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Thema: Tochter eines Vaters mit GBM IV/Überforderung

Tochter eines Vaters mit GBM IV/Überforderung
Eva[a]
08.03.2004 08:46:33
Hallo zusammen,

seit August 2003 wurde mein Vater bereits zweimal an seinem Glioblastom operiert (letzte OP 02/04), Hochdosis-bestrahlt und hat zwei Chemotherapien "verschlissen" (Temozolomid und Glivec/Litalir).

Leider bildet sich jetzt 4 Wochen nach der 2. OP nicht nur wieder ein Rezidiv im Tumorbereich, sondern auch ein 2. Tumor an anderer Stelle.

Es sieht außerdem so aus, dass es meinem Vater zusehends schlechter geht Motorik rechts sehr schlecht. Sprache noch schlechter und was mir besonders Sorgen macht, ist, dass er inzwischen fast nur noch schläft, bei den einfachsten Aktivitäten (z. B: Fühstücken) zittert und selbst das fast nicht mehr geregelt kriegt. Außerdem wird er zunehmen aggressiv, was die ganze Angelegenheit noch schwerer macht (besonders für meine Mutter, die das überhaupt nicht wechseln kann).

Außerdem habe ich eine schwerbehinderte Mutter, die den ganzen Tag als Schmerzpatientin unter hochdosierten Opioiden steht (manchmal auch Morphinen) und völlig überfordert ist. Auch ich habe Familie mit zwei Kindern, von denen die Ältere gesund ist, aber mein Sohn (5) unter den Folgen einer extremen Frühgeburt immer noch leidet und viel Fürsorge benötigt. Einzelkind bin ich auch noch, do dass ich mir die Anstrenuungen nicht mit irgendjemanden teilen kann.

Auch wenn es egoistisch klingt: Ich habe das Gefühl, dem Ganzen so langsam nicht mehr gewachsen zu sein.
1. Ich weiß nicht mehr, wie ich meinem Vater noch helfen kann, will aber auch nicht aufgeben. Auch ist der finanzielle Rahmen meiner Eltern alles andere als gut, so dass sie sich außer einer Putzhilfe, die einmal wöchentlich für drei Stunden kommt, nicht weiterhelfen können (was natürlich viel zu wenig an Hilfe ist).

2. Durch die vielen Termine, die ich sowohl für meinen Vater, als auch für meine Mutter wahrnehme (was ich durchaus gerne mache), und durch die vielen Stunden der Fürsorge, die Beide nötig haben, werde ich selbst andauernd an den Rand meiner Kraft getrieben, so dass ich inzwischen schon zwei körperliche Zusammenbrüche hatte und mir eine fiebrige Grippe nach der anderen einfange. Leider kriege ich die ganze Angelegenheit auch zunehmend psychisch immer weniger in die Reihe.

3. Das Ganze führt u.a. auch dazu, dass ich meinen Sohn (Therapien) fürchterlich vernachlässige und dass meine Tochter bereits Verhaltensauffälligkeiten zeigt.

4. Mein Mann, der bis jetzt die ganze Angelegenheit gut mitgetragen hat, zeigt zunehmend weniger Verständis für all das und wird immer unzufriedener, was sich auch auf unsere Ehe auswirkt (als Ehefrau binn ich inzwischen ein Null). Auch finde ich in ihm immer weniger einen Gesprächspartner.

Wer kann mir sagen, was ich noch tun kann und wie ich das Ganze irgendwie in die Reihe bringen kann.

Muß ich mich wirklich damit abfinden, meinen Vater aufzugeben?

Langsam habe ich das Gefühl, selbst zu einem Fall für einen Psychiater zu werden, wobei mir auch hier allein die Zeit für Termine schlichthin fehlen würden. Irgendwie komme ich mir auch mies dabei vor, bei den ganzen Problemen, die meine Eltern haben, an mich selbst zu denken und das Gefühl zu haben "schlapp" zu machen.

HILFE!

