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Thema: Warum Strahlentherapie trotz Aussichtslosigkeit?

Warum Strahlentherapie trotz Aussichtslosigkeit?
Amata
27.04.2013 23:22:34
Warum werden bei einer Diagnose inoperables Glioblastom noch Strahlen- und Chemotherapie empfohlen? Obwohl die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass es ein Überleben gibt.
Mit den besten Grüßen
Amata
Harry Bo
27.04.2013 23:32:39
Hallo Amata,

es gibt ein Überleben, die Frage ist nur was man mit "über" meint. Es geht auf jeden Fall ersteinmal um Leben und nicht um das Ende.
Du hast recht, das Leben hat dann irgendwann doch ein Ende, aber bis dahin kann man noch viele unerledigte Dinge tun, vieles noch regeln und gradebiegen. Vieles kann man noch erleben, kann man sich noch gönnen, und kann man noch erfahren. Vorallem kann man noch viel lernen, wozu man bis dahin nicht in der Lage war.
Man muss allerdings etwas dafür tun, damit man noch genug Zeit hat, sonst schafft man es eventuell nicht.
Das Leben ist zu kostbar um es einfach wegzuschmeissen, weil es ja eh zu Ende geht. Zeit ist relativ und relativ wertvoll.
Harry Bo
Amata
27.04.2013 23:51:02
Hallo Harry
Danke für die Antwort. Sicher stimmt das erst einmal alles was du schreibst. Aber warum erst durch die Hölle?

Meine liebe Mutter war innerhalb 3 Tagen ein Pflegefall. Am Ende blind und gelähmt. Unser Kardiologe war auch Meinung, dass Bestrahlungen und Chemo nichts verändern würde. Trotzdem wurde eine Strahlentherapie angeordnet, welche auch mittendrin nicht abgebrochen werden durfte. 3 Monate Hölle. Zum Glück konnte ich sie dann in einem
Hospiz unterbringen.
Freundlicher Gruß

Amata
alma
28.04.2013 00:00:09
Hallo Amata,

nicht um das Überleben geht es, sondern um Lebensverlängerung bei guter Lebensqualität. An einem bestimmten Punkt ist jedes Glioblastom inoperabel und man versucht durch eine Therapie, noch etwas Zeit zu gewinnen - bis zu dem Punkt, wo die Belastung durch die Behandlung größer ist als die durch die Krankheit.
alma
gramyo
28.04.2013 00:04:35
Liebe Amata,

mein Partner hatte 2 inoperable Glioblastome. Die Diagnose wurde im Juni 2012 gestellt und am 23.03.13 verliess er diesen Planeten Erde und ging"ins Licht" in ein anderes "Sein".

Wir hatten wunderbare, liebevolle und intensive Zeiten miteinander.Ich möchte diese Zeit in keinster Weise missen, denn sie gehört wirklich mit zu den tiefsten Erlebnissen unserer Partnerschaft.

Es ging ihm wärend der kombinierten Strahlen- und Chemotherapie ausgesprochen gut. Er hat geschnitzt, wir sind mit unserem Hund spazieren gegangen und hatten einfach gute Zeiten.

Lese mal mein Beitrag "1 Monat nach seinem Weg ins Licht".

Es geht hier, auch bei Harry Bo um ein gutes, lebenswertes Leben mit Glioblastom.

Das kann man wirklich haben.

Ich wünsch dir ein Wechsel in positivere Gefühle zu der Diagnose "inoperabler Glioblastom"
den kann man durchaus haben
sagen
Gramyo und ihr Mann in anderem "Sein", der ihr immer noch Kraft und Energie gibt.
Ich gehe jeden Tag zu seinem Baum und bin in Verbindung mit ihm
gramyo
Amata
28.04.2013 00:08:02
Hallo Alma,
Danke für Ihre Mühe. Ich versuche nur zu verstehen
warum meine Mutter so ein Leid durchmachen
musste. Da gab es nach 4 Tagen schon keine Lebens
qualität mehr.

Amata
gramyo
28.04.2013 00:15:01
Liebe Amata,

viele Menschen werden zu Pflegefällen. Eine Hölle? so würde ich das nicht sehen.
Habe schon viele , mir liebe Menschen als Pflegefälle in das sterben begleiten müssen.
Auch das ist Leben. Man kann es gut und schmerzfrei gestalten.

Der Mensch kommt hilflos und pflegebedürftig zu Welt und verlässt sie auch häufig so.

