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Thema: Umgang mit Tiefpunkten

Umgang mit Tiefpunkten
John[a]
19.10.2003 11:10:36
Liebe "Sonne",

zuerst einmal auch vielen Dank für Deine netten Worte. Deine Frage beantworte ich gerne; ist aber gar nicht so leicht. Umgang mit Tiefpunkten. Tja, wie soll ich das erklären. Wir haben versucht, in den letzten Jahren alles zu besprechen, uns einen Weg zu suchen, mit diesen Tiefpunkten umzugehen. Ich habe ja schon mal gesagt, das uns Rituale geholfen haben. Natürlich haben wir auch Tiefpunkte, und die nicht zu knapp. Das hängt nicht nur mit der Krankheit (körperliche Erschöpfung), sondern auch mit den Rahmenbedingungen zusammen (Beruf, Einsamkeit - wenn wir mal aufgrund des Jobs für ein paar Tage getrennt sind) etc. Bei grossen Problemen versuchen wir diese in aller Ruhe zu besprechen, Alternativen zu suchen, uns klar zu werden, wie "gut" es im Grunde uns es doch geht, wenn man sich Welt und das schlimme Elend auf dieser Erde anschaut. Wir sagen uns immer, es könnte ja auch noch alles schlimmer kommen oder hätte kommen können. Wir setzten uns dann auch schon mal ins Auto, fahren 2 oder 3 Stunden spazieren und reden über alles. Es gibt uns das Gefühl, das wir für uns sind und uns keiner stören kann. Kein Telefon und keine Klingel. Das hilft uns immer.
Viel schwieriger sind die kleinen Tiefpunkte, die ich nicht sofort erkennen kann, aber glaube zu merken. Wir haben eine Regel, die sagt; sofort fragen und nicht warten. Es ist schwer, in einen anderen Menschen hinein zu horchen, doch es hilft, um so sehen wie es ihm geht, in dem ich einfach frage und auch schon mal sage, dann lass dies oder das einfach liegen - kümmer Dich nicht darum und oder jetzt leg Dich hin. Das kommt häufig vor, aber das ist ja mein Job als Ehemann, dann da zu sein. Wir haben uns dies ja mal vor langer Zeit versprochen ....... in Guten wie in schlechten Tagen. Hört sich sicherlich blöd an, aber ich meine das sehr ernst. Denn eine Frage sollte sich jeder nicht an dieser Erkrankung Betroffene stellen; was würde ich mir wünschen, wenn ich daran krank geworden wäre.
Mit der Zeit haben wir viel Übung im Umgang mit diesen Problemen bekommen und sehen während dessen immer wieder den Ursprung vor Augen: "Kannst Du Dich noch an die Zeit nach der OP erinnern? Das war doch schlimm und das haben wir auch geschafft! Also werden wir dieses kleine Problem jetzt auch schaffen. Kopf hoch".
Ich könnte noch mehr dazu schreiben wie jeder aus eigener Erfahrung sicherlich kennt. Aber wir haben für uns gelernt, die Dinge SOFORT in die Hand zu nehmen und nicht wegzulaufen oder auf noch schlimmere Tiefpunkte zu warten.
Ehrlich gesagt, sind wir so sehr glücklich, denn wir reden heute mehr als vor der Krankheit, wo wir vom Job und der Freizeit gestresst waren. Heute wissen wir, was wir vom Leben haben und sind dankbar dafür, das wir es haben.
So, das war eine sehr lange Antwort auf Deine Frage und ich hoffe, ich konnte Dir einen kleinen Einblick geben.

Gruß

John

PS.: Stelle Fragen, die stellen willst. Ich habe keine Probleme damit, diese zu beantworten. Auch das haben wir gelernt, offen und aktiv mit dieser Krankheit umzugehen.
John[a]
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