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Thema: Wann erzählt man Familie und Kinder über Diagnose etc.?

Wann erzählt man Familie und Kinder über Diagnose etc.?
angi
29.04.2013 15:43:29
Hallo da,
und wieder einmal braucht man Rat und Hilfe. Seit Dez 2012 hat meine Frau die Diagnose Gliobastom Grad IV. Nach dem wir diesen Schock verkraftet hatten sind wir die weiterführende Behandlung mit kombinierter StrahlenChemotherapie angegangen.
Meinen und ihren Eltern haben wir nur das Notwendigste erzählt, wie ...Gehirntumor leider bösartig, ist eine Art Krebs, (das man an Krebs sterben kann ist ja bekannt) und wann/wie die nächsten Behandlungsschritte aussehen werden.

Das die Krankheit nicht heilbar ist und die Lebenserwartung sehr begrenzt ist haben wir ihnen nicht gesagt. Das war zu diesem Zeitpunkt zu schmerzhaft.
Annähernd die gleichen Informationen haben auch unsere Töchter. Die Große ist 20Jahre die Kleine 13Jahre alt.

Sollen wir sie komplett ins Bild setzen, und über Diagnose und Lebenserwartung informieren ? Können Sie das schon verkraften ?
Und wenn ja, wann - jetzt wo es ihrer Mutter gut geht - oder später ?

Es könnten ja Vorwürfe kommen, warum wir ihnen nicht schon früher davon erzählt haben ? Was ist ein guter Weg ?

Könnt Ihr uns raten ?

Bis dann
Angi

angi
Irmhelm
29.04.2013 15:54:01
Hallo angi,
ich kann nur von unserem Vorgehen erzählen. Mein Mann und ich haben uns immer gesagt, daß, wenn einer schwerwiegend erkrankt, wir mit offenen Karten spielen und über alles informiert sein wollen und auch unsere Kinder (33 + 30 ) voll informieren.So war es bei meiner Krebserkrankung 2009 und so ist es auch jetzt bei meinem Mann der seit 16.01.2012 die Diagnose Glioblastom hat. Das Aufklärungsgespräch wurde im Beisen der ganzen Familie gemacht.Glaube mir, die ganze Situation ist besser zu bewältigen, als wenn man nicht mit offenen Karten spielt. Diese Heimlichtuerei kann einen doch nur fix und fertig machen. Auch unsere Verwandten und Freunde wissen alle Bescheid. Wir sind froh, diesen Schritt gemacht zu haben und finden, daß die Situation so für alles besser ist. Mein Mann ist übrigens jetzt im 16. Monat nach Diagnosestellung (fast schon ein Wunder) und in eigentlich der Situation angepaßt gutem Zustand. Wie gesagt, das ist unser Weg. Ich wünsche Euch, daß Ihr auch Euren und hoffentlich für Euch richtigen Weg findet.
Alles Gute wünscht Euch
Irmhelm
Irmhelm
ratlose
29.04.2013 15:59:58
Hallo Angi,
also ich würde mit beiden Kindern unterschiedlich umgehen, da die Ältere das alles etwas anders verarbeiten kann, als ein 13-jähriges Mädchen im beginnenden Pubertätsalter. Bei ihr würde ich vorsichtiger herangehen und eher von Hoffnungen sprechen und vllt. gibt es ja bald auch schon wieder neue Erkenntnisse.
Alles Gute und viel Erfolg und Kraft wünscht
Rita
ratlose
Tausendfüßler
29.04.2013 16:02:52
hallo Angi
schwer euch etwas zu raten .
Ich habe eine Meinung dazu,wie gehe ich mit Krankheit um , ;
Kinder haben das Recht ,die Wahrheit zu erfahren, was heißt schon Lebenserwartung ,die Ärtze sagen in der Regel 6-12 Monate,
ich lebe ,wie einige andere auch schon mehr als 2 1/4 Jahr mit dem Glio Grad IV.
Was meint deine Frau dazu ?
Ein bisschen schreibst du selbst die Antwort auf deine so wichtige Frage,
sie könnten euch einen Vorwurf daraus machen, warum hat ihr nichts gesagt.
Ich bin kein Vater ,aber 30 Jahre Pädagoge ,und da habe ich diese Situationen erlebt . Es gibt sehr gute Onologische Psychologische Betreungen für die Famiele,die könnt ihr nutzen .

Wenn eure Kinder einen Zugang zum Internet haben -wer hat den nicht in dem Alter--können sie das doch sowieso nachlesen.

