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Hans[a]

Vor 5 Wochen hatte ich einen starken Krampfanfall. Mit dem RTW ging es in das AK St. Georg (Hamburg). Ich war fast 3,5 Stunden bewußtlos. Einige Tage vorher hatte ich über Unwohlsein und Geschmackssensationen geklagt. Bei der CT haben die Neurologen eine, wie sie sagten, starke Veränderung des Gehirns festgestellt. Das Rätselraten der Ärzte ging von einer Entzündung, über eine tropische Infektion (9 x in Afrika), bis hin zum Tumor. Der Befund war 2 x 3 Zentimeter groß und liegt im rechten Schläfenlappen und ist gekappselt und scharf begrenzt. Die Blutwerte und das Rückenmarkswasser waren in Ordnung. In den nächsten Tagen lernte ich das Wort "relativ" kennen.
Es folgte eine Biopsie und 11 lange Tage des Wartens und dann das Ergebnis. Es handelt sich laut Aussage des Neurochirurgen (relativ sicher) um ein Astrozytom II. Am nächsten Tag der Hammer. Der behandelnde Neurologe teilt mir mit, dass ein Astrozytom II bei der CT oder MRT das Kontrastmittel nicht so deutlich anzeigen darf und es deshalb auch ein Astrozytom III oder IV sein kann. Ich frage mich nun, warum macht man Biopsien, denn ich dachte die wären sicher? Am 26. Juni 03 soll wieder eine MRT gemacht werden. Der Tumor ist laut Chirurg relativ gut operabel, soll aber erst entfernt werden, wenn er sich verändert. Laut Neurologe, aus dem selben Krankenhaus, ist eine Tages-Chemo in 14-tägigem Abstand sinnvoll (vermutlich um den Tumor zu verkleinern). Was soll ich nun machen, denn die Ärzte sind nicht (relativ) gerade auskunfstfreudig?

Zur Zeit nehme ich folgende Anti-Epileptika:
Morgens eine Trileptal 300mg, eine halbe Rivotril 0,5.
Mittags eine halbe Rivotril 0,5.
Abends 2 Trileptal 300mg, eine halbe Rivotril 0,5, eine Lamictal 50mg.
Leider haben meine epileptischen Anfälle nicht nachgelassen, nur dass sie nicht in einer Ohnmacht enden, sondern meist eine Geschmackssensation zeigen. Dennoch habe ich jedesmal höllische Angst.

Sind unterschiedliche Aussagen über eine Biopsie normal?

Sollte nicht gleich operiert werden solange es ein amseleigroßer Astrozytom ist?

Sollte dieser Tumor durch eine Chemo vorher verkleinert werden?

Ist es normal, dass nur die Trileptal per Blutuntersuchung bei mir eingestellt wurden? Die anderen Antiepileptika gab es als Zusatz wegen der leichten Anfälle während und zum Ende des vierwöchigen Krankenhausaufenthaltes.

Gibt es Positives von der Medizinischen Hochschule Hannover zu berichten? Dort möchte ich eine zweite ärztliche Meinung einholen.

Für ein paar Antworten wäre ich sehr dankbar.

Viele Grüße
Hans

Oliver L.

Hallo Hans, erst mal guten Morgen,

fünf Wochen sind keine lange Zeit. Rechts Temporal ist eine gute Ecke für epileptische Anfälle, aber kein Grund so viele verschiedene Medikamente zu nehmen. Meist fängt man mit einem an und wenn dies nicht reicht dann erst ein zweites. Gut du hast erst zwei und das auch nicht in hoher Dosis aber daa würde ich auf jeden Fall weiter nach fragen. Auch Lamictal sollte im Blutbild nach kontrolliert werden wegen der Leberwerte aber ihr seid wohl noch beim einschleichen mit 50mg was wirklich nicht viel ist. Blutbildkontrollen werden eher für die Leberwerte gemacht als für die Einstellung. Wichtiger ist das Rivotril was abhängig machen kann und heute sowieso selten gebraucht werde (bin mir da aber nicht sicher), also da würde ich nachfragen ob der Status epile.... nicht anders verhindert werden kann mit Notfallmedikamenten etc.. Bei den Anfällen ist es doch gut das sie sich mit einer Geschmacksensatsion anmelden. Dann kannst du immer noch reagieren ( schau mal auf Epilepsie-online.de vorbei). Die meisten Anfälle sind wirklich nicht schlimm und eine gewisse Angst ist verständlich doch bitte keine Panik.
Das hab ich gelernt in den zwei Jahren der Epi die der Hirntumor trotz Op hinterlassen hat. Er saß rechts im Schläffenlappen und konnte gut opriert werden. Mir fehlt jetzt der fast komplette Schläffenlappen (unten steht noch eine kleine Windung) und es gibt keine Ausfallerscheinungen, von der Epi mal abgesehen.
Klar die Op ist nur der Weg auf das Rezidiv doch bevor der Tumor schlimmer wird sollte er raus denke ich mir. Die Annahme von Kontrastmitteln ist wohl ein Zeichen für eine Form als ein Astro II. Wenn die Probenahme jetzt an einer Stelle war wo der Tumor noch mehrheitlich Astro II Zellen hatte ist das ein Widerspruch zur MRT aufnahme aber erklärlich.
Ich persönlich halte von Chemo nichts und würde warten ob der Tumor wächst, denn die Epi behältst du eh.(meine Erfahrung!!! kann bei dir genau anders sein) Die Erfolgsaussichten sind mir zu gering und die Op steht ja sowieso bald auf dem Programm.
Also viel Glück für die nächste Zeit
Gruß
Oliver

