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Kokopelli

Hallo,

vor ca. 2 Monaten wurde bei meinem Freund (33 J.) ein Glioblastom (4 x 4cm) vorne links festgestellt, es hatte schon gestreut und wurde nun raus operiert. Er macht derzeit eine Bestrahlungs- und Chemotherapie.
Ich ( 26 J.) habe ihn während der ganzen Zeit ganz alleine ausnahmslos begleitet, doch erst vor kurzem realisiert/verstanden, dass er daran sterben wird. Das hat mich umgehauen!
Ich habe mich zwar an einen Psychologen gewandt, doch hoffe ich hier von Menschen einen Rat zu bekommen, denen es genauso geht.

Wie geht man damit um, dass man plötzlich eine andere Sicht auf das Leben, auf das Wesentliche hat und wie vermeide ich, dass ich mich isoliere? Ich kann mich nicht mehr mit gewissen Menschen (in der Uni) umgeben, die so "unreif" sind und das alles nicht verstehen und nachvollziehen können, die sich über Kleinigkeit aufregen und einfach über ihn und mich hinwegsehen (man muss dazu sagen, dass wir zusammen in einem Semester studieren, d.h. alle meine Kommilitonen kennen ihn!!!!) Ich kann es einfach nicht. Ich habe gestern in einer Situation richtige Wut und Unverständlich gegen jemanden empfunden!

Wie geht ihr mit "der Öffentlichkeit" um?

Ich danke euch vielmals!!!

alma

So ist es leider. Viele verstehen nicht, was das bedeutet oder wollen es nicht verstehen. Das kommt selbst in der Familie vor. Oder in der Ehe.
Du fragst, wie du es vermeiden kannst, dich zu isolieren. Isolation ist vielleicht zu hart. Rückzug gefällt mir besser. Du kannst andere nicht dazu bringen, dich in deiner Lage zu verstehen. Nur, wenn die innere Bereitschaft da ist, geht es. Ich würde meine Kraft damit nicht vergeuden, mich denen verständlich zu machen, bei denen kein Verständnis zu holen ist. Wenn du dich auf dich selbst und die, die dich unterstützen wollen, zurückziehst, fährst du bestimmt besser. Und professionelle (psychoonkologische) Hilfe ist auch gut.
Alma.

DerAngehörige

Ich stimme dem vorherigen Beitrag zu. Meine Frau (52) hat auch ein Glioblastom und so direkt als Angehöriger mit betroffen zu sein ist schwer. Andere, wie Familienangehörige, Freunde oder Arbeitskollegen die noch nichts mit einer solchen Situation zu hatten können das nicht nachempfinden. Bei manchen Ratschlägen oder Tipps fragt man sich dann schon ob der Andere überhaupt nachgedacht hat. Ein Beispiel: Aufgrund des ausgestellten Schwerbehindertenausweises könnten wir doch ein neues Auto kaufen, denn da bekommt man als Schwerbehinderter noch mal extra Vergünstigungen. Diesen „Ratschlag“ an jemanden zu geben der aufgrund seiner Erkrankung nicht mit dem Auto fahren darf und eigentlich ganz andere Sorgen hat... ich weiß nicht.
Aber auch mit solchen Sachen muss ich zurechtkommen.
Auch ich habe zu Anfang verschiedene Gespräche geführt und bin gleich in eine Gruppe von Angehörigen Krebskranker gegangen. Am Anfang hat mich die Situation auch fast überfordert und erst so nach und nach habe ich realisiert was eigentlich los ist.
Aufgrund der Hirnschäden hat sich auch das Verhalten und Wesen meiner Frau geändert und ich habe auch jetzt nach 20 Monaten immer wieder Situationen wo ich nicht weiß was ich machen soll.
Aus den ganzen Beratungsgesprächen haben sich einige Kontakte ergeben mit denen ich regelmäßig spreche und das empfinde ich als große Hilfe.
Und auch bei der Familie, den Freunden und Kollegen hat sich die „Spreu vom Weizen“ getrennt. Ich muss aber auch gestehen, dass ich im Rückblick früher auch sicherlich die eine oder andere falsche Bemerkung gemacht habe. Da denke ich mir bei der einen oder anderen Bemerkung meinen Teil und lass es gut sein.
So blöd das klingen mag, aber man muss auch an sich selber denken, dies wurde mir bei den Beratungsgesprächen gesagt, und das ist nicht leicht.
Aber ich denke Du wirst auch entsprechende Hilfe und Unterstützung finden.