Dies kann ein Trost sein.
Wünschen wir dir immer noch Gramyo und Mann
gramyo
pietra
28.04.2013 06:22:01
Liebe Amata,
ich kann Dich gut verstehen! Ich habe mir diese Gedanken auch schon oft gemacht - warum müssen so viele schwerkranke Menschen noch operiert werden, bestrahlt, Chemo etc. Ich habe mal gelesen, dass die Krankenkosten im letzten Lebensjahr enorm erhöht sind, fast unverhältnismäßig. Warum lässt man die schwerkranken Menschen nicht ruhig einschlafen und gibt ihnen die nötige Hilfe und Fürsorge?

Wir hatten nach einer gelungenen OP die Wahl, Strahlentherapie ja oder nein und haben uns für das JA entschieden, eine Chemo hatte mein Mann verneint. Die Strahlentherapie ist ihm vom ersten Tag an schwer gefallen, teilweise musste er im Rollstuhl zur Anwendung gefahren werden, so schwach war er. Anschließend ist er aber wieder zum Markt gelaufen und hat mir Rosen gekauft. Wir haben in dieser Zeit sehr, sehr viele schöne innige, harmonische Momente gesammelt - eine überaus wichtige Erfahrung. Es entsteht ein Zusammenhalt und eine Liebe, die einem in solch einer Situation richtig bewusst wird.

Nun liegt er wieder flach - zwei neue Tumore, inoperabel. Dann krampft das Herz und der Verstand sagt: Ich will noch leben. Wenn der Punkt erreicht ist, dann nimmt man doch noch den letzten Hilfsfaden auf und entschließt sich zu einer abgespeckten Chemo. Vielleicht hat man ja doch "Glück" und schiebt den Zeitpunkt des Gehens vor sich her. Das ist auch für die Angehörigen wichtig.

Wenn es jedoch Qual oder Hölle bedeuten sollte, dann brechen wir ab. Kein Arzt würde uns dazu zwingen, davon bin ich überzeugt.

Diese Schilderungen aus der Sicht einer liebenden Ehefrau.

Ich finde, der Patient muss das Sagen haben - möchte er sein Leben verlängert haben oder möchte er in Ruhe und Würde sterben. Wenn er diese Entscheidung nicht mehr treffen kann, müssen liebende Angehörige diesen schweren Part übernehmen - das ist meine Meinung. Zum Wohl des Patienten entscheiden.
Hast Du eine Vollmacht für Deine Mutti?

Liebe Grüße - Petra
pietra
Irmhelm
28.04.2013 09:42:40
Liebe Amati,
auch mein Mann hat nach OP (mit Resttumor) eine kombinierte Strahlen/Chemotherapie gemacht. Er wollte ja noch leben. Es war aber zeitweise sehr schlimm, auch wie Pietra oben schreibt, teilweise mit Rollstuhl zur Therapie gefahren. Plus 6 Zyklen Temodal. Das Resultat, er hat sich erholt und bis jetzt schöne Monate erlebt. Wir sind jetzt im 16. Monat nach OP. Für uns schon ein Wunder bei der vorhergesagten Prognose. Was er aber nicht machen will, keine OP bei neuerlichem Wachstum. Er will dann wieder Chemo oder Bestrahlung machen. Hat einen ungebändigten Willen noch lange weiter zu leben. Es ist auch heute manchmal schwer für uns beide, aber die Liebe (im August 45. Hochzeitstag) läßt uns über uns hinauswachsen.
Dir und Deiner Mutti wünsche ich alles Gute und viel Kraft
Irmhelm
gramyo
28.04.2013 09:45:54
Liebe Petra, liebe Amata,

ich kann durchaus auch die Verzweiflung und die dahintersteckende Wut verstehen.

Nach dem Scheitern der Temodaltherapie hatte mein Mann auch nur noch den Wunsch, hier zu Hause, zu sterben.

Die Ärzte haben ihn in keinster Weise überredet, sondern ihm geraten, es auf einen Versuch mit CCNU und Procarbazin ankommen zu lassen. Er könnte jederzeit aufhören. Wir hatten dadurch noch 6 Wochen zusammensein mehr, die nicht nur schlecht waren. Gibt es meiner Meinung nach eh nicht. Habe es als Gnade empfunden, dass man sich langsam verabschieden konnte und er auch.

Es sind kostbare Zeiten !

Man muss sich ja auch vor Augen halten, das Ärzte dazu verpflichtet sind, Leben zu erhalten.Gerade hier in Deutschland hatten wir ja durchaus Zeiten wo das
"Lebensrecht"
in Frage gestellt wurde.

