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mubbesje

Hallo Forumteilnehmer,

mein Mann ist im Dezember verstorben. Seither zerbreche ich mir den Kopf, ob er an den Folgen des Glioblastom verstorben ist, oder aber an den Nebenwirkungen des Cortison oder aber an der falschen Behandlung durch mich und das Palliativteam.

Ich hoffe sehr, dass ich unter euch welche finde, die mir Antworten geben können. Ich schildere kurz den Krankheitsverlauf:

12/2016. Diagnose Glio
12/2016: 1.OP.
01/2017: Chemotherapie bis Mai 2018
06/2017: 2.OP. (kein Rezidiv wie angenommen sondern nur Ödeme)

Es folgten nur noch Kontroll-MRT. Der Tumor gab Ruhe - meinem Mann ging es bis auf Konzentrationsstörungen prima. Dann in 6/2020 erneute Kontrastmittelaufnahme.

08/2020: 3. OP (da lt. Ärzte während der OP plötzlich keine Abgrenzung durch Kontrastmittel zu sehen war, wurde die OP abgebrochen. Zuerst Sprach- und Schluckstörungen, nach 2 Tagen ging dies wieder so einigermaßen. Mein Mann war seit der OP sehr kurzatmig. Wegen Liquorkissen wurde eine Lumbaldrainage für 5 Tage gemacht. Liquorkissen verschwand, Allgemeinzustand meines Mannes war zu diesem Zeitpunkt schon schlecht. Hatte viele Schmerzen durch diese Drainage erleiden müssen. Zudem hatte er Wortfindungsstörungen und bewegte sich sehr langsam.

09/2020: folgte die Strahlentherapie 5 x 5Gy (Ödembehandlung ab dem 3. Tag mit Cortison 2 mg. Die Atmung im Verlauf der Wochen wurde schlechter.)

10/2020: Es wurde ein 3stufige Lungenembolie festgestellt.
Behandlung mit Blutverdünner. Cortison sollte weiter genommen werden.

Sprache verschlechterte sich von Woche zu Woche. Ebenso die körperliche Verfassung. Von Woche zu Woche wurde er schwächer, konnte kaum noch gehen, kam nicht selbst aus dem Sitzen hoch.

11/2020 dann ein fokaler Anfall. Er wurde in der Klinik überprüft. Nur fokaler Anfall, kann wieder heim war die Mitteilung. Meine Einwände, dass die körperliche Schwäche so auffallend sei, wurde ignoriert und es bestände auch kein Zusammenhang mit dem Cortison. Es sei halt die Krankheit. Ab jetzt ging es richtig bergab mit meinem Mann. Logo- und Ergotherapie mussten abgesagt werden, weil er immer schwächer wurde. Reden konnte er fast gar nicht mehr, bzw. tat es nicht, weil doch nur falsche Wörter aus dem Mund kamen, bzw. er es nicht mehr formulieren konnte. Man hatte den Eindruck, dass er oft abwesend in einer anderen Welt ist. Wo er lag schaute er immer nur an die Decke.

11/2020 wurde eine Lungenentzündung bei ihm festgestellt. Trotz Antibiotika nach Tagen keine Besserung. Er wurde vom Hausarzt zur Überprüfung in die Klinik überwiesen. Dort wurde dann ein Eiterherd in der Lunge diagnostiziert mit beginnender Sepsis. Man legte ihm eine Drainage, damit der Eiter aus der Lunge abfließen kann. Ich sollte für meinen Mann die weitere OP zur Reinigung etc. der Lunge befürworten. Erst auf die Frage, wie die Ärzte in meinem Fall bei ihren Angehörigen entscheiden würden, knickten sie ein und sagten, sie würden dann keine OP durchführen. Der Oberarzt hat mir dann die Entscheidung mit Hinblick auf die körperliche Verfassung meines Mannes und seine Krankheit abgenommen und meiner
Argumentation zugestimmt, dass es nichts bringt die Lunge zu retten und der Patient ist nach der langen OP noch schlechter dran als zuvor.

Mein Mann kam nach 2 Tagen Klinikaufenthalt wieder nachhause. War noch schwächer und konnte nur noch im Bett liegen. Hat nur noch wenig gegessen und getrunken. Hat sehr oft geschlafen, auch mit offenen Augen, hat nichts mehr gesprochen, außer einzelne Satzanfänge oder Ja oder Nein. Vom Palliativteam erhielt ich Tabletten Tavor und Effentora. Nachdem die Atmung bei ihm immer kurzatmiger wurde, hatte ich am 2 Tage vor seinem Tod erstmals nach Rücksprache mit Arzt Effentora gegeben. Hat für mich aber nicht richtig gewirkt, denn die Kurzatmigkeit blieb. Am Tag vor seinem Tod bekam er dann abends wieder nach Rücksprache zuerst Effentora, dann Tavor. Mein Mann hatte dann auch Fieber und er erhielt noch Paracetamol. Am nächsten Morgen hat die Atmung dann ausgesetzt und er ist verstorben.

Ich empfand seinen Tod als Erlösung für ihn. Aber es plagen mich halt immer wieder diese Gedanken, ob alles richtig verlief. War es das Glio, das so schnell gewachsen ist, war es das Cortison, das ihn so schwach werden lies, bis hin zur Lungenentzündung.

Mein Mann war bis vor der OP im August in einer guten Verfassung. Wer es nicht wusste hätte nie gedacht, dass er seit Ende 2016 an dem Hirntumor erkrankt ist. Deshalb ist es für mich sehr schwer zu begreifen, dass er innerhalb von 4 Monate sogar verstorben ist.