Kokopelli

Danke für eure Worte!

@Alma: Ja, ich muss jetzt einfach versuchen mich nur auf die Menschen zu konzentrieren bzw. zu umgeben, die mir gut tun. Ich habe genug Sorgen, mit denen ich derzeit umgehen muss, da habe ich nicht auch noch die Kraft mich über so Leute zu ärgern.
Ich weiß nur nicht, wie ich das solchen Menschen "klar machen" kann/ soll, ohne mein Gegenüber zu verletzen oder zu verärgern. Aktuell ist die Situation bei 2 Kommilitonen, mit denen ich gestern und heute jeweils mehrere Stunden zusammen gearbeitet habe. Ich versuche so normal wie möglich zu sein, bin aber dennoch sehr zurückhalten und merke wirklich, wie ich z.B. den direkten Augenkontakt vermeide. Ich komme mir dabei so blöd vor. Aber ich merke, dass ich eine innere Sperre habe und einfach nicht anders kann.
Ich überlege grade, ob das vielleicht alles was ich momentan durchmache, mein Körper von ganz alleine regelt. Ich bin oft überrascht was der Verstand von selbst macht. Womöglich ist dieser Prozess, den ich beschrieben habe, eine Art Selbstschutz!?!?!?
Ich muss einfach versuchen den Zeichen meines Körpers (Bauchgefühl u.ä.) zu folgen... das kann so falsch doch nicht sein.
Denn darüber nachdenken macht mich wahnsinnig. Es stellen sich mir so viele Fragen, wirklich tiefgründige Fragen des Lebens, dass ich mich fast schon schäme davon zu erzählen, weil ich mir mit meinen 26 Jahren so albern dabei vorkomme.

@DerAngehörige:

Die Wesensveränderung kam bei ihm auch ganz schnell. Nur 2 Tage nach der Diagnose wurde eine Biopsie gemacht, wonach er wie "dement" war. Verwirrt, hatte Sprachstörungen, war vergesslich und BÖSARTIG! Das trieb mich in den Wahnsinn, sodass ich täglich bitter weinend aus dem Zimmer im KH gestürmt bin und mich auf dem Flur aus heulen musste. Er war so streitsüchtig, verstand so vieles nicht, aber machte mir Vorwürfe: "Also entweder du oder die Ärzte, oder ihr beide lügt!" .... ich könnte 1000 Beispiele nennen.
Er erkennt aber nicht, dass sein Wesen verändert ist. Er weiß nicht, dass er oft etwas anderes sagt, als sein Gehirn denkt. Deshalb ist er davon überzeugt, dass ICH IHN wahnsinnig machen will und ihm Blödsinn erzähle.
Ja, dass ich auch an mich denken muss, bekomme ich oft zu hören. Je öfter ich es höre (und v.a. je öfter es Menschen sagen, die Ahnung vom Leben/ der Krankheit oder einer solchen Situation haben), je eher kann ich das auch annehmen. Am Anfang dachte ich nur "Ach erzähl du nur, so ein Schwachsinn. Ich kann doch nicht einfach weiter machen und zurück in mein Leben". Doch das sagt mir jeder. Das Leben geht weiter, auch wenn er nicht mehr da ist. Klar sagt mir mein Verstand, dass das stimmt.... aber meine Emotionen lassen eine solch rationale Enscheidung nur sehr schwer zu.
Ich erwische mich, dass ich mich schlecht fühle, wenn ich lache. Ich gehe seit wochen nur noch ungeschminkt aus dem Haus, weil ich nicht gut aussehen will/kann. Obwohl ich WEIß, dass es dem Kranken NICHTS bringt! Er hat davon nichts! Aber ich kann es momentan noch nicht ändern!

Vielen Dank nochmals für eure Worte!