Hans[a]

Hallo Oliver und einen schönen Feiertag aus der Nordheide,

Vielen Dank für deine detaillierten Anworten, sie machen mir und meiner Frau Mut und den brauchen wir jetzt. Übrigens hat der Neurologe das gut sichtbare Kontrastmittel in meinem Astrozytom II (?) auch in Zusammenhang mit meinen epileptischen Anfällen gebracht. Weiß darüber evtl. jemand etwas oder ist dieses nur eine Beruhigungstaktik eines Arztes?

Viele Grüße
Hans

Michael[a]

Hallo Hans,

ich bin zwar kein Mediziner, habe mich aber, da bei mir ein (noch nicht operiertes) Astrozytom im linken Stirnhirn sitzt, gezwungenermaßen mit der Materie vertraut gemacht - zumindest soweit mir das als Laie möglich ist.

Was bei deiner Beschreibung auffällt ist, dass der Tumor gekapselt und scharf begrenzt ist (in welcher Bildgebung eigentlich - CT, MRT T1-gewichtet, MRT T2-gewichtet?), wohl merklich Kontrastmittel aufnimmt und bei der Biopsie ein Astrozytom II diagnostiziert wurde. Die Hirnwasseruntersuchung brachte einen Normalbefund. Das scheint aus folgenden Gründen nicht so recht zusammenzupassen:
Astrozytome haben keine "Kapsel" (wie z.B. Meningeome) und breiten sich ab dem Grad II praktisch immer diffus aus, was man dann in T2-oder protonengewichteten MRT-Aufnahmen gut sehen kann. Die meisten Astrozytome des Grades II nehmen in der MRT kein Kontrastmittel auf. Manchmal wird aber auch eine geringe Anreicherung beobachtet, die dann meist homogen erscheint, gelegentlich aber auch auf einen bestimmten Bereich im Tumor fokussiert sein kann. Andere Anreicherungsmuster (stark, unregelmäßig) lassen auf einen höher- oder gemischtgradiges Astrozytom schließen.
Pilozytische Astrozytome (WHO-Grad I) zeigen häufig eine deutliche Kontrastmittelaufnahme im MRT und sind meist gut vom umliegenden Hirngewebe abgegrenzt. Auch das seltene, vorwiegend temporal oder parietal liegende pleomorphe Xantoastrozytom WHO-Grad II reichert oft deutlich Kontrastmittel im MRT an. Beide Tumorarten werden überwiegend im Kindes- und Jugendalter diagnostiziert.
Oligodendrogliome vom Grad II wachsen diffus bis gut umgrenzt und nehmen in ca. 40 % der Fälle Kontrastmittel im MRT auf, die Anreicherung kann homogen, irregulär oder fokal sein. Charakteristisch, aber nicht zwingend vorhanden sind Kalkeinlagerungen, die man insbesondere im CT gut sieht.

Originalpublikationen, denen ich diese Infos entnommen habe:
"Gliale Hirntumoren im Erwachsenenalter"
http://www.medicalforum.ch/pdf_d/2002/2002-29/2002-29-159.PDF
http://www.medicalforum.ch/pdf_d/2002/2002-31/2002-31-486.PDF
"Niedermaligne Gliome"
http://www.krebsinfo.de/ki/empfehlung/hirntumoren/743-.9-06-Peraud.pdf

Eine Kontrastmittelaufnahme tritt dann auf, wenn durch vermehrte Bildung von neuen, defekten Blutgefäßen im Tumor und um ihn herum die Blut-Hirnschranke gestört ist. Dann gehen bestimmte Stoffe, gegen die das Gehirn sonst geschützt wäre (z.B. auch Kontrastmittel) aus dem Blut ins Hirngewebe über. In der Liquordiagnostik zeigt sich dies z.B. durch ein erhöhtes Verhältnis von Albumin oder IgG im Nervenwasser im Vergleich zum Blut.

