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Thema: Standardtherapie schlägt an - trotzdem "mehr machen"?

Standardtherapie schlägt an - trotzdem "mehr machen"?
Winnie R
19.04.2017 20:46:16
Liebe Forianer,

ich möchte mich heute vorstellen nachdem ich schon ein paar Monate mitlese und dadurch viele nützliche Informationen und ganz viel Kraft bekommen habe - lieben Dank an alle, die hier so engagiert, informativ und einfühlsam schreiben!

Mein Mann ist der Betroffene: GBM IV, ED 10/2016, OP (Tumor konnte nicht ganz entfernt werden, da Halbseitenlähmung drohte) dann RCT;

aktuelle Therapie: Temodal- Zyklen 5/23, Antiepileptikum, Dexamethason 0,5 mg/Tag (2. Ausschleichversuch) und Weihrauch H15 3 x4/Tag.
Tumor Treating Fields seit 8 Wochen.

MRTs sind bislang stabil und meinem Mann geht es bis auf leichte linksseitige Schwäche/Lähmung/Sensibilitätsstörungen und seltene fokale Anfälle ganz gut!

Die behandelnde Neurologin ist mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden (" mehr können Sie nicht erwarten") und reagiert auf meine Fragen nach zusätzlicher Diagnostik und ergänzenden Therapien mit Unverständnis.
Beispiele:
Auf meine Frage warum der Methylierungsgrad nicht bestimmt wurde erklärte sie dies sei aus Kostengründen unterblieben, da mein Mann (49) vergleichsweise jung sei und daher ohnehin zunächst nach Standard behandelt würde (die Bestimmung des Methylierungsgrads hätte somit "zur Zeit keinen therapeutischen Nutzen").

Zu Methadon wollte sie sich gar nicht äußern, nur dass sie es nicht verschreiben wird, da sie "an dieser Stelle Schulmedizinerin" sei und auch nicht wüsste warum sie "eine Therapie, die anschlägt verändern sollte".

Hat Sie Recht? Bin ich zu "übereifrig"? Braucht man noch etwas " in Reserve" oder sollte man nicht lieber von Anfang an alles tun was helfen kann und verträglich ist?
Mein Mann ist wegen dieser
Diskussionen schon ganz verunsichert - dabei ist es doch wichtig dass er Vertrauen in Arzt und Therapie hat.....

Aktuell wird mein Mann "nur" von der Neurologin und seiner Hausärztin betreut. Ist es sinnvoll für solche und andere Fragen auch eine(n) Onkologen hinzuzuziehen?

Freue mich über Eure Meinungen, Ratschäge und Erfahrungen!

Liebe Grüße aus Ostwestfalen
Winnie
Winnie R
KaSy
19.04.2017 21:46:45
Liebe Winnie R,
eigentlich müssten drei weitere Fachärzte zur Verfügung stehen:

- Die Chemotherapie müsste durch einen Onkologen betreut werden.
- Für die Strahlentherapie besteht die gesetzliche Pflicht der jahrelangen regelmäßigen Nachsorge, auch zusätzlich außerhalb der vereinbarten Nachsorgetermine.
- Die TT-F müssen doch auch von einem dafür zuständigen Facharzt begleitet werden.

Der Methylierungsgrad kann aus den vorliegenden Proben nachträglich festgestellt werden. Darum kann Dein Mann selbst in der OP-Klinik bitten, auch ohne eine Therapieänderung zu wünschen. Es zu wissen schadet nicht.

Wenn ich Deine Worte richtig deute, tut die Neurologin nichts Falsches. Sie bringt es vielleicht nicht emotional genug rüber und dadurch entstehen bei Euch Zweifel. Wenn sie Deinen Mann oder/und Dich verunsichert, dann fragt doch die anderen Ärzte, die Euch zur Verfügung stehen (müssten), nach ihrer Meinung. Das könnte beruhigend wirken.

Alles Gute!
KaSy


.
KaSy
Prof. Mursch
19.04.2017 23:10:41
"Es zu wissen schadet nicht."

Ein negativer MGMT Status kann einen nur etwas deprimiert machen. Aktuell kümmert sich wirklich kaum noch jemand um den Status, gerade bei jüngeren Menschen, mangels Konsequenz.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
Marienkäfer2
20.04.2017 17:23:13
Huhu
Bei meinen Mann schlägt auch der Standard an, wenn man davon absieht, was er noch dazu bekommen hat an Krankheiten!
Dieser Status steht bei meinen Mann auch nicht . Würde ihn gerne wissen, meine Hausärztin findet das auch. Ich werde ihn nun schriftlich anfordern bei der Uni . Denk aber die haben keinen gemacht !
Kann man den nach machen lassen dann oder wie ?

