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Thema: Verwirrtheit

Verwirrtheit
Lotte[a]
22.03.2003 19:53:42
Hallo,

nach längerer Zeit wende ich mich wieder einmal mit einer Frage an euch. Es geht um meine Schwiegermutter, die vor 3 Wochen an einem Glioblastom operiert wurde.
Vor einer Woche kam sie auf die Normalstation, unf während es ihr in den ersten beiden Tagen immer besser zu gehen schien, stellen wir seit einigen Tagen eine zunehmende Verwirrung bei ihr fest. Sie beharrt darauf, dass sie kein Früstück bekommen habe und verweigert die abendliche Wurst mit dem Hinweis darauf, dass doch nun endlich Frühstückszeit sei (man muß dazu wissen, dass das Frühstück immer schon ihre liebste Mahlzeit war) - erzählt immer wieder Dinge, die einfach nicht stimmen und ist dabei sehr schwach, erschöpft und eigentlich nicht in der Lage, sich längere Zeit auf etwas zu konzentrieren. Heute haben wir ihr ein großteiliges Puzzle mitgebracht, um die Motorik ihrer rechten Hand etwas anzuregen (linksseitig ist sie gelähmt), aber das hat sie nur eine ganze Weile angestarrt und dann beschlossen, dass sie das nicht möchte.
Nun fragen wir uns, ob es irgendetwas gibt, das wir tun können. Mein Impuls ist, ihr jeden Wunsch zu erfüllen und ich renne dann in die Stationsküche, um Joghurt und Marmelade zu holen - mein Mann meint, dass man sie fordern müsse und diskutiert ewig darüber, warum das Abendessen nun mal eben Abendessen sei......
Hat jemend eine Ahnung, woran diese Verschlechterung liegen könnte?
Unfd gibt es Erfahrungen bei einigen von Euch, wie wir uns am besten verhalten können (nein, das kann man natürlich nicht einfach so beantworten - eigentlich geht es mir mehr um die Erfahrungen.....).
Auf jeden Fall gehe ich morgen zum Frühstück ins Krankenhaus...

Herzliche Grüße an alle


Lotte
Lotte[a]
H. Strik
22.03.2003 21:37:33
Zunächst sollte abgeklärt werden, ob sich am Gehirn etwas geändert hat - vielleicht hat Ihre Schwiegermutter ein stärkeres Ödem entwickelt oder verträgt eine geringere Kortisondosis nicht. Möglicherweise gab es auch eine Blutung in das Tumorgebiet. Zum Umgang mit der Verwirrtheit muss man einen sinnvollen Mittelweg zwischen Verständnis und Führung finden. Da kann man auf die Entfernung keine Patentrezepte geben. Häufig haben aber die Schwestern auf Station auch ein gutes Händchen für solche Probleme, vor allem wenn sie Erfahrung in der Neurologie oder Psychiatrie haben.

Dr. H. Strik
Neurologie Uni Göttingen
H. Strik
Bianca[a]
23.03.2003 08:24:06
Hallo Lotte,
meine Erfahrungen bei Verwirrtheit sind, man muß gefühlvoll damit umgehen.Mein Mann ist auch manchmal verwirrt und es bringt nichts zu erlären oder richtigzustellen, er versteht es einfach nicht mehr. Er kann einiges dann einfach nicht mehr umsetzen, z. B. muß er aufs Kloo, geht er ins Schlafzimmer. Wenn ich mit Worten oder mit ziehen richtung Bad erkläre, daß das Schlafzimmer der falsche Raum für sein Geschäft sei, red ich an eine Wand und erreiche nur das er sich mehr versteift. Gehe ich mit ins Schlafzimmer und wir sehen da ist kein Kloo, dann geht er ohne weiteres mit ins Bad.
Woran das liegt, weiß ich nicht. Ich denke nur, daß ein Glioblastompatient
(mein Mann) in der Situation nichts mehr lernen muß und wird.
Bei mir merke ich, daß alles leichter ist, wenn ich meinen Mann machen lasse. Auch aus dem Grund, weil ich ihm zu der gesamten Situation nicht noch klarmachen muß, was er alles nicht mehr kann
Es ist vieles so schwierig. Und deshalb habe ich mir vorgenommen, meinen
Mann die Zeit, die ihm noch verbleibt so schön wie möglich zu machen.
Ich hoffe konnte Dir ein bisschen helfen. Wenn Du noch fragen hast, dann schreib.
Viel Kraft wünscht Dir und Deinem Mann
Bianca.
Bianca[a]
Ingrid-OL
23.03.2003 10:04:54
Hallo Lotte,