Christina

Hallo.
Also meine Tochter hat mit 23 J. die Diagnose Glioblastom, Tennisballgroß vorne rechts erhalten. OP war vor 2 1/2 Jahren am 21.12.2009... und Sie lebt ohne diesen Monstertumor sehr gut und studiert jetzt wieder. Unser Ziel heißt: Die Statistik besiegen... und so schnell stirbt es sich eben nicht. Dein Freund, meine Tochter sind jung genug, um das Ganze gut zu überstehen. Und ich glaube ganz fest daran: die Zeit und die Forschung werden uns eine Hilfe sein. Meine Tochter ist vor wenigen Tagen 26 geworden. Wir leben jetzt viel bewußter und intensiver. Und auch meine Tochter stellte schon fest, dass sie mit Ihrer Tumorerfahrung einen außergewöhnlichen Erfahrungschatz gemacht hat und andere Mitstudierende mitunter zu kindisch auf sie wirken. Aber nachdem sie sich gegenüber einigen wenigen Mitstudierenden öffnete und von sich und ihrem Tumor berichtete, sind auch neue Freundschaften am entstehen... Und erstaunlich ist es festzustellen, wie viele andere in ihrem Umfeld ähnlich schwere Schicksale mit Krebs&Co in Freundes- und Bekanntenkreisen haben... also nur Mut... das Ganze ist eben auch eine Chance, sich den langen Rest seines Lebens so schön wie nur irgend möglich zu machen... in diesem Sinne: Ich wünsche Euch von ganzem Herzen Alles Gute und ganz viel Energie und Kraft! Laßt uns den Glio mit einer großen Portion Lebensmut und mit ganz viel Lachen besiegen. Genießt jeden dieser vielen schönen Tage, Wochen, Monate, Jahre. Jeder Augenblick bekommt die Chance, der Schönste zu werden.

Fink

Liebe Koopelli, liebe alle
Ja, die Sorgen vieler Menschen sind manchmal so absurd, dass man in unserer Situation nicht weiss, ob man darüber lachen oder weinen soll. Die Reaktionen so hilflos ("Ich weiss, dass alles gut kommt", "wird schon wieder", "ich kenne einen Bekannten, der...") - das braucht eine dicke Haut. Das sind keine schlechten Menschen, nur nicht die richtigen Menschen für dich im Moment.
Alles, alles Gute!
Fink

Kokopelli

Liebe Christina,

ich habe mittlerweile auch festgestellt, dass mehr Menschen ebenfalls solche Erfahrungen gemacht haben, als ich vermutete. Das gibt mir wenigstens das Gefühl, dass ich nicht ganz alleine mit dieser Situation bin (den so komme ich mir vor. Alleine und unverstanden). So schwer es auch ist und so zynisch und makaber es auch klingen mag, mittlerweile habe ich mir eingestanden und auch schon festgestellt, dass diese Erfahrung tatsächlich für mein Leben eine Art "Chance", "etwas positives" ist bzw. sein wird. Ich stäube mich jedoch noch etwas, weil ich unter diesen Umständen lieber auf die Tiefe meines Lebens und auf ein bewussteres Leben hätte verzichten wollen.
Aber ich habe auch eingesehen, dass ich an der Situation nichts ändern kann, ungeachtet dessen, ob ich mich verkrieche, weine oder wütend bin. Es hilft niemandem, v.a. nicht dem Kranken, wenn man das ganzen negativ sieht. Da ich nichts dran ändern kann, versuche ich nun einfach "das Beste" daraus zu machen. Wie, weiß ich jedoch noch nicht so ganz. Aber Einsicht ist ja bekanntlich schon mal ein guter Weg zum Erfolg. Und in letzter Zeit habe ich erstaunlich viele Erkenntnisse. Ich wünsche deiner Tochter alles Gute und ich drücke euch ganz fest die Daumen!!!!!!!!

Lieber Fink,

dein Satz "Das sind keine schlechten Menschen, nur nicht die richtigen Menschen für dich im Moment" bringt es genau auf den Punkt. Genauso versuche ich es auch gerade. Ich merke wie sehr viel sensibler und feinfühliger ich geworden bin, in vielen Situationen. Sei es, wenn andere in meiner Gegenwart über Leute schlecht reden oder sich über sie aufregen. Ich denke dann immer: "Ach du hast doch keine Ahnung so zu urteilen, du weiß doch gar nicht was dahinter steckt".
Ich muss einfach verstehen, dass jeder in seinem eigenen Leben, mit seinen eigenen, subjektiv ganz schlimm empfundenen, Problemen steckt und das aber nichts gegen mich oder meinen Freund ist.
Ken Wilber schrieb in seinem Buch "Mut und Gnade": "Niemand interessiert sich für chronische Dinge". Und damit hat er recht. Aus den Augen aus dem Sinn!
Auch dir alles Gute!

