Hallo an Alle,
wie viele andere habe ich bisher still mitgelesen und möchte Euch jetzt doch unsere Situation vorstellen:
Mein Mann (41 J.) ist im 11. Dezember 2012 mit einem symtombezogenen epileptischen Anfall im Büro zusammengebrochen. Vor dem gerufenen Notarzt hat er nochmals gekrampft und wurde daher sofort in die Berliner Charite (Neurologie) geschickt. CT ohne Befund, Liquoruntersuchung ohne Befund... MRT am Folgetag ergab eine "Raumforderung". Da die Betreuung in der Neurologie -nunja- etwas lückenhaft war, haben wir einen befreundeten Neurologen und einen befreundeten Neurochirurgen zu Rate gezogen (man staunt, was man für Bekannte/ Freunde hat)
Durch den befreundeten Neurochirurgen wurde ich selber aufgrund der Bildgebung "Hardcore"-aufgeklärt (Befürchtung Glioblastom III oder IV)
Nachdem also feststand, dass eine "Raumforderung" den Anfall verursacht hat erfolgte die Verlegung auf die Neurochirurgie und am 21.12.2012 die OP.
Der makroskopisch sichtbare Teil konnte vollständig ausgeräumt werden.
Lage: rechts temporomesial. Grösse 2,0 mm x 2,5 mm x 0,4 mm
Er hat die OP sehr gut überstanden, keine neurologischen Defizite und wurde am 24.12.2012 spontan entlassen. Für uns (Familie mit 3 Kinder) war es ein besonderes Weihnachten. Wir konnten sogar mit ihm gemeinsam zum Weihnachtsgottesdienst gehen.
Am 2.1.2013 bekamen wir die Diagnose: Glioblastom WHO IV
Nach einer kleinen Odysee zum Thema Bestrahlung, Klärung des MGMT-Promoters (nicht methylierend), Einholung von Zweitmeinung aus Heidelberg und Berlin-Buch wurde die kombinierte Strahlen/Chemo-Therapie gestartet. 64 gy, hyperfraktioniert wegen Nähe zu einer Sehnervkreuzung. Noch Chemo nach Stupp (2.Zyklus endet nächste Woche)
Erstes Kontroll-MRT ergab eine difuse Bildgebung.Das kontrastmittelanreichernde Areal nimmt einen grossen Teil der Hirnhälfte ein und drückt mit dem umliegenden Ödem bereits über die Mittellinie. Als Sofortmaßnahme wurde Cortison-Stosstherapie verordnet.
Rezidiv oder Strahlenschaden?
Gestriges FET-PET ergab leider den eindeutigen Rückschluß, dass sich ein Rezidiv von beachtlichem Ausmass gebildet hat. Bei erneuter OP wäre wohl das Risiko einer Halbseitenlähmung gegeben. Der Arzt sprach schon mal vom Abwägen, ob der Lebensqualität Vorrang einzuräumen wäre.
Am Freitag erfolgt Vorstellung im Tumor-Board und anschließend erfahren wir, wie die Ärzte weiter vorgehen wollen.
Wir waren nach der OP voller Hoffnung, dass er eine gute Chance hat, zu den Ausreissern in der Statisik zählen zu können.
Heute muss man wohl nüchtern feststellen, dass die auf die Zellteilung zielende Therapie auf ganzer Linie gescheitert ist.
Ich war in Frankfurt beim Hirntumor-Informationstag und vermute, dass der Therapie-Wechsel Richtung Antiangiogenese gehen könnte. Die Ansätze mit den dendritischen Zellen fand ich auch spannend, aber um welchen Preis? - Halbseitenlähmung? Wenn eine Halbseitenlähmung der Preis wäre, um Heilung zu bekommen: sofort. Aber so, wie das Monster gestrickt ist? Wenn ich mir die vielen Kurven aus den Vorträgen über "medial längere Lebenszeit" von 2 oder 3 Monaten bei den unterschiedlichen Ansätzen mit erheblichen Aufwand vor Augen führe - dann ist der Ansatz über Lebensqualität nachzudenken vielleicht nicht unsinnig.
Natürlich werde ich jetzt alle Möglichkeiten von Rezidiv-Studien durchschauen und auch eine bis maximal drei Zweitmeinungen einholen. .
Ich habe mir eingebildet, dass ich wüsste mit wem wir es als Feind zu tun haben. Mit nichts war ich darauf vorbereitet, dass der Tumor aus vereinzelten Restzellen in so kurzer Zeit derartig rasant wachsen würde. Wir sind ziemlich verzweifelt und Fragen uns, wieviel Zeit uns wohl noch bleibt.
Dirlis
P.S. Über Himmelfahrt werden wir an die Ostsee fahren und versuchen uns vom Wind die Köpfe freipusten zu lassen. Wenn ich also in den nächsten Tagen nicht reagiere, liegt das möglicherweise an einem schlechten Netzzugang...