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Thema: Temozolomid nach Stupp, Chemo-Pausen normal?

Temozolomid nach Stupp, Chemo-Pausen normal?
Jusa33
29.12.2017 21:35:48
Hallo an alle,

bei meiner Mutter wurde im Mai ein Glioblastom diagnostiziert. Sie wurde dann an der Uniklinik Heidelberg operiert und begann Chemo+Bestrahlung. Parallel dazu nahm sie an einer Studie mit Nivolumab teil.

Chemo und Bestrahlung sowie die ersten Wochen mit Nivolumab hat sie ganz gut verkraftet Dann kam es zu einer heftigen Autoimmunreaktion aufgrund des Nivolumabs und sie bekam hoch dosiertes Kortison sowie eine Plasmaparese. Novolumab bekommt sie jetzt natürlich nicht mehr.

Nach Chemo+Bestrahlung hat sie 3 weitere Temodal-Zyklen nach Stupp durchlaufen. Der 2. war bereits aufgrund der Blutwerte um eine Woche verschoben worden. Dann nach dem 3. waren die Blutwerte zu schlecht für eine Fortsetzung und sie hat nun zuletzt vor ca. 4 Wochen Temodal eingenommen.

Heute war sie nun bei einer Kontrolle in Heidelberg und anscheinend sind ihre Blutwerte nun doch wieder so im Lot, dass sie Temodal einnehmen könnte.

Dennoch haben die Ärzte jetzt eine 2-monatige zusätzliche Pause angeordnet. In 2 Monaten soll nochmal kontrolliert werden, wie es aussieht (MRT ist glücklicherweise im Moment stabil).

Mich macht dieses Vorgehen etwas nervös, da ich eigentlich davon ausgegangen bin, dass man die Chemo nach Stupp - einigermaßen gute Blutwerte vorausgesetzt - auf alle Fälle möglichst nahtlos fortsetzen sollte.

Da ich beim Arztgespräch nicht dabei war (und meine Eltern ohnehin nur sehr wenig nachfragen), kann ich mir dieses Vorgehen nicht wirklich erklären.

Nun würden mich die Erfahrungen hier im Forum interessieren: Bei wem wurde ähnlich verfahren bzw. wie häufig ist es, dass eben nicht nahtlos nach Stupp verfahren werden kann?

Über Ihre Erfahrungen würde ich mich freuen und bedanke mich schon einmal herzlich im Voraus!
Jusa33
albus
30.12.2017 11:12:58
War es die Studie CheckMate 548 (MGMT+) oder CheckMate 498 (MGMT-)?
albus
Jusa33
30.12.2017 21:40:17
Meine Mutter hat den methylisierten Typ. Also CheckMate 548.
Jusa33
albus
31.12.2017 12:53:51
Die Frage im Zusammenhang mit der Chemopause kann nur der behandelnde Arzt beantworten. Die Blutwerte sollten im Normalbereich sei, bevor der nächste Zyklus Chemo verabreicht wird. Die Chemodosis könnte ebenso vermindert werden, wenn die Blutwerte zu sehr darunter leiden.

Spätestens seit 2017 ist bekannt, dass die Chemo nach dem alten Stupp-Protokoll nicht die optimale Therapie für Glioblastompatienten mit MGMT-Promotor-Methylierung ist. Als Basistherapie sollte eine Chemo nach dem CeTeG-Protokoll abgeklärt werden.

https://forum.hirntumorhilfe.de/neuroonkologie/glioblastom-breaking-news-fortschritte-in-der-behandlung-12606.html

Die Ergebnisse der Vorgängerstudie CheckMate-143 sind ebenso seit länger Zeit bekannt: "...Preliminary results, recently announced in a WFNOS 2017 abstract, demonstrated a failure of nivolumab to prolong overall survival of patients with recurrent GBM, and this arm of the trial was prematurely closed..." Diese Erkenntnis führt zu der Frage: Warum soll eine Substanz in der Primärtherapie effektiv sein, wenn sie in der Rezidivtherapie versagt hat?

Zusätzlich ist zu beachten, dass die Studie CheckMate 548 placebokontrolliert ist. Die Hälfte der Patienten bekommt hier also ein Scheinmedikament.
albus
TabeaK
31.12.2017 15:11:58
Ohje, hier werden aber sehr viele verschiedene Fragen in eine Topf geworfen...ich pick mir mal nur ein Thema heraus:

Natuerlich kann ein Medikament in der Primaertherapie, zumal in Kombination mit einer klassischen Chemotherapie wirken, in der Rezidivtherapie aber nicht. Genau dafuer sind die Studien ja da! Die Tumorzusammensetzung aendert sich im Rezidivfall meistens sehr stark und damit auch die Ansprechrate auf Medikamente.
Und die meisten Studien muessen einen Placebo-Arm haben (Placebo-Arm = Standard of Care = im Moment noch das Stupp Protokoll) - sonst sind sie aussagelos.
TabeaK
Jusa33
31.12.2017 17:32:02
Auf die aktuelle Studie, in der ein deutlicher Vorteil von Temodal+CCNU gegenüber nur Temodal nach Stupp nachgewiesen wird, haben wir die Ärzte angesprochen.

Da meine Mutter aber bereits im 2. Zyklus nach Stupp war und Chemo und Bestrahlung bereits hinter sich hatte, wollten die Ärzte nicht mitten in der Behandlung die Chemo wechseln. Dafür habe ich schon ein gewisses Maß Verständnis. Die bisher vorliegende Studiendaten belegen die überlegene Wirkung ja bisher nur für die Patienten, die von Anfang an mit dieser Kombi gestartet sind. Das war bei meiner Mutter (leider) nicht der Fall, da ihre Behandlung vor der Veröffentlichung der Daten bereits begonnen hatte.