Für jede Hilfe und Anregung ist dankbar

Eva
Eva[a]
Dagi[a]
08.03.2004 10:34:58
Hallo Eva,
Du bist nicht egoistisch! Ich betreue meinen Mann auch schon seit Sept01.
Irgendwann konnte ich auch nicht mehr,da habe ich in ein Forum geschrieben ,so wie du jetzt. Da habe ich diesen super Tipp bekommen ,mich bei der Hospitzbewegung zu melden. Zuerst wehrte ich mich dagegen,dachte mein Mann braucht doch keine Sterbehilfe! Wollte auch keine fremden Menschen in der Wohnung! Weil ich auch nicht die ordentlichste bin,wollte ich es nicht! Heute ist es mir sowas von egal! Dann habe ich auch noch den örtlichen Krankenpflegeverein gebeten zu kommen,der kostet bei uns nur ein kleiner Jahresbeitrag! Aber dazu brauchte ich gut ein jahr es anzunehmen,leider! Hätte es viel einfacher haben können!
Dabei ist es ganz anders! Sie kommen unendgeldlich,betreuen die Person mit Gesprächen,helfen aber auch dir selber!
Mir hat es bis heute sehr viel gebracht! Kann jetzt auch mal für 2-3 Stunden ausser Haus! Ohne Angst und schlechtes Gewissen.
Sieh doch im Telefonbuch nach,oder die Kirchengemeinde. Ich habe auch immer gedacht,es kommt schon irgendwie wieder in Ordnung,tut es aber nicht!
Mein Mann ist nun seit einem halben Jahr ca. total ans Bett gefesselt,doch er ist noch bei mir,das ist schön. Es geht immmer auf und Ab,und das ist das schlimmste!
Schon 3mal dachten wir,nun ist es bald zuende,aber er sagt dann,noch ist meine Zeit nicht gekommen,der will mich noch nicht!
Wenn du nicht bald etwas unternimmt(für dich,deine Familie und deine Mutter) bist wirklich selber bald krank und bist niemandem eine Hilfe. Und deine Ehe ist auch in Gefahr. Du merkst es ja auch schon an den Kindern,dass du was tun musst! geh wenigstens zum Hausarzt ,lass dier was verschreiben.
Ich hoffe ,du bist mir für die Zeilen nicht böse,aber mir gings doch genauso! Bin so froh,dass ich was getan habe! Heute gehts mir relativ gut,kann gut damit umgehen. Klar gibt es auch Tage da bin ich schlechter drauf,weil ich weiss,jeder Tag ist ein Geschenk! Auch er weiss es!
Also Eva ,mach was! Dagi
Dagi[a]
Dagi[a]
08.03.2004 10:45:17
Eva ich bins nochmal!

Habt ihr Pflegegeld beantragt? Wenn nicht ,dann tut es! Es steht euch doch auch zu.Das ist auch eine grosse Hilfe,zumal du oder deine Mama zusätzlich Hilfe holen kannst,oder spezielle Medikamente! Ich habe meinem Mann bis vor kurzem zusätzlich Weihrauchtabletten und Kapseln gegeben! Jetzt mag er sie nicht mehr nehmen. Ich denke sie haben schon was gebracht. Dagi
Dagi[a]
Heidi[a]
08.03.2004 14:06:50
Ich denke auch, das ist ein klarer Fall für die Pflegeversicherung. Du kannst doch nicht alles alleine machen. Wenn dein Vater in eine Pflegestufe käme, könntet Ihr wenigstens stundenweise jemanden zu Hilfe holen.
Du bist auch für dich selbst verantwortlich, nicht nur für andere. Vielleicht kann ein Arzt dabei helfen. Die können soweit ich weiß Eilanträge stellen. Wenn man es selbst macht, kann es Ewigkeiten dauern, bis die Kasse sich meldet.
Alles Gute! Durchhalten! Heidi
Heidi[a]
Tine[a]
12.03.2004 00:22:00
Liebe Eva,

ich habe Deinen Beitrag mit großer Betroffenheit gelesen. Mein Vater hatte auch ein GBM IV (Diagnose 01/04), er ist leider im Januar verstorben. Das letzte halbe Jahr haben meine Mutter, meine Schwester und ich ihn zuhause gepflegt.

Von meiner Seite ersteinmal riesengroße Anerkennung, dass Du das alles quasi alleine meisterst - es ist schon zu mehreren und mit Hilfe von außen keine leichte Aufgabe. Bitte versuch, die Selbstvorwürfe beiseite zu schieben, denn Du leistest schon wahrhaft genug, bist wohl auch am Rande Deiner Kräfte...

Such Dir auf jeden Fall Hilfe, Dagi hat ja schon sehr gute Tipps gegeben. Ich kann Dir die Hospizhilfe auch nur wärmstens empfehlen. Wir sind auf sehr hilfbereite, kompetente und einfühlsame Menschen gestoßen. Sie waren auch für uns Angehörige gute Gesprächspartner und man kann eben einfach wirklich guten Gewissen ein paar Stunden für eigene Belange nutzen. Im ersten Moment hat es uns schon Überwindung gekostet, uns an einen ambulanten Hospitzdienst zu wenden. Man muss sich ja doch so das Eingeständnis machen, dass es ja eigentlich keine Heilungschancen gibt...

Vergiss bitte bei allem nicht, Dich auch um Dich selbst zu kümmern. Dein Mann und Deine Kinder brauchen Dich doch auch in Zukunft.

Uns wurde immer auch die Möglichkeit zugesichert meinen Vater mal zwischendurch für ein paar Wochen in einem Krankenhaus unterbringen zu können, zB auf einer Palliativstation. Die Hospizvereine haben auch da gute Kontakte, wenn Du einmal wirklich nicht mehr kannst und eine Auszeit brauchst. Dann könnstet Du nämlich mal richtig Luft holen Dich stärken und danach wieder loslegen.

Ich wünschen Dir jedenfalls alles Gute und viel, viel Kraft.
Tine
Tine[a]
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