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Thema: Verdacht auf Rezidiv - stereotaktische Biopsie

Verdacht auf Rezidiv - stereotaktische Biopsie
Isarflimmern
07.09.2018 05:59:18
Liebes Forum, gibt es ähnliche Erfahrungen oder Einschätzungen zu folgendem Verlauf der Erkrankung meines Mannes:
Diagnose Glioblastom Herbst 2014 (im Alter von 54 Jahren, rechts temporal, Promoter methyliert) - vollständige Entfernung - Radiochemotherapie nach üblichem Schema - bis Sommer 2015 Chemo mit Temozolomid - Herbst 15 Tumorrezidiv im Splenium pelludicum - Radiochemotherapie - bis Februar 16 Chemo mit TMZ - Abbruch bei Tumorprogress - 1x CCNU - März bis Juli Bevacizumab, Abbruch der Therapie wegen sich dramatisch verschlechterndem Gesamtzustand (v.a. Bluthochdruck) - seitdem gute Stabilisierung und derzeit wesentlich gebessertes Befinden. Seit Diagnose ununterbrochen berufstätig. Nun Kontroll-MRT mit Diagnose "Schrankenstörung im links paramedialen Anteil der Tumormanifestationen im Balken mit Kontakt zum linken Seitenventrikel und Überschreitung der Mittellinie. Zudem eine weitere, linear konfigurierte, KM-aufnehmende Läsion weiter dorsal im Balken mit Kontakt zu beiden Seitenventrikeln sowie direkt rostral des rechten Seitenventrikelvorderhorns, deutliche Diffusionsstörung."
Die Klinik empfiehlt eine FET-PET-Untersuchung sowie eine stereotaktische Biopsie. Nun stellt sich die Frage: Wieder einsteigen in den Klinikbetrieb, eine Verschlechterung des Befindens und damit wieder eine wesentliche Einschränkung der Lebensqualität in Kauf nehmen? Bei welcher Prognose? Verlängerung der Überlebenszeit zu jedem Preis? Oder alles ignorieren und einfach weiterleben wie bisher? Diese Fragen werden mein Mann und ich selbst für uns klären müssen. Wir setzen uns hiermit zur Zeit intensiv auseinander - bevor wir dann evtl. weitere Arztgespräche suchen - oder auch nicht.
Dennoch freue ich mich über persönliche Erfahrungen, eine Einschätzung des Befundes, vielleicht sogar eine Prognose im Hinblick auf die betroffene Gehirnregion und alle sonstigen Gedanken dazu. Im Voraus herzlichen Dank!!!
Isarflimmern
LaPalma
07.09.2018 12:21:26
Hallo Isarflimmern,
wir stehen auch unmittelbar vor der Entscheidung, wie es weiter geht.

Mein Mann hatte 3 Herde rechts frontal/temporal, relativ vollständig entfernt (Wildtyp, nicht methyliert). Danach Stupp-Protokoll. Vorgeschobene MRT-Kontrolle (23.08) war mit Befund, allerdings fand sie erst 1 Monat nach der Radio/Chemo statt und man konnte die KM-aufnehmende Bereiche nicht genau identifizieren (Tumor? Narbe?). FET-PTE liefert in dem Fall relativ hohe Klarheit, deswegen wurde es gemacht, wir warten auf die Besprechung der Ergebnisse.

Im Unterschied zu Euch, geht es meinem Mann von Tag zu Tag nur schlechter, Tumor hat uns keine einzige helle Pause gegönnt, nach der OP Anfang Mai 18 nur steil bergab. Die geplante Chemo konnte nicht angefangen werden (allg. Zustand, Gewichtsverlust, Blutwerte). Momentan schläft er 6-8 h tagsüber, kognitive und Sprachstörungen soweit ausgeprägt, dass ich mit ihm kaum sprechen kann. Gehen tut er noch, aber sehr schnell (nach 15 Min) völlig erschöpft. Jedes Mal wenn wir unsere 1 Etage verlassen, frage ich mich ob er noch hoch kommt. Pflegegrad 3 (Begutachtung 2.08), eigentlich schon längst 4.