Wir sind sehr dankbar, dass er vier Jahre mit der Krankheit leben konnte. Das war viel geschenkte Zeit, die wir auch gut und bewusst genutzt haben. Aber trotzdem....

Ich wäre sehr dankbar, wenn jemand mir seine Erfahrungen mitteilen könnte.

LG Mubbesje

Eris

Du schreibst von 17 Monaten Chemo? Welche Chemo, wie viele Zyklen, hat er bekommen?

Prof. Mursch

Es ist definitiv reine Spekulation, sich über Fehler Gedanken zu machen. Ich behandele seit 30 Jahren Patienten mit Glioblastomen und habe solche Verläufe durchaus auch erlebt, ohne dass man im Nachhinein irgendjemandem einen Vorwurf machen konnte.

Gerade in der Behandlung solcher Tumoren kann eine Behandlungsentscheidung im retrospektiv sowohl richtig als auch falsch sein.
Letztendlich ist er deshalb gestorben, weil er ein Glioblastom hatte.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

Padivofe

Hallo Mubbebesje,

erst einmal mein aufrichtige Anteilnahme.

Ich kann deine Geschichte 1 zu 1 übernehmen. Nur das es sich bei meinem Mann in nur 11 Monaten abgespielt hat. Zuvor war er ein gesunder Mensch von 64 Jahren ohne gesundheitliche Einschränkungen.
Als die Diagnose 2009 gestellt wurde war der Verlauf bis zu seinem Tod furchtbar und grausam. Ein Haustier hätte man einschläfern lassen, damit es sich nicht rumquälen muss. Aber das ist ein anderes Thema.

Es sind nun schon 11 Jahre vergangen und wie man sieht bin ich gelegentlich noch immer noch hier und habe mir in dieser Zeit viele Gedanken gemacht. Anfangs ließ ich auch alles Revue passieren und konnte mich partout nicht an unsere schönen Zeiten erinnern. Ständig hatte ich diese Bilder dieser 11 Monate im Kopf. Ich war total traumatisiert von diesen ganzen Ereignissen und entwickelte Schuldgefühle. Ich hatte natürlich die Betreuung übernommen und fragte mich allen Ernstes, ob ich auch alles richtig gemacht oder entschieden habe.

Natürlich muss man sich dieser Zeit auf die Aussagen der Ärzte verlassen, denn letztendlich fließt das in die eigenen Entscheidungen, die zu treffen waren, mit ein. Es ist ein absoluter Ausnahmezustand. Katastrophe, nichts ist mehr wie es war und wird es auch nicht mehr so sein.

Mein Mann hat viel Cortison bekommen und war total aufgequollen. Bekam Diabetes, die nicht einzudämmen war, doppelseitige Lungenembolie. Ohne Cortison geht's nicht, mit Cortison stellen sich dramatische Nebenwirkungen ein. Die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Morphinpflaster usw. usw.

Die letzten Tage war er in einem nicht ansprechbaren Zustand. In den letzten 12 Stunden veränderte sich auch die Atmung und er bekam Fieber. Ich habe auf Medikamente verzichtet. Man konnte förmlich zuschauen, wie die Organe und der Kreislauf nach und nach den Dienst einstellten.

Ich war vom Tag der Diagnosestellung bis zum letzten Atemzug immer an seiner Seite. Das hast DU auch getan. DU warst für deinen Liebsten da.

Deine Frage, ob er an dem Glioblastom oder an den Nebenwirkungen von Medikamenten beantworte ich so: An dem Glioblastom, der Körper macht soviel mit, dass er letztendlich nicht mehr in Lage ist sich zu erholen. Die Kraft fehlt einfach. Medikamente können vorübergehend helfen, sind aber am Ende nutzlos. Ich hoffe, es war nicht zu drastisch.

Ich wünsche Dir von Herzen viel Kraft. Du warst tapfer und jetzt nimm dir Zeit für dich.

Alles Gute
Padivofe

Mayla

Liebe mubbesje,
meine stille Anteilnahme.

Die Frage nach dem Warum ist für mich nachfühlbar, dennoch wirst du vermutlich keine Antwort darauf bekommen.
Vielleicht kann dich 'Trauerbewältigung' dabei unterstützen deine unbeantworteten Fragen zu verarbeiten

Liebe Grüße
Mayla

Berberine

Liebe mubbesje

Auch von mir mein Mitgefühl für Deinen Verlust! Ich weiss, es ist schwer nach vorn zu schauen. Ich rege dennoch an, es zu versuchen. Ich bin sicher, Du hast alles getan, was Du konntest und Dein Mann hat es gewusst und geschätzt.
Sei lieb umarmt.

LunaFarm

Meine aufrichtige Anteilnahme.Ich kann dich verstehen, mir gingen auch schon solche Gedanken durch den Kopf als mein Vater starb. Der Verlauf ist ähnlich, ging nur ca.11 Monate. Er hatte mehrere Krampfanfälle, die mit Antikulsiva nicht in den Griff zu kriegen waren. Gleichzeitig hörte das Kortison auf zu wirken und die Hirnödeme gaben ihren Rest.... Auch ich hatte überlegt ob ich oder mein Bruder, die Ärzte etc. hätten etwas anders machen können und er so uns hätte ein paar Monate länger erhalten werden können. Heute denke ich, dass meine Überlegungen reine Trauergedanken waren und ihm letztendlich das Glioblastom getötet hat und nicht unser (Nicht-)Handel oder irgendein Behandlungsfehler.

mubbesje

Liebe Forumteilnehmer, lieber Herr Prof. Dr. Mursch,
ich möchte mich für eure Beiträge zu meinem Bericht bedanken. Ich konnte
konnte aus jedem Beitrag etwas beruhigendes für mich herauslesen.
LG Mubbesje

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