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bläser

Hallo zusammen,

ich bin neu hier im Forum und hoffe, dass meine Frage nicht schon tausendmal behandelt wurde und ich euch damit jetzt nerve.

Ganz kurz zur Historie: ich bin männlich, Jahrgang 1966. 2003 wurde bei mir ein Hypophysentumor (Makroprolaktinom) mit einer größten Ausdehnung von ca. 5 cm festgestellt. Prolaktinwert bei Diagnose 20.000 ng/ml. Keine OP, aber seitdem Einnahme des Prolaktinhemmers Dostinex. Vertrage ich gut, keine Nebenwirkungen oder körperlichen Beschwerden. Prolaktin hat sich seit Jahren bei einem akzeptablen Wert von 40-80 ng/ml eingependelt.

Nun bemerke ich seit geraumer Zeit eine deutliche Überforderung im Beruf (kaufmännischer Angestellter). Angekratzte Psyche, Konzentrationsprobleme, Gedächtnisprobleme, Angst vor Überforderung, geistige Aufnahmeschwierigkeiten, mangelndes Selbstbewusstsein. Die Fehler häufen sich, hat schon zu Problemen beim Arbeitgeber geführt (AG und Kollegen wissen nichts von der Krankheit!). Äußerlich merkt man mir eigentlich nichts an, ich wirke so fit wie ein gesunder Mensch. Wer hat ähnliche Probleme und wie geht ihr damit um? Teilzeit? Hat jemand aus dieser Situation heraus schon einmal einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt?

Danke für eure Erfahrungsberichte.

Amnatou

Hallo Bläser
Willkommen im Forum, trotz des wenig erfreulichen Grund!
Deine Schilderungen über deine momentanen Verfassung kommen mir bekannt vor, ob die Ursache aber identisch ist, kann ich dir allerdings nicht sagen... wie ist deine Dostinexdosierung? Hast du mit deinem Endokrinologen schon über deine Schwierigkeiten gesprochen? Ich würde unbedingt so rasch als möglich einen Termin abmachen.
mir sind so spontan 3 'Möglichkeiten' als Ursache in den Sinn gekommen:
1. Nebenwirkung von Dostinex
2. Nebenerscheinung vom Prolaktinom
3. Ursprung ist ein Problem in deinem Umfeld oder deinem 'Lebensstil' und hat nichts mit deiner Prolaktinomerkrankung zu tun

um die exakte Ursache zu finden und zu behandeln brauchst du aber ärztliche Unterstützung!
Zu Dostinex: Cabergoli greift in den Dopaminstoffwechsel im Gehirn ein und kann psychische Auswirkungen haben. 'Komisch' finde ich allerdings, dass du dieses Medikament schon über 10 Jahre 'ohne Probleme' nimmst. Ich hatte diese Schwierigkeiten unter Cabergolin und den anderen Dopaminagonisten bereits nach 1 Monat. Meine Persönlichkeit veränderte sich und meine Stressreaktion änderte sich von immer total relaxed auf permanent über 2000, ich schlief schlecht, war unkonzentriert und an meinem Arbeitsplatz unausstehlich, zum Schluss war ich depressiv. Ich bekam dann Escitalopram als Antidepressiva und mein Befinden besserte sich. Vollständig erholen tue ich mich allerdings erst jetzt, über 1 Jahr nach dem absetzen, erst da realisierte ich überhaupt das Ausmass der Veränderung und dass Cabergolin die Ursache von diesem Übel war, 4 Jahre habe ich nach anderen Ursachen gesucht. Allerdings hatte ich 'nur' ein Mikroprolaktinom, bei mir spielte es keine Rolle, als es nach dem absetzen einige mm grösser wurde. Mittlerweile bin ich operiert. Sprich deinen Endokrinologe auf deine psychische Veränderung und den möglichen Zusammenhang an, vielleicht ist Quinagolid oder Bromocriptin eine Alternative und besser Verträglich, allerdings in der Wirksamkeit weniger potent... oder vielleicht doch ein Antidepressiva? Mir hat dieses Medikament wirklich sehr geholfen, jetzt bin ich froh überhaupt nichts mehr nehmen zu müssen, Cabergolin kombiniert mit Escitalopram wäre allerdings mein Plan B gewesen, falls eine OP nicht möglich gewesen wäre...

Prolaktinom und die Auswirkungen auf die Psyche sind leider sehr schlecht erforscht und kaum wissenschaftlich dokumentiert. Deshalb wird es oft von den Endokrinologen ignoriert und findet im Gespräch kaum Beachtung.
Was aber nicht heisst, dass es auch da keinen Zusammenhang geben könnte...
Hast du mit deinem Chef ein schlechtes Verhältnis? Einerseits kann ich dein Wunsch nach Privatsphäre sehr gut nachvollziehen, allerdings könnte jetzt auch der Moment sein, deine Vorgesetzten zu informieren bevor du grössere Probleme bekommst, denn diese schwierige Situation stellt eine zusätzliche Belastung dar und hilft dir auch nicht weiter...

Auf jeden Fall wünsche ich Dir alles Gute und den Mut deine Siutation zumindest bei deinem Arzt anzusprechen, denn mit der Zeit wird es nicht einfacher und der Erholungsprozess dauert länger!
lg amnatou

bläser

Hallo Amnatou,
danke, dass du dir die Zeit für eine Antwort genommen hast. Zur Ergänzung: die verordnete Dosis Dostinex ist eigentlich 9 Tabletten/ Woche, aber derzeit reduziert auf 4/ Woche, da sich der Prolaktinspiegel nicht erhöht. Prolaktinom ist übrigens unter Dostinexgabe eingetrocknet, das hatte ich vergessen zu erwähnen.