Meine Mutter ist aufgrund der Autoimmunreaktion aus der CheckMate-Studie ausgestiegen. Dass sie im Verum-Arm der Studie war und eben kein Placebo bekommen hatte, ist mittlerweile gesichert.

Was die nun anstehende Chemo-Pause angeht, werde ich wohl noch einmal versuchen, Rücksprache mit den behandelnden Ärzten zu suchen.

Falls sich in der Zwischenenzeit aber noch Rückmeldungen zur eigentlichen Frage (in wie weit Pausen in der Chemo nach Stupp "normal" sind) finden, freue ich mich.

Ihnen allen einen guten Rutsch und ein möglichst glückliches und gesundes neues Jahr!
Jusa33
Logossos
31.12.2017 19:09:21
Kein GBM steht still, nur weil keine Chemo gemacht wird. Im Gegenteil, der Tumor wächst immer. Wenn man im MRT nichts sieht, ist das keine Entwarnung. Große Teile des Tumors sind so fein verästelt (1/100 mm und kleiner), dass man sie im MRT nicht sieht (Auflösungsgrenze ca. 1 mm). https://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2015/dkfz-pm-15-51-Ein-boesartiges-Netzwerk-macht-Hirntumoren-resistent-gegen-Therapie.php .
Man braucht beim GBM pausenlosen Therapiedruck gegen den Tumor. Daher sollte man - sobald die Blutwerte dies zulassen - mit der Therapie fortfahren.

Man weiß auch, dass Stupp allein nicht ausreicht. Das hat dazu geführt, Nivolumab zuzugeben. Die Nebenwirkungen haben dazu geführt, mit Nivolumab aufzuhören. Ob Nivolumab Erfolg gehabt hätte, ist sehr zweifelhaft aufgrund der neuesten Veröffentlichungen zur Behandlung mit Nivolumab.

CCNU in Kombination mit Temodal wäre eine Alternative. Sicher, die CeTeG-Studie hatte diese Kombination von Anfang an, aber es ist ja nicht ausgeschlossen, dass sie auch bei späterem Beginn wirkt. Über den möglichen Mechanismus der Kombinantion ist kürzlich berichtet worden: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/m/pubmed/28825189/ . Aus dieser Veröffentlichung folgt nicht, dass man CCNU+TMZ nur von Anfang an anwenden kann. Im Gegenteil, es heißt dort: Die Kombination CCNU/TMZ dürfte wirksam sein auch bei im Laufe der Zeit resistent gewordenen Zellen.

Es käme auch noch Methadon infrage, dem wird Heidelberg aber nicht zustimmen.

Eine Behandlung, die meiner Einschätzung nach als Zusatz zu Stupp sehr sinnvoll wäre, ist CUSP9. Ich kenne keine medizinischen Gründe, die dagegen sprechen. Von Heidelberg ist mehrfach gesagt worden, dass man gegen das Glioblastom so früh wie möglich vorgehen muss, dass man also nicht bis zum Rezidiv warten darf. Die Anwendung von CUSP9 im individuellen Heilversuch wäre eine Möglichkeit, diese Forderung klinisch umzusetzen.
Logossos
Grünes Haus
04.01.2018 21:09:58
Das ist auch meine Überlegung bzw Frage.. Ich beende im Februar 18 den Standard Stupp Ablauf,gibt es bereits Erkenntnisse, dass danach eine Kombination aus CCNU und Temozolomid als weitere Strategie möglich ist und genutzt werden kann oder ist nun keine Wirksamkeit mehr gegeben?Wäre sehr schade,denn diese Chemo Kombination klingt sehr vielversprechend.
Grünes Haus
Kotkab75
04.01.2018 22:09:44
Hallo,

der Onkologen meines Mannes hat ab dem zweiten Zyklus auf Temodal+CCNU umgestellt, nachdem wir ihm von den Ergebnissen der Studie erzählt haben. Er hat sich erkundigt und gesagt dass es sich "lohnt" umzustellen und wenn er an unsere Stelle wäre würde er es auch versuchen mit der neuen Therapie.

Schöne Grüße ein frohes und gesundes Neues Jahr allen.
Kotkab75
Tulip
05.08.2018 19:39:29
Hallo Jusa33,
Hallo alle anderen,
Wie hat es sich mit den Pausen entwickelt? Hast Du noch Antworten bekommen? Wie lange war die Pause dann letztlich?
Mich würden die Erfahrungen auch interessieren. Bei uns wurde nach OP von Glioblastom schon während der Radiochemo nach 4 Wochen Temodal abgesetzt wegen schlechter Blutwerte. Seitdem Pause, inzwischen seit Mai. Vor Oktober wird auch nichts Neues beginnen. Es entspricht dem Wunsch meines Mannes und dennoch mache ich mir natürlich Gedanken, wie viel schneller wir unter diesen Umständen mit einem Rezidiv rechnen müssen. Beim Gros ist ja selbst mit Stupp doch oft schon nach wenigen Monaten mit einem zu rechnen? Bin dankbar für Eure Erfahrungen zu Pausen und/oder Rezidiv?

Tulip
Tulip
Jusa33
12.08.2018 21:02:55
Hallo, meine Mutter hatte eine Pause von ca. 5 Monaten und das, obwohl die Blutwerte in der Zwischenzeit wieder o.k. waren. Dann wurde ein Rezidiv festgestellt. Sie bekommt jetzt (nach einen nicht erfolgreichen Zyklus CCNU) Avastin.

Euch alles Gute!
Jusa33
Tulip
12.08.2018 21:30:04
Danke! Was war der Grund für die lange Pause?
Tulip
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