Mit den Eltern ,das entscheiden die in der Regel ,wie nah lassen wir das an uns ran,also Schwiegereltern und co,auch da bin ich der Überzeugung es ist es wert ,dass auszusprechen.
das einzige Argument ,wäre der vehemente Wunsch deiner Frau ,dass sie DAS nicht möchte.
Vielleicht hilft es ,was ich schreibe,es so oder eben ganz anders zu machen.
Viel Glück der ganzen Familie ,besonders deiner Frau ,dir und den Kindern,
LG
Tausendfüßler
Tausendfüßler
gramyo
29.04.2013 16:18:20
Lieber Angi,

auf jeden Fall würde ich euren Eltern absolut die Langzeitaussichten mitteilen. Euren Kindern ebenfalls, weil sie sich sonst zu Recht ausgegrenzt fühlen. Es besteht ja auch bei euch durchaus die Hoffnung, das deine Frau noch eine gute Lebenszeit mit euch hat.

Wie Irmhelm sagt, ist es auch viel besser zu bewältigen und ihr bekommt ein SEHR INTENSIVES ZUSAMMENGEHÖRIGKEITSGEFÜHL.

Mein Partner war nicht der Vater oder Großvater meiner Kinder und Enkel, sie haben ihn aber als solchen gesehen und gefühlt. Unser ältester Enkel ist auch 13 Jahre. Er hat von Anfang an gewußt , das die Lebenszeit von ihm begrenzt war. Aber gerade dadurch, suchte er noch mehr Kontakt zu ihm.

Gebt euch allen die Chance, eine ganz "besondere, intensive Zeit "
mit-ein-ander
zu haben.
Man kann, habe ich hier oft geschrieben, aber denke ich noch immer

durchaus glückliche und intensiv erlebte Zeiten haben.

Das wünschen wir euch von Herzen Gramyo und Mann in anderem "Sein" der ihr viel Kraft und Energie gibt.

Komme gerade von meinem tgl. Spaziergang vom kommunalen Ruhewald zurück

gramyo
Dr. Orchidee
29.04.2013 17:11:11
Lieber Angi,
habe Kinder in ähnlichem Alter . Die Diagnose Hirntumor ließ sich nicht verheimlichen - auch nicht, das es eine maligne Variante ist. Aber da wir offen damit umgegangen sind, ihnen mehr über die OP erzählt haben als sie hören wollten ( Ärzte als Eltern zu haben ist bestimmt genau so schlimm wie Lehrer) haben sie es gut weggesteckt, - und sich erstmals ernsthafte Gedanken über die Endlichkeit des Lebens gemacht.
Vermieden haben wir jegliche Theatralik oder Endzeitstimmung - sowie müßige Spekulationen über die weitere Prognose.

Die behandelnden Ärzte haben mein Leben gerettet ( bin ihnen unendlich dankbar ) und alles getan was getan werden kann, um ein Rezidiv so lange wie möglich fern zu halten,- alles weitere liegt in Gottes Hand.
Ich freue mich über jeden neuen Tag, und hoffe mit dieser Zuversicht auch den Kindern einen festen Halt geben zu können.

