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stevi

Hallo,

ich hatte neulich bereits einen Beitrag im Astrozytom-Bereich erstellt. Leider hat sich der operierte Hirntumor (frontal rechts) meines Vaters (geb. 1955) nunmehr als Glioblastom herausgestellt und es gibt einen zweiten (frontal links), der angeblich innerhalb von 20 Tagen auf über 3,5 cm gewachsen ist und der laut Chirurg nicht operiert werden kann (auch unser Hausarzt sagt, dass man wohl keinen Arzt finden wird, der sich da ran traut).

Seit Donnerstag läuft Bestrahlung und Chemo der operierten Region und des "neuen" Tumors. Der Strahlenarzt hat mir am Freitag gesagt, dass es eine sehr sehr schlechte Diagnose sei und sowas (3,5 cm in 20 Tagen) vielleicht alle fünf Jahre mal (in seiner Praxis?) vorkommt. Er bestätigt mir, dass meinem Vater wohl nur wenige Monate bleiben. Auch unser Hausarzt, der mit meinem Vater befreundet ist, sagte meiner Stiefmutter, dass es nur noch um Monate geht, sie ihren Job möglichst ruhen lassen soll und langfristige Planungen keinen Sinn ergeben. Da stellt sich mir als erstes die Frage, warum überhaupt noch eine Strahlen-/Chemotherapie gemacht wird und wir nicht statt dessen als Familie noch ein paar Tage zusammen wegfahren? Kann die Strahlen-/Chemo in dieser Situation noch zu einem Stillstand des Tumorwachstums bzw. sogar zu einem leichten Rückgang führen?

Mein Vater ist eigentlich vor und nach der OP fit gewesen und hatte keine wesentlichen Ausfallerscheinungen. Gestern habe ich ihn Zuhause besucht. Sowohl der Hausarzt als auch meine Geschwister und ich meinen, dass er plötzlich vergesslich wirkt und an der ein oder anderen Stelle komische Sachen sagt (z.B. "Bringen die vom Krankenhaus heute kein Frühstück?").

Aus den vorgenannten Gründen frage ich mich, ob wird jedenfalls hinsichtlich dem lebenswerten Leben, bei dem man noch denken und kommunizieren kann, statt über Monaten nur noch über Wochen oder Tage sprechen? Ich wohne etwa zwei Autostunden von meinem Vater entfernt und überlege nun, ob ich soweit möglich Urlaubstage einstreuen und ihn besuchen sollte. Am Wochenende habe ich das sowieso geplant; aber reicht das oder ist das vielleicht schon zu spät? Wir haben gerade für Dezember einen gemeinsamen Urlaub auf einer Nordseeinsel gebucht; leider bin ich mir ziemlich sicher, dass das nichts mehr wird :'-(

Ich habe meinem Vater gestern ein von mir verfasstes Schreiben mit der Bitte um eine Zweitmeinung an Prof. Dr. Wick aus Heidelberg mitgebracht. Leider ist er niedergeschlagen, möchte sich auf die Strahlen-/Chemotherapie einlassen und ansonsten nicht weiter darüber nachdenken bzw. reden. Ich habe das Gefühl, dass ihm im Grunde alles egal ist und er vielleicht sogar verärgert ist, wenn ich Fragen stelle oder von Themen wie "Zweitmeinung" anfange, obwohl ich schon darauf achte nur ein Minimum an Gesprächszeit auf den Tumor zu verschwenden. Außerdem bin ich der Meinung, dass er unbedingt noch eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht verfassen sollte. Ich hatte aber nicht den Mumm, darüber mit ihm zu reden, sondern habe lediglich die Unterlagen, die vom Justizministerium zur Verfügung gestellt werden, ausgedruckt und ihm und meiner Stiefmutter mit den Worten überlassen, dass das ja unabhängig von der jetzigen Situation ein wichtiges Thema sei. Sollte man in der aktuellen Situation nochmal nachfassen und darauf drängen, dass er das regelt oder sollte man ihn damit nicht weiter belasten und einfach den Dingen seinen Lauf lassen?

Worüber sollte man sich aktuell noch Gedanken machen? Ich möchte auch meine Stiefmutter im Falle eines Falles möglichst entlasten und mir schon im Vorfeld Gedanken machen. Über Meinungen/Anregungen/Antworten zu meinen Fragen würde ich mich sehr freuen!

gramyo

Lieber Stevi und Familie,

es ist wirklich sehr schön und berührend , wie du dich für deinen Vater engagierst. Aber, jetzt kommt das aber....
Du hast hier sicherlich von einigen Betroffenen gehört und gelesen, dass sie selber und das ist ihr absolutes Recht, entscheiden wollen, welchen Weg sie gehen.

