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Thema: Stellungnahme NOA/DGN: Gliomtherapie mit Methadon

Stellungnahme NOA/DGN: Gliomtherapie mit Methadon
so l
26.03.2015 15:07:57
Gemeinsame Stellungnahme der Neuroonkologischen Arbeitsgemeinschaft in der Deutschen Krebsgesellschaft (NOA) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN)

Gliomtherapie mit Methadon: bisher nur experimentell getestet – Wirkung beim Menschen völlig unklar

26. März 2015 – Die Behandlung von Gliomen mit dem Opioid Methadon ist eine experimentelle Therapie, die bislang nur im Tiermodell untersucht wurde. Öffentlich zugängliche oder systematisch erhobene Ergebnisse von einer Behandlung bei Patienten mit Gliomen mit dem Ziel einer Tumortherapie liegen nicht vor.

Bis heute gibt es keinen Nachweis für die Wirksamkeit der Methadontherapie bei menschlichen Gliomen.

Bei Gliomen gab es einen einzigen positiven tierexperimentellen Befund, dessen Übertragung auf die Situation beim Menschen nicht unbedingt möglich ist. In diesem tierexperimentellen Befund hat die Behandlung mit Methadon zu einer Verlangsamung des Wachstums von Glioblastomzellen, die unter die Haut von immungeschwächten Mäusen transplantiert wurden, geführt.

Durch eine Pressemitteilung der Autoren der tierexperimentellen Studie wurde bei vielen Patienten der Eindruck erweckt, dass eine Behandlung von Glioblastomen mit Methadon die Wirkung von Chemotherapie verstärkt und die Tumorzellen fast vollständig zerstört, sodass selbst „austherapierte“ Patienten von einer solchen Behandlung profitieren könnten. Die Aussagen beruhen größtenteils auf Experimenten in der Zellkulturschale. Sie reflektieren nicht den wissenschaftlichen Stand dieses Therapieansatzes und sind auf die Situation beim Menschen nicht übertragbar.

Wir weisen schlussfolgernd auf folgende Punkte hin:

- Bei der Behandlung von Patienten mit Glioblastomen mit Methadon handelt es sich um eine experimentelle Therapie.
- Ein Nutzen dieser Therapie ist bislang durch keine Studie an Patienten belegt, sondern beruht lediglich auf einer tierexperimentellen Studie.
- Der Einsatz von Methadon außerhalb kontrollierter klinischer Studien ist nicht gerechtfertigt.
- Eine aktive Werbung – z.B. über das Internet – für den Einsatz dieser Methode ist problematisch, da sie unerfüllbare Erwartungen wecken könnte und da sie Patienten dazu bewegen könnte, zugunsten dieser experimentellen Therapie auf nachgewiesenermaßen wirksame Behandlungsmethoden zu verzichten.
- Methadon ist potenziell reich an unerwünschten Wirkungen, die die Lebensqualität der Patienten unnötig einschränken.
- Insbesondere niedergelassene Kollegen werden zu einer nicht gerechtfertigten Verschreibung unter möglicherweise anderen als der Tumortherapie dienenden Gründen gedrängt.

Unterzeichner
Prof. Dr. med. Wolfgang Wick
Sprecher der NOA – Vorstand und Beirat

Prof. Dr. med. Ralf Gold
1. Vorsitzender der DGN

Quelle:
http://www.dgn.org/images/red_pressemitteilungen/2015/150326_Stellungnahme_NOA_DGN_Methadon_bei_Glioblastom_final.pdf
so l
Bertschi
26.03.2015 16:19:28
Danke!!!
Bertschi
Linus64
26.03.2015 17:57:56
... die Darstellungen der NOA/DGN sind die eine Sache, aber es scheint ja wohl so, dass einige Menschen (auch einige aus dem Forum) mit Hilfe von D,L-Methadon (nicht ausschließlich! sondern als Add-On) Besserung erfahren haben. Das mag Zufall oder Glück sein aber wenn die bisherigen Therapiemöglichkeiten und Studien keine wesentlichen Fortschritte erzielt haben und GBM nach wie vor nicht gebändigt/besiegt werden kann, warum versuchen die diversen Institutionen denn nicht aufgrund von (zufälligen) Laborerfolgen eine Studie zu starten? Weil es Geld kosten und man damit vielleicht kein Geld verdienen kann?! Warum lässt man derartige Erkenntnisse aus Laborversuchen links liegen? Das ist aus Sicht von Betroffenen und Angehörigen nicht nachvollziehbar und erst recht nicht, wenn man mitgeteilt bekommt "sie sind austherapiert, wir haben keine Option für sie verfügbar" oder ähnliche Kommentare, die den Betroffenen und seine Angehörigen von jetzt auch gleich alleine lassen. Sollen sich die Betroffenen ihrem Schicksal ergeben und aufs Ende warten? Das ist und kann nicht wirklich die Lösung sein.
Linus64
Grace
27.03.2015 16:32:37
Hallo zusammen,