Danke auch für deine "Analyse" - wenn ich sie ehrlich reflektive, muss ich zugeben, dass nach 12-jähriger problemloser Dostinexeinnahme wohl etwas anderes ursächlich für die psychische Verfassung sein muss. Werde auf jeden Fall -nach längerer Pause, da ich die Erkrankung zu verdrägen versuche- wieder meinen Endokrinologen kontaktieren. Nochmals danke und auch alles Gute für dich!
lg, bläser

KaSy

Hallo, bläser,
durch Deine Worte, "da ich die Krankheit zu verdrängen versuche" und dass Dostinex wohl nicht die Ursache Deiner psychischen Verfassung sein kann, kam ich auf den Gedanken, dass Du über eine Psychotherapie nachdenken könntest.
Ich selbst habe damit recht gute Erfahrungen gemacht, da bei mir die Operationen auch auf die Psyche wirkten und ich Ähnliches durchmachte und z.T. noch darunter leide wie Du. Bei mir war aber nicht die Hypophyse betroffen, es waren WHO III-Menigeome.
Such Dir unbedingt Hilfe!
Vielleicht solltest Du Dich doch einem Arbeitskollegen oder sogar dem Arbeitgeber anvertrauen. Womöglich belastet Dich dieses Schweigen über die Krankheit, die Dich ja doch aus der Bahn wirft.
Ich kann Dich gut verstehen!
Herzliche Grüße
KaSy

GabrielaV

Lieber bläser, Mein Tip:
Lass dich aus dem Verkehr ziehen und erforsche die Ursachen. Nichts ist schlimmer, als dich immer weiter hineinziehen zu lassen. Solltest du diesem Zustand nicht begegnen können, dann betrachte die großgeschrieben Worte als Leitfaden. Wenn du eine Erwerbsminderung anstrebst, dann lass die Gefühle raus, es ist kontraproduktiv, dir nichts anmerken zu lassen. Auch ein Gutachter kann nur das beurteilen, was er sieht. Ich kann mir sehr genau vorstellen, unter welchen Druck du stehst.
Auch ich kenne diese Problematik sehr gut, wenn ich jetzt aus meiner Geschichte erzähle, wirst du viele Parallelen erkennen, sie soll dir auch helfen, einen möglichen Weg zu finden.
Ich leide an DEPRESSIONEN, die im Zusammenhang mit einer sinkenden Leistungsfähigkeit im Berufsleben stehen. Anfangs hatte ich nur Angst um die Existenz, ich fühlte mich ausgelaugt, müde, kraftlos, und versuchte mit verschiedenen Unternehmungen meine Existenz außerhalb meines Berufes zu sichern, was noch mehr zur Belastung führte. Ich bekam genau dieselben Probleme wie du auf der Arbeit und die Fehler häuften sich. Schuld war eine zunehmende KONZENTRATIONS- UND BELASTUNGSSTÖRUNGEN. Ich wechselte die Stellen wie Unterhemden, kam aber nicht mehr heraus.
Auf der letzten Arbeitsstelle fühlte ich mich gemobbt, ich ließ mich kurzfristig krankschreiben. Nach 14 Tagen versuchte ich es erneut, aber schon nach 3 Tagen, sah ich ein, dass es nicht lief, mein Blutdruck steigerte sich bis in schwindelerregende Höhen und ich nahm die KRANKSCHREIBUNG wieder auf und begab mich in die Hände eines NEUROLOGEN. Als mein Mann 2011 an einem Glioblastom erkrankte und ich vorerst meine letzten Reserven gebündelt habe, brach ich dann völlig zusammen. Als die schlimmsten Etappen (OP,Bestrahlung, beginn der Chemo) geschafft waren, war meine AU fast völlig ausgeschöpft. Ich meldetet mich beim Arbeitsamt, brauchte ja, um weiter Geld zu bekommen, eine neue Arbeitsstelle. Da wurde ich einer Gutachterin vorgestellt, die feststellte, dass ich nicht einsatzfähig war und sie riet mir, mich wieder AU schreiben zu lassen, 3 Monate hatte ich ja noch. Das war mein Glück. Ich beantragte und bekam eine KUR , die allerdings gesundheitlich wenig einbrachte (aber total schön war), ich wurde AU entlassen. Dann wurde ich weiteren GUTACHTERN vorgestellt, die das gleiche befanden und nun bin BERUFSUNFÄHIG und beziehe eine Erwerbsminderungsrente zu 100%, der der TERMIN DES KURANTRAGES zu Grunde lag.
Ich wünsche dir natürlich eine Besserung und dass du wieder uneingeschränkt am Berufsleben teilhaben kannst. Aber wenn das nicht so ist, dann lass dir gesagt sein: ES IST NICHT DAS ENDE DER WELT.
Wichtig ist, die richtigen Schritte in der richtigen Reihenfolge zu tun.
AU >DIAGNOSTIK >KURANTRAG >KUR >GUTACHTEN >BERUFSUNFÄHIGKEIT >ERWERBSMINDERUNG
Dazwischen gibt es immer wieder Auswege.

test12

Hallo bläser,

diskret mit seiner Krankheit umzugehen, halte ich für sehr wichtig. Vor allem die Personalabteilung sollte in einem frühen Stadium nichts davon wissen. Das Heft sollte in Deiner Hand bleiben - egal wie Du vorgehen möchtest.

Ich kenne das Problem, sich nicht mehr richtig konzentrieren zu können. Bei mir sind das aber auch Phasen, die wieder vorüber gehen.

Vielleicht ein allgemeiner Ratschlag: Gibt es etwas, das in Deinem Leben jetzt anders ist, also früher? Dann wäre dies zumindest ein Hinweis darauf, dass es einen anderen Grund haben könnte.

Viele Grüße

Basti

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