Hallo liebe Forenmitglieder!
Ich bin seit Mitte Juli stiller Mitleser und habe mich gestern dann endlich registriert, weil ich das Gefühl habe, mich hier wenigstens mal ausreden zu können.
Mein Vater wird in ein paar Tagen 72. In der letzten Juniwoche ist er zuhause gestürzt, hat es verheimlicht und ist eine Woche drauf zu Ferienbeginn mit meiner Schwester und seiner Frau nach Griechenland geflogen. Dort ist er ebenfalls öfter umgefallen, was nicht mehr zu verheimlichen war. Irgendwie haben sie die Woche durchgedrückt, was für alle nicht schön war. Für die Rückkehr nach Wien wurde schon eine Rettung nötig, die ihn ins nächste Krankenhaus brachte mit Verdacht auf Schlaganfall.
Dann die Diagnose Raumforderung mit Verdacht auf Hirntumor, sofort ins nächste Krankenhaus und dort Operation. Das ging recht flott und es wurde größtenteils alles entfernt. Nach 10 Tagen wurde er heimgeschickt und die drei Tage, die er zu Hause war, ist er jeden Tag gestürzt und hat sich wehgetan. Daraufhin wieder ins KH, das dritte, wo sowieso eine Woche später die Chemo- und Strahlenterapie startete.
Dort ist er noch und hätte eigentlich 6 Wochen diese Therapie machen sollen. Er ist aber seit Anfang an schwerst depressiv und kann seinen jetzigen Zustand so gar nicht akzeptieren. Vor einer Woche hat er beschlossen, sich zu weigern, weiter Physio-, Ergo- und Psychotherapie zu machen, weil es in seinen Augen nichts besser mache. Es reicht ihm nicht, dass es wenigstens nicht schlimmer wurde (Hemiparese links, er kann sich dazu noch vor Schwäche nicht mal allein im Bett aufsetzen).
Leider zwei Tage später Abbruch der ChemoStrahlenTherapie weil seine Blutwerte so schlecht sind, das war vor ca. einer Woche. Dann haben sich vorgestern seine Werte so stark verschlechtert (die Ärztin sagte er hat keine Blutplättchen? Leukozyten? was auch immer mehr), dass er in Quarantäne kam und Besucher Schurz und Maske bekommen.
Leider ist mein Paps 300 km entfernt von mir und ich kann ihn nur alle zwei Wochen besuchen, ich bin selbst mit Behinderung seit langer Zeit Invaliditätspensionist und habe auch einen 9jährigen Sohn mit ADHS. Vor ein paar Jahren habe ich mich vom Vater meines Sohnes getrennt und lebe seitdem im Haus meines Vaters, da er selbst bei seiner Frau wohnt und das Haus sollte wohl mal an seine Kinder - meine Schwester und mich - vererbt werden. Das wird nun wohl nicht mehr passieren, weil Papa keine Zeit mehr haben wird, seine Angelegenheiten zu regeln und hier wäre viel zu regeln.
Mir ist das Herz so schwer, habe Angst um meinen Papa, mit seiner Frau habe ich ein eher unterkühltes Verhältnis, ich bekomme keine Infos, habe mein eigenes kompliziertes und finanziell sehr knappes Leben und jetzt noch Angst dass er jetzt wieder geht, wie schon nach der Scheidung von meiner Mutter, und uns einfach mit allem sitzenlässt.
Ich würde so gerne einmal ein offenes Gespräch mit ihm führen, aber das würde ihn sehr verletzen. Er macht sich vor, dass wir uns alle lieb haben und eine große glückliche Familie sind, weil wir uns alle so um ihn sorgen.
Soll ich einem zum Tode verurteilen die Wahrheit sagen? Oder ihm was vorspielen? Ich bin so hin- und hergerissen, wenn es Papa noch schlechter geht kann ich gar nicht mehr reden mit ihm und geklärt wird auch nichts. Unser Leben wird aber weitergehen, ich muss an mein Kind denken, und wenn dann auch noch eine Zeit der Trauer ist, die sicherlich kommen wird, bekommen wir dann gar nichts mehr auf die Reihe ...
Wie geht es anderen Angehörigen damit, wenn so viel geklärt werden müsste ... schonungslose Aufklärung? Rücksichtnahme? Es ist so schwer sich zu verstellen.
So erstmal viel zu lesen, vielleicht etwas durcheinander. ich freue mich jedenfalls, dass ich mir das von der Seele schreiben konnte.
Alles Liebe euch allen! - girlie72