ich möchte auch MEINE Meinung bezüglich dieser Veröffendlichung mitteilen.
Vorweg: mein Mann hat ein nicht operabeles, nicht methyliertes Glioblastom und nimmt seit dem 14.11.14 D,L Methadon.
D,L Methadon ist ein seit jahrzehnten zugelassenes Schmerzmittel...
Es gibt keine Studie an Menschen, das ist richtig.
Da uns aber viele Berichte und Erklärungen über die Wirkweise auf den Tumor überzeugt haben, haben wir uns vor 4 Monaten entschlossen es zu versuchen..
Mein Mann bekommt zusätzlich die ganz normale Temodal Chemo (5/23)
Er hat keinerlei Nebenwirkungen die in Verbindung mit dem Methadon stehen könnten. Ach doch, der hat etwas Verstopfung, was wir allerdings mit Movicol sehr gut im Griff haben...
Warum sollte man es nicht versuchen?
Auf welche "nachgewiesenermaßen wirksame Behandlungsmethode" verzichten wir? Ich kenne keine....
Welcher Arzt lässt sich den bedrängen es zu verschreiben?
Ich finde es sehr wohl gerechtfertigt es zu versuchen, den der Tumor ist laut MRT vom 19.01.15 um mehr als 50%!!!!!!!! kleiner geworden.
Das nächste MRT hat mein Mann am 13.04. und wenn es so gut ist wie er sich fühlt, kann es nur noch besser geworden sein.
Liebe Grüsse Grace
Grace
moriturus
27.03.2015 18:53:58
ich kann linus und grace zu 100% zustimmen.
ihr müsst alle begreifen, dass sich 99,9% der ärzte nicht exponieren wollen um ihre karriere nicht zu beeinträchtigen. klar wollen die euch helfen, aber nur wenn es keinen mehraufwand bedeutet bitte ;)
versucht alles, es ist euer leben, davon kriegt ihr nur eins und es HAT KEINER DAS RECHT EUCH VORZUSCHREIBEN, WAS IHR DÜRFT UND WAS NICHT! MACHT, WAS IHR FÜR RICHTIG ERACHTET!
moriturus
Prof. Mursch
28.03.2015 13:03:32
@moriturus
Ich glaube, das sehen Sie falsch und etwas ichbezogen. Sie tun einer Menge Kollegen Unrecht, die sich viele Gedanken um ihre Patienten machen.
Es geht bei so etwas unter Umständen nicht um die "Karriere", sondern um Strafanzeigen und Berufsverbote.
Und Sie glauben garnicht, wie schnell einen ein anfangs sehr bedürftiger Patient oder seine Angehörigen einen später reinreiten, wenn etwas nicht funktioniert hat, wie es soll. Absprachen und Einvernehmlich gelten dann nichts mehr.
Ich kann allen Kollegen nur raten, sich an das Gesetz zu halten und allen Patienten, das zu akzeptieren.



Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
moriturus
28.03.2015 13:14:36
verstehe ich vollkommen, ist auch nachvollziehbar.
verstehen sie aber auch, dass sie keinen troll in der birne haben und wir gegen das monster kämpfen müssen. in fachkreisen nennen sie das glioblastom nicht umsonst terminator. sie erachten es ja vermutlich auch als unheilbar. wieso sollte sich ein patient, der an eine heilung glauben will, also von jemandem behandeln lassen, der ihm im vornherein keine chance gibt. oder sagen sie, es besteht die möglichkeit ein glioblastom zu heilen? oder erachten sie die langzeitüberlebenden als statistische ausreisser?
ich persönlich kann aus meiner eigenen erfahrung berichten, dass ich leider allein bin in meinem team survival. die anderen spielen für sich, ich spiel für mich ;)
moriturus
moriturus
28.03.2015 14:07:24
@herr prof. mursch
sie schreiben:
"Und Sie glauben garnicht, wie schnell einen ein anfangs sehr bedürftiger Patient oder seine Angehörigen einen später reinreiten, wenn etwas nicht funktioniert hat, wie es soll. Absprachen und Einvernehmlich gelten dann nichts mehr. "
dem ist nichts mehr hinzuzufügen. wie ich vorher sagte, die ärzte sind in eine team und ich bin leider in meinem eigenen. also nicht falsch verstehen, ich rede davon selbstverständlich die schulmedizinischen angebote zu nutzen, einfach zusätzlich mehr zu machen und selektiver zu sein, auf die schonenderen therapien zu bestehen, wie zb protenentherapie, obwohl es keine studie bei glioblastomen oder vielleicht sogar gliomen gibt, die das bereits lege artis bewiesen haben, ABER eindeutig ist bewiesen, dass diese protonentherapie viel schonender und gezielter ist. das allein reicht mir al patienten schon um zu sagen, jawoll, ich will das schonendere, gezieltere, das es nur in wenige zentren gibt ;) klar macht das probleme, wenn der patient darauf besteht und er ausser haus geschickt wird. kennt ihr einen kfz meister der seinen kunden gern für die getriebewartung ausser haus schickt? :)
zieht einfach euer ding durch. wie ich bereits vermerkte, ist zu bedenken, dass man von methadon nicht so einfach loskommt, so berichten meien in der schweiz jedenfalls. die süchtigen kommen leichter vom heroin weg als vom methadon. aber methadon macht keines heroinartiges flash, die süchtigen funktionieren deshalb auch im berufsleben. bei grad II würd ich persönlich noch warten bis der troll anaplastisch wird. alles gute allen
moriturus
Prof. Mursch
28.03.2015 14:47:03
Bin nicht ganz einverstanden, aber dialogbereit.
1. mir fallen so spontan 10 Patienten ein, die nach über 5 Jahren GBM noCh leben, aber keiner weiß warum. Sind alle zu unterschiedlich.
2. das mit dem Team ist so nicht richtig, zusammenarbeiten am selben Ziel kann man auch, wenn man unterschiedliche Motivationen hat. Man muss das nur definieren und das ist bei jedem Patienten anders. Einer lässt den einen Arzt alles entscheiden, einer will mitbestimmen, einer sucht den Rat mehrerer. Das ist bei Ärzten nicht anders.
3. Protonen sind bei Tumoren an der Basis außerhalb des Hirngewebes super. Wenn man einen Tumor hat, der nicht nur im KM Enhancement existiert, ist eine scharf abgegrenzte Bestrahlungsregion nicht immer von Vorteil. Auch ich schicke Patienten nach Heidelberg, aber alle GBM nehmen die nicht.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
Grace
28.03.2015 16:10:26
Hallo Prof. Mursch,

Sie schreiben:
"Ich kann allen Kollegen nur raten, sich an das Gesetz zu halten und allen Patienten, das zu akzeptieren."

Welches Gesetz wird den gebrochen wenn Ärzte D,L Methadon verschrieben?
D, L-Methadon ist als Rezeptur nach der NRF 29.1 Vorschrift zur Schmerztherapie zugelassen, das sollte ein Arzt im Studium gelernt haben. Es gehört zum Basiswissen. Deshalb ist es so dass sich kein Arzt strafbar macht, wenn man es als Schmerzmittel verschreibt.

Ganz im Gegenteil dazu kann ein Patient einen Arzt haftbar machen, wenn er die GBM Patienten zur Protonentherapie schickt, da es keine Zulassung und keine Studie für GBM gibt.

Auch Avastin ist nicht bzw. nicht mehr für GBM zugelassen und trotzdem wird es noch verschrieben, obwohl die Nebenwirkungen sehr dramatisch sind.

Grace
Grace
Prof. Mursch
28.03.2015 19:20:27
Wenn Sie jemandem, der keine Schmerzen hat, ein BTM pflichtiges Schmerzmittel verschreiben,
ist das nicht legal.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
alma
28.03.2015 20:23:35
@ Grace
Mittel nach BTM-Gesetz dürfen niedergelassene Ärzte nur auf bestimmten Rezeptformularen verordnen, die bei der KV zu bestellen sind. Die Verordnungen müssen lückenlos nachgewiesen werden.
Indikation: starke Schmerzen, die anders nicht zu behandeln sind.

Alma.
alma
Grace
29.03.2015 16:24:14
Dass Methadon nur bei Schmerzen eingesetzt werden darf, wissen wir alle. Jedes BTM-Rezept, ob privat oder Kasse, wird bei der Bundesopiumstelle registriert. Ein Arzt kann nichts Illegales machen, da er auch noch angeben muss, dass es für Tumorschmerzen eingesetzt wird. Nur Tumorpatienten haben diese Schmerzen. Den Namen des Patienten und die Krankheit hat durch das Rezept die Bundesopiumstelle. Illegal wäre, wenn der Arzt dem Patienten das Methadon ohne Rezept aus der Schublade gibt. Dann könnte man es bei der Bundesopiumstelle nicht nachweisen, wem er es gegeben hat. Jeder Patient hat ein Rezept und holt das Methadon aus der Apotheke.