Das Ergebnis von Biopsien ist oft nicht so sicher, wie es Patienten und Ärzte gerne hätten. Schwierig kann wohl z.B. die eindeutige Zuordnung einer Gewebeprobe zu einem Astro II oder III sein, da es "fließende" Übergänge gibt. Auch ist nicht immer einfach, seltenere Tumor(unter)arten zu erkennen. Hier kommt es entscheidend auf die Erfahrung des Histologen an, der das Gewebe zur Untersuchung bekommen hat. Ich würde im Zweifelsfall darauf bestehen, dass die Proben - bzw. das, was davon übrig ist - zum nationalen Referenzzentrum nach Bonn geschickt werden, um eine höhere diagnostische Sicherheit zu haben. Vielleicht hast du ja Glück, und es handelt sich bei dir gar nicht um ein Astrozytom II, sondern um einen Tumor mit besserer Prognose. Du solltest auch eine Kopie des Berichtes zu deiner Liquoruntersuchung anfordern und einen Neuroonkologen fragen, wie diese unauffälligen Ergebnisse mit der Kontrastmittelaufnahme zusammen passen und was das für den weiteren Verlauf der Erkrankung bedeuten könnte.

Dass der Tumor gut abgegrenzt und grundsätzlich operabel ist, spricht auf der einen Seite für einen baldigen neurochirurgischen Eingriff. Die OP könnte nämlich die Chance beinhalten, dass du geheilt wirst. Auf der anderen Seite fürchtet man natürlich Ausfälle bzw. um seinen geistigen Zustand. Die Größe des Tumors ist in dieser Hinsicht nicht allein entscheidend. Wichtig ist auch seine Lage. Ein Neurochirurg wird dir bei einem operablen Tumor wohl fast immer sagen, dass du keine große Änderung nach der OP bemerken wirst. Wenn du dir also in dieser Hinsicht trotzdem Sorgen machst: frag deinen Arzt, ob er dir eine Überweisung für einen Termin bei einem Neuropsychologen (Unikliniken und Reha-Einrichtungen) ausstellen kann. Diese Leute sind in puncto Störung von Hirnfunktionen und Auswirkungen auf das Alltagsleben sicherlich am erfahrensten.
Es kann, muss aber nicht sein, dass du durch die OP deine Anfälle los wirst.
Bei einem diffusen Astrozytom II, das noch keine gravierenden Symptome macht, kann man auch abwarten, bis sich der Tumor merklich verändert oder bis die Symptome eben gravierend werden. Hier ist nämlich nach medizinischer Lehrmeinung nur im Ausnahmefall eine Heilung möglich, da man einen diffusen Tumor durch eine OP eigentlich grundsätzlich nicht vollständig entfernen kann, so dass er immer wieder "nachwächst". Strittig ist, ob eine OP dann überhaupt die Überlebenszeit verlängert (möglicherweise geringfügig); ähnlich sieht es bei der Bestrahlung aus (da gibt es Studienergebnisse, die von wirkungslos bis zu eindeutig lebensverlängernd reichen). Es ist außerdem fraglich, ob die OP ein Fortschreiten zu einem höhergradigen Tumor verhindern kann, da das Rezidiv eines Astro II oft schon ein Astro III ist.

Man hatte mir übrigens gesagt, dass es bei Gliomen vom Grad II einen erfolgversprechenden chemotherapeutischern Ansatz nur für Oligodendrogliome (vielleicht auch für Oligoastrozytome) gebe (PVC bzw. PC-Schema). Welche Chemo hat man dir denn für dein Astro II empfohlen?. Ich habe hier viel herumgefragt und habe überall negative Auskünfte erhalten.
Bezüglich einer klassischen Chemo sollte man sich allerdings gut beraten lassen. Im Rezidivfall ist eine zweite Chemo vielleicht noch möglich (wird üblicherweise mit einer anderen Substanz gemacht - nur welche sollte das bei einem Astro II denn sein?), aber die Leber und die Nieren müssen das auch mitmachen.

Falls dir die Fahrt oder der Flug nicht zu weit ist: die Unikliniken in München-Großhadern und in Heidelberg sind meiner Meinung nach eine sehr gute Adresse für das Einholen einer Zweit- oder Drittmeinung. Hier werden sehr viele Gliompatienten behandelt und entsprechend groß ist bestimmt die neurochirurgische, neuroonkologische und neuroradiologische Erfahrung.