Die Dauerprovokationenen der beiden Älteren sind deutlich reduziert, sie nehmen es ernst, wenn ich sage mir Sorgen zu machen.
Die Krankheit ist kein Schaden für ihre Entwicklung, sie sind daran gereift.
Was sie nicht daran hindert, blöde Witze über meine Glatze zu machen - aber dieser jugendlich unbefangene Umgang zeigt mir eine gesunde psychische Verarbeitung - worüber ich mich freue.
Alles Gute Euch. Habt keine Angst, Grüße, Orchidee
Dr. Orchidee
teefritz
29.04.2013 19:22:08
Hallo,
auch wir haben einen Sohn, auch lebt er mit 40 Jahren in eigenem Haus...Erklärungen zu Krankheit unterscheiden spielen unterschiedliche Informationen, die sich bei unterschiedlichen Altersgruppen. Ein 40-järiger oder 12-13-Jährige sollten unterschiedliche Informationen erhalten. Ich denke, wem ich wann und in welchem Alter und Zustand sage, ist in erster Linie mein Umgang und Verständnis meiner Krankheit bei Ehefrau und Betroffenem ab. Krankheitsverlauf und -erkenntnis sollte zunächst bei den Eheleuten von der Fähigkeit zu einem möglichen Gespräch abhängen. Der von uns gegangene Weg setzt deshalb ein Gespräch zwischen den Eheleuten voraus. Erst wenn dieser Weg möglich ist wird den Kindern/Kind eine Atmosphäre des Mitfühlenkönnens voraus. Betroffener und Partner sollten für die Kinder und deren Zustand bei allen eigenen Schmerzen vorrangig sein.
teefritz
Harry Bo
29.04.2013 23:14:09
Was macht Ihr wenn ihr nicht richtig oder nicht alles erzählt und die Angehörigen oder Freunde fangen an sich selbst schlau zu machen und suchen im Internet.
Meine Frau hat z.B. mal angefangen selber nach Informationen zu suchen und wo ist sie gelandet? Hier im Forum bei meinen Beiträgen.
War nicht schlimm, hätte aber auch unangenehm sein können.
Harry Bo
teefritz
30.04.2013 12:36:42
Es könnte sein, dass nicht alles vollständig erzählt wird. Vielleicht sind Betroffene nicht in der Lage, eine Erklärung zu erzählen. Oder man gibt auch unterschiedliches Miteinander und unter diesem Aspekt möchte ich als Betroffener nicht jedem alles erzählen.
Innerhalb der Familie und Angehöriger gibt es Berichtspflichten, frühere Sportfreunde erhalten einen anderen Informationsgrad. Allen dürfte gemeinsam sein, dass ich als Betroffener krank bin.......Enge Freunde wissen um Grad und den Lebensabläufen. Bei Freundschaften gibt es Beziehungen zwischen 25 bis 30 Jahren. Es gibt jedoch auch kurze Beziehungen, die ein anderes Erfahrungsbedürfnis haben.
teefritz
DerAngehörige
02.05.2013 16:01:56
Was kann ich Euch raten?
Meine Frau (52) hat die Diagnose Glio IV im Oktober 2010 erhalten, im Juli 2011 dann ein Rezidiv. Wir sind verheiratet und haben keine Kinder.
Auch jetzt bin ich als Ehemann der Einzige der voll über die Diagnose und die Tragweite, mit allem was damit zusammenhängt, informiert ist.
Es ist der Wunsch meiner Frau nicht als Krank angesehen zu werden.
Die anderen wissen das es sich um einen Hirntumor handelt der operativ entfernt werden konnte und das, wie bei anderen Krebsarten auch, Strahlen- und Chemotherapie dazu kamen.
Sie hat zum Glück im bisherigen Krankheitsverlauf keine Einschränkungen, geht ganz normal zur Arbeit, fährt Rad.
Sie will nicht dass sich ihre Mutter, Schwester und Andere Sorgen machen, denn es geht ihr ja gut.

Was soll ich tun?
Auf der einen Seite muss ich den Wunsch meiner Frau respektieren, Sie ist die Betroffene und entscheidet wer wie viel wissen darf bzw. soll.
Auf der anderen Seite kann ich nicht alles für mich behalten.
Ich habe mich schon mal mit Psychoonkologen zu dem Thema unterhalten und ich treffe mich regelmäßig mit einer Angehörigengruppe von Krebskranken.
Das Resultat ist, dass es durchaus nicht ungewöhnlich ist wenn die Leute einen unterschiedlichen Stand geschildert bekommen.

Jeder Betroffene muss das für sich entscheiden.

Anfangs haben wir auch nicht gedacht dass es ihr so lange so gut geht. Auch die Ärzte sind erfreut und überrascht zugleich, denn zu Anfang sah es anhand der Untersuchungsergebnisse nicht so rosig aus. So viel zum Thema Prognose der Lebenserwartung.
Ich denke dass jeder für sich den richtigen Zeitpunkt selber findet.
Das mit den Vorwürfen ist auch so eine Sache.
Sicherlich wird es zu Beschwerden kommen. Aber hier wieder der Hinweis dass meine Frau als Betroffene entschieden hat.
Wer sich mit Krebserkrankungen auseinandergesetzt hat sollte sich mit Kritik zurückhalten, denn man kann nie vorhersagen wie man selber in der Situation handeln würde. Jetzt, als nicht selbst Betroffener, sage ich auch dass ich dies oder das anders machen würde.
Aber was dann wirklich wäre wenn ich ….. Ich weiß es nicht.

Es ist und bleibt schwierig. Ich lass das jetzt einfach mal so stehen.

Ich wünsche den Betroffenen und Angehörigen alles Gute
DerAngehörige
Medea
03.05.2013 20:31:35

