Hallo Forumsmitglieder,
mein Name ist Sebastian, ich bin 36 Jahre alt, verheiratet und werde Mitte Dezember zum ersten Mal Vater. 2018 könnte aus diesem und vielen anderen Gründen das bisher schönste Jahr meines Lebens werden. Leider fällt aber auch seit kurzem auf dieses Jahr ein sehr dunkler Schatten: Bei meiner Mutter, 69, wurde vorige Woche ein Gehirntumor entfernt, der sich als Gliobalstom herausgestellt hat. Diese Diagnose haben wir am vergangenen Montag (02. Juli) von den behandelnden Ärzten der Universitätsklinik bekommen.
Der Tumor lag linksseitig parietookzipital und konnte vollständig entfernt werden - das postoperative MRT zeigte jedenfalls keinen Befund. Der MGMT-Promotor ist nicht-methyliert, was - wenn ich das richtig verstanden habe - zur Folge hat, dass die Standardtherapie mit Temozolomid weniger effektiv wirken wird. Meiner Mutter geht es soweit gut: Ihr Gedächtnis und ihre Sehfähigkeit ist etwas eingeschränkt, aber ihre Persönlichkeit wurde durch die OP nicht verändert. Sie ist zu Hause und lebt sich wieder in ihr Leben ein, gemeinsam mit meinem Vater, meiner Schwester und mir. Sie kennt die Diagnose und ist sich der Bedeutung bewusst. Ich bin froh, dass es ihr im Moment so gut geht und wir bis zum Beginn ihrer Therapie einige wenig beschwerte Tage erleben dürfen.
Meiner Mutter wurde nun angeboten, an einer klinischen Studien teilzunehmen. An welchem Studienarm / welcher Substudie sie teilnehmen soll, steht erst in ca. zwei Wochen fest, wenn die molekulargenetische Analyse des Tumors abgeschlossen ist. Wir alle fragen uns nun, welche Therapie für sie richtig ist: Der Standardansatz ist bewährt, wird aber aller Voraussicht nach aufgrund der Nicht-Methylierung weniger effizient sein. Die Behandlung innerhalb der Studie könnte unter Umständen bessere Ergebnisse bringen. Allerdings handelt es sich um eine Phase-I/Phase-IIa-Studie. Ich befürchte daher, dass unter Umständen das in der Studie eingesetzte Medikament möglicherweise noch schlechter wirken könnten.
Ich würde mich freuen, wenn jemand von euch mir hier mit Erfahrungen und Einschätzungen weiterhelfen könnte.
Zum Schluss noch ein Wort zu meinem Zustand: Ich fühle mich innerlich gerade sehr zerrissen. Ich möchte ich mich auf unser erstes Kind freuen, meine Frau in der Schwangerschaft unterstützen und meine neue Rolle als Vater annehmen. Gleichzeitig ist mir bewusst, was mit meiner Mutter in den nächsten Monaten passieren wird und dass wir nur noch wenig Zeit auf dieser Erde zusammen haben. Mir ist und war immer klar, dass Kinder irgendwann ihre Eltern auf ihrem letzten Weg begleiten müssen. Das ist der Lauf des Lebens, und es ist so herum besser als wenn Eltern ihre Kinder begraben müssen. Ich hatte mir nur sehr gewünscht, dass meinen Elter und mir dies noch 10 Jahre erspart bleibt. Die Tatsache, dass mein eigenes Kind meine Mutter nicht mehr kennen lernen wird, zerreißt mir das Herz...
Viele Grüße, Sebastian