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toastbrot81

Hallo zusammen,
ich schreibe als Angehörige. Bei meiner Mutter wurden 2 Hirnmetastasen mit Verdacht auf Lungenkrebs festgestellt. Im Sprachzentrum und im Sprachverstehzentrum. Sie hat keine weiteren Behandlung/Therapie/Untersuchung zugestimmt, daher blieb es auch bei CT des Kopfes und CT Thorax. Entscheidung akzeptiere ich.
Durch das Cortison ist das Ödem zurückgegangen und ihr geht es derzeit sehr gut, was mich freut.
Zu kämpfen haben wir "nur" mit der Aggressivität. Ob sie vom Tumor, vom Cortison oder von den 5 Phasen des Todes kommt,weiss ich nicht. Sie verdrängt die Krankheit auch und hat jede Palliativhilfe derzeit abgelehnt.

Kennt ihr das auch? Wie geht ihr damit um?
Für uns Angehörige so schon schwer aber ohne den Palliativdienst haben wir halt auch keine 24h Hotline (als ein Beispiel).

Und noch ne Frage:
Sie hat 1,5 Wochen Cortison genommen und danach selbstständig aufgehört. Jetzt also seit ca 1,5 Wochen kein Cortison mehr. Ich lese in vielen Berichten, dass viele schon nach geringer Dosisminimierung wieder Symptome haben.
Ihr geht es geht. Nicht falsch verstehen, das freut mich. Irritiert mich halt nur und ich versuche das einzuordnen, da unbehandelte Hirnmetastasen ja eigentlich eine sehr geringe Lebenserwartung haben.
Gehts dann wohl von heut auf morgen richtig schlecht oder eher schleichend?


Lieben Dank,
toasti

Prof. Mursch

Solange Ihre Mutter im Besitz ihrer geistigen Kräfte ist, kann man sie zu nichts zwingen.
Man sollte ihr aber sagen, dass, egal welchen Weg sie wählt, dieser mit ärztlicher Begleitung einfacher und erträglicher wird.

Nach nur 1.5 Wochen kann es sein, dass der Kortisonentzug noch keine Probleme macht.
Eine Verschlechterung kann schleichend, aber durchaus auch (z. B. durch einen Krampfanfall) plötzlich eintreten.


Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

toastbrot81

Vielen Dank für die Schnelle Antwort.

Mir liegt es fern, sie zu etwas zu zwingen. Die Entscheidung gegen Therapien verstehe ich absolut.
Ich hoffe nur, dass wir sie vom Nutzen der Palliativversorgung überzeugen können.Sie glaubt leider weder uns noch anderen, dass sie für Palliativversorgung nicht zahlen muss und wird aggressiv, wenn ich versuche ihr das genau zu erklären. Wir kommen da leider derzeit nicht an sie ran. Ich hoffe das ändert sich. ist sie derzeit extrem Und hat Warnvorstellungen. Zu anderen ist sie aber normal. Laienhaft würde ich psychotische Züge sagen.


Eine Frage noch Prof. Mursch:
Es wurde nur CT von Kopf und Thorax/Abdomen gemacht. Biopsie zB hat sie abgelehnt. MRT vermutlich wegen des Metalls im Körper schwer Machbar. Im vorläufigen Arztbrief des KH steht daher "unklare Raumforderung" im Kopf und "hochgradiger Verdacht" auf Lungenkrebs. Der Oberarzt sagte mir aber jedoch, dass es 2 Metastasen sind und wo sie genau sitzen. Falls es theoretisch doch keine wären sondern zB gutartigere Tumoren hätte er es vermutlich nicht so eindeutig ausgedrückt? Wird daher vermutlich schon sehr eindeutig sein?
Sie will halt keine weiteren Untersuchungen sondern normal weiterleben, was ich verstehen kann.
Mich plagen halt dann Fragen wie "kann es doch etwas anderes als Metastasen sein" etc.

Vielen Dank

toastbrot81

Vielleicht eine blöde Frage aber Ohne Palliativversorgung: Wen ruf ich an, wenn Mama einen Krampfanfall oder epileptischen Anfall hat oder plötzlich tumor bedingte Kopfschmerzen?

Notarzt? Oder Hausärztl. Bereitschaftsdienst 116117???

Prof. Mursch

Die Diagnose ist in dieser Konstellation in der Richtigkeit kaum anzuzweifeln. CT ist im Brustkorb nicht dem MRT unterlegen.
Wenn Wahnvorstellungen vorliegen, sollten Sie eventuell einen Psychiater oder Neurologen hinzuziehen.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

toastbrot81

Vielen Dank.
Würden wir gern, möchte sie ja alles nicht. Sie ist nicht krank und braucht keine Ärzte.
Wir hoffen, dass wir vielleicht irgendwann bald doch noch an sie ran kommen. Was anders als warten bleibt uns ja nicht übrig.