Ich habe bei meinem Mann (GBM IV) die gleichen Erfahrungen wie Bianca gemacht. Seit ich nicht mehr diskutiere, sondern eher ablenke und akzeptiere geht es ihm und mir besser.
Bei ihm traten diese Verwirrtheitszustände nach einer OP mit nachfolgender Bestrahlung auf.

Einen schönen Sonntag wünscht Ingrid-Oldenburg
Ingrid-OL
Claudia[a]
23.03.2003 11:32:44
Meine Mutter ist auch operiert worden. Eine motorische Schulung und Bewegungstherapie seien nur eine Qual für den Patienten. Bianca hat dir geschrieben. Ihre Eindrücke teile ich voll und ganz. Versuche dir nicht den Kopf zu zerbrechen, warum sie dies und jenes sagt. Streite nicht. Schaue nur, dass du entspannt bist. Nimm die Kommentare dir nicht zu Herzen.
Eine Cortisongabe könnte eine kleines bisschen Besserung bewirken, was wir jetzt auch wieder verstärkt gemerkt haben. Allerdings seid euch bewußt, es ist ein Glioblastom. Ein unberechenbares Teil.

Viel Kraft und Geduld.

Claudia
Claudia[a]
Lotte[a]
23.03.2003 15:54:02
Liebe Bianca, liebe Claudia und alle, die mir auf meine Anfrage geantwortet haben

zuerst einmal: der Zustand meiner Schwiegermutter war heute morgen sehr viel besser, und es stellte sich heraus, dass sie in den letzten beiden Tagen einfach zu wenig Flüssigkeit bekommen hatte. Sie erhält 1000ml über eine Magensonde, 500ml soll sie darüber zu sich nehmen, dass sie angedicktes Wasser trinkt, was ihr verständlicher Weise nicht besonders gut schmeckt und so schwer fällt, dass man sie fast nicht dazu überreden kann.
Es war hilfreich, über euren Umgang mit den "Verwirrtheiten" zu lesen. Ich glaube, dass es sich bei uns auch um zwei sehr unterschiedliche Vorgehensweisen bei meinem Mann und mir handelt. Ich kann, da ich nicht die Tochter bin, sehr viel gelassener auf vieles reagieren und will es ihr häufig einfach nur gut gehen lassen - mein Mann ist dann einfach doch sehr "Sohn" und fällt auch immer wieder in diese Rolle zurück, will sie fordern und hofft immer noch, dass eine Reha zu so einer Art Wunderheilung führen kann. Und da sich im Laufe der letzten Wochen infolge der Persönlichkeitsänderung meiner Schwiegermutter sehr viele eher schwierige Charakterzüge noch verstärkt haben (leider kann man nicht sagen, dass dass bei ihren vielen positiven Eigenschaften ebenfalls passiert wäre), muß ich aufpassen, dass es nicht zu altbekannten "Mutter-Sohn-Kämpfen" kommt.

Erst einmal alles Gute und euch allen viel Kraft - die wächst ja meist erstaunlicher Weise auch dann, wenn man denkt, das letzte Tröpfchen sei verbraucht.

Lotte
Lotte[a]
Dagi[a]
26.03.2003 09:13:18
Bin sehr froh,deinen Beitrag lesen zu können,denn bei meinem Mann Glio4,op 2002 März, fangen die gleichen Symtome auf. habe auf ihn eingeredet,aber hat natürlich nichts gebracht,wusste mir keinen Rat. Du hast gut erklärt ,was ich machen soll!
Das Forum ist für uns Angehörige eine wertvolle Adresse! Danke dafür,
Dagi
Dagi[a]
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