Ich würde sagen, war ja auch Angehörige, dass du deinem Vater noch ein bisschen Zeit lassen solltest. Ihr Alle seid jetzt in der ersten
Schocksituation, auch wenn du hier sehr klar und relativ ruhig schreibst.

Dein Vater muss sich erst einmal mit dieser völlig neuen Situation auseinandersetzen und die Strahlen- und Chemotherapie sind zumindest anstrengend für den Betroffenen.

Wir und viele hier haben es häufig so gemacht, das wir uns als Angehörige "schlau gemacht " haben und es dann dem Betroffenen , manchmal auch gefiltert , erzählt haben, damit ER ENTSCHEIDEN KONNTE, was er machen möchte.

Auch wenn es ein befreundeter Arzt ist und dieses schnelle Wachstum sehr selten vorkommt, heißt das noch lange nicht, dass es bei deinem Vater zu einem weiteren schnellen Wachstum kommen muss und sein Leben in kurzer Zeit beendet sein muss. Wir haben damals 3 Monate prognostiziert bekommen (2 inoperable Glioblastome) und es wurden 9 Monate.

Urlaub machen ist immer gut. Mit dem geniessen des Lebens kann man SOFORT anfangen, wenn man den ersten Schock überwunden hat. Besuche deinen Vater , soviel wie möglich und rede so wenig wie möglich über Therapien und die Tumore.

Eine wirklich positive Lebenseinstellung und die kann man auch mit Glioblastom haben, verlängert zumindest gefühlsmäßig das Leben und es wird als länger und schöner empfunden.

Ich hatte schon sehr schnell , von meinem Lebensgefährten die Vorsorgevollmacht und er hat die Patientenverfügung auch sehr schnell geschrieben. Da lag er noch im Krankenhaus mit nur dem Verdacht auf 2 Glioblastome.

Allerdings führen wir schon sehr lange einen spirituellen
Lebensstil und "der Weg in eine andere Dimension" ist bei uns beiden nicht schreckbehaftet gewesen.

Wir hätten auch gerne noch mehr Zeit füreinander gehabt, aber die Zeit , die uns blieb , haben wir intensivst gelebt.

Jetzt noch einmal auf die ganz praktischen Dinge. Frage ihn zu deinen wirklich guten Vorschlägen und Bemühungen einfach noch einmal am nächsten Wochenende.
Vielleicht ist er dann sehr viel mehr aufgeschlossen für weitere Aktionen.
Versuche auch deinem Vater die Komplementärtherapie näherzubringen. Aber dass ist meine Meinung.

Ganz liebe Grüße von uns beiden und wir schicken dir gedanklich sehr viel Ruhe und Energie
Gramyo und ihr Mann, der in ihrem Herzen und Leben
und in einiger Zeit auch in einem "Kreativprojekt" einen
wunderschönen Platz einnimmt

stevi

Hallo Gramyo,

danke für Deine Antwort. Der Tipp, meinem Vater noch ein bisschen Zeit zu lassen, ist sehr gut. Ich neige dazu, Probleme möglichst "schnell vom Tisch" kriegen zu wollen. Bei der Hiobsbotschaft von 3,5 cm Glioblastom in 20 Tagen natürlich umso mehr, denn wer weiß schon, was in einer Woche ist? Aber ich werde jetzt Ruhe bewahren, nichts überstürzen und es genau so machen, wie Du gesagt hast und ihn in einer Woche nochmal darauf ansprechen.

Alternativ Medizin ist nichts für mich und für meinen Vater vermutlich auch nicht; er kann sich - wie gesagt - noch nicht mal dazu durchringen, eine zweite Meinung einzuholen.

Neun weitere Monate wären super. Im Moment würde ich sehr viel dafür geben, wenn wir zumindest den Dezember-Urlaub noch zusammen machen könnten. Ich werde die Hoffnung nicht aufgeben!

Aivlis

Hallo Stevi,
mein Mann ist wie Dein Vater Jahrgang 1955. Er ist seit dem 30.04.2011 am Glioblastom Grad IV erkrankt. Die Prognose von 2 Jahren hat er mittlerweile um 4 Monate überschritten. Und das trotz schwerster Komplikationen. Ich versuche meinen Mann so gut es geht in seiner Krankheit zu begleiten, ihn zu verstehen. Wir sind seit 27 Jahren miteinander verheiratet und ich habe das Gefühl, in den vergangenen 2 Jahren habe ich meinen Mann und auch mich besser kennengelernt, als in den Jahren zuvor. Ich bilde mir ein, ich höre genauer hin, wenn wir miteinander reden.- Irgendwann muss jede/r von uns gehen und ich übe mich Tag für Tag im Loslassen. Ansonsten kann ich mich Gramyo anschließen: Jeder Mensch kann ausschließlich FÜR SICH SELBST entscheiden, was ihm gut tut. Ich wünsche Euch alles Gute und noch viele Momente voll von Liebe und Zuversicht. Aivlis