Ich war gestern in einem Hospiz, habe uns auf die Warteliste setzen lassen. Versuche es so lange zu verzögern wie es nur geht.

Für mich steht momentan die Frage, ob wir noch mit Therapie etwas anfangen können/sollen. Alle Behandlungen, die bis jetzt gelaufen sind, waren nur mit krasser Verschlechterung verbunden. Nach OP ging meinem Mann unvergleichlich schlechter als davor. Ich warte nun auf das Gespräch, um den Fortschritt zu verstehen. Und ehrlich gesagt, habe ich die Vor-Entscheidung schon getroffen: keine Therapie mehr.

Es tut mir alles unendlich weh, wie schaffe ich das??? Ist nicht anders, als bei anderen Angehörigen. So viel Tränen und Schmerz hier im Forum, dazu kann ich nichts mehr beitragen...

Alles-alles Gute Euch!
LaPalma
Padivofe
07.09.2018 14:46:03
Hallo LaPalma,
habe dir eine PN geschickt.
Padivofe
Padivofe
Isarflimmern
07.09.2018 17:49:41
Liebe LaPalma,
danke für Deinen ausführlichen Erfahrungsbericht! Es ist ein harter Weg! Mein Mann hat sich vor einem Jahr, als es ihm sehr schlecht ging, eine Zweitmeinung eingeholt. Die Ansage des Professors: Stoppen Sie alles, Ihr Körper braucht Pause und muss sich erholen. Mein Mann könne auch aufgrund der Nebenwirkungen der Therapien sterben - Herzinfarkt, Schlaganfall... Wir waren trotz der erneuten Konfrontation mit der Prognose geradezu erleichtert und froh über diese klaren Worte. Mein Mann hat daraufhin alles abgesagt. Wir haben wie Du vieles bereits veranlasst: Ein "Kennelerntreffen" mit einem spezialisierten ambulanten Palliativdienst und eine Besichtigung des Hospizes. Richtig Ruhe gefunden hatten wir dann, als wir uns noch entschieden hatten, wie und vor allem wo wir beide (!) bestattet werden wollen und alles weitere verfügt und besprochen hatten. Es läuft glimpflich bei uns, kein Vergleich derzeit mir Eurer Situation. Aber es ist doch klar, dass es ein Pulverfass ist. Ich wünsche Dir, dass Du ein Unterstützungssystem hast, das Dich entlasten kann und Dir helfen wird. Ansonsten gilt: "Sei klug und halte Dich an Wunder" (Mascha Kaleko). Ich mache mir fast mantramäßig immer bewusst, dass das Sterben meines Mannes kommen wird und dass es dann schon irgendwie weiter gehen wird. (Im Übrigen weiß ja niemand von uns, ob er morgen noch leben wird. Es gibt ein tibetisches Sprichwort: "Ob der morgige Tag oder das nächste Leben zuerst kommt, weiß niemand.") Die Palliativärztin sagte uns eindringlich und energisch: "Hören Sie auf, sich Sorgen zu machen." Sagt sich halt alles sehr leicht, vor allem wenn so ein großer, schwerer Mensch plötzlich so hilflos wird (ohne es selbst zu realisieren) und man selbst nichts machen kann. Ich wünsche Dir viel Kraft, und Du wirst sehen, dass Du das schaffst und mehr Kraft haben wirst, als Du Dir jetzt vorstellen kannst - es gibt ja keine Alternative!!! Herzliche Grüße in die Runde.
Isarflimmern
LaPalma
07.09.2018 19:17:34
Vor meinem eignen Tod ist mir nicht bang,
Nur vor dem Tode derer, die mir nah sind.
Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind?

Allein im Nebel tast ich todentlang
Und laß mich willig in das Dunkel treiben.
Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben.

Der weiß es wohl, dem gleiches widerfuhr;
– Und die es trugen, mögen mir vergeben.
Bedenkt: den eignen Tod, den stirbt man nur,
Doch mit dem Tod der andern muß man leben.

Mascha Kaleko.

