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Thema: Unterschied Nekrose oder Rezidiv nach Bestrahlung

Unterschied Nekrose oder Rezidiv nach Bestrahlung
Petra A.
25.01.2004 21:53:38
Hallo zusammen,

wer kann mir sagen, wie lange bei einem MRT verfälschte Aussagen hinsichtlich der Fragestellung, ob ein Rezidiv oder eine Nekrose vorliegt, möglich sind.

Die Daten:
männlich, 71 Jahre, OP 18.09.2003, Bestrahlung mit 33 x 1,8 GY vom 07.11.-23.12.2003, MRT-Bilder vom 23.01.2004

Ab wann gelten die Aussagen eines MRT`s nach dem 23.12.2003 als "sicher"?

Sollte im Zweifelsfall jetzt ein PET gemacht werden?

Vielen Dank.

Petra
Petra A.
PD DR. Mursch
25.01.2004 22:20:02
Auch nach einem halben Jahr sind noch Unklarheiten möglich. Hierzu ein Artikel aus Brainstorm:

"McGirt MJ, Bulsara KR, Cummings TJ, New KC, Little KM, Friedman HS, Friedman AH: Prognostic value of magnetic resonance imaging-guided stereotactic biopsy in the evaluation of recurrent malignant astrocytoma compared with a lesion due to radiation effect. Journal of Neurosurgery 2003 98:14-20

Wenn ein Patient nach Operation eines höhergradigen Glioms bestrahlt wurde, stellt sich in der Folgezeit immer wieder die Frage, was kontrastmittelaufnehmende Bezirke in der Kernspintomografie (MRT) zu bedeuten haben. Die Frage, ob es sich um ein erneutes Wachstum (Rezidiv) oder um eine Veränderung durch abgestorbenes Gewebe (Strahlennekrose) handelt, ist nur sehr schwer zu beantworten.
Die Autoren der oben genannten Studie untersuchten, welchen Wert die stereotaktische Biopsie (nach Bildgebung gesteuerte Probeentnahme über ein Bohrloch) bei dieser Fragestellung hat.
114 Patienten nach Operation und Bestrahlung eines Grad 3 oder Grad 4 Glioms wurden unter der Fragestellung Nekrose oder Rezidiv stereotaktisch biopsiert. Im Mittel waren seit der Operation 11,6 Monate vergangen. Alle Biopsien waren nach MRT Bildern und nach PET Befunden gezielt durchgeführt worden.
57 Patienten hatten eine in der Untersuchung der Probe eine Radionekrose, 57 Patienten ein Tumorrezidiv als Ergebnis der Biopsie. Beide Gruppen hatten sich nur in Bezug auf die vorherige Durchführung einer Chemotherapie (häufiger bei den Radionekrosepatienten) unterschieden. Patienten mit Rezidiv erhielten eine weitere Chemotherapie, ggf eine Operation. Bei Radionekrose wurden Corticosteroide und ggf. hyperbare Sauerstofftherapie, bei Progress eine Operation angeboten.
Die mittlere Überlebenszeit nach Diagnose der Radionekrose war 27 Monate, nach Diagnose eines Rezidivs 7 Monate. Dies zeigt die Bedeutung der Biopsiediagnose für die weitere Therapie und Prognose.
Wenn eine Radionekrose aber innerhalb der ersten 5 Monate nach Bestrahlungsbeginn diagnostiziert worden war, unterschied sich die Überlebenszeit nicht von der bei Diagnose eines Rezidivs. Die Autoren schließen hieraus, dass die Biopsie innerhalb der ersten 5 Monate nach Bestrahlung noch nicht sicher aussagekräftig ist und ein sich entwickelndes Rezidiv wahrscheinlich noch nicht sicher erfasst werden kann.