Hallo
Ich habe meine Geschichte in einem anderen Thread schon beschrieben, daher hier nurkurz. Bin 36 Jahre alt, bin selbstständig und bei mir wurde im Februar ein Oligoastrozytom operativ entfernt, sicher ncith vergleichbar mit der Diagnose die hier viele haben, dennoch mit hoher wahrscheinlichkeit, dass es wiederkommt ind dann könnte es auch ein Glio IV sein.
ich habe bei der Diagnose im Januar spontan entschieden ganz offen damit umzugehen, habe also im Grunde allen erzählt, dass ich einem Gehirntumor operiert werde.
Sogar meinen Kunden, ich bin Immobilinmaklerin mit eigenem Laden und da fällt sxhnell auf, dass ich nicht Autofahren kann.
Ich habe ganz tolle und liebevolle Reaktionen bekommen.
Dennoch habe ich auch schnell gemerkt, dass mir das zuviel wurde. Nach der OP ging es mir sofort wieder gut und i h bin nach zehn Tagen wieder arbeiten gegangen, da zunächst leider eine Fehlpathologie stattgefunden hatte, wurde ich über ein Oligogliom grad 2 informiert und dass ich nur beobachtet werden müsste aber nichts nachkäme.
Ich habe also allen gesagt es geht mir gut und man müsste nun abwarten. Kurz danach der Schock, doch Oligoastro Grad 3 und Chemo und Strahlen müssen noch sein.
Und da habe ich gemerkt, das schaffe ich nicht jetzt wieder alle zu informieren und das bei meinen engen Freunden, von denen ich viele habe ständig.
So habe ich zwei Dinge entschieden
Erstens, wer mich direkt fragt dem sage ich die Wahrheit, wer fragt wie es mir geht bekommt ein gut.

Für meine Freunde habe ich einen gesperrten Blog eingerichtet,wo ich Sie regelmässig informiere.

Ich denke es wird für viele Betroffene auch zum Stress immer wieder darüber berichten zu müssen, aber dennoch finde ich das ganz nahe Umfeld muss es wissen, denn sie leiden auch so schrecklich mit und wenn sie nicht informiert werden, dann ist das hart für diese Menschen.
zu Kindern kann ich nichts sagen, ich hbe zwei Nichten die sind 20 und 23 und ich habe sie mit aufgezogen, bei Ihnen fällt es mir selbst am schwersten.
Ich wünsche allen Angehörigen die Kraft das durchzustehen und allen Betroffenen Freunde und Familie die Sie auf diesem Weg liebevoll begleiten.

Medea



oligoastrozytom III, erkannt Anfang Januar 2013' OP Februar 2013' status, geht mir aktuell sehr gut , warte auf Chemo PCV und dann Strahlen
Medea
silvis
05.05.2013 21:46:53
Ich versteh deine Situation sehr gut. Mein Mann wurde 2011 operiert (Oligoastrozytom II) und wir haben drei Kinder, die damals 5, 8 und 10 Jahre alt waren. Wir haben der ganzen Familie nur das Nötigste erzählt, weil wir nicht wollten, dass die Kinder die Wahrheit wissen über die Lebenserwartung etc. oder irgendetwas mitbekommen. Inzwischen ist das für mich psychisch ein Problem geworden. Die ganze Umgebung denkt, dass mein Mann wieder gesund ist. Die Einschränkungen die er hat, versucht er vor allen geheim zu halten. Einfacher wäre es, wenn alle wüssten, dass es ihm eben manchmal nicht so gut geht, weil da noch ein Tumorrest ist. Einfacher wäre auch, wenn Sie wüssten, dass jederzeit ein Rezidiv möglich ist. Durch unsere Geheimhaltungstaktik fehlen mir manchmal auch einfach Menschen, mit denen ich mich offen über die Situation unterhalten kann, z. B. über die Wesensveränderung, die ich bei meinem Mann feststelle. Im Nachhinein würde ich offener über alles reden und nehme mir fest vor, nach dem nächsten MRT den Kindern und auch den Schwiegereltern mehr zu erzählen. Ich könnte verstehen, wenn sie uns sonst irgendwann Vorwürfe machen. Den Kindern gegenüber möchte ich auch erklären, dass Papa nicht so lange wie andere Papas leben wird, damit sie später nicht das Gefühl haben wichtige Lebenszeit mit ihm vergeudet zu haben. Wahrscheinlich lebt man die Zeit intensiver wenn man weiß, was auf einen zukommen kann. Wir legen mehr Wert auf Aktivitäten mit unseren Kindern, damit sie später Erinnerungen haben. Also unbedingt jetzt erzählen, so lange es deiner Frau gut geht, damit sie die Chance haben positive Erinnerungen zu sammeln. Ich drück dir ganz fest die Daumen.
silvis
Irmhelm
05.05.2013 21:59:44
Hallo silvis, habe gerade aufmerksam deinen Bericht gelesen und fühle mich durch unser "Tun und Handeln" bestätigt. (siehe mein Bericht vom 29.04.2012).Wir gehen ganz offen mit der Erkrankung um und haben keinen Stress mit der "Geheimhaltung". Ich wünsche euch viel Kraft in der Hoffnung, daß ihr den für euch richtigen Weg findet oder noch findet.
Alles Liebe und Gute für euch.
Irmhelm
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