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Thema: Unsicherheit Therapieansatz

Unsicherheit Therapieansatz
Hotzenplotz
15.02.2019 22:30:26
Hallo an alle,
Ich bin ganz neu im Forum angemeldet, jedoch schon seit der Diagnose ein Mitleser :) Ich bin 31 Jahre alt (m), komme aus Hamburg und bei mir wurde Mitte 2017 ein petroclivales Meningeom (WHO-Grad I) diagnostiziert.

Erste Symptome, woraufhin der Tumor entdeckt wurde, hatte ich ab April/Mai 2017 in Form von Doppelbildern. Dementsprechend und aufrund der ungünstigen Lage am Clivus hat man mir nach der Diagnose (ich war am UKE in Hamburg in Behandlung und wurde dort auch biopsiert) zunächst Wait-and-see empfohlen, auch da die Doppelbilder bis Mitte 2017 komplett verschwunden sind.

Mitte 2018 hat sich im ersten Konntroll-MRT allenfalls ein sehr geringeres Wachstum gezeigt. Zu diesem Zeitpunkt war der Tumor in etwa 2 x 3 x 5 cm groß und bedrängte bereits den VI. Sehnerv (daher die Doppelbilder) sowie die Arteria basilaris. Ungefähr zu dieser Zeit sind auch die Doppelbilder zurückgekehrt, die seitdem permanent da sind.

Das UKE hat mir zunächst weiterhin Wait-and-see empfohlen, bei Fortbestehen der Doppelbilder will man jedoch operieren in der Hoffnung je nach Substanz zumindest ein Teil des Tumors entfernen zu können. Ich habe mir dann noch eine Zweitmeinung an der Uniklinik Frankfurt eingeholt. Dort wurde mir aufgrund der kritischen Lage eine Cyberknife Bestrahlung empfohlen, da inoperabel - man würde allenfalls etwas kaputt machen.

Ich stehe nun ein wenig auf dem Schlauch, da die Empfehlungen in so unterschiedliche Richtungen gehen :( Bei einer Bestrahlung würde ich vermutlich erstmal ein geringeres Risiko eingehen. Allerdings bin ich ja noch recht jung (es wird im Netz ja viel über mögliche Spätfolgen gesprochen) und der Tumor ist auch recht groß für eine Bestrahlung, oder? Außerdem weiß ich nicht ob eine Bestrahlung eine spätere OP erschweren könnte (z. B. aufgrund von Vernarbung) oder ist diese Sorge eher unbegründet?

Ich könnte mir auch vorstellen erstmal weiter zu warten, da der Tumor ja recht langsam wächst und ich nach anfänglichem Schock ziemlich gut damit leben kann und er mich psychisch nicht belastet. Oder sollte ich unbedingt etwas unternehmen lassen?

Ich spiele momentan mit dem Gedanken mir eine dritte Meinung einzuholen, in der Hoffnung dass dann eine Tendenz zu erkennen ist, was mir etwas Orientierung gibt. Spricht da etwas gegen? Falls nein, kann mir da jemand eine Klinik empfehlen? Ich dachte an das Charité in Berlin, die Uniklinik Münster oder an Heidelberg.

Entschuldigt, dass ich euch so mit Fragen zu bombardiere und ich weiß natürlich dass ihr keine konkrete Empfehlung aussprechen könnt/wollt. Ich erhoffe mich nur ein wenig mehr Orientierung.
In jedem Falle vielen Dank fürs Lesen, falls ihr solange dran geblieben seid ;)

VG
Hotzenplotz
Hotzenplotz
Efeu
16.02.2019 06:30:31
Hallo Hotzenplotz,

jaa, das ist eine schwierige Frage, denn niemand kann dir sagen, was in Zukunft kommen wird, wie sich der Tumor entwickelt, welche Schäden eine OP hätte und mit welche Langzeitschäden eine Bestrahlung hätte. Jeder Mensch reagiert anders darauf.

Ich denke, du musst AUF DICH hören, deinen Weg gehen, jenen, mit dem bestmöglichst leben kannst.

Medizinische Laien wie wir sind können wir dir seriös keine Behandlung empfehlen.

Für mich ist es wichtig, Ärzte zu haben, denen ich vertraue, denn ich vertraue ihnen letztlich mein Leben an.

Betr. Kliniken kann ich dir keine Auskunft geben, da ich damals in der Schweiz lebte und dort operiert wurde, ich denke, das kommt für dich nicht in Frage. Wenn doch, sag Bescheid.

Ich habe übrigens einen ähnlich gelagerten Tumor, siehe Profil. Hab mich operieren lassen, danach bestrahlen. Es ging nicht mehr anders.....

