim Sozialamt. Ich hatte dem zuständigen Sachbearbeiter meinen Fall ausführlich
geschildert und fragte ihn anschließend, wie ich mich denn nun verhalten solle und wie viel Geld mir denn in meiner Situation zustünde.
Ich bekam daraufhin die mir zustehende Unterstützung und nachdem der zuständige Sachbearbeiter zwei Mal gewechselt hatte, meinte die jetzt für mich zuständige Sachbearbeiterin, nachdem sie offenbar Schwierigkeiten hat, den - wie ich zugebe - nicht alltäglichen Sachverhalt zu verstehen, ich hätte das Amt belogen und irre geführt. Sie forderte mich auf, die gezahlten Sozialleistungen zurückzuzahlen, ging auf keine Erklärungsversuche meinerseits ein und erstattete auch noch Anzeige wegen des Verdachts auf Betruges.
Ich verstehe seit dem die Welt nicht mehr und habe die Sache zwischenzeitlich einem Anwalt übergeben, der auch nur den Kopf über soviel Inkompetenz, gepaart mit Herzlosigkeit und Kälte, schüttelt.
Je mehr ich versuche, Selbstverantwortung zu leben, desto größere Schwierigkeiten widerfahren mir. Hätte ich mich gleich so verhalten, dass ich in der Weise verfahren wäre, die anderen bzw. der Staat wäre Schuld an meiner Situation und hat gefälligst auch eine Lösung für mich zu finden, dann wäre ich wahrscheinlich besser gefahren. Daran hätte sich niemand gestoßen. Aber Eigenverantwortung zu ehen und danach zu leben ist scheinbar höchst verdächtig!!
Mit Rechtfertigungen solcher Art muss ich meinen Tag verdingen, aber Fakt ist nach wie vor: Ich muss von 89,- ? im Monat leben und keine Stelle will für mich zuständig sein! Jeder, dem ich davon erzähle, sagt nur, dies könne doch so nicht sein, wir hätten bei uns schließlich keine amerikanischen Verhältnisse, aber dabei bleibt es dann und ich drehe mich immer wieder im Kreis.
Diese Sorgen und das Beschäftigen hiermit steht natürlich meiner möglichen
Genesung sehr entgegen. Alles strengt mich zu sehr an und ich denke manchmal, es wäre doch einfacher gewesen, wenn ich die OP gar nicht überlebt hätte. Ich habe Nahtoderfahrungen machen können, die mir eine Angst vorm Sterben gänzlich genommen haben - ich möchte nur nicht wieder im Krankenhaus landen.
Ich habe in Anbetracht der eingeschränkten Möglichkeiten in diesem Brief natürlich nur einen Teil des gesamten Sachverhalts wiedergegeben. Aber es ist vom Tenor her so, wie geschildert.
Kann mir jemand raten wie ich mich jetzt verhalten soll?
Ist es vom Gesetz her überhaupt in dieser Form möglich???
Ich wäre froh, von euch einen gangbaren Weg aufgezeigt zu bekommen - denn ich bin jetzt mit meinem Latein und meiner Kraft vollends am Ende.