Danke euch!

GG_aus GL

Hallo Ihr Lieben, am 24.10. 2011 wurde bei mir ein Glioblastom entdeckt. Mein Leben hat sich natürlich total geändert und ich sehe viele Dinge gelassener, <in dieser Zeit Ich wurde ich schon 3 x operiert und habe meine Ernährung total umgestellt kein tierisches Eiweiß viel Obst und Gemüse Nach der 3. OP am02. Mai. (war eine Wach OP sind Ausfallerscheinungen geblieben - aber ich lebe !!! und bin zu Hause, Ich kann viele Dinge alleine erledigen und trainiere täglich, denn ich will zurück zu meinem früheren Leben - alle hoffe das nächste MRT am 06.07. zeigt keinen Tumor, denn das wäre dann endlich ein Lichtblick,bis jetzt habe ich es nie länger als 8 höchstens 9 Wochen ohne neue OP geschafft - aber jetzt sieht es so aus wenn ich eine OP-Pause erreiche

Ich kann nur sagen - niemals aufgeben.....

Knutschkugel

"So schwer es auch ist und so zynisch und makaber es auch klingen mag, mittlerweile habe ich mir eingestanden und auch schon festgestellt, dass diese Erfahrung tatsächlich für mein Leben eine Art "Chance", "etwas positives" ist bzw. sein wird."

Hallo Kokopelli,

ich bin 21 und habe am 22.5.2012 meine mutetr mit 48 jahren an einem glioblastom verloren. den satz, den du oben geschrieben hast, habe ich so noch nie von jemanden gelesen, aber seltsamer weise habe ich das gleiche auch gedacht, wo ich am sterbebett meiner mutter saß.
denn so eine erfahrung, so ein schicksal ist so etwas hartes. normalerweise sollte einen danach eigentlich nichts mehr umhauen denken, dachte ich mir. ich fühle mich durch die ganze sache älter, stärker und irgendwie selbstbewusster. es ist nicht nur ein spruch, es die wahrheit.. was einen nicht umbringt, macht einen nur stärker.
ich denke über vieles mitlerweile ganz anders und bin auch schneller zu einer entschuldigung bereiht oder verzeihe schneller. denn das leben ist viel zu kurz und viel zu schade, um sich immer aufzuregen oder zu streiten über nichtigkeiten.
du solltest nicht darauf hören, was deine freunde/bekannten sagen. ich kenne das. viele meiner freunde fragen mich zwar immer, wie es mir geht, aber letztendlich kommt es mir nicht so vor, als wenn sie das wirklich interessiert. denn wenn ich ihnen sage, dass es mir nicht so berauschend geht (wie soll es auch ohne mutter..), dann sagen sie dazu meistens nichts mehr. so als wenn man halt eine kette verloren hat, wo man sich doch nicht so anstellen soll. aber ich kann es ihnen auch irgendwie nicht verübeln, da sie nicht wissen, wie sich sowas anfühlt und wie so eine situation ist. mittlerweile weiß ich, wer mit mir darüber reden kann und wer wirklich mitgefühl und anteilnahme hat. mit denen rede ich dann auch über solche dinge oder tausche mich in foren aus, wo alle das gleiche schicksal teilen. andere, die die situation nicht verstehen können, mit denen rede ich erst gar nicht darüber. da tu ich so, als wenn nichts passiert wäre. klingt komisch, aber so vermeide ich für mich einfach wieder stress.. denn ich würde mich sonst jedes mal nur wieder aufregen.

ich wollte dir übrigends noch sagen, dass es mir sehr leid für dich und deinen freund tut, dass euch auch dieses schreckliche schicksal eingeholt hat. ich hoffe für euch, dass der tumor nicht zu schnell wächst und die chemo und die bestrahlung wirken, so dass ihr noch viele schöne momente zusammen verbringen könnt. ich wünsche euch alles glück der welt und schicke euch viel kraft. genießt eure zeit.

liebe grüße

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