Unterstützen Sie unsere Arbeit für Hirntumorpatienten. Jeder Beitrag hilft.

Jetzt spenden

Andrea1966

Hallo zusammen,

bei meinem Vater (80 Jahre alt) wurde Anfang des Jahres ein Hirntumor festgestellt und im Februar teilweise entfernt - Glioblastom. Danach bekam er Bestrahlungen und Anfang Mai die 2. Chemo. Sein Zustand hat sich innerhalb kurzer Zeit wieder verschlechtert - Sprachstörungen, Gedächtnislücken, Verwirrtheit. Am Montag wurde er als Notfall in die Klinik gebracht und das MRT zeigt einen erneuten Wachstum. Er lehnt eine weitere OP ab oder sie ist nicht möglich. Die Klinik hat die Palliativstation mit eingebunden und mein Sohn hatte mehrere Gespräche gemeinsam mit meinem Vater. Bei einem der Gespräche war auch der Sozialdienst dabei und hat einen Antrag auf Pflegegrad gestellt. Das wollte ich schon nach der OP, aber da hat man gesagt, dass er keinen Pflegegrad erhält.

Ich konnte mich in den letzten Wochen nicht kümmern, da ich wg. meiner Depressionen und Erschöpfung selbst in einer Klinik war. Ich konnte den Aufenthalt unterbrechen und war heute bei meinem Vater im Krankenhaus. Nach 10 min. wäre ich am liebsten heulend raus gelaufen. Er redet zwar, aber er kann keinen Sinn in seine Sätze bringen. Er kann Dinge nicht beim Namen nennen, hat keine zeitliche Orientierung usw.

Von der Palliativstation wurde ihm eine Unterbringung im Hospiz nahegelegt, alternativ Pflegeheim oder 24-Std.-Betreuung daheim, denn alleine leben, könne er nicht mehr. Der Knüller kam dann heute am späten Nachmittag. Da rief die Klinik an und fragte mich, wie die Betreuung für ihn geregelt sei, da er am Samstag entlassen wird. Weder mein Sohn noch ich wussten etwas darüber. Wir sagten, dass das nicht ginge, da er alleine lebt und wir keine Versorgung aus dem Hut zaubern können.

Die Entlassung wurde jetzt auf Montag verschoben, aber dennoch frage ich mich, ob das Krankenhaus ihn von jetzt auf gleich entlassen kann, ohne vorher die weitere Versorgung sicherzustellen.

Morgen versuche ich, alle möglichen Institutionen (Soz.-Dienst der Klinik, Krankenkasse, Pflegeheime usw) telefonisch abzuklappern.

Vielleicht hat ja jemand Erfahrungen und kann mir Tipps geben. Auch wie man sich gegen solch ein Vorgehen wehren kann. Denn die Aussage, er würde ja nicht mehr operiert und nur noch medikamentös behandelt werden, und aus dem Grund kann er nicht mehr stationär bleiben, finde ich in dem Zusammenhang ziemlich hart.

Danke und liebe Grüße
Andrea

KaSy

Liebe Andrea,
Hat Dein Vater eine Betreuungsverfügung oder Betreuungsvollmacht für jemanden geschrieben, dann würde diese Person dann tätig werden müssen, wenn er rechtlich/juristisch nicht mehr zurechnungsfähig ist.
Ich denke, das ist noch nicht der Fall.
Und wenn es der Fall wäre, dann träfe das erst dann zu, wenn die Klinik nicht mehr zuständig ist.

Momentan ist er in der Obhut der Klinik. Sie sind derzeit für ihn vollständig und versicherungsrechtlich verantwortlich. Sie dürfen ihn nicht entlassen, ohne selbst dafür gesorgt zu haben, dass eine Anschlussbetreuung und eine seiner derzeitigen Lebensqualität angepasste medizinische und Alltagsversorgung gesichert ist.

Der Sozialdienst der Klinik muss alles dafür tun, damit Dein Vater mit dem Zeitpunkt seiner Entlassung vollkommen abgesichert ist.

Sie wissen, dass er allein lebt.

Du bist nicht in der Lage, für ihn zu sorgen und da Du derzeit stationär in einer Klinik bist, darfst Du rechtlich gar nicht dazu ermuntert und schon gar nicht verpflichtet werden, das alles für ihn zu organisieren. Du darfst nicht einmal in der Klinik anrufen. Selbst wenn Du normal zu Hause sein würdest, bist Du dafür rechtlich nicht zuständig.

Dein Sohn, also der Enkel Deines Vaters, ist auch zu keiner solchen Aufgabe verpflichtet.

Dass Ihr beide das trotzdem tut, ist natürlich sehr lieb im Interesse Deines Vaters, aber rechtlich habt Ihr diese Pflicht nicht.