Ich drücke dir die Daumen, dass bei deinem nächsten MRT-Termin alles unverändert aussieht (oder der Tumor sich verkleinert, falls du schon mit der Chemo begonnen hast).

Viel Glück für Alles - Michael

Hans[a]

Hallo Michael,

vielen Dank für deine Mühe und die ausführlichen Erklärungen. Zu meiner Sachlage. Sowohl die Neurologen als auch die Neurochirurgen waren der Meinung (nach den ersten Aufnahmen) , dass der Befund im rechten Temporallappen sehr günstig liegt. Die Aussagen gingen von einem scharf begrenzten, 3 x 2 cm großen, gekapselten Herd aus. Der Radiologe, der die Bilder natürlich ebenfalls bewertet hatte, soll von einem ungewöhnlichen Erscheinungsbild gesprochen haben (hat er nicht mir gesagt, sondern habe ich von Dritten gehört). Daher auch die Vermutung der Ärzte es könnte sich um eine Entzündung, eine tropische Sache oder einen Tumor handeln. Das Ungewöhliche an den Aufnahmen hat man mir zu der Zeit nicht erklärt!

Auf den CT-Bildern ( 1x gemacht kuz nach meiner Einlieferung ins AK) und den MRT-Bildern ( 2x gemacht - davon welche kurz nach Einlieferung in Ak und dann kurz nach der Biopsie) habe ich den Herd auf den Aufnahmen ebenfalls als scharfbegrenzt und vollflächig hell bzw. weiß erkannt. Welche Kontrasmittel verwendet worden sind, das weiß ich leider nicht. Der Schnellschnitt der Biopsie ergab einen hirneigenen, langsam zellbildenden Tumor. Nach elf Tagen bekam ich den histologischen Befund (Astro II). Dieser wurde mir vom Neurochirurgen mitgeteilt. Der Chirurg sagte mir und meiner Frau, dass das Ding gut operabel sei, wegen der Lage und der scharfen Abgrenzung. Beruhigung stellte sich bei uns ein (nun gut wir wußten nur, dass ein Astro II noch gutartig ist, heute wissen wir mehr aus dem Internet, nicht von den behandelnden Ärzten). Kurz vor meiner Entlassung aus dem AK teilte mir der Chirurg mit, dass in etwa 4 Wochen eine neue MRT gemacht werden soll. Am Abend vor der Entlassung kam der Neurologe auf die Neurochirurgie. In der Krankenakte laß er die Ergebnisse der Biopsie und sagte zu mir: "Er war auf einem Kongress und und ein renomierter Arzt berichtete, dass fünf Pathologen aus einer Probe die unterschiedlichsten Ergebnisse gezogen haben". Toll dachte ich, was will er mir sagen? Der Neurologe ergänzte, dass unser Pathologe sehr gut ist, aber auch er kann sich mal täuschen, denn die Bilder stimmen wegen der Kontrastmittelanzeige nicht mit dem histologischen Befund überein. Okay, heute weiß ich aus dem Internet, warum er zu dieser Aussage kam. Da ich keine Angst vor einer Operation hatte, fragte ich ihn, warum wir nicht operieren. Er sagte, wir waren die neue MRT ab und er würde eine besondere(?) Chemotherapie nach einem "Bonner Model" auf der Tagesstation erwägen. Diese soll alle 14 Tage für einen Tag stattfinden. Heute denke ich, wegen der guten Kontrastmittelanzeige kann man die Bluthirnschranke umgehen. Dieses ist meine laienhafte Meinung. Am nächsten Morgen erzählte ich dem Neurochirurg von meiner Verunsicherung. Dieser sagte mir, dass wir dem histologischen Befund Glauben schenken sollten. Auf die Frage meiner Frau, warum nicht gleich operiert wird, sagte er, wenn das Ding gutartig ist und ich nachher mit gravierenden Einschränkungen leben müßte, ist es nicht im Sinne des Patienten. Ferner sei der Herd sehr gut operabel, weil er gut liege, scharf begrenzt ist und gekapselt sei. Bei einer Veränderung kann der Tumor evtl. vollständig entfernt werden.
Für uns sind die gemachten Aussagen und unsere mittlerweile eingeholten Informationen (aus seriösen Internetquellen) widersprüchlich. Ich werde mir nun eine zweite Meinung - vermutlich im Heidberg-Krankenhaus in Hamburg -holen.
Meine bisherige Erfahrung ist, dass Ärzte in solch gravierenden Fällen besser informieren müssen und nicht im "Vorbeigehen" Auskünfte geben, die den Patienten sowie die Angehörigen nur verunsichern.

Dir Michael, wünsche ich für Deine weitere Behandlung alles erdenklich Gute.
Gruß Hans

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