Kommentar: In nicht wenigen Fällen kann eine Biopsie bei der Fragestellung Tumorrezidiv oder Nekrose nach Bestrahlung für die weitere Behandlung sinnvoll sein. Die hohe Zahl der Nekrosen bei den Biopsien zeigt, dass eine Zunahme der Kontrastmittelanreicherung im MRT nicht immer ein Rezidiv sein muß. Sicherlich kann man aber durch umfassende nichtoperative Diagnostik in einigen Fällen den Eingriff vermeiden."

Was für Konsequenzen würden denn überhaupt aus einem PET- Ergebnis (so oder so) gezogen werden? Wenn keine, dann ist es nicht indiziert.

Gruß

PD Dr. Mursch
Neurochirurgie
Zentralklinik Bad Berka
PD DR. Mursch
Antje[a]
25.01.2004 22:28:59
Hallo Petra, auch ich war sofort nach der Bestrahlung in der Röhre und das sah da ganz komisch aus. Allerdings hat mich der Artikel in der BrainStorm
beruhigt und irgendwie war da auch ein gutes Gefühl. ich kann es nicht beschreiben. Am 20.01.04, also 4 Wopchen nach Bestrahlung war ich nochmal beim MRT und das sah ganz anders aus, nämlich prima. Es war ein deutlicher Unterschied und damit ersichtlich, daß Reaktionen nach der Bestrahlung im MRT wie alles Mögliche aussehen kann.
Ich halte Euch die Daumen! Alles Gute für Deinen Vati.

Grüße Antje
Antje[a]
Petra A.
26.01.2004 21:19:37
Sehr geehrter Herr Dr. Mursch,

vielen Dank für Ihre prompte Antwort. Die schriftliche Stellungnahme des Radiologen zum MRT vom 23.01.2004 sieht folgendermaßen aus:

"Im Vergleich zur Voruntersuchung vom 12.12.2003 wirkt der KM-aufnehmende Bezirk links-temporal im OP-Gebiet dichter, größer und hat tropfenförmige Ausläufer nach ventral (Was ist ventral?). Somit ist diese Kontrastanreicherung nicht mehr postoperativ, sondern als Resttumor zu werten, der jetzt größenprogredient ist.

Laut mündlicher Auskunft des Radiologen ist die Chemo mit Temozolomid nicht wirksam.

Mein Vater möchte an einer Studie mit Glivec/Litalir teilnehmen, die aber auf Primärglioblastome ausgerichtet ist. Vorab ist aber Bestrahlung
Pflicht (ist erledigt) und mindestens 4 Zyklen Chemo. Zur Zeit hat er erst zwei Zyklen um.

Um einen Platz in dieser Studie zu behalten, aber auch zur Abklärung einer weiteren OP halte ich es für dringend erforderlich, sicher in Erfahrung zu bringen, ob hier eine Nekrose oder ein Rezidiv vorliegt.

Wie beurteilen Sie den Sachverhalt nach diesen Informationen?
Wie würden Sie in dieser Situation weiter vorgehen?

Nochmals vielen Dank.

Danke auch an alle anderen, die hierzu etwas beitragen können.

Petra
Petra A.
PD DR. Mursch
27.01.2004 22:09:05
Ohne Ansicht der Bilder kann man sicher nicht viel sagen. Ausserdem sind individuelle Beratungen über das INternet nicht rechtens.
-ventral: vorne, "bauchwärts" gerichtet.
-Ob Temozolomid wirkt, kann man nach 2 Zyklen noch nicht sicher sagen.
-Nach Bestrahlung kann auch eine Radionekrose noch zunehmen.
definitive (oder nahezu) Antwort erhält man mit PET oder Biopsie.
PD DR. Mursch
Petra A.
29.01.2004 00:14:42
Danke Herr Dr. Mursch,

Sie haben meinem Vater sehr geholfen. Wenn es Ärzte wie Sie nicht geben würde, wären die Betroffenen oftmals noch viel hilfloser als ohnehin schon!!!

Alles Beste und viele Grüße

Petra
Petra A.
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