Aziraphale

Bei Krampfanfällen den Notdienst. Was man aber auch nicht unterschätzen darf: liegt keine Patientenverfügung vor, können die Ärzte dann alles unternehmen, um das Leben Deiner Mutter zu verlängern. Selbst mit Patientenverfügung sollten die Angehörigen gut über den Willen des Patienten bescheid wissen, um diesen dann auch durchzusetzen.

toastbrot81

Ok danke.
Ja die Verfügung ...... x mal angesprochen. Sie macht das einfach nicht.


Nun ja, Wenn sie in der Verdrängungsphase ist und sie nicht an den Tod denken muss, ist das ok für mich. Auch mit Verwirrtheit komm ich klar.
Aber : sie kriegte bisher ALg1. Ist nun bis Mitte Sep krankgeschrieben. Das sind, den KH Aufenthalt eingerechnet, dann mehr als 6 Wochen. Sie müsste Krankengeld beantragen. Tut sie aber nicht. Ich wollte ihr helfen, aber "Kind, du hast davon keine Ahnung, du warst ja noch nie arbeitslos".
Stattdessen hat sie auf dem Änderungsbogen fürs Amt (den man bei über 6 Wochen krank ausfüllen muss) wohl angehakt, dass sie ab Feb in Rente gehen will. Ansich ja ok. Aber was ist denn jetzt aktuell? Selbst wenn sie ab Mitte Sep sich nicht mehr krankmelden wollen würde, müsste auf dem Antrag ja stehen, dass sie ab dann und dann wieder "arbeitsfähig " ist. Dann würden aber immernoch 2 Wochen fehlen, wo sie eigentlich Krankengeld beantragen müsste.
Ich habe nun immens Angst, dass da eine Lücke entsteht. Zum einen finanziell und zum anderen weiss ich dann aber nicht, wer die Krankenversicherung zahlt, wenn sie weder das eine noch das andere durch ihre Verwirrtheit beantragt. Sie lässt sich null von mir oder Sonst wem helfen, blockt ab und sagt ich hätte keine Ahnung.

Ich hab keinen Plan was ich machen soll.

So in Summe ist sie ja zurechnungsfähig. Normale Gespräche kein Problem. Daher vermute ich mal, dass keiner komplette Unzurechnungsfähigkeit attestiert. Aber bei diesen Sachen hängen Existenzen dran. Das darf sie einfach nicht allein machen.

toastbrot81

Ich fürchte, Mama nähert sich der Regenbogenbrücke.

Sie konnte bis gestern ja vorrübegehend wieder gut sprechen und alles selbstständig machen. Seit heute kein Sprechen mehr möglich und gewohnte Dinge wie Kochen, Handy, Fernbedienung geht alles nicht mehr.
Das Ödem ist wieder gewachsen, was nach Absetzen des Cortisons ja nur eine Frage der Zeit war. Sie möchte kein Cortison mehr. Vielleicht hat Ihre Hausärztin ja mehr Glück dabei, aber mir gegenüber sagte sie "nein". Nun ja, es ist ihre Entscheidung und die hatte sie damals (vor der Psychose) schon im Krankenhaus geäußert. Dass sie zwischenzeitlich vom Palliativdienst doch welches genommen hat, grenzte wohl an ein Wunder. Ich bekomme vermutlich kommende Woche die amtliche Betreuung, auch über Gesundheitsthemen, aber ich werde sie dennoch nicht zwingen.

Na ja, ohne Cortison wird das Ödem vermutlich schnell immer weiter wachsen. Keine Ahnung wie lange ich sie noch habe, aber ich vermute, dass wir nur von Tagen sprechen.

Ich bete und hoffe nur, dass sie einen kurzen Tod haben wird. Ich hoffe sehr, dass ihr Lähmung und bettlägerig ersparen wird. Sie war immer so selbstständig, stolz und hat alles selbst geregelt. Ich möchte ihr gern ersparen, dass sie diese Unselbstständigkeit mitbekommt. Wenn Mama schon sterben muss, dann wünsche ich mir für ihr, dass es ganz schnell geht ... so schwer mir diese Zeilen auch gerade fallen.

toastbrot81

Letzte Woche ging es Tag für Tag super schnell bergab. Sie hatte auch Gedächtnisslücken und wusste nicht, dsss sie die Sprachstörung schonmal hatte. Es ging schneller bergab als beim 1. Mal, wo die Sprachstörungen aufgetreten sind.