ZumVergleich für Dich Winni R
Bei uns Tätig sind
1. Strahlenarzt ( ich weiß nicht die genau Bezeichnung ich nenne den so )
2. Neurologen
3. Der Arzt der Operiert hat Neurochiroge
4. Onkologin
5. Hausarzt für Rezepte und Überweißungen

Ich würde auch gerne mehr tun . Aber Ärzte( nicht alle ) und Mann sind wie es läuft zu Frieden . Also spiel ich auch mit ..
Marienkäfer2
Winnie R
20.04.2017 18:54:07
Vielen Dank für Eure Antworten.

KaSy, ich glaube auch nicht, dass die Neurologin "etwas falsches tut", auch wenn sie sicher etwas empathischer sein könnte. Chemotherapie und TT-F läuft auch über sie - insofern hat sie wohl alle erforderlichen Qualifikationen. Radiologin und Neurochrirurg haben wir nach Abschluss OP bzw. Bestrahlung nicht mehr gesehen (andere Klinik bzw. Abteilung) aber das könnte man sicher aktiv angehen.

"Aktuell kümmert sich wirklich kaum noch jemand um den (MGMT) Status mangels Konsequenzen"

Ja, so hatte ich das auch verstanden und Prof M. hat sicher Recht, dass das Wissen "negativ" zusätzlich deprimieren würde.
Ich hätte es nur als Entscheidungshilfe gesehen ob Methadon zum jetzigen Zeitpunkt eine sinnvolle Ergänzung wäre.... die Hausärztin würde es ggf. verschreiben.

Marienkäfer, der Wunsch mehr zu tun ist stark, aber genau wie Du möchte meinen Mann nicht "überrollen" und zusätzliche Sorgen und Therapien (inkl Nebenwirkungen) aufdrücken. Nicht leicht....

Den MGMT Status nachträglich bestimmen lassen geht soweit ich weiß - aber nach dem was Prof Mursch schreibt müsste man das wohl privat bezahlen?! Vielleicht weiß das jemand anders hier im Forum - sonst schreibe ich nochmal, wenn ich mich schlau gemacht habe.

Viele Grüße

Winnie
Winnie R
Ironfighters
20.04.2017 22:32:23
Hallo Winnie,
die Frage ob Methadon dazu gegeben wird, würde ich nicht vom MGMT Status abhängig machen. Es gibt kein Datenmaterial darüber, folglich ist das alles Glaskugel.

Wenn Methadon gewünscht ist, wäre nun wohl der geeignete Zeitpunkt. Ihr könntet jetzt langsam und ruhig aufdosieren. Im Rezidivfall steht man unter Druck und möchte möglichst schnell auf die Zieldosis kommen. Nebenwirkungen schaffen dann eventuell eine zusätzliche Belastung in einer ohnehin schweren Gesamtsituation. Das war bei meinem Partner leider der Fall.

Uns schafft Methadon ein zusätzliches Sicherheitsgefühl. Auch das ist Lebensqualität. Nebenwirkungen gab es nur beim einschleichen und der Kostenfaktor ist 10€ pro Monat.
Ironfighters
Forever
21.04.2017 18:20:20
Hallo Winnie,

aus unserer persönlichen Erfahrung halte ich es eigentlich wie dein Mann. Warum zuviel wissen, wenn diese Nachforschungen und ständige Recherchen mehr verunsichern (= damit evtl schaden), als sie helfen würden.

Wenn die Behandlung anschlägt und das offensichtlich bestmögliche Ergebnis vorliegt, dann kümmert euch um andere Dinge, die genauso wichtig sind: um euch, die Kinder, Freunde und Verwandte, den kommenden Urlaub und das nächste Schönwetterwochende. Und werdet euch eurer Verbundenheit bewusst, wenn ihr heute Abend Arm in Arm liegt.

Was ich sagen möchte: drehe die Uhr mal ein paar Monate zurück, vor die Diagnose. Da hast du dich auch nicht darüber informiert, was ein Hirntumor ist, wie er behandelt wird usw.. Warum? Weil es etwas unbekanntes in unbekannter Zukunft war. Da ihr offensichtlich gut behandelt werdez und dies erfolgreich, handele jetzt genauso. Beschäftige dich nicht mit Dingen, die aktuell nicht Gegenstand eures Lebens sind. Beschäftigt euch lieber mit euch selbst und dem was euch Spaß macht.

LG
Forever
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