Liebe JanineJanine
Diese zuvor nicht bekannte und nach der OP erhöhte Aggressionsneigung bzw. viel höhere Empfindlichkeit kann zwei Ursachen haben.
1. Die Lage des Tumors kann eine Persönlichkeitsveränderung auch nach der OP erzeugen, die kurzzeitig sein, aber auch dauerhaft bestehen bleiben könnte.
Ob das so ist, weiß der Neurochirurg.
Wenn er es bestätigt, wäre es sinnvoll, eine Psychotherapie anzustreben und lange durchzuführen.
(Bei mir lagen die ersten WHO-II-III-Meningeome im Frontalbereich, der auch die Persönlichkeitsstruktur mit beeinflusst. Ich hatte derartige Veränderungen, wie Du sie beschreibst, dauerhaft, bis heute. Eine Begleitung durch einen Psychotherapeuten ist wirklich ratsam. Medikamente eher nicht.
2. Deine OP am Gehirn (!) ist erst vor sehr kurzer Zeit gewesen. Nimm es mir bitte nicht übel, aber Du kannst noch gar nicht körperlich und psychisch so fit sein wie vor der OP. Ich sehe hier im Forum, wie oft Du hier bist und wie sehr lange Fragen, Beiträge und vor allem detaillierte Antworten Du an jeden verfasst, der Dir antwortet.
Die Fragen sind richtig und wichtig!
Aber ich habe das Gefühl, dass Du trotz Deiner extremen Schmerzen (Thema: "Welche Schmerzmittel" und "CBD ...") Dich um Deine Familie mit den Kindern und dem Haushalt kümmerst, womöglich einkaufst, kochst, Wäsche wäschst und die Wohnung putzt und außerdem sehr viel, zu viel Zeit im Internet verbringst.
Ich hätte das nach keiner meiner OPs gekonnt.
Und ich hatte keine so starken Schmerzen wie Du.
Du hast mit all diesen Aktivitäten (Ich habe vielleicht übertrieben, aber ich kenne diese Situation zu gut.) bisher zu wenig Zeit für Dich gehabt, um Ruhe zu finden und das, was Dir am Gehirn (!) geschehen ist, auch psychisch zu verarbeiten.
Ich habe schon seit Deinen ersten Beiträgen das Gefühl: "Diese Frau überlastet sich! Das ist gar nicht gut für sie."
Und jetzt muss ich es Dir auch schreiben.
Ich sehe es als stetige Überforderung an. Dein Gehirn muss doch erstmal heilen! Du kannst ihm und Deinem Körper doch nicht jetzt schon dasselbe zumuten wie vor der OP. Nicht mal die Hälfte!
Dein Gehirn regelt sämtliche Körperfunktionen und kann das nicht alles auf einmal schaffen.
Es muss seine inneren Narben reparieren, es muss Deine starken Schmerzen verarbeiten, es muss Deine Psyche stabil halten, es muss Deine Fähigkeit erhalten, Dein bisheriges Leben (wenigstens ein wenig) sofort weiterzuführen.
Das geht nicht.
Du bist keine Maschine, an der ein bisschen herumgeschraubt wurde.
Dein Körper und Deine Psyche wehren sich gegen diese Überlastung.
Ich habe das mehrfach erlebt, als meine OPs schon lange zurück lagen. Ich hatte mich unwissentlich überfordert und reagierte vermehrt aggressiv oder mir fiel plötzlich alles aus den Händen oder ich bekam Rückenschmerzen, die nichts mit dem Rücken zu tun hatten ...
Auch heute geht es mir so, dass ich anders reagiere als ich es gewohnt bin und als ich es möchte. Aber ich habe - in Jahren - gelernt, mich auf die Ursachen zurück zu besinnen, mich nicht darüber zu wundern und mich der Situation zu entziehen und mir Ruhe zu gönnen. Nach Minuten, Stunden, oder auch 1-2 Tagen geht alles wieder.
Nicht aber nach Dauerbelastungen mit Familie, Haushalt und (bei Dir sehr viel später, bei mir bis vor einigen Jahren) Beruf. Dann kann es zu langen, wochenlangen Krankschreibungen kommen, da sich die Psyche nicht mehr wehren kann.
Ich war nach jeder OP in einer Rehaklinik und habe in der Zeit von der Entlassung bis zum Beginn der AHB zu Hause (auch mit Familie, alleinerziehend, drei Kinder) so wenig wie möglich gemacht.
Wenn es Dir irgendwie möglich ist, dann versuche, eine stationäre AHB zu bekommen oder eine Reha zu beantragen, um Zeit für Dich zu haben.
Vor allem aber:
Mach so wenig wie möglich.
Gib Deinem Gehirn, Deiner Psyche, Deinem Körper Zeit.
Du musst Dir bei Deiner Familensituation keine Mühe geben, Dich moderat zu belasten, Du musst Dich bremsen, da Du zu schnell in die "Überlastungsfalle" gerätst und Deine Psyche so "austickt" wie Du es jetzt bereits erlebst.
Natürlich kannst Du auch diese Situation Deinem Neurochirurgen mitteilen.
Aber ich denke, hier wäre Deine Hausärztin die geeignete Person. Sie kennt Dich, sie schreibt Dich ja sowieso derzeit krank, also rede mit ihr darüber. Ich denke, sie wird Dich auch behutsam zu Geduld bewegen.
Es ist wirklich gut gemeint!
Pass auf Dich auf, damit Du nicht durch Überlastung mehr "kaputt machst".
Die Neurochirurgen und das gesamte OP-Team haben stundenlang nur für Dich gearbeitet. Hüte Ihren Erfolg. Das haben sie verdient.
Und Du auch!
KaSy