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Peter21

Guten Tag!

Ich bin froh, dass es dieses Forum gibt. Die letzten Wochen waren für mich und meinen Vater ein Martyrium:

Meine Mutter (74) hat ein Glioblastom (kleiner Schmetterling) im Frontallappen. Die OP war vor 3 Wochen. Es konnte nicht alles
entfernt werden. Leider ist sie bisher nicht richtig aus der OP
erwacht. Zunächst meinte der Neurochirurg das dies auch länger
dauern könnte. Nach 1 Woche hat sie ihre Augen etwas geöffnet. Vor allem wenn ich sie dazu aufgefordert habe. Als sich nichts weiter tat meinte der Arzt auf der Intensivstation ob meine Mutter eine Patientenverfügung hätte. Dies sei wohl ein dauerhafter Zustand und würde sich nicht mehr bessern. Im Frontallappen sind auch die Bereiche um wach zu werden.

Hätte der Chirurg dies nicht vorher wissen müssen? In einem
Gespräch wurde mir gesagt, dass meine Mutter auffallend schlechte Hormonwerte habe (Schilddrüse). Dagegen würde man ihr Medikamente geben. Schließlich wolle man ihr diese Chance geben. Schlechte Hormonwerte könnten auch Ursache dafür sein das sie nicht aufwacht. Schließlich wies man uns daraufhin, dass ein Luftröhrenschnitt notwendig sei. Ihre Lunge sei frei und funktioniere gut. Dieser willigte ich ein. Man könne sie aber auch so friedlich einschlafen lassen. Dies lehnten mein Vater und ich ab. Nun wurde sie auf eine andere Station verlegt und soll demnächst auf die Palliativstation. Eine Zweitmeinung wurde von uns nicht eingeholt.

Wir sind einfach nur verzweifelt und haben ständige Angstzustände! Mein Vater ist 80 und hat keine Lust mehr zu leben. Er meinte, dass es für mich wohl noch härter sein wird wenn die Mutter nicht mehr da ist. Ich hätte mein Leben noch vor
mir und müsse stark sein.

Auf der anderen Seite trage ich auch Wut in mir. Im Sommer 2018 wurde bei meiner Mutter ein Lymphdrüsenkrebs im linken Oberschenkel festgestellt. Zur Behandlung war sie damals in einer anderen Klinik. Bekam dort Chemo und Bestrahlung. Nach gut 1 Jahr war alles gut überstanden. Sie hatte alle 3 Monate Kontrolluntersuchungen. Die Ärztin meinte das meine Mutter noch viele CTs haben wird. Dies klingt aus heutiger Sicht wie Hohn! Aus den Unterlagen geht hervor, dass das letzte Ganzkörper CT (PET) im März 2020 durchgeführt wurde! Wie kann das sein? Was ist das für eine Krebsnachsorge? Am 13.10.20 war ihr letzter Termin in der Klinik und es wurde kein CT gemacht! Wahrscheinlich hätte man dort schon etwas gesehen. Der Tumor wäre auf jeden Fall kleiner und besser operabel gewesen. In der jetzigen Klinik wollte man auf diesen Einwand nur bedingt eingehen. Dies würde an der jetzigen schlechten Prognose nichts ändern. Wahrscheinlich würde Sie ja noch wacher!? Wir sind total verwirrt und verzweifelt!

Hier eine Zweitmeinung einzuholen scheint wohl keinen Sinn zu machen. Sie wacht nicht richtig auf.

Kann uns irgendjemand im Forum einen Rat geben oder hat Ähnliches erlebt? Ich will nicht auch noch meinen Vater verlieren. Wir leiden beide so entsetzlich.

Danke

Kath

Hallo Peter,

es tut mir schrecklich Leid was mit Deiner Mama passiert ist.
Dürft Du und Dein Vater denn zu ihr? Ich hab die Erfahrung gemacht, dass das für beide Seiten sehr wertvoll und hilfreich sein kann - egal wohin die Reise geht.
Offen drüber reden hilft mir auch meistens sehr gut und schlimmen Situationen. Vielleicht sagst Du Deinem Vater, dass Du ihn noch brauchst und ihn nicht verlieren möchtest. Vielleicht gibt ihm das wieder mehr Mut.
Viele „Vieleichts“.... Gebt nicht auf!