Ich habe selbst mehrfach Entlassungen in einem Zustand erlebt, wo ich (allein lebend) nicht völlig selbstständig für mich sorgen konnte und medizinische Hilfe benötigte.
Die Klinik entließ mich nicht, ohne dass der Sozialdienst alles Erforderliche geregelt hatte.
Er nahm persönlich telefonisch Kontakt mit Pflegediensten in meiner Nähe auf und versicherte sich, dass die erforderlichen Leistungen auch erbracht werden würden. Eher wurde ich nicht entlassen.

Meine Verwandten wurden durch die Klinik nicht einbezogen. Natürlich war dort bekannt, dass ich Eltern, Geschwister, erwachsene Kinder habe, aber da ich allein lebe, zählt nur das.

Der Sozialdienst hat viele Möglichkeiten, die Du und Dein Sohn gar nicht alle kennen könnt. Sie haben jede Menge Kontaktmöglichkeiten auch für Zwischenlösungen, z.B. falls es in der am bestem geeigneten Unterbringungsform noch keinen Platz gibt.

Sage dem Sozialdienst am Telefon deutlich, dass die Klinik für die Folgeversorgung zuständig ist.


Dass diese Versorgung danach durch Euch angeschaut werden sollte, ist ratsam.

Bei mir war der Frau vom Sozialdienst von der Pflegedienstleitung per Telefon (in meinem Beisein) zugesagt worden, dass auch eine Haushaltshilfe erfolgen würde. Das geschah erst aus rechtlichen Gründen nicht, aber das konnte ich innerhalb eines Tages telefonisch mit der Krankenkasse klären. Dann dauerte es aber zwei Wochen, bis der Pflegedienst endlich organisierte, dass für mich eingekauft wurde. Ohne meine Verwandten wäre ich vermutlich verhungert.
Das schreibe ich nur, weil die Realität anders sein kann als das Versprechen am Telefon.
Du erlebst das ja gerade in einer verschärften Variante.


Natürlich habt Ihr den Vater, Opa lieb, aber es kann keiner von Euch verlangen, Eure Wohnungen in einem Tag so umzubauen, dass ein schwerkranker Mensch dort mit einer 24-Stunden-Pflegebetreuung einziehen kann.
Ein Pflegeheim oder ein Hospiz hat nicht von jetzt auf gleich einen Platz, ganz abgesehen davon, dass Ihr ja gar nicht wissen könnt, wo es derartige, für den Vater geeignete, Einrichtungen gibt.

Ich wünsche Dir eine gewisse "Härte" beim Sozialdienst, ansonsten rufst Du die Klinikleitung an.
Es wird nicht einfach.
KaSy

KaSy

Noch was:
Dein Vater hat das Recht, mit einem von der Krankenkasse finanzierten Transportmittel (je nach Gesundheitszustand Krankenwagen, Taxi) zu seiner Wohnung oder einem anderen geeigneten Ort gefahren zu werden. Das muss die Klinik organisieren.
Vielleicht möchtet Ihr ihn gern abholen, aber rechtlich seid Ihr dazu nicht verpflichtet.

Falls sich die Klinik stur stellt und ihn doch ohne Anschlussversorgung entlassen will, solltet Ihr ihn nicht abholen.

Da vermutlich ein Krankenwagen genutzt wird, muss der Fahrer dafür Sorge tragen, dass der Patient sicher und versorgt "abgegeben" wird. Das wird er in der Wohnung des Vaters nicht können.

Ich hoffe natürlich, dass es nicht so weit kommt, aber es ist schon erschreckend, was die Klinik einem Schwerkranken zumuten will, so wie Du es geschrieben hast.

Bleibt der Klinik gegenüber freundlich bestimmt hart.
Eurem Vater hilft das.
Er wird all Eure Liebe jetzt und danach erfahren und spüren.

KaSy

Andrea1966

Liebe KaSy,

danke für die schnelle Antwort, du hast mir wertvolle Tipps gegeben. Ich werde mich gleich mal an Telefon hängen und mich überall durchfragen usw.

Liebe Grüße
Andrea

Kasi74

Hallo Andrea
wie ist es denn weitergegangen? lg

Andrea1966

Hallo KaSi,

ich hatte nach dem Feiertag in der Klinik angerufen und sowohl mit dem Prof als auch der Palliativstation gesprochen. Die waren dann etwas entsetzt, vor allem da die Aussage, der Tumor sei gewachsen nicht zutraf.
Der Sozialdienst organisierte dann einen Platz in der Kurzzeit-Pflege und dort war er zwei Wochen und kam dann ins Hospiz. Dort ist er gut aufgehoben.