Heute bin ich dankbar noch zu leben. Mit allen Behinderungen.

Liebe Grüsse,
Efeu
Efeu
Lena333
16.02.2019 07:15:53
Hallo Hotzenplotz,

wie Efeu schreibt, kann Dir diese schwierige Entscheidung wirklich keiner abnehmen; allerdings kenne ich diese Problematik mit den absolut unterschiedlichsten Meinungen der Neurochirurgen.

An Deiner Stelle würde ich nur folgendes bedenken:

- Solltest Du zuerst eine Bestrahlung präferieren, dann wäre zum einen das Risiko. OB diese hilft (oder auch möglicherweise (nur) schadet) und zum anderen wäre - bei Nichtansprechen der Bestrahlung- eine dann spätere OP tatsächlich schwieriger.
Auch ist die Bestrahlung - wegen der Nähe des Tumors zum Sehnerv - nicht immer möglich (bei mir z. B. wurde Cyber und GammaKnife abgelehnt wegen Lokalisation meines Meningeoms direkt am Sehnerv).

- Aufgrund des minimalen Wachstums des Meningeoms könntest Du auch noch mal abwarten, evtl. wächst das Meningeom nur langsam oder gar nicht mehr.


Leider besteht bei Dir aber ja das Problem mit den Doppelbildern. Sollten diese permanent sein, würde ich persönlich an Deiner Stelle tatsächlich zu einer OP tendieren, aber hierfür würde ich mir einen NC suchen, der solche OP`s sehr häufig macht und auch versucht, den Tumor GANZ zu entfernen bzw. zumindest so, dass die Doppelbilder weggehen.

Ist eine extrem schwere Entscheidung, man hat das Gefühl, zw. "Pest" und "Cholera" wählen zu müssen, da man erst im Nachhinein weiß, welche Entscheidung "richtig" war.
Ich wünsche Dir, dass Du diese Abwägung für Dich treffen kannst und vor allem: dass Deine Doppelbilder weggehen.

Alles Gute

Lena
Lena333
Prof. Mursch
16.02.2019 10:35:38
"Solltest Du zuerst eine Bestrahlung präferieren, dann wäre zum einen das Risiko. OB diese hilft (oder auch möglicherweise (nur) schadet) und zum anderen wäre - bei Nichtansprechen der Bestrahlung- eine dann spätere OP tatsächlich schwieriger."

Diese Aussage kann man so nicht stehen lassen. Jedenfalls nach meiner Erfahrung nicht.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
Lena333
16.02.2019 12:16:32
Hallo Hr. Prof. Mursch,

die o.a. Auskunft wurde mir so wörtlich bis sinngemäß von MEHREREN Ihrer neurochirurgischen Kollegen sowie auch von Strahlentherapeuten gegeben; es wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass bei einer primären Bestrahlung eine spätere OP dann äußerst schwierig wäre, von daher wurde mir von einer Bestrahlung als erste Therapieoption immer abgeraten. Eine Bestrahlung wurde von Ihren Kollegen erst als zweite nachrangige Therapieoption angesehen, falls das Meningeom bei der OP nicht vollständig entfernt werden könne.

Ist diese Aussage von mehreren Neurochirurgen (und Strahlentherapeuten) Ihrer Meinung nach nicht richtig?

Vielen Dank für eine Antwort.
Lena
Lena333
Lissie38
16.02.2019 15:19:19
Deine Aussage Lena ist absolut falsch.. Wie Prof. Mursch schon sagt stimmt das absolut nicht. Ich habe mit mehreren Neurochirurgen und Strahlentherapeuten (Cyberknife) gesprochen und habe gar nicht so eine Aussage bekommen.

Ich habe eine Bestrahlung anstatt OP (zum Glück muss ich jetzt sagen) ...der Tumor wird immer kleiner. schon 1 cm kleiner .und eine OP kann immer gemacht werden bzw. kann auch nochmals bestrahlt werden. Wäre kein Problem. So die Aussage von Neurochirurgen und den Ärzten beii Cyberknife da mein Tumor am Sehnerv liegt.

Dies haben mir die Ärzte alle so erklärt, operieren kann man immer. erstmals in meinem Fall mit der Radiochirurgie behandeln und es klappt auch eigentlich immer. War ein Volltreffer bei mir ;)

So die Aussage von mehreren Neurochirurgen und Strahlentherapeuten bei Cyberknife. Die werden es ja wissen. Ich weiß nicht bei welchen Ärzten du warst Lena333 aber du musst zu guten Ärzten gehen die sich genau auskennen.

Bei mir hat die Bestrahlung nach 2 Monaten geholfen, meine Doppelbilder sind nicht mehr vorhanden und auch keine Nebenwirkungen oder Schäden gehabt.


