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JanineJanine

Hallo ihr Lieben,

Ich weiß, die meisten hier sind keine Profis. Dennoch erhoffe ich mir vielleicht den ein oder anderen der mir mit seiner Erfahrung aushelfen kann.

Am 12.5. Hatte ich meine Hirn OP. Seither geht es mir verhältnismäßig gut würde ich sagen. Was mir allerdings seit ca 1 Woche auffällt ist,dass ich ultra aggressiv bin bzw schnell werde. Meine Konzentration is auch im Urlaub. Zwar hatte mir der NCH vor der OP gesagt es könne sein ich wäre NACH der OP womöglich nicht mehr so belastbar wie zuvor und man könne sich schnell überfordert fühlen. Das kann ich tatsächlich etwas bestätigen. Aber dieses aggressive Verhalten geht mir richtig mächtig auf den Zeiger. Zumal das meist Situationen sind die sich eigentlich nicht lohnen so dramatisch zu sein oder aber einfach keinen Anhaltspunkt dafür bieten. Nun frage ich mich natürlich, ob das evtl auch mit der OP zusammenhängen kann. Ich kenne mich so überhaupt nicht und hab nun schon etwas Bedenken ob das jetzt so bleibt. Teilweise geht die Aggression auch gegen mich selbst ,obwohl ich "mir" garnichts getan hab. Da reicht es manchmal schon sich den Zeh versehentlich anzuschlagen. Ich weiß es nicht aber irgendwie verunsichert mich das. Und ich weiß jetzt auch nicht, ob sowas jetzt ein Grund genug wäre um zu sagen man macht in der Ambulanz einen Termin. Wenn die mich fragen wieso...sag ich wegen Stimmungsschwankungen ???? Finden die vielleicht nicht so lustig oder "wichtig? Vielleicht hat das ja auch schonmal jemand erlebt und kann mir da weiterhelfen:-) Ich danke euch schonmal im voraus:-D

Viele Grüße

Janine

KaSy

Liebe JanineJanine

Diese zuvor nicht bekannte und nach der OP erhöhte Aggressionsneigung bzw. viel höhere Empfindlichkeit kann zwei Ursachen haben.

1. Die Lage des Tumors kann eine Persönlichkeitsveränderung auch nach der OP erzeugen, die kurzzeitig sein, aber auch dauerhaft bestehen bleiben könnte.
Ob das so ist, weiß der Neurochirurg.
Wenn er es bestätigt, wäre es sinnvoll, eine Psychotherapie anzustreben und lange durchzuführen.
(Bei mir lagen die ersten WHO-II-III-Meningeome im Frontalbereich, der auch die Persönlichkeitsstruktur mit beeinflusst. Ich hatte derartige Veränderungen, wie Du sie beschreibst, dauerhaft, bis heute. Eine Begleitung durch einen Psychotherapeuten ist wirklich ratsam. Medikamente eher nicht.

2. Deine OP am Gehirn (!) ist erst vor sehr kurzer Zeit gewesen. Nimm es mir bitte nicht übel, aber Du kannst noch gar nicht körperlich und psychisch so fit sein wie vor der OP. Ich sehe hier im Forum, wie oft Du hier bist und wie sehr lange Fragen, Beiträge und vor allem detaillierte Antworten Du an jeden verfasst, der Dir antwortet.
Die Fragen sind richtig und wichtig!

Aber ich habe das Gefühl, dass Du trotz Deiner extremen Schmerzen (Thema: "Welche Schmerzmittel" und "CBD ...") Dich um Deine Familie mit den Kindern und dem Haushalt kümmerst, womöglich einkaufst, kochst, Wäsche wäschst und die Wohnung putzt und außerdem sehr viel, zu viel Zeit im Internet verbringst.

Ich hätte das nach keiner meiner OPs gekonnt.

Und ich hatte keine so starken Schmerzen wie Du.

Du hast mit all diesen Aktivitäten (Ich habe vielleicht übertrieben, aber ich kenne diese Situation zu gut.) bisher zu wenig Zeit für Dich gehabt, um Ruhe zu finden und das, was Dir am Gehirn (!) geschehen ist, auch psychisch zu verarbeiten.

Ich habe schon seit Deinen ersten Beiträgen das Gefühl: "Diese Frau überlastet sich! Das ist gar nicht gut für sie."

Und jetzt muss ich es Dir auch schreiben.