Prof. Mursch, was setzen sie bei Tumorschmerzen ein? Ich nehme doch an auch Opioide.
Warum sollte den dann anstatt z.B. Morphium oder Fentanylpflaster nicht auf D,L Methadon umgestiegen werden?

Grace
Grace
Smarty66
12.05.2015 07:48:36
Hallo Grace,

habe deinen Beitrag vom 27.3. zufällig gefunden. Ich hatte dir geschrieben, daß mein Mann seit 8/14 ein Glio hat und sein Arzt ihm seit Januar auch Methadon nimmt.
Es ist superklasse, daß sich das Mistding bei deinem Mann beim MRT im Januar so gut verkleinert hat ! Darf ich fragen, wie groß es vorher gewesen ist ?
Bei unserem MRT im Februar war noch nichts von dem Methadon zu sehen; deshalb sehr interessant für uns. Wir müssen am 19.5. auch zum MRT und hoffen natürlich, daß wir dort eine positive Veränderung sehen werden. Unser Onkologe hat wegen den guten Blutwerten die Chemo verlängert und er hat jetzt die 7. Runde gut "überstanden".

Auch der Neurologe in Tübingen war von der Methadon-Einnahme nicht sehr begeistert und riet eher ab. Aber es ist ja auch nicht sein Leben und ich denke, wir sollten alles was möglich ist, mitnehmen.
Bekommt dein Mann das Macrogol auch verschrieben ? Geht durchaus auf Rezept und es muß nur eine Zuzahlung geleistet werden.

Es wäre schön, wenn du erzählen könntest, wie das neueste MRT im April ausgefallen ist. Freue mich, sollte der Erfolg wiederum sichtbar sein

LG Smarty
Smarty66
suace
12.05.2015 17:04:00
Leider ist die Studienlage bei GBM sehr dünn. Es gibt signifikant statistische Wirkungen einiger Mittel mit 2 oder 3 Monaten mehr Lebenszeit. Ziemlich unbefriedigend.
Niemand kann den Verlauf eines Glios vorhersagen. In den meisten Fällen ist es nicht heilbar und wird zum Tod führen. Aber niemand weiß wann.

Unser letztes MRT am 5.5.15 (Diagnose 7/14) ist weitgehend unverändert. Unser NCH freut sich mit uns, daß mein Mann noch da und bei relativem Wohlbefinden ist..... nach seiner eigenen Aussage hätte er das im letzten Jahr nicht geglaubt.

Wir haben nach dem Radio/Chemo Standard bei metylierendem Tumor gemeinsam beschlossen die Temozolomidtherapie weiter laufen zu lassen. Ob das nun richtig oder falsch ist, werden wir nur im Nachhinein beurteilen können.... aber wir haben ein gutes Gefühl dabei. Cannabis haben wir während der ganz schlechten Phase der Bestrahlung substituiert. Das hat den Appetit und die Stimmung verbessert. Mehr konnten wir nicht erwarten.
Wir haben das Gefühl, daß unser Ärzteteam an unserer Seite kämpft .... selbst wenn das Arbeit macht
suace
Smarty66
13.06.2015 22:42:44
wir leben ebenfalls seit 7/14 mit der Glio-Diagnose.
Nach der Biopsie erfolgte im Sept./Oktober die Bestrahlung und das Temodal nimmt mein Mann seit 11/14. Und bis heute ohne größere Probleme. Seit 1/15 nimmt er auch Methadon dazu. Die Blutwerte sind auch jedes Mal in Ordnung.
Und wie Grace richtig schreibt, gibt es keine großen Einschränkungen - bis auf die Verstopfung, die mit Movicol entsprechend gut funktioniert.

Sowohl unser Arzt in der Uniklinik als auch der Onkologe stimmen uns zu, daß die Behandlung mit Temodal durchaus auch 12 Monate oder länger durchgeführt werden soll. Zumindest wenn alle Werte gut sind.

Niemand kann einem "vorschreiben" was er darf und was nicht.
Wir haben ja nur dieses eine Leben und ein Nicht-Betroffener - und dazu gehören auch Ärzte und auch die DGN - kann dies nicht wirklich nachvollziehen (außer er ist naher Angehöriger).
Ich denke, daß die Patienten, die das Methadon bekommen, ihren Arzt ganz bestimmt
"nicht reinreiten". Sie wissen, was sie tun. Und sie nehmen es ganz bewußt - auch mit dem Wissen,daß es u.U. nicht hilft. Aber bei Glios ist jeder Versuch wert !!
Smarty66
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