Hallo, ich bin neu hier im Forum.
Bei meinem Vater (61 Jahre) wurde Anfang April ein Glioblastom diagnostiziert. Für mich als Sohn, aber auch für meine Mutter und meinen jüngeren Bruder, ist das ein schwerer Schock. Wir waren immer eine Familie aus uns vieren (und Hund), da meine Eltern mitte der 80er aus Polen nach Deutschland kamen und der Rest der Verwandschaft in Polen geblieben ist.
Ich habe bisher keine eigene Familie gegründet und so habe ich einen sehr engen Draht zu meinen Eltern, daher wiegt die Krankheit meines Vaters auch entsprechend schwer für mich, da ich ihn fast jeden Tag meines Lebens sehe. Ich tue mir daher mit der Diagnose sehr schwer und habe da nicht so den Abstand, den vielleicht andere erwachsene Kinder zu ihren Eltern haben.
Aktuell sieht es so aus, dass mein Vater kurz nach der Diagnose im April operiert wurde. Der GB wurde zu 90% entfernt. Der Tumor sitzt hinten Links und entsprechend schränkt er die rechte Körperseite meines Vaters stark ein. Natürlich ist er seit der Diagnose nicht mehr arbeitsfähig und somit kommen demnächst mein Bruder und ich größtenteils für die Kosten auf, was aber kein Problem ist.
Nach der OP begann eine er eine niedrigdosierte Chemotherapie und eine mehrwöchige Strahlentherapie. Die ersten Wochen waren auch Fortschritte zu erkennen, er fing wieder, an besser zu gehen. Er stellte mit Hilfe meiner Mutter seine Ernährung um, und wir waren alle guter Dinge, dass er den Krebs besiegen könnte. Er hatte auch keine kognitive Ausfälle, er war nur manchmal schneller erschöpft. Doch im Laufe der Therapie wurde er immer schwächer, die Mobilität begann zu Leiden. Wir dachten alle, dass hängt mit der Bestrahlung zusammen. Nachdem die Bestrahlung zu Ende war, war er bei der Ärztin im Gespräch und schilderte seinen zunehmend schlechterwerdenden Zustand. Die Ärztin veranlasste ein MRT. Dieses stand am Mittwoch an und am Donnerstag kam heraus, dass der Tumor trotzt Bestahlung und Chemo nicht kleiner geworden oder gar gleichgeblieben ist, sondern das er wieder größer geworden ist und anscheinend anfängt sich in gesundes Hirngewebe einzunisten. Die Ärztin gibt meinem Vater nur noch wenige Monate.... Die Ärztin meinte noch vor der Bestrahlungstherapie, dass die durchschnittliche Lebenserwartung heute bei 3-4 Jahren liegt. An diesem Zeitlimit hat sich mein Vater orientiert und war sehr zuversichtlich.
Für mich, meine Familie und meinen Vater ist das eine dermaßen niederschmetternde Diagnose. Ich habe mich von meiner Arbeit freistellen lassen und war auch Freitag nicht arbeiten, da ich einfach nicht in der Lage war mit dieser Diagnose umzugehen. Das ist sowas was man immer hört, aber sich nie vorstellen kann. Es ist einfach schrecklich und ich fühle mich so machtlos, jede Erinnerung an meinen Vater tut weh. Einfach weil die Erkenntnis in mir reift, dass das einzige sein wird, was von meinem Vater bleiben wird. Bisher war das Jahr eine totale Katastrophe für meine Familie. Vor wenigen Monaten sind meine Großeltern gestorben, vor ein paar Wochen verstarb überraschend mein Onkel auch erst im Alter von 60 Jahren. Die Erkrankung meines Vaters, hat ihn stark mitgenommen, da beide sich seit der Jugend kannten. Und jetzt scheint es als habe der Tod meinen Vater als nächstes auf seiner Liste....
Ich weiss, dass sein Tod kommen wird, aber ich versuche mittlerweile nach Möglichkeiten zu suchen um es hinauszuzögern, solange er ein einigermaßen selbstbestimmendes Leben führen kann. Er hat immer hart und viel gearbeitet und mir und meinem Bruder eine gute Zukunft ermöglicht, sowie sich und meiner Mutter ein gutes Leben in Deutschland ermöglicht. Er hatte soviele Pläne, so hatte er kurz vor der Diagnose den Kredit für sein Haus abbezahlt und plante seinen Lebensabend mit meiner Mutter gemeinsam zu verbringen und mit meinem Bruder und mir seine Oldtimer zu restaurieren. Mein Vater ist seit der Diagnose absolut desillusioniert. Ich hätte mir gewünscht, er hätte das Ergebnis nie erfahren. Seine Traurigkeit macht auch mich sehr traurig. Ich würde ihm 10 meiner Lebensjahre geben, damit er sie genießen kann. Langsam fange ich wieder an eine Art Zweckoptimismus zu entwickeln. Denn Aufgeben will ich ihn noch nicht. Im Moment geht das noch, mein Vater kann noch auf eigenen Beinen stehen, aber beim Gehen ist er auf eine Gehstütze oder eben Hilfe von eines unserer Mitglieder angewiesen. Er hat keinen Hunger mehr und vom Trinken wird ihm meist etwas schlecht. Er schläft viel und ist oft stark erschöpft. Ich weiss nicht wieviel davon vom Tumor kommt und wieviel davon die Nachwirkung der Bestrahlung/Chemo ist. Die Bestrahlung hat er vor etwa 2 Wochen beendet.
Die Option für meinen Vater wäre es eine "aggressivere Form" der Chemotherapie zu beginnen. Eine andere wäre die Behandlung mit der Elektrohaube zu beginnen. Allerdings sind da Zweifeln (wohl auch von der Ärztin), ob dies in diesem Stadium helfen kann. Mein Vater ist sich wegen der Chemotherapie nicht sicher, da er nicht weiss, wie groß die Heilungschance ist. Ich ermutige ihn es ein letztes mal zu versuchen, solange er noch die Kraft hat.
Das Ziel sollte es meiner Meinung sein, das Wachstum des Tumors für ein paar Monate (am besten Jahre) außer Kraft zu setzen, damit wir ihm ein schönes Restleben ermöglichen können und viele Sachen, wie zB die Restauration der Oldtimer, nachholen können.
Kritik muss ich auch ein bisschen an das Krankenhaus üben, das meinen Vater eher wie eine Nummer behandelt und nicht wirklich auf die Bedürfnisse des Patienten eingeht. Ich verstehe ja, dass die Ärzte da einer Belastung ausgesetzt sind, aber hier war mein Vater während der Chemo/Bestrahlung in medizinischer Hinsicht, auf sich alleingestellt. Keine beratende Unterstützung durch die Ärzte, nur am Anfang und am Ende der Therapie einen Termin. Die Ärzte konnten oder wollten meist auch nicht sagen, ob mein Vater mit einer Umstellung der Lebensumstände wie Essen und Bewegung seine Chancen verbessern kann oder nicht.
Wenn irgendjemand Tipps oder Empfehlungen für Ernährung oder Bewegung oder medizinische Verfahren kennt, wie man ihm einen Teil der Mobilität zurückgeben kann, so wäre ich sehr dankbar. Gerne auch über private Nachricht.
Ich bedanke mich vorab. Liebe Grüße
Marcin