Ich sehe es als stetige Überforderung an. Dein Gehirn muss doch erstmal heilen! Du kannst ihm und Deinem Körper doch nicht jetzt schon dasselbe zumuten wie vor der OP. Nicht mal die Hälfte!
Dein Gehirn regelt sämtliche Körperfunktionen und kann das nicht alles auf einmal schaffen.
Es muss seine inneren Narben reparieren, es muss Deine starken Schmerzen verarbeiten, es muss Deine Psyche stabil halten, es muss Deine Fähigkeit erhalten, Dein bisheriges Leben (wenigstens ein wenig) sofort weiterzuführen.
Das geht nicht.
Du bist keine Maschine, an der ein bisschen herumgeschraubt wurde.

Dein Körper und Deine Psyche wehren sich gegen diese Überlastung.

Ich habe das mehrfach erlebt, als meine OPs schon lange zurück lagen. Ich hatte mich unwissentlich überfordert und reagierte vermehrt aggressiv oder mir fiel plötzlich alles aus den Händen oder ich bekam Rückenschmerzen, die nichts mit dem Rücken zu tun hatten ...

Auch heute geht es mir so, dass ich anders reagiere als ich es gewohnt bin und als ich es möchte. Aber ich habe - in Jahren - gelernt, mich auf die Ursachen zurück zu besinnen, mich nicht darüber zu wundern und mich der Situation zu entziehen und mir Ruhe zu gönnen. Nach Minuten, Stunden, oder auch 1-2 Tagen geht alles wieder.

Nicht aber nach Dauerbelastungen mit Familie, Haushalt und (bei Dir sehr viel später, bei mir bis vor einigen Jahren) Beruf. Dann kann es zu langen, wochenlangen Krankschreibungen kommen, da sich die Psyche nicht mehr wehren kann.

Ich war nach jeder OP in einer Rehaklinik und habe in der Zeit von der Entlassung bis zum Beginn der AHB zu Hause (auch mit Familie, alleinerziehend, drei Kinder) so wenig wie möglich gemacht.

Wenn es Dir irgendwie möglich ist, dann versuche, eine stationäre AHB zu bekommen oder eine Reha zu beantragen, um Zeit für Dich zu haben.
Vor allem aber:
Mach so wenig wie möglich.
Gib Deinem Gehirn, Deiner Psyche, Deinem Körper Zeit.
Du musst Dir bei Deiner Familensituation keine Mühe geben, Dich moderat zu belasten, Du musst Dich bremsen, da Du zu schnell in die "Überlastungsfalle" gerätst und Deine Psyche so "austickt" wie Du es jetzt bereits erlebst.

Natürlich kannst Du auch diese Situation Deinem Neurochirurgen mitteilen.
Aber ich denke, hier wäre Deine Hausärztin die geeignete Person. Sie kennt Dich, sie schreibt Dich ja sowieso derzeit krank, also rede mit ihr darüber. Ich denke, sie wird Dich auch behutsam zu Geduld bewegen.

Es ist wirklich gut gemeint!
Pass auf Dich auf, damit Du nicht durch Überlastung mehr "kaputt machst".
Die Neurochirurgen und das gesamte OP-Team haben stundenlang nur für Dich gearbeitet. Hüte Ihren Erfolg. Das haben sie verdient.
Und Du auch!

KaSy

JanineJanine

Hey KaSy,

Danke für deine ausführliche Antwort:-)

Hier Zuhause mache ich tatsächlich rein garnix. Nur weil ich sonst nichts mache ,kann ich öfters hier online sein und etwas schreiben. Meine Familie achtet sehr darauf ,daß ich mich ausruhe und keine Wäsche,Einkauf ect erledigen muss. Aber auch sowas knickt mich ,einfach weil ich das nicht so gewöhnt bin. Normalerweise ist mein Tag voll mit Arbeit und nicht voll mit ausruhen. Vielleicht werde ich tatsächlich mal meinen HA drauf ansprechen.
Es ist für mich einfach eine sehr ungewohnte Situation. Natürlich komm ich jetzt nicht annähernd an das ran was ich sonst täglich leiste ,aber das muss ja auch nicht. Aber das ständige nixtun (auch wenn es sich komisch anhört)kann auch anstrengend sein.
Ich weiß wie du es meinst und ich nehme es als wohlgemeinte Ratschläge an.
Danke für deine Tipps.
Mein Tumor saß frontal rechts. Was genau das nun bedeutet ,weiß ich nicht bzw für welche Regionen dieser Teil zuständig ist.
Nunja ,ich will deine Zeit auch nicht überstrapazieren.
Ich werd mir wohl mal einen Kaffee rauslassen :-)