Die Klinik hat dann aber noch einen Bock geschossen, denn anstatt ihn mit Krankentransport ins Pflegeheim zu bringen, bekam er einen Taxischein und dort stand seine Heimatadresse drauf. Durch Zufall kamen mein Sohn und ich kurz nach ihm dort an, wir wollten noch Sachen für ihn holen.

Ich war von seinem letzten Aufenthalt nur entsetzt und hatte dann auch eine Beschwerde geschrieben, auf die ich auch Rückmeldung erhielt.

Liebe Grüße
Andrea

Kasi74

ah ok, danke Andrea.
das ist ja krass....mein Schwager hat ähnliches erlebt als meine Schwester die einen Glioblastom rezidiv hat für ein paar Tage ins KH sollte wo auch ein MRT gemacht werden sollte. Nach Arztabsprache. dieser wurde vergessen /für nicht nötig befunden von anderem Arzt. Somit nicht gemacht. Kleidung nicht richtig gewechselt (bei der Abholung hatte sie die Sachen vom ersten Tag wieder an komplett...), scheinbar keine Hygienemaßnahmen. Medikamente ohne Anleitung mitgegeben (meine Schwester kann nicht mehr selbst entscheiden), die Namen dann erst auf Nachfrage auf einen Schmierzettel geschrieben und mitgegeben.
Um es kurz zu halten.
Der Arztbericht kam jetzt genau 2 Wochen nach der Entlassung per Post auf einem Freitag Nachmittag und war sehr fantasiereich...ihre persönlichen Daten und der Einlieferungstag stimmten....sonst alles nett ausgedacht. Mein Schwager hat nun auch Beschwerde eingereicht.

Mit dem Pallitativ-Netzwerk hier läuft es ganz gut allerdings.
lg

KaSy

Liebe Andrea1966 und Dein Sohn,
liebe Kasi74,
Ihr habt das sehr gut und konsequent durchgezogen bis hin zur Beschwerde bei der Klinikleitung.

Natürlich ist es für die Pflegekräfte nicht immer leicht, aber die Ärzte haben eine große Verantwortung, die sie komplex auch wahrzunehmen haben - für ihre Patienten und in deren Interesse für alle Tätigkeiten des Pflegepersonals, den Sozialdienst, die Zusammenarbeit mit den anderen Fachbereichen der Klinik, den Arztbericht.
Auf die Korrektheit der leitenden Pflegekraft ihrer Station müssen sie sich verlassen können.

(Den Taxischein statt Krankentransportschein "nach Hause" statt an die richtige Adresse hat die leitende Pflegekraft ausgestellt, aber der Arzt hat ihn - unkontrolliert - unterschrieben.
Der Medikamentenplan gehört in den sofort mitzugebenden Arztbericht, wenn nötig, muss ein vorläufiger und am Computer hergestellter - lesbarer - Bericht mitgegeben werden. Der Patient ist doch auf die Medikamente angewiesen. Bis zu einem möglichen Hausarztbesuch muss die Klinik ausreichend viele Medikamente mitgeben.
Den Patienten, die unbedingt Hilfe brauchen, muss bei der Körperpflege und beim Umkleiden geholfen werden, das muss die leitende Pflegekraft kontrollieren.)

So etwas kann passieren, darf es aber nicht. Und dafür ist die Klinikleitung da, um rasch oder immerhin später einzuschreiten. Selbst wenn es dem Patienten persönlich nicht mehr hilft, ist es für die Klinik und auch für das eigene Gewissen sehr wichtig.

Persönlich habe ich es aber auch schon erlebt, dass ich auf einem dieser Meinungszettel an die Klinikleitung nach einigen lobenden Inhalten mitteilte, dass während des 14-tägigen Aufenthaltes nie die üblichen postoperativen Fragen nach Schmerzen, Stuhlgang, Temperatur gestellt wurden und demzufolge z.B. die Schmerztherapie unzureichend war, ich sieben Tage keinen Stuhlgang hatte. Vier Tage nach der Entlassung musste ich zu erneuten Operationen wieder in diese Klinik und war entsetzt, dass der Professor, der das alles (inklusive der weiteren OPs) zu verantworten hatte, MIR vorwarf, mich über die Schwestern beschwert zu haben. Da müsste man schon "ein hartes Fell" haben, hat man aber nach und vor Operationen nicht.

Trotzdem ist die Information von Lob (!!) und Missständen an die Klinikleitung immer richtig.
KaSy

Antworten nur für eingeloggte Benutzer möglich

Nur angemeldete Nutzer können eine Antwort erstellen. Bitte loggen Sie sich ein oder erstellen Sie einen Account.