Mir wurde (zum Glück) sofort von einer OP abgeraten und zu einer Bestrahlung geraten weil ich noch so jung bin. So habe ich es dann auch gemacht und alles war richtig.

Bitte den Leuten nicht wenn man keine Erfahrung hat, sowas erzählen

Jeder Arzt sagte mir eine OP kann man jederzeit noch machen ohne Probleme ..brauche ich aber nicht da ja die Bestrahlung super anschlägt und Radiochirurgie ist ja eine OP aber mit dem Strahlenmesser...(sinnbildlich gemeint)
Lissie38
Prof. Mursch
16.02.2019 15:53:27
@Lena 333:

Ich hatte mit Absicht versucht, mich präzise auszudrücken:

"Ist diese Aussage von mehreren Neurochirurgen (und Strahlentherapeuten) Ihrer Meinung nach nicht richtig?"

Ich spreche nicht von Ihrer INDIVIDUELLEN Erkrankung, für die die Aussage der Kollegen durchaus richtig sein kann.

"Jedenfalls nach meiner Erfahrung nicht."
Ich kann nur sagen, dass ich bestrahlte Meningeome operiert habe, ohne dass die Operation dadurch sehr kompliziert wurde. Deswegen können Sie Ihre Aussage so nicht global stehen lassen.




Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
Lissie38
16.02.2019 16:21:48
Genau wie es Prof. Mursch sagt haben mir es alle Neurochirurgen und Strahlentherapeuten auch erklärt.

Operieren kann man jederzeit immer noch- nur muss man es nicht mehr da Gamma knife oder Cyberknife eine OP ersetzt.

Aber jeder Fall und jeder Mensch ist anders, daher kann man nie etwas verallgemeinern
Lissie38
Lena333
16.02.2019 16:39:30
Meine o.a. Aussage ist fast wörtlich zitiert von Aussagen mehrerer Neurochirurgen, deren Namen ich hier nicht nennen will, die jedoch über sehr viel Erfahrung verfügen und absolute "Koryphäen" auf diesem Gebiet sind.
Möglicherweise liegt das dann an meinem individuellen Fall, so dass bei mir eben NACH einer Bestrahlung eine OP nur sehr schwer möglich wäre.
Es wundert mich nur wirklich sehr, da ich diese Aussage ja wirklich mehrfach bekommen habe; meine Ärzte diese Aussage auch nicht allein auf meinen Fall individuell bezogen haben, sondern sogar verallgemeinert ausgedrückt haben; ich denke nicht, dass sich ALLE diese Ärzte irren.

Auf jeden Fall halte ich mich an den Rat dieser von mir konsultierten Neurochirurgen und Strahlentherapeuten und werde auf keinen Fall eine Bestrahlung als Primär- Option angehen.

@Lissie 38: Du hast vielleicht "Glück" gehabt, dass bei Dir eine Bestrahlung möglich war (das Thema hatten wir ja schon), bei mir jedoch ist eine Einzeitbestrahlung schon mal gar nicht möglich w/ der Lokalisation des Meningeoms.

Ansonsten werde ich zu diesem Thema nichts mehr schreiben, ich wollte nur Denkanstösse/ Tipps geben, die mir auch geholfen haben.
Lena333
Xelya
16.02.2019 17:04:40
Hallo Hotzenplotz,

herzlich Willkommen hier im Forum!

Ich habe eine ähnliche Erfahrung gemacht wie Du bei Diagnosenstellung - ein NC riet mir eindeutig zur OP, ein anderer eindeutig zu GammaKnife, aber man könne auch warten, wenn man wolle und etwas "risikofreudig" sei.

Daraufhin habe ich mich mit mehreren NC unterhalten und mehrere Meinungen eingeholt. Mein Eindruck war damals, dass die operierenden NCs eher eine OP empfahlen als zB die bestrahlenden. Das INI in Hannover operiert und bestrahlt (auch mit GammaKnife), da gab es die eindeutige Empfehlung "wait and see".

Die Strahlentherapeuten des UKM in Münster haben keine Aussage bzgl. GammaKnife treffen können, da sie sich damit nicht (ausreichend) auskannten (und MS GK auch nicht anbietet). In Krefeld im GK-Zentrum ging es immer nur um eine GK-Behandlung und nie um eine mögliche OP.

Jeder guckt halt durch seine Brille und mir hat es geholfen, mehrere Meinungen zu haben. Ich habe mich übrigens damals (2005) für "wait and see" und bei deutlichem Wachstum nach einigen Jahren dann für GammaKnife entschieden.

Alles Gute für Dich!
LG Xelya
Xelya
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