Viele Grüße und danke für deine Antwort

Janine

ahnungslos

Hallo JanineJanine,
nach so einer OP ist es schwer zu einem "normalen" Altag zurück zu finden. Ich selbst bin auch teilweise nach einer OP schnell verärgert gewesen. Bei mir hatte sich das aber im Laufe der Zeit wieder gelegt. Gar nichts machen ist kann anstrengend sein. Das stimmt, aber zuerst einmal. Kaffee nicht gut. Der steigert die Leistung und beansprucht das Gehirn zusätzlich. Sich über sich selber ärgern bringt eigentlich nichts, aber ich schätze du weißt das schon. Abschalten lohnt sich. Einen Rückzugsort würde ich dir empfehlen und wenn es auch das Sofa ist, mit der Decke überm Kopf und Musik im Ohr. Alternative mal spazieren gehen kann auch nicht schaden. Ansonsten ´kannst du dir nur die Zeit geben, bis alles wieder so halbwegs im Lot ist. Schritt für Schritt, auch wenn es nur kleine Schritte sein sollten. Ein wenig Gehirntraining (Apps, Spiele) können helfen die Hirnleistung zu verbessern, Aber im Rahmen. Wenn dir etwas zu viel wird, dann lieber eine Pause einlegen. Irgend etwas wollte ich noch schreiben, aber das habe ich vergessen. XD

Viele Grüße und gute Besserung
ahnungslos

Thomas 75

Hallo JanineJanine,

Meine OP war im Februar 2020.
Kurz nach der OP hatte ich auch überempfindlich reagiert auf gewisse Situationen. (war extrem Lärmempfindlich und ablenkbar)
Im Nachhinein muss ich darüber schmunzeln.

Das sind typische Symptome für eine Hirn-OP haben mir meine Arzte gesagt.
Das Gehirn ist nicht wie ein Muskel den man zum trainieren überbelasten kann. Weniger ist mehr. Man muss dem Hirn zeit geben sich zu erholen.
Bis zu 2 Jahre!

Ich wünsche dir viel Geduld und gute Besserung
Thomas

Kopf hoch

Liebe Jennie,

in Deine Situation kann ich mich aus eigenen Erfahrungen aber auch durch Beobachtungen gut hineinversetzen.

Zunächst möchte ich Dich bitten, sei nicht so streng mit Dir! Du bist in einer Ausnahmesituation, da reagiert man anders als gewohnt!

Durch die OP und Therapie meines Glioblastom hat sich mein Leben geändert. Das war und ist eine große Herausforderung. Anfangs fiel es mir schwer, meine tumorbedingten Hirnschädigungen zu akzeptieren. Heute kann ich offen und frei darüber sprechen! Sie sind zu ein Teil meines Lebens geworden.


Doch zu Beginn der Erkrankung war da Unmut über all das, was nicht mehr so war, wie ich es aus der Zeit vor der Erkrankung kannte. Darauf reagierte ich in einer mir und meinem Umfeld unbekannten Art und Weise.
Das durfte ich im Hospiz auch bei andren Hirntumorpatienten beobachten. So denke ich bspw. an eine Damen zurück, die vom Aufwachen bis zum Einschlafen jammerte hat oder an einen Mann, der über alles nörgelte.

Es ist soooo schwer sich in der neuen Lebensrealität mit tumorbedingten Hirnschädigungen einzuleben. Doch mit Mut, Hoffnung und Zuversicht ist es schaffbar. Mein Motto war immer: Ich mache das Beste daraus!

Gemeinsam mit Deinen Ärzten solltest Du die Liste Deiner Medikamente durchgehen. Auch sie sind manchmal Ursachen für entsprechende Veränderungen.


. Du solltest mit Ihnen auch über die Folgen Deiner Hirnschädigung sprechen und Dich dann damit auseinandersetzen. Denn so beginnt der Weg zur Akzeptanz der Erkrankung. Und mit der Akzeptanz kommt die Zufriedenheit! Als hilfreich habe ich dabei stets die psychologische Begleitung erfahren.

. Gemeinsamnit der Neuropsychologin haben ich bspw. .meine Aufmerksamkeit auf Situationen in meinem Leben geschärft, in denen ich in die Überforderung laufe. Ich habe gelernt auf Signale zu achten, die eine solche Überforderung andeuten und Strategien entwickelt, mit der Situation dann umzugehen.