Ich kann wirklich nur immer noch sagen, dass ich keine Minute unseres gemeinsamen Lebens missen möchte. Ich liebe ihn und das wird auch so bleiben, weil er für mich "mein wunderbarer Mann" war.

Ich gehe jetzt mit unserem Hund zur Buche und werde mich innig verbunden mit ihm fühlen

Gramyo und Mann in anderem "Sein"
gramyo
alma
28.04.2013 10:08:44
Hallo Amata,

ich erinnere mich an das Sterben meines Bruders. Als der Arzt sich entschied, nicht mehr zu therapieren (mit meinem Bruder, der sich seiner Lage nicht bewusst werden wollte, konnte er das nicht gemeinsam entscheiden), tat er das mit den Worten: "Das ist doch kein Leben mehr". Ich finde, dass wir vorsichtig mit solchen Aussagen sein sollten. Wir merken oftmals erst, wie sehr wir am Leben hängen, wenn wir selbst in dieser Lage sind. Wenn man am Leben hängt, ist noch Leben.
Und da bei Ihrer Mutter noch Therapie gemacht wird, ist sie doch bestimmt damit einverstanden, oder läuft das gegen ihren Willen? Wenn ja, würde ich mich an die Mitarbeiter des Hospizes wenden, was Sie dann unternehmen können.

Gruß, Alma.
alma
Dr. Orchidee
28.04.2013 21:11:13
Hallo Amata,
ich werte Deine Aussagen vor dem Hintergrund Ihres Schmerzes und Ihrer Hilflosigkeit angesichts der Situation Ihrer Mutter. Ich hoffe, sie ist im Hospiz gut untergebracht und muss wenig leiden.
Die extrem schlechte Verträglichkeit der Therapie ist aber ein Einzel- und nicht der Regelfall, vielleicht auch dem Alter und reduzierten Allgemeinzustand Ihrer Mutter geschuldet.

Zwei Dinge liegen mir allerdings auf dem Herzen:
1) "Die Strahlentherapie wurde angeordnet". Bestimmt nicht. Ohne Aufklärung - mündlich wie schriftlich- der möglichen Risiken und Nebenwirkungen und der aktiven Einwilligung in Form der Unterschrift durch den Patienten bzw. dessen gesetztlichen Betreuers wird keine Strahlentherapie durchgeführt.
Man kann sich als Patient bzw. Betreuer auch für "Nein " entscheiden.

2) Die Formulierung, dass eine Behandlung bei inoprablem Gliom nichts bringt da es ohnehin kein Überleben gäbe, finde ich sehr oberflächlich und unglücklich gewählt, angesichts der vielen Glio-Patienten hier im Forum, die mit bewundernswertem Lebensmut und Stärke ihrer Erkrankung Lebenszeit und -qualität abtrotzen.
Nur weil kein kurativer Therapieansatz da ist, ist eine Behandlung nicht sinnlos,- das ist die Arroganz der Gesunden.
Dr. Orchidee
Amata
28.04.2013 23:20:50
einen guten Abend an Alle,
ich muss mich entschuldigen... Wahrscheinlich habe ich mich in meinem, ja "nur meinem Schmerz"
hier im Forum mit meinem subjektiven Erfahrungen mit Vertrauen hier öffentlich gemacht. Aber das es so eine Welle auslöst war mir tatsächlich nicht bewusst.

Vielleicht hätte ich auch etwas behutsamer an das Ganze heran gehen sollen. Auch wenn ich mittlerweile an meine direkte E-Mail Adresse Bestätigung erfahre.
Ich wollte bei Gott niemandem zu nahe treten. dafür habe ich in den letzten Jahren zuviel Leid erlebt.
Zum besseren Verstehen. Meine liebe Mutter ist schon vom irdischen Dasein erlöst. Zum Glück hat man ihr im Hospiz die letzten Wochen so erträglich wie möglich gemacht. --
Ich möchte ganz sicher niemandem den Mut oder die Hoffnung nehmen. Aber in unserem Fall, wurden wir tatsächlich um die Aussichtslosigkeit erst nach einigen Bestrahlungen aufgeklärt. Denn gerade bei Privat Patienten passieren nicht nur die schönsten Dinge.
Da meine Mutter erst zwei Jahre vorher eine neue Herzklappe bekommen hat und auch da mit vielen Komplikationen kämpfen musste., war dann die Diagnose noch mal besonders schlimm..
Also auch Vollnarkose nicht mehr möglich..Sicher ist es für jeden individuell... aber meine Erfahrungen... waren eben nicht sehr positiv was die Ärzteschaft betraf. Das mag bei vielen Betroffenen sicher anders sein.(Ich kann es nur hoffen). Jeder hat ja auch eine andere Vorgeschichte