Wie sehr vermisse ich meinen Mann, obwohl er noch körperlich da ist. Wie sehr fehlt mir das Sprechen mit ihm. Ich muss allein entscheiden und mit dieser Entscheidung leben.

Danke, liebe Freundinnen im Unglück.
Храни вас Бог.
LaPalma
Isarflimmern
08.09.2018 17:54:15
Храни вас Бог
Liebe LaPalma,
das ist der Schlüssel - lass uns vertrauen auf das Leben, das so ist, wie es ist. Es geht doch immer weiter! So viele Menschen haben es vor uns auch geschafft. Eigentlich kein Grund zur Sorge - aber existentieller geht es nicht.
Herzliche Grüße!
Isarflimmern
LaPalma
11.09.2018 16:31:32
Hallo Zusammen.

wir haben die Ergebnisse. Keine Therapie mehr. Ich habe es geahnt, sogar gewusst. Mein Mann auch.

Seid tapfer.
LaPalma
Isarflimmern
11.09.2018 17:31:53
Bleibt ihr beide auch tapfer -
Ich denke nicht
es denkt in mir
so wie es blüht und schneit
ich schwebe zwischen Raum und Zeit
es lebt in mir die Ewigkeit.
Du kennst die Dichterin!
Gottes reichen Segen Dir und Deinem Mann - auf allen Euren Wegen!
Isarflimmern
suace
11.09.2018 18:06:13
ich wünsche Euch eine friedvolle Zeit
suace
Tulip
11.09.2018 18:23:18
Liebe LaPalma,
Die Tapferkeit möge vor allem Dir und Euch geschenkt sein in der kommenden Zeit. Und viel Umsicht und gute Begleitung von Euch lieben Menschen. Hier sind Dir meine Gedanken sicher, auch wenn es nicht hilft leider.

Ganz liebe Grüße
Tulip
Isarflimmern
13.09.2018 20:24:08
Mein Mann hat sich heute nach langem Gespräch mit unserem Hausarzt entschlossen, keine Biopsie machen zu lassen. In Abwägung der Risiken und im Hinblick auf die möglichen Komplikationen und allen anderen verbundenen Unsicherheiten. Es bleibt ja immer die Frage im Raum: Ja, und dann??? Noch haben seine Tage viel Leben und er ist halbwegs selbstständig und hat Freude an seiner Arbeit. Was nutzt der umgekehrte Effekt - mehr Tage um jeden Preis? Schon beim letzten Rezidiv war klar, dass die betroffenen Region nicht mehr bestrahlt werden kann, daher 1x ccnu und dann 13x Bevacizumab, bis es ihm dann so schlecht ging, dass er sich entschlossen hatte, die Therapien abzubrechen. Seitdem hat er sich erholt und hält sich zeimlich wacker. Es ist und bleibt eine Achterbahnfahrt. Es kommt, wie es kommt.
Isarflimmern
LaPalma
13.09.2018 21:18:51
Ach, liebe Isarflimmern, ich denke, es ist eine sehr gute Entscheidung.

"In viel Weisheit liegt viel Kummer; und wer das Wissen erhöht, vergrößert das Leid" (Mose). = Многие знания - многие печали.

Bin in Gedanken bei Euch. Lasst Euch gut gehen! Dein Mann ist nicht allein, er hat Glück - er hat Dich. Fühle mich sehr verbunden mit Dir.

@ suace, vielen lieben Dank. Wie schön, wie wahr - friedvolle Zeit. Deine Worte haben mir eine andere, neu Sicht eröffnet.

@Tulip, DANKE.
LaPalma
suace
14.09.2018 21:03:46
ich bin in Gedanken bei Euch und freue mich sehr, Dir ein kleines bißchen hilfreich gewesen zu sein. MUT und KRAFT !
suace
LaPalma
12.10.2018 14:21:02
Mein Mann ist am 7.10 in meinen Armen gestorben.

Auf den Tag genau 5 Monate nach OP.