lucky7

Ich meine mich zu erinnern hier im Forum auch schon gelesen zu haben das inoperabele glioblastome wärend der kombinierten Therapie kleiner geworden sind und auch stagniert haben. Ich denke zumal er ja sogar bereit zur Therapie wäre macht das auf jeden Fall Sinn. Meine Mama hatte ja auch schon nach 6 Wochen ein Riesen rezidiv, das konnte aber zum Glück gut operiert werden..meine Mutter wollte am Anfang auch gar nicht recht drüber reden. Ich finde über TherapieMöglichkeiten zu reden bedeutet nach vorne zu schauen und verbreitet Optimismus.meine Mutter brauchte aber auch ein paar Anstöße dahingehend.

stevi

Danke Aivlis und lucky7, Eure Worte machen Mut. Wir denken jetzt einfach von Tag zu Tag und Woche zu Woche. Nächstes schönes Ziel ist ein gemeinsamer Zoobesuch am Wochenende.

Müssen die Ärzte eigentlich den MGMT-Status ermitteln, wenn bekannt ist, dass man ein Glioblastom hat? Bis jetzt ist der Wert nämlich - soweit ich weiß - nicht bekannt.

Aivlis

Bei meinem Mann wurde der Status nicht automatisch ermittelt. Und eine befreundete Pathologie sagte mir, diese Untersuchung müsse extra angefordert werden. Die Untersuchung kann wohl jederzeit nachgeholt werden. Ich vermute, weil die Präparate (= Gewebeproben) über einen langen Zeitraum aufbewahrt werden. Viele Grüße und viel Spaß beim Besuch im Zoo ;-), Aivlis.

gramyo

Lieber Stevi und Familie,

"ein Besuch im Zoo, oh ,oh,...", so fing irgendein Filmlied in einem Zeichentrickfilm an, den ich mit meinen damals noch kleinen Kindern angesehen habe..

Also, wenn ihr das jetzt schon schafft, von Tag zu Tag .....Woche für Woche ....zu leben, ist das eine fantastische Leistung. Das meine ich völlig ernst, aber mit einem lächeln auf den Lippen,weil es eine wirklich positive Einstellung dem Leben gegenüber zeigt.

Bei meinem Partner hat die Onkologin die Feststellung des MGMT Status angeordnet .
Aber erst mal, egal ob positiv oder negativ, wird immer mit einer Temozolomid-Therapie angefangen.

Ich wünsche euch eine wirklich gute Woche. Am besten mit keinen Einschränkungen und dass du und damit auch dein Einfluß auf deine Familie weiterhin so positiv verstärkend bleibt.

Ganz liebe Grüße von uns beiden an euch
wünschen euch Gramyo und ihr Mann, der hier immer so ein bisschen "mitschreibt "

Felsquellwasser

Carpe diem

seize the day

nutze den Tag

ich kann nicht anders ,als die Chance in jedem neuen Tag zu sehen ,die Hoffnung,dass es ein schöner Tag wird, die Hoffnung ,dass es ein guter Tag werden kann,soll euch begleiten,,,manchmal ist das mehr ,als viele andere haben.Wir können nicht so weit schauen, es gibt Wunder,sie geschehen täglich, gerade jetzt gilt es hinzuschauen,wie es einfach und gut zu leben is tmit dieser sehr schwierigen Situation.
Von Herzen
100wasser

nuageblanc

Hallo stevi,
ich freue mich sehr, wie du mit dem" Thema" umgehst !
Dir, deinen Geschwistern und deiner ganzen Familie spreche ich allen Mut, Optimismus, Hoffnung zu !!!
Ich empfehle dir /euch das Buch von Hirneise: "Chemotherapie heilt Krebs und die Erde ist eine Scheibe." Einen ersten Eindruck verschafft dir die Rezension und Hirneise selbst auf youtube.

Ein ganz schönes, sonniges Zoo-Wochenende wünsche ich euch.

Vielleicht gelingt es dir ja doch - in relaxer Stimmung - über die Sinnhaftigkeit einer Patientenverfügung zu sprechen ; denn sie ist wirklich wichtig, ebenso die Vorsorgevollmacht.
Alles geschieht doch nur zunächst prophylaktisch, ist jederzeit widerrufbar und tritt doch nur "im Falle eines Falles" zu SEINEM Wohl in Kraft.

Alles Liebe !!!!

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