Alles Liebe und Gute und denke daran
Kopf hoch

Sascha41

Hallo Janine,

nimm Deine Einsicht doch als Chance und find heraus, ob es eine psychische oder körperliche Ursache hat. Naheliegend ist natürlich eine Folge der OP, aber das muss nicht zwingend sein. Durch Deine OP und die bedingte Ruhe kann auch Dein Stoffwechsel und Hormonhaushalt beeinträchtigt sein, geh vielleicht mal zum Endokrinologen - oft haben psychische Symptome eine sehr einfache Ursache und lassen sich leicht beheben. Auch Deine Ärzte können Dir helfen, wenn Du ihnen präzise beschreibst, was Dich beschäftigt. Ein einfacher Test verrät Dir aber schon eine grundsätzliche Tendenz: Wenn Du diese Aggressionen spürst und jemand Fremdes (zb die Telekom) ruft Dich plötzlich an - ist die Wut dann sofort weg oder bekommt der Anrufende diese Wut dann auch zu spüren? Das ist wichtig zu wissen und zu differenzieren, ob Du Kontrolle über dieses Gefühl hast oder es einfach da ist.

Gute Besserung
Sascha

Mego13

Liebe Janine,

Ich möchte mich Sascha anschließen. Endokrinologen können eine gute Idee sein. Um die 70 Prozent aller Mensch die am Hirn verletzt oder operiert wurden, haben zumindest zeitweise endokrine Probleme, die sowohl Körper als auch Pyche belasten. Bei mir traten diese Probleme zum Glück erst nach der Chemo auf. Endokrine Probleme wird häufig mit männlichen / weiblichen Hormonen gleichgesetzt, was allerdings falsch ist. Ich habe zum Beispiel immense Probleme mit Cortisol und ACTH, die überlebenswichtig sind. Der Rest der Hormone ist bei mir völlig in Ordnung.
Produziert man bspw. zu viel Cortisol kann dies gestresst und auch aggressiv machen, wobei ich damit nicht sagen möchte, dass es dies bei Dir ist.
Ein Besuch bei Endokrinologen lohnt sich allemal, weil die Blutbilder sehr umfangreich sind und auch Werte erhoben werden, die man bei Hausärzten ggf. selber finanzieren muss, bspw. Vitamin D.

Da Du eine Oligodendrogliom hast, ist eine Weiterbehandlung geplant?

LG
Mego

JanineJanine

Liebe Mego,Sascha,kopfhoch, Thomas , ahnungslos

Danke für eure Nachricht. Ich glaube mittlerweile das bei mir viel am Wetter liegt. Wir haben die letzten Wochen eher schlechtes Wetter . Früher war das schon so bei mir das ich dann oft Kopfschmerzen hatte o.ä. Sobald es anfängt zu regnen macht mein Kopf dicht irgendwie. Da er ja jetzt noch empfindlicher ist gehe ich einfach mal davon aus das es der Auslöser dafür ist . Wer ist schon gut gelaunt wenn der Schädel dröhnt ????
Bei mir gibt es erstmal keine Weiterbehandlung. In 3 Monaten das nächste MRT . Weiter nichts. Ich weiß nur das der Tumor eine Mutation hatte was gut sein soll. Und dann nochmal eine Mutation was drauf schließen lässt das er gut auf Chemo o.ä anspricht. Mehr wurde mir nicht gesagt. Jetzt heisst es erstmal auf das nächste MRT warten und hoffen das alles noch so schön wie nach der OP ist . Bei mir wurde ja alles entfernt ,daher denke ich das deshalb nichts mehr gemacht wird. Bin darüber aber auch nicht traurig. Muss es denn eine weiterbehandlung geben?

LG Janine

udo1969

Nach meiner ersten OP gab es auch keine Weiterbehandlung. Wofür auch wenn dir sonst nichts fehlt. Gegen die Aggressivität hilft Cipralex, zumindest bei mir.

keats

Liebe JanineJanine,

ich habe das selbe Problem wie Du. Überschnell gereizt und agressiv.
Ich kann bestätigen, was schon KaSy geschrieben hat. In meinem Fall ist die Lage des Tumors im limbischen System (frontotemporal rechts) und der Neurochirurg hat mir erklärt, dass bei solche Tumoren die von mir beschriebenen Probleme recht häufig vorkommen. Ich empfinde das auch als Belastung und arbeite auch nach 11 Jahren immer noch daran, wie ich damit umgehen soll. Tip: möglichst schnell drum kümmern. Ich habe recht lange nichts gemacht und glaube, es wäre besser gewesen, es eher anzugehen.

Herzliche Grüsse,
Keats

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