Nachdem es ihr Freitag sehr sehr schlecht ging (Schmerzen, kein essen/trinken, kein Schlucken, fast kein gehen mehr, bewusstseinstrübung), hat sie jetzt doch nochmal Cortison bekommen (sie hasst eigentlich Cortison) und ihr geht es wieder etwas besser. Sie hat 3 Tage lang 2x 4mg als Infusion bekommen.

Frage dazu:
ich lese oft, dass Cortison (Dexa) bei Therapie von Hirnmetastasen bzw, des Ödems nur vorübergehend wirkt (angeblich nur ein ein paar Wochen).
Ist das Ödem dann einfach irgendwann "stärker" und selbst hohe Dosen Dexa bringen dann ausser Nebenwirkungen nichts mehr (Sowas wie zuviel/zuoft Antibiotika bei anderen Krankenheiten?) oder woran liegt das?
Bildet es sich dann irgendwann gar nicht mehr zurück?
Jemand Erfahrungen damit?


Habe einfach nur Angst, was uns noch bevorsteht in den vermutlich nur noch wenigen Wochen.

Prof. Mursch

Dexamethason sorgt dafür, dass die Gefäße in Tumornähe weniger Wasser in das Gewebe abgeben, als das bei manchen Tumoren sonst der Fall ist. Dieses "Abdichten" funktioniert nur wenige Wochen, wenn man es nicht zwischendurch mal mit der Gabe unterbricht.
Ausserdem hört die Nebenniere auf, Cortisol zu produzieren, wenn von aussen etwas gegeben wird. Absetzen geht also nach einiger Zeit nicht mehr, man muß Dexa vorsichtig ausschleichen.
Nebenwirkungen (Fettsucht, Infektionen, Diabetes, Muskelschwäche) kommen leider schnell innerhalb von Wochen.


Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

toastbrot81

Vielen Dank für die verständliche Erklärung, Herr Prof. Dr. Mursch.

toastbrot81

Ich muss leider noch eine Frage stellen:

Man liest oft davon, dass man bei unbehandelten Hirnmetastasen eine durchschn. überlebenszeit von 2 Monaten hat.
Woran liegt diese schlechte Prognose? Wachsen Hirnmetastasen so schnell wie zB Glioblastom?

Bei Mama sind es (Stand Ende Juli) zwei Hirnmetastasen vom Lungenkrebs, am Sprachzentrum und am Sprachverstehzentrum laut Arzt. Lunge hört sich laut Arzt aber ok an. Daher wird die vermutlich eher an den Metastasen sterben.
Versteht mich nicht falsch, ich liebe Mama und will gar nicht, dass sie stirbt. Aber sie kann nur noch im Bett liegen ... es würde mir das Herz brechen, wenn sie das noch Monate müsste. Zumindest ist sie jetzt aber im Hospiz gut versorgt.

Prof. Mursch

Dieses Statistik kommt sicherlich durch mehrere Faktoren zustande. Einerseits wachsen viele Hirnmetastasen relativ schnell und können dadurch Ausfälle und auch ein Hirnödem bedingen. Andererseits ist es sehr häufig so, dass Hirnmetastasen Ausdruck einer weiteren Metastasierung im Körper sind.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

toastbrot81

Mama ist gestern für immer eingeschlafen .
Diagnose war 25.7.. Es waren keine 3 Monate, die wir noch mit ihr hatten.

Sie hatte keine Behandlung gewünscht, das haben wir akzeptiert.
Sie hat kurzzeitig Cortison genommen, was ihr nochmal 2-3 gute Wochen gegeben hatte. Sie hasst aber Cortison und hat es dann abgelehnt bis zum Schluss.

Sie hatte natürlich Kopfschmerzen. Die wurden mit Fentanyl Pflaster (50er zuletzt) und bei Bedarf 5mg Morphin Spritze behandelt. Also eigentlich gar nicht eine so hohe Dosierung. Sie war rechts fast gelähmt, was durch die Schwellung gekommen sein dürfte.
Was sie aber Gott sei Dank nicht hatte waren Anfälle, Krämpfe, Übelkeit und Erbrechen.

Die letzten 4 Wochen im Hospiz war sie sehr gut versorgt, man hat uns da viel abgenommen. Wir konnten dann einfach nur für sie da sein - fast jeden Tag mehrere Stunden.

Sie hatte keine Schmerzen und Qualen, als sie gegangen ist - abgesehen von den seelischen Qualen des Loslassens.
Trotzdem war es letztendlich eine Erlösung für sie. Durch die Metastasen und sicher auch dem ödem war sie geistig nicht mehr ganz da, manchmal wie ein Kleinkind. Und doch war es Mama und ich wollre natürlich nicht, dass sie geht...

fasulia

das tut mir leid...
doch ich ziehe auch meinen Hut vor dir (euch) ... es klingt nach einer guten Begleitung trotz der kurzen Zeit die euch blieb .

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