Hallo Ihr Lieben,
wie Ihr wisst, ist mein Mann seit Dez. 2012 an einem Glioblastom erkrankt, 2mal operiert und befindet sich seit kurzer Zeit in der Avastin-Behandlung. Es geht ihm gut, er hat nur wenige Einschränkungen, die meisten sind für Außenstehende nicht zu erkennen.
Der Umgang mit dieser Krankheit ist schwer, es gibt tausend Dinge zu regeln, aber dennoch versuchen wir die Zeit bestmöglich zu nutzen und positiv zu gestalten. Wir bekommen viel Unterstützung von Freunden, Nachbarn, Lehrern, Eltern von Freunden der Kinder...
Schwierig finde ich den Umgang mit seiner Familie.
Statt zusammenzurücken und gegenseitigem Haltgeben findet wechselnd so etwas wie ein Betroffenheits-Wettbewerb statt oder es wird die Krankheit ignoriert oder geleugnet.
Obwohl wir versuchen in fast allen Lebensbereichen offen mit der Erkranung umzugehen, dürfen wir unsere Ängste und Sorgen nicht aussprechen. jeder Versuch für schlechtere Zeiten vorzusorgen wird abgewehrt, da dies ja ein "Aufgeben" wäre. Andererseits wird uns nahegelegt, keine größeren Anschaffungen zu tätigen.
Mir wird mitgeteilt, dass ich "ja jung sei und es ja klar sei, dass ich noch einmal heiraten werde" ( Schwester) Es wird aufgerechnet, wer wenn wie lange liebt Zitat : wir lieben unseren Sohn seit 42 Jahren, wie lange liebst Du ihn?", " immerhin verlieren wir unseren Sohn" (Eltern).
Uns wird vorgeworfen, dass wir unsere Angelegenheiten mit Fremden besprechen ( unsere Trauzeugen und nachwie vor besten Freunde)
Da es auch um erbschaftsangelegenheiten geht, will man meinem Mann diktieren, wie er seinen letzten Willen zu regeln hat. Ansonsten droht eine posthume Enterbung ( letztlich der Enkelkinder).
Andererseits kümmern sie sich um nichts! Hilflose Ansätze ( "vielleicht kann man homöopathisch etwas erreichen? Was gemeint ist? Ich kenne mich da nicht aus!")
Keine Fragen, wie es ihm geht, keine Anrufe von ihnen aus.
Ich habe gestern erst versucht mit Ihnen zu sprechen, aber sie wollen über den aktuellen Begandlungsstand und Status der Erkrankung nichts wissen.
Natürlich sind sie betroffen. Natürlich leiden sie. Natürlich springen sie auch kurzfristig ein, wenn es um die Enkelkinder geht.
Natürlich konnten sie ihren Sohn nicht in den Arm nehmen und sagen, wie schrecklich sie alles finden. Natürlich muss ihr Sohn, wenn er ins Krankenhaus gefahren werden möchte rechtzeitig vorher anfragen. Spontan geht nicht oder nur mit Meckerei und Vorhaltungen.
Wenn der Umgang jetzt schon so schwierig ist, wie kann ich dann hoffen, dass es besser wird, wenn die Zeiten wirklich schwierig werden?
Ich weiß, dass vieles von dem, was mein Mann und ich ertragen müssen, Ausdruck von Hilflosigkeit und Ohnmacht sind. Das Verhalten ist überwiegend irrational und Empathie war noch nie so die Stärke.
Psychologische Hilfe wird übrigens rundheraus abgelehnt.
Ich würde mir für meinem Mann, die Kinder und mich einen anderen Umgang wünschen. Unsere Kraft brauchen wir zum Leben und für die positiven Momente, die es zu schaffen gilt, aber diese Grabenkämpfe, das ständige Straucheln, weil mir wieder und wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen werden und das aus der Richtung, aus der ich ( offenbar zu Unrecht) die meiste Hilfe erhoffen sollen dürfte, dies ist unendlich frustrierend und raubt Kraft.
Welche Erfahrungen habt Ihr mit der lieben Familie gemacht? Gibt es Wege, die zur Entspannung der Situation beitragen und bei der Aussöhnung helfen ( auch wenn es von der anderen Seite vermutlich als nicht notwendig betrachtet wird)...
Seid herzlich gegrüßt von Dirlis