Ich war im September schon einmal hier im Forum. Damals völlig verzweifelt, leider hatte ich da nicht so viel Resonanz. Ich kann mich nur an eine Zuschrift erinnern, in welcher mir ein Dame riet... wir sollten bei dieser Diagnose keine Zeit mehr mir Therapien verschwenden, sondern jede Minute ausnutzen die uns noch bleibt. ( wie RECHT sie hatte.
Wir sind von September bis Dezember in einigen Kliniken gewesen.. aber das einzig WAHRE "FÜR MEINE MUTTER" war das Hospiz. Da wurden uns einige Wochen der besonderen Zuneigung geschenkt.. Selten habe ich so wundervolle Menschen auf diesem Weg getroffen ...
Auch meine Mutter und ich konnten uns in Liebe verabschieden.

Ja und sicher waren diese Monate wohl die intensivsten die ich mit meiner lieben Mutter verbringen durfte. Meinen Dank an das höhere Selbst....

Warum ich noch einmal hier her kam, war... ,dass jetzt nach knapp 4 Monaten der Verlust sehr stark in mir hochkommt... und die Bilder , die man als liebende Tochter sehr schwer ertragen kann...
Ich wollte mit Menschen sprechen die in ähnlicher Situation sind. Menschen die für meine Lage eher ein Verständnis haben, wie die befreundete Umgebung.
Also noch einmal, ich habe nur von meinen Erfahrungen berichtet.und ich möchte nur bitten auch diese ERNST zu nehmen.
Ich danke all denen , die meinen Schmerz versucht haben zu verstehen..
und wünsche allen Betroffenen und Angehörigen viel Liebe und Kraft um alles gut zu überstehen...
mit den besten Grüßen, Amata.


PS:
Dr. Orchidee
Nur weil kein kurativer Therapieansatz da ist, ist eine Behandlung nicht sinnlos,- das ist die Arroganz der Gesunden.
Amata
woher nehmen Sie das Wissen , das die, die Sie als gesund glauben auch gesund sind.???..
Amata
gramyo
28.04.2013 23:47:10
Liebe Amata,

ich bin sehr erleichtert, das du hier jetzt so ausführlich "euren Weg" beschrieben hast.

Dennoch denke ich, dass es für DICH jetzt Zeit wird, eine gewisse Ruhe und eine Akzeptanz dem Krankheitsverlauf deiner Mutter gegenüber einzunehmen gilt. Sonst wirst du daran irgendwann zerbrechen.

Dass man immer wieder , auch nach Monaten, ja sogar Jahren, einen lieben Menschen und zur Mutter hat man ja eine besonders starke Bindung, trauert, denjenigen vermisst, ist normal und verständlich.

Ich spüre in deiner Schilderung aber auch eine starke Verbitterung.
Wir hatten hier im Forum schon viele Diskussionen in Bezug auf Behandlung, Auftreten von Ärzten, Krankenkassen und und und
unser Gesundheitssystem eben.

Man kann jeden Arzt wechseln, egal ob Kassen- oder Privatpatient.Mein Partner war als selbständiger auch Privatpatient.

Lies einfach , auch ein bisschen die letzten Monate zurück , Beiträge die dir weiterhelfen könnten und dir hoffentlich Frieden geben.

Das wünschen wir dir nach wie vor von Herzen
Gramyo und Mann in anderem "Sein", der mein "Liebster" ist

PS. Ernst genommen wird hier jeder!
Sehe .das du online bist und wünsche dir eine gute, ruhige Nacht

Ist mir nach durchlesen deines letzten Berichtes aufgefallen.
Ich bin in der gleichen Situation wie du, fühle mich hier "sehr aufgehoben". Versuch es doch auch.
gramyo
Amata
29.04.2013 00:23:18
Liebe Gramyo, danke , ich bin wirklich gerührt wieviel Mühe
du dir mit mir gibst.. Aber verbittert bin ich nicht ,,, vielleicht
ausgebrannt und dabei auch nicht die Gesündeste.
Ohne meinen Glauben hätte ich wohl schon verloren.
Meine Erfahrungen mit Menschen in der intensiven Zeit
waren auch einem heftigen Lernprozess gleich.
Aber mit Gottes Hilfe und ein paar lieben Menschen
werde ich es schaffen meine Mutter in Liebe gehen
lassen zu können ohne daran zu zerbrechen

Ich wünsche dir eine erholsame Nacht und nochmals meinen Dank
dass ich dir hier begegnen durfte.
Herzlichst Amata
Amata
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