Die letzten 2,5 Wochen im Hospiz. Am ersten Tag, als wir da ankamen, war er plötzlich so klar im Kopf geworden. So ein glücklicher Tag: wir sind sogar 15 Min spazieren gegangen, wir haben gesprochen, wie seit Monaten nicht mehr, wir haben geweint, er war wieder da - mein Allerliebster.

Für diejenigen, die noch entscheiden müssen: Hospiz war GUT und RICHTIG.

Ich drücke Euch Alle fest. Man hat viel mehr Kraft, als man denkt.
LaPalma
LinaK
12.10.2018 16:07:20
Liebe LaPalma, mein herzliches Beileid. Gut, dass ihr die richtigen Entscheidungen für euch getroffen habt, und schön, dass euch noch dieser eine kostbare Tag geschenkt wurde. Lina
LinaK
Isarflimmern
12.10.2018 16:19:33
Liebe La Palma, auch ich möchte Dir mein herzliches Beileid aussprechen. Ich wünsche Dir für all das, was kommt, viel Kraft und Gelassenheit und immer genügend Ruhe und Stille um Dich. Alles Gute - es geht weiter!
Isarflimmern
Madze
13.10.2018 18:47:51
LaPalma auch von mir herzliches Beileid. Viel Kraft für die kommende Zeit. Ich hoffe auch, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, die richtige Entscheidung treffen zu können. Hospiz steht auf alle Fälle auf dem Plan.
Madze
LaPalma
14.10.2018 07:31:41
Herzlichen Dank an Alle für Mitgefühl und Anteilnahme.

@Madze, ich weiß nicht, ob es in allen Einrichtungen möglich ist, in "unserem" Hospiz durfte ich schlafen und essen, d.h. die ganze Zeit da sein. Ich war natürlich ab und zu paar Stunden weg, sonst bricht man zusammen, aber sonst im Zimmer mit meinem Mann. Ich konnte ihn auch weiter pflegen - mit Hilfe wenn nötig. Was mir noch wichtig war: jederzeit mit jemanden sprechen zu können, einfach so. Der Psychologe oder Pfleger/innen oder sogar Küchenpersonal, Ehrenamtliche - alle waren bereit und nahmen Zeit. In der Nacht vor seinem Tod, gegen 3 morgens kam eine junge Pflegerin mit Tee für mich und ist für fast Stunde geblieben. Sie saß auf dem Boden an meinen Füßen und erzählte mir über ihre Familie, was sie gerade ihrem kleinen Sohn vorliest, warum sie im Hospiz arbeitet... Das vergesse ich nie... In zwei Worten: taktvoll und hilfsbereit.

Bitte denkt an Euch. Das Gefühl, nicht genug den Liebsten gegeben, nicht noch mehr getan zu haben, nicht ALLES - das kenne ich zu gut. Das kriegt man nicht so gleich los, "Schuld" bleibt.
Versucht es bitte trotzdem, ihr musst einfach ÜBERLEBEN. Für Eure Liebsten und für Euch.
LaPalma
Madze
14.10.2018 09:51:11
Ich hoffe einfach auch, dass es so abläuft wie bei dir, LaPalma. Ich werde mich vorab mal danach erkundigen. Ich hab auch eine liebe Nachbarin die mir in der Beziehung dann hoffentlich zur Seite steht.
Madze
suace
14.10.2018 16:24:17
Ich glaube jeder von uns wünscht einen friedlichen Abschied für seine Liebsten.
Wir haben ja im Unterschied zu Menschen deren Angehörige plötzlich versterben ganz viel Zeit zum Abschied nehmen und zum betütteln.
Für mich wird dieser Gedanke mal ein Trost sein.
Zwischen mir und meinem Mann ist nichts ungesagtes mehr .... und er ist eigentlich schon lange weg.
Jetzt wünsche ich mir natürlich, daß er noch solange wie möglich bei mir/uns bleibt, aber ich bin mir ziemlich sicher, daß ich den endgültigen Abschied auch überleben werde ....
Für meinen Liebsten wünsche ich mir so einen sanften Übergang wie bei Dir. Ich denke an Euch
suace
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