Ich wünsch Dir und Deiner Familie von ganzem Herzen viel Kraft!
Kath

Efeu

Hallo Peter,

ich kann deine Verzweiflung und Wut, Fassungslosigkeit und bodenlose Trauer so gut verstehen. Es schreit in dir, du ringst mit etwas Unfassbarem, Grausamen.

Ein Glioblastom ist eine fürchterliche Diagnose.
Dabei hatte deine Mutter bereits einen Krebs.

Und, ich denke, jeder Arzt gibt sein Bestes, auch der Neurochirurg.
Ich "spiele" in einer ganz anderen Liga als deine Mutter, aber vom Prinzip her ist es ähnlich. Der NC hat sein Bestes gegeben, sagte, in 4 Monaten könne ich wieder voll arbeiten, und es sind unerwartet schwere Schäden entstanden, durch die OP und vor allem durch die Bestrahlung. Damit hat niemand gerechnet. Nun ist es so. Alle haben in bester Absicht gehandelt.
Das ist hart, und bei euch in ganz anderer Weise noch.

Ändern können wir daran nichts mehr.

Wieso ab März 2020 kein PET mehr gemacht wurde, wirst du eruieren können - wenn du die Kraft dafür hast, wenn es dir wirklich, jetzt, wichtig ist.

Nimm die Tage, die sind, und besuch deine Mutter. Sag deinem Vater, dass du ihn brauchst, dass ihr beiden Männer jetzt zusammenhalten müsst, für deine Mutter / seine Frau. Sie braucht euch beide, und sei dir sicher, sie bekommt es mit, wenn ihr bei ihr seid.

Kann man denn sicher sagen, dass sie nicht mehr wacher wird? Nerven heilen sehr, sehr langsam, die OP ist noch nicht lange her.

Wichtige Fragen:
Wer unterstützt dich, wer deinen Vater?
Wo kannst du dich anlehnen, wo ist dein Anker im Sturm?
Wenn du für deine Mutter da sein willst, musst du irgendwo auftanken, brauchst du jemanden, der dich auffängt, begleitet, dir zuhört.

Sorge für dich, auch wenn es schwer fällt, jeder hat nur begrenzt Energie. Weisst du sicher alles, ich schreibe es trotzdem.

Die Hoffnung nie aufgeben?

Wieso keine Zweitmeinung? Ist es nicht ein Versuch, eine Option?

Ich wünsche dir viel Kraft,

LG
Efeu

Peter21

Hallo Kath, hallo Efeu,

danke für eure netten Nachrichten. Der größte Anker in dieser Zeit sind meine Kolleginnen und Kollegen und zwei wirklich gute Freunde. Sonst mein Vater. Aber er ist genauso traumatisiert wie ich. Er hat mehrere Geschwister. Zu einem Bruder hat er ein besonders gutes Verhältnis. Ich habe Angst was die Zukunft bringt. Er hat Angst um mich und ich um ihn. Die Weihnachtstage waren erheblich belastend. Ich sehe immer den Schatten meiner Mutter und denke sie kommt herein

Zwei Tage vor der OP sagte sie (da bekam sie Cortison): Du brauchst nicht weinen. Warum weinst du? Ich komme wieder! Klar komme ich wieder.

Mit einem etwas gehässigen Ton (wahrscheinlich die Wesensänderung).

Zur Zweitmeinung: Auf der Webseite des UKE steht, dass man sich dort eine Zweitmeinung einholen lassen kann! Aber ich weiß nicht ob das in dieser Situation Sinn macht. Eine Schwester meinte das meine Mutter keine Therapie bekommen würde. Sie mir meine Hoffnung aber nicht nehmen wolle.

Hat hier irgendjemand im Forum einen Tipp? Wir wären über jede Hilfe dankbar!

Prof. Mursch

Ein "Ganz-Körper-PET-CT" spart den Kopf sehr oft aus. Dafür gibt es auch medizinische Argumente. Man hätte also keinen Hirntumor entdeckt.

In einer solchen Situation macht eine "neurochirurgische Zweitmeinung", so wie Sie die Situation schildern, wenig Sinn.

Wenn eine Uneinigkeit bezüglich der Behandlung am möglichen Lebensende (denn so schätzen die Kollegen das wohl ein) besteht, bitten Sie um eine klinische Ethik-Beratung. Ein klinisches Ethik-Komitee gehört zum Standard einer größeren Klink und ist unparteiisch, wenn es ethische